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Vesper in der Kreuzkirche. Dresden, Sonnabend, den 24. Jnni 1893, Nachm. 2 Uhr. 1. Kantasie (O-moII) für Orgel von Mor. Brosig. 2. Aktes Kirchenlied, compvnirt von Carl Koßmaly. Es ist ein Schnitter, der heißt Tod, hat Gewalt vom höchsten Gott; heuts wetzt er das Messer, es schneid't schon viel besser, bald wird er drein schneiden, wir müssen's er leiden! Hüte dich, schön Blümelein. Was heut' noch grün und frisch dasteht, wird schon morgen weggemäht; die edlen Narzissen, die Zierden der Wiesen, viel schön' Hyazinthen, die türkischen Binden. Hüte dich rc. Viel hunderttausend ungezählt, das nur all' der Sichel fällt. Die Rosen und Lilien auch wird er vertilgen, auch die Kaiserkronen wird er nicht verschonen. Hüte dich rc. Das himmelsfarb'ne Ehrenpreis, die Tulipanen gelb und weiß; die silbernen Glocken, die goldenen Flocken, sinkt alles zur Erden, was soll daraus werden! Hüte dich rc. Trotz Tod, komme her, ich fürcht' dich uit, trotz eil daher in einem Schritt, werd' ich auch verletzet, so werd' ich ver setzet in den himmlischen Garten, auf den alle wir warten. Freu' dich, schön Blümelein! 3. Mecilativ und Arie aus dem Oratorium „Lazarus" von C. Löwe, gesungen von Frau Welda Munscheid. Da kam Jesus und fand, daß er schon vier Tage im Grabe gelegen war. Als Martha hörte, daß Jesus kam, ging sie ihm entgegen: Herr, wärest dn hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. Aber auch jetzt noch, weiß ich, daß, was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben. 4. Gemeinde: Gesangbuch Nr. 164, 3. Johannes ging vor Jesu her, wir folgen seinen Schritten, denn heut' erschallet seine Lehr, er steht in unsrer Mitten. Dir nur allein soll'n treu wir sein, bis wir auf Zions Auen dich, Lebenssonnc, schauen. Vorlesung. 5. Arioso für Violoncello und Orgel (op. 55) von Gustav Merkel. Das Violoncello-Solo wird der König!. Kammermusikus Herr Carl Hüllweck spielen. 6. Geistliches Lied von August Lansky, compvnirt für Chor u. Solostimmen (op. 28, Nr. 5) von Osk. Werm ann. Bist müde du geworden, schließ sanft die Augen zu, du findest aller Orten die still ersehnte Ruh. Es folgt dem heißen Tage der Sonnenuntergang; es tönt nach Müh' und Plage der Abendglocken Klang; es bricht nach Arbeitslasten der Friedenssabbath an, er ladet dich zum Rasten auf steiler Pilgerbahn. Bald frei von allen Schmerzen ruhst du beseligt aus am treuen Vaterherzen, im ew'gen Vaterhaus. Bist müde du geworden, schließ sanft die Augen zu, du findest aller Orten die still ersehnte Ruh. Druck von Licvsch L Reichordt iu Dresden.