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Sächsische Staalszeilung Staatsan^eiger für Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, verkansskste v»n Hokzpflanzen auf den Staatsforstrevieren, verantwortlich für die Redaktion: -auptfchristkeiter Karl Bethke in Rähnitz-Hellerau. -- -- ... - -— > - Nr. 97 Dresden, Freitag, 26. April f 1929 den Zreiftaat Sachfen «nlündi-nngen: Die 32 nun breite Gnr«dzeil« oder deren Raum 3» Pf, di« SS «u« breit, Gruadzeile oder deren Raum im amtlichen Delle 70 Pf-, unter Ein gesandt 1RM. Ermäßigung auf »eschSstsanzeigen, Familiennachrichten und Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» Lrschetn«ug»tage». Bezugspreis: Monatlich S Mark. Einzeln« Nummer« 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21206 — Schriftleitung Nr. 14 874, Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Etadtgirokoato Dresden Nr. 140, Kein Grun- zur Besorgnis um -ie Währung. Dawesplan-Krise und Diskonterhöhung. Berlin, 26. April. Wie man hört, muß mit einer wei teren Erhöhung des Diskontsatzes der RelchSbank für den Fall gerechnet wer den, daß der Zweck der jetzigen Maß nahme der Retchsbank, nämlich die Eindämmung des Abflusses von Gold und Devisen, nicht erreicht wird. Zm übrigen wird die Maßnahme der ReichS- bank lebhaft diskutiert: dabei sind wieder Gerüchte Gegenstand lebhafter Aufmerksamkeit, wonach an geblich in Paris sich nochmals eineMög- lichkeit zu einer Einigung insofern bieten soll, al» man sich zunächst auf ein zehn- bi» fünfzehnjähriges Provisorium festlegen möchte. ES muß betont werden, daß für eine solche Annahme nicht der leiseste Anhaltspunkt gegeben ist. Im übrigen begegnet man häufig der Auf fassung. daß die Diskonterhöhung der ReichSbank wesentlich geeignet ist, die Erfvllungspolitik inso- fern zu unterstützen, al» man sich von dieser Maß nahme einen erneuten Zustrom ausländischen Ka pitals in ziemlich starkem Umfange nach Teutsch- Umd verspricht. - - --- Tie Berliner Blätter befassen sich eingehend mit der von der Reichsbank beschlossenen Erhöhung de» ReichSbankviSkontS und im Zusammenhang damit mit den offenbar inspirierten Angriffen der französilchen Presse gegen vr. Schacht nach der Mittwochsitzung des TransserkomiteeS. Einmütig werden die Vorwürfe gegen vr. Schacht zurück- gewiesen und die Diskonterhöhung als der Ausdruck einer wirtschaftlichen Krise im Wechselspiel zwischen Ausländs anleihen und Devisenentzichung für den Transfer gewürdigt. Zn den Handelsteilen kommt teilweise zum Ausdruck, daß in Bank kreisen eine noch stärkere Erhöhung des Diskontsatzes er- wartet worden sei und daß die Reichsbank viel leicht zu einer nochmaligen Erhöhung werde schreiten müssen. Die heutige Diskonterhöhung nennt die „Deut- sche Tageszeitung" einen Beweis dafür, wie leicht es sei, die Tribuilasten immer weiter zu treiben. Gerade im gegenwärtigen Augenblick wäre es den Franzosen ganz besonders unbequem, wenn mitten in die Pariser Verhandlungen die Bombe der Unter- schreitung der Deckungsgrenze bei der ReichSbank einschlagen würde. TaS werde nun wohl ver hütet werden ES sei denn, daß die Erwartungen auf Hereinströmen von neuen großen Auslands- krebsten trotz der einprozentigen Diskonterhöhung enttäuscht würden. Der „Lokalanzeiger", der die Diskonterhöhung als eine weitere schwere Belastung sür Pari», 2«. April. Uniere Pariser Vertretung meldet nnS: Nach» dem gestern die meisten Viiltter, wie gemeldet, sich in Angriffe« ans die Poliiik der «eichsdank und ReichSbantpräsidrni l»r. Schacht gefalle« Haden, »e,suche« heute die meiste« ßtch eine RückzugSlinie dadurch zu schasse«, daß sie daS «erhallen der deutschen Delegation bet der ReparationSkonserenz kritisiere» Am Eezeichnendsten hierbei ist, daß daS „Echo de PariS" den Generalagenten sür die Mrpa«ttt»n»zahl«»gkn, Parker Gilbert, augretst. Weil er — de« Datsachen entsprechend - sest. Pellte, daß daS rranSserkomitee sich nie in die DttzkMkpaRttl der ReichSbank etngemischt habe. GS ist «r z« bedaner«, daß nicht alte Blätter, die die Finanzpolitik der ReichSbank kritisiert habe». »»» a»ch die offenherzige Ertlänmg Gorans »er Abgang der Debise« t« »t« letzte« Gt-uBe« zurückzuführ«, ist, »er »fseniiichen die deutsche Wirtschaft kennzeichnet, bemerkt gleichfalls, man dürfe nicht vergessen, daß die Er- Höhung ein Mittel sei, die Transferierungen des Reparalionsagenten durch fortschreitende Reuber- schuldung wieder in Gang zu bringen. Im Gegen satz hierzu unterstreicht die „D. A. Z.", vr. Schacht sei bestrebt gewesen, die Diskonterhöhung möglichst nur in einem Augenblick vorzunehmen, wo sie auf die Pariser Verhandlungen nicht mehr ungünstig ein wirken konnte, da man ihn sonst beschuldigt hätte, er suche die Pariser Beihandlungen in unfairer Weise zu beeinflussen. Zn der Abwehr gegen die Pariser Presseangriffe im Anschluß an die Sitzung des Transferkomitees hält es das Blatt sür un glaublich, daß etwa Parker Gilbert selbst Vorwürfe gegen vr. Schacht erhoben haben sollte. Tie Diskonterhöhung selbst nimmt die „D. A. Z." in ihrem HanvclSleil als die Bestätigung unserer außerordentlichen Abhängig, keil vom AuslandSgeld, wobei zunächst die Wirtschaft die Kosten tragen müsse. Ter Pariser Berichterstatter des „Berliner Tageblattes" bezeichnet die Lage al- ernst, aber man dürfe »chr«icht verkenn«:, baß Niki einiger Ruhe und Sachlichkeit und vor allem mit Dis.tplin innerhalb der deutschen Wirtschaft die Manöver der Reparationsgläubiger vereitelt weiden könnten. Tie in der französischen Presse ent haltenen Prophezeiungen einer neuen Marks lucht ins Ausland dürsten und würden nicht in Erfüllung gehen, denn sie seien durch nichts gerechtfertigt. Es bestünden sür die Sachverständigenkonferenz kaum noch Aussichten auf Erfolg, aber man brauche nicht daran zu zweifeln, daß die nicht übermäßig großen Tiffe- renzen zwischen Gläubigerfordeiungen und deut- schein Angebot in nicht allzu langer Zeit durch eine diplomatische Konferenz beseitigt werden könnten. Die „Bossische Zeitung" beleuchtet unter der Überschrift „Politischer Diskont" von der außen- und innenpolitischen Seile her, stellt sest, daß zu irgendwelchen Besorgnissen um die Währung nicht der geringste Anlaß vorhanden sei und will schließlich in dem ständigen Gerede über die Gefahren einer neuen Inflation den Hauptdruck auf die Diskontpolitik der Reichsbank und einer bereits bewirkten „Flucht aus der Marl" sehen. Ter „Börsen-Courier" ist der Ansicht, daß gerade nach der Diskont erhöhung das Transserproblem erst eigentlich auf gerollt wird. Nach wie vor sei unsere Devisen bilanz aus Borg aufgebaut. Weitere Konzessionen in der Zinsfrage könnten wir ebensowenig machen wie in der Zifferufrage. Einem schieds gerichtlichen Ausirag eines eventuellen Traniser- und DiskontlonflikteS können wir ruhig entgegen sehen. z Meinung in Frankreich unterbreite«. Da da tatsächlich «ur »i«ige wenige Blätter tu«, ist wohl dir Annahme nicht nnberechtigt, baß die letzten Angriffe z« einer Einschüchterung der deutschen Dele gierten führen sollten. * Englische Äußerungen zu den französischen Angriffen gegen vr. Schacht. London, 26. April. Der Pariser Korrespondent de» „Daily Tele graph" meldet: Einige Pariser Blätter beschuldigen vr. Schacht, er suche vorsätzlich die finanzielle Lage Deutschland» so zu gestalten, daß der Tran»- ser deutscher DaweSzahlungen an die Gläubiger- länder unmöglich werde. Anständig« alltterte »reise