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Amtsblatt MIM Gemeinden die strengste Uebermachung der Herbergen am Herzen liegen, und dem Staate endlich hätte es obzuliegen, das ganze gegenwärtige Legitimationswesen, das noch bedenkliche Lücken aufzuweisen hat, neu zu regeln. Gerade der gegenwärtige, ungeregelte Zustand des Legitimationswesens der wandernden Arbeiter ist ein mächtiger Förderer des Landstreichcrthums. In großen Masten werden jetzt Solche getroffen, die ent weder gar keine Legitimation haben oder nur ein, die Personen-Jdentität in keiner Weise verbürgendes Ar- beitszeugniß. Schließlich werden von allen Polizei organen fast tagtäglich Personen mit gefälschten Zeug nissen aufgegriffen. Weiter müßte die Zahl der heut zutage wie Pilze aus der Erde schießenden Schnaps kneipen und Destillationen entschieden vermindert werden, denn gerade diese tragen so ungeheW zur Ausbreitung der Vagabundenzunft bei. Schon Äste Bekämpfung desselben auf Grundlage der genannten Punkte würde sicherlich viel dazu beitragen, dieser Landplage Einhalt zu thun. Bis dahin werden sich aber der Einzelne, wie die Kommunen und der Staat mit dem Stromer- thume in der bisherigen Weise abfinden müssen. Verantwortlicher Redakteur: Cärl Ithnr in DippoldiÄwalE „«SeiOkitz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei- mql: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. SS Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - All- Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 15. September. Bei der Feier des Erntedankfestes, die gestern stattfand, war die Kirche wiederum sinnig geschmückt und eine große Zahl von Kirchgängern erbauten sich an der von Herrn Kantor Hellriegel nach einem Nückertschen Text sehr ansprechend komponirten Festkantate, sowie an der Predigt des Herrn Superintendent Opitz. Das herr liche Wetter und das Bewußtsein, einmal eine recht gute Ernte gehabt zu haben, gab ja der Dankesfeier die beste Grundlage. — Die vor dem Gasthofe zum „alten Amthause" in Altenberg stehende Meilensäule ist dieser Tage neu hergerichtet worden. — Vor dem Brande des Ober- thorplatzes im Jahre 1871 stand daselbst auch in ilnserer Stadt ein solche; als der Platz aber planirt wurde, ward leider die Säule demolirt und zerschlagen. — Der auch in unserer Gegend bekannte Hoch stapler Hahn ist in Neumarkt in Schlesien, wo er sich für einen Ncgierungsassessor und Premierlieutenant d. R. v. Hahn ausgegeben, wegen Betrugs am 11. September verhaftet worden. — In dem Berzeichniß der während des Prüfungs jahres 1883/84 von der zuständigen Prüfungs-Kom mission zu Leipzig geprüften und approbirten Aerzte befindet sich auch aus unserer Gegend Herr Friedrich Wilhelm Hä big aus Postendorf. — In dem Brandversicherungs-Jnspektions-Bezirke Dippoldiswalde sind im Jahre 1883 überhaupt 22 Brand fälle, und zwar 3 in den Städten und 19 in den Dörfern, vorgekommen. Die ersteren hatten ihre Entstehung in 2 Fällen durch muthmaßlich vorsätzliche Brandstiftung und in 1 Falle durch kalten Blitzschlag. Die Brandfälle in den Dörfern entstanden in 3 Fällen durch muthmaßlich vorsätzliche Brandstiftung, in 1 Fall durch Fahrlässigkeit durch Kinder, in 2 Fällen durch muthmaßliche Fahrlässigkeit, in 1 Falle im Gebrauche und in 2 Fällen im muthmaßlichen Gebrauche mangel hafter Feuerungsanlagen, sowie durch 6 zündende und 4 kalte Blitzschläge. Alle 22 Brandfälle erforderten eine Entschädigung von 69,077 M. und zwar kommen auf die Städte 10,278 und auf die Dörfer 58,799 M. — Dem Handarbeiter Jährig in Quohren ist wegen Auffindung des Leichnams des selbstentleibten Hausbesitzers Wolf daselbst die gesetzliche Remuneration von 4 Mark bewilligt worden. — Nachdem der Beschluß der Gemeinden nnd selbstständigen Gutsbezirke des Amtsgerichtsbezirkes Frauenstein wegen Vereinigung zu einer gemeinsamen Gemeindekrankenversicherung und das von der auf dem letzten Amtstag in Frauenstein eingesetzten Kom- Eiu Wort über das Vagabundeilwesen. Das Kapitel, dem die nachfolgenden Zeilen gelten sollen, ist kein neues in der Presse ; leider, leider bringen es aber die Umstände mit sich, daß man immer wieder darauf zurückkommen muß, denn das Landstreicherwesen oder eigentlich bester gesagt, Unwesen, birgt nicht nur für den einzelnen Bürger und für die einzelnen Ge meinwesen große Belästigungen in sich, sondern ganz erhebliche Gefahren auch für das Gesammtwohl, für den Staat. Gerade Deutschland leidet an dieser so zialen Krankheit — wir wüßten keine treffendere Be zeichnung für das Wanderbcttler- und Stromerthum — verhältnißmäßig mehr wie seine Nachbarländer, namentlich aber kurz nach dem französischen Kriege, zur Zeit des für Viele so verhängnißvoll gewordenen „Milliardensegens" und der darauf folgenden Periode des wirthschaftlichen Rückganges des deutschen Reiches erreichte die Zahl der vagirenden Bettler, Stromer und was sonst in diese Kategorie arbeitsscheuer Men schen gehört, eine ganz kolossale Höhe, und wenn auch seit dem Jahre 1879 eine langsame Abnahme dieses Nationalübels zu konstatire» ist, so wird die Anzahl der heutzutage ganz Deutschland durchstreifenden, ver kommenen Individuen der geschilderten Art doch immer noch auf 200,000 geschätzt, eine Ziffer, die vielleicht eher noch zu niedrig als zu hoch gegriffen ist. — 200,000 wandernde Bettler — welch' eine erschreckende Zahl, und welch' eine Summe an verlorenem Kapital und verlorener Arbeitskraft, aber auch an Vergehen und Verbrechen vom einfachen Obst- und Felddiebstahl bis zum Raubmord, repräsentirt sie nicht! Jeder dieser „armen Reisenden" schnorrt doch täglich mindestens, aber allermindestens, zehn bis zwanzig Pfennige zu sammen, Viele bringen es aber an „glücklichen" Tagen auf ein und zwei Mark, und man hat bekanntlich schon öfters Landstreicher ausgegