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Großenhainer ülnterlMmrgs- und Anreigeblatt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke. Sonnabend, den 30. Juni 1849. Das Großenhainer Unterhaltungs - und Anzeigebkatt erscheint wöchentlich zweimal, Mittwochs und Sonnabends, für den Preis von 7^ Nqr. vierteljährlich. Inserate, die in der nächsten Nummer Aufnahme finden sollen, sind spätestens Tags vorher bis früh 9 Uhr in der Expedition dieses Blattes abzugeben. Tagesnachrichten. Preußen. Der Belagerungszustand Berlins wird theiiwelse sehr streng gehabt. So wurden am 24. Juni Justizrath Pfeiffer, vr. Walkeck, Assessor Herzfeld, Behrends, vi. Weiß, Assessor Gubitz, Lehrer Koch, Lekonom Schönemann und Thierarzt Mecklenburg, weil sie eine politische Versammlung gehalten hatten, jeder zu drei Monaten, der Ober lehrer Gehrke zu einem Jahre Gefängniß kriegs- rechtlich verurtheilt. — Dem preußisch - deutschen Verfassungsentwurfe stehen außer Oesterreich noch Baiern, Würtemberg und Hessen-Cassel gegenüber. Sachsen. Unter den neuerdings wegen Be- thciligung am Dresdner Aufruhr steckbrieflich Ver folgten befindet sich auch der ehemalige Landtags abgeordnete vi Schaffrath aus Neustadt. — We gen in den Städten Erimmitzschau und Werdau vorgekommener Störungen der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, sowie wegen wiederholt entstan dener Schadenfeuer und der passiven Haltung der Einwohnerschaft bei den Löschanstalten ist der Amts bezirk Werdau vom 1. Juli d. I. an in Kriegs stand erklärt worden. — Als ein Seitenstück zu dem „Handbüchlcin für Wühler" ist jetzt ein „Lehr buch der Demagogie von Jacob Radike" erschienen, welches sehr viel Ergötzliches enthalt. Baden. Die Sache der Aufständischen wird täglich trostloser und das Terrain ihrer Wirksamkeit immer kleiner. Karlsruhe, Mannheim, Heidel berg, Sinsheim, Bruchsal, Ladenburg und eine Menge kleinerer Orte sind in die Hände der Reichs- rruppen und zwar großentheils der Preußen ge fallen. In der Pfalz ist ter Kampf völlig beendet; viele Familienvater sind nach Baden gereist, um ihre theils freiwillig, timls gepreßt mit dahin ge gangenen Söhne zu reclamiren, was aber nur sei- len mit Erfolg geschehen ist. Die Preußen haben das Land fast Alle wieder verlassen und Baiern sind an ihre Stelle getreten. Die Ursache des schnellen Vordringens der Reichstruppen liegt außer ihrem großen Vortheile der Anführung und Be waffnung auch großentheils mit in der Tyrannei, welche die Aufständischen vorzüglich in der letzten Zeit in den ihnen unterworfenen Ortschaften aus- übtcn. Auf dem Lande wurde nicht selten das Vieh ohne Weiteres mit fortgenommen. In Folge davon trat eine weitverbreitete Unzufriedenheit der Einwohner ein, welche in Mannheim sogar zur Gegenrevolution vor Ankunft der Preußen führte. Nachdem diese Stadt beinahe acht Tage hindurch in der höchsten Furcht vor einem preußischen Bom bardement und einem Straßcnkampf gelebt hatte, ermannten sich am 22. Juni einige Bürger bei der Nachricht, daß der Eivilcommissar Trützschler aus Sachsen mit der Kreiscaffe durchgehen wolle, und besetzten mit einer Abteilung badischer früher übergegangencr Dragoner, welche an demselben Tage verweigert hatten, dem Befehl zum Aus marsch des Jnsurgentenchefs Microslawski zu fol gen, das Local derselben. Der Generalmarsch rief die Bürgcrwehr zusammen, Herr Trützschler hatte aber schon auf einem Pferde das Weite gesucht, wurde jedoch glücklich eingeholt und als Gefangener zurückgebracht. Sofort wurde die Entwaffnung des ersten Aufgebots angeordnet und ohne Weige- rung Folge geleistet. Ebenso fuhr man die Kano nen am Rhein und Neckar unverweilt ab und zog die Volkswehr zurück. Hierauf wurden die Preu ßen aufgefordert, die Stadt zu besetzen, welches auch von Abends 9 Uhr an und am andern Mor gen geschah. Die Straßen, welche sie durchzogen, waren erleuchtet. Eine Partie Gefangene werden noch eingebracht, die Häupter der Revolution hat ten zum Theil schon bas Weite gesucht. Heidel berg ward ebenfalls ohne Kampf besetzt, nachdem die Aufständischen für gut befunden hatten, es aus „strategischen Gründen" aufzugcben. In Ladenburg halte Schlöffel seu. mit seinen Banden übel ge haust und unter andern auch schon die Güter der protestantischen Section in Karlsruhe zur Verthei- lung abmessen lassen. Der Adjutant Mieroslawski's ist gefangen. Die Erbitterung der Preußen ge gen die Freischärler wird als sehr groß geschil dert. Alle Vortheile, welche die fürstlichen Trup pen in den letzten Tagen errungen haben, sind mit