a»«r schenke« »er vehanptuug, »aß »er Reich»»a»k»rästbe«t abli»»- lich einen so gefährlichen «eg einschlagen sollte, Irtnrn Glauben. I« den Kreisen der alliierte« Sachverstän digen wird die alarmistische «uffasinng der Pariser Presse über die drutsche Finanzlage nicht geteilt; doch wird zugegeben, daß die deutsche Finauzlage so ist, wie rS sür de« Fall eines Mißerfolges der Konferenz er wartet wurde. Von zuständiger Seite wird der Ansicht Ausdruck verliehen, daß rS gegen- wärtig äußerst schwierig sei« würde, eine dentsche Anleihe ln London »der New Dort «nfznlegen. Denn eben wie eine Regelung drn drntschen Kredit ungeheuer gesteigerl haben würde, so sei er dnrch die Gefahr drS Scheitern» der Verhandlungrn b«einträchttgt worden. Die Aussicht»» für ein glattes Funktionieren deS DaweSplaneS, da» von allseitig g«t«m Willen adhänge, werde» ga»z offen als weniger günstig als vor dem Zusammentritt derKonserenz be zeichnet. „populaire" uud „Volonts" gegen die pariser Alarm- nachrichien. Pari», 26. April. Ter „Populaire" bespricht den Bericht deS stcllvkUretendtn Reichsbankpräsidenten über den Abfluß der Devisen uud schreibt: Weuu diese Er- klänmg richtig ist, ist die Lage in Deutsch, land keineswegs katastrophal, da die Re- pariierung eine kurzfristige Operation ist; die aus Deutschland abgefloffenen Kapitalien werden nämlich schnell wiederkehren, und die Erhöhung des Tiskontsajes und der Lombardsätze wird günstig diese Rückslußbewegung beeinflussen. Man darf auch nicht vergessen, daß ja die Transser- llausel in den Tawesplan gerade deshalb auf. genommen worden ist, um, falls Deutschland in eine schwierige Lage geraten sollte, ihrer Herr zu werden. Es würde also dem Geist des Dawes- planes und der Abkommen von London zuwiderlausen, wenn versucht wird, von vornherein durch eine Presse kampagne das Funktionieren der ent scheidenden Organe in ungünstigem Sinne zu beeinflussen, die ei «tretenden- falls zu beurteilen haben werden, ob das Verlangen Deutschlands berechtigt ist oder nicht. Die „Volontö" hebt hervor, daß selbst das „Bulletin d'Etudes economiques", daS vom Komitee des Forges herausgegeben wird und als objektives Organ bekannt sei, erklärt, die Lage der RelchS bank sei vor allem die Folge der allgemeinen Ver steifung deS internationalen Kredits und namentlich der Finanzpolitik, die von der Bank von England eingeleitet worden sei. Zührerlonferenz der Gewerkschaft Seuischer Eisendahner. Berlin, 2«.April. Eine Führerkonjerenz »er Gewerk, schäft Deutscher Eisenbahner hat sich gestern hier mit dem Stand der Lohnbewegung bei der Reichsbahn beschäftigt. Die Gewerkfchaft teilt darüber mit: «ns »er Konferenz ist rin. mittig die «nsfasfnng ,»m AnSdrn« gr. kommen, daß die Notlage der Etsrndahnardeitrr unbedingt eine alSdaldlge nnd befried», gende Erledigung der Lohnfrage er forderlich macht. Im Bewußtsei» ihrer Bera«t- wortung rrwartrn die verantworilichen Führer, daß die RrichSbahnverwaltnag dem Ernst der Lage Rechnung trägt und ihren »»lehnenden Stand, pnntt anfgibt. «ine verfchleppnng der Be wegung ist nur gcrigurt, die Lage zu verschärfen Deshalb wird erwartet, daß die von de« Spitze«orga«if>ti»«»« »»«geleiteten Schritte zu einer friedliche» Berftä»dig»»g alSbal» t» ^»«m positive» Ergeb»«» führe«, bevor »»« de« letzte«, da«« »«»er«etdltch werde«dr» g». wrrkschaftltche« Mittel, de« all,r«et»e« Verkrh,»streit Gr» a«ch ««nacht WM. Fünf Lahre Heldt-Regierungen in Sachsen. Aus dem Geschäftsbereich des Ministeriums für Volksbildung. (öi) Tas sächsische Hochschulwesen ist wählend der letzten Jahre außerordentlich gefördert worden. Eine größere Zahl von Lehrstühlen und zahlreiche wifjenschasiliche Assistentenstellen wurden neu geschaffen. Verschiedene Gründe machten dies notwendig. Tie wissenschaftliche Forschung und Lehre dehnten sich aus immer neue Sondergebiete aus, die den vollen, ungeteilten Einsatz der Arbeits kraft einer wissenschaftlichen Perfönlichkeit fordern. Auf dem Gebiete der technischen Wissenschaften leuchtet dies auch dem Laien ohne weiteres ein. Aber auch auf anderen Gebieten war es geboten, unr berechtigten Forderungen unserer Zeit zu ent sprechen. Erwähnt seien nur daS Arbeitrrecht, die Soziologie und die Zertungslunde. Weitere Gründe liegen darin, daß sich die Schulreformen der rrflen beiden Jahrzehnte unseres Jahrhunderts erst während der letzten Jahre in vollem Maße auf die Hoch schulen auswirkten. Namentlich die geisteswissen schaftlichen Studien an der Universität be gannen unter der ungleichmäßigen Vorbereitung der von sehr vcrjchiedenen Schularten herkommen den Studierenden zu leidem Mannigfach« Gouder- kurse mußten eingerichtet werden, :mr für die daraus sich ergebenden Schwierigkeiten Abhilfe zu suchen. Außerdem wurde der Technischen Hochschule in Dresden die Ausbildung der Berufsschullehrer, der Uni versität und der Technischen Hochschule die Aus bildung der Vollsschullehrer übertragen oder ange gliedert, was ebenfalls die Begründung neuer Lehrstühle notwendig machte. Auch die Anzahl der Studierenden hat zugenommen. Tie Landes- Universität hat etwa die gleichen Studentenzahlen wie vor dem Kriege wieder erreicht, die Technische Hochschule die ihrigen nahezu verdcppelt. Tis Pflege der Gesundheit und die körperliche Ausbildung der Studierenden sind durch die Neu ordnung der Leibesübungen an den Hochschulen aus eine neue und stark verbreiterte Grundlage ge stellt worden. Ebenso hat die Regierung, die sich dabei der Mitwirkung der akademischen Körperschaften und Selbstoerwaliungsorgane der Studentenschaft er- reuen konnte, den Ausbau der Wohlfahrtspflege an den Hochfchulen tatkräftig gefördert. Für Vie Universität Leipzig sind während der letzten Jahre zahlreiche, teilweise sehr umfäng liche Um- und Erweiterungsbauten sowie Neu bauten ausgesührt worden, in denen eine Reihe als vorbildlich anerkannter Institute und Kliniken eingerichtet wurden Erwähnt seien tie neue Frauenklinik, eine Klinik für innere Medizin, Institute und Klinilen der Belerinärinedizinischen Fakultät und die Neubauten sür eine orthopädische und eine dermalologijche Klinik. An der Technischen Hochschule in Dressen wur den, abgesehen von Um- und Erweiterungsbauten, für sämtliche chemische Institute und für die Ban- ingenieurabteilung Neubauten errichtet. Für die Durchführung der in Sachsen durch Landesgesetz eingeführten akademischen Bildung der Vollsjchul- lehrer nmchte sich die weitere Ausgestaltung der kulturwissenschaftlichen Abteilung der Technischen Hochschule notwendig. Ta» BoUsbildungsministeriunr hat außerdem in den letzten Jahren mancherlei jür eine Berbesse- rung deS Lehrbetriebe» an den Hochschulen unter- nommen. Den Studierenden der Jngenieurwifjen- schasten wurde die Möglichkeit gegeben, die mit ihren Berufen zusammenhängend«» grundsärüchen und allgemeinen Probleme besser als bisher kennen- »«lernen. Ein besonderer Lehrstuhl für Meß technik ist begründet worden. Die praktisch-päd agogischen Seminare der Universität und der Tech nischen Hochschule wurden weiter ansgestaftet, unr günstigere BorbiidungSmöglichleiien sür die Be- rufsausübung der künftigen höheren Lehrer zu schaffen. Zuletzt sei noch die wichtige Maßnahme er wähnt, die vom 1. April 1929 ab die forstliche Hochschule Tharandt «I» selbständige Abteilung der Technischen Hochschule Dreäoen eingliederte. 2» konnten fo di« bewährte« Einrichtungen in Tharandt Sie pariser PreffeWacht abgeblasen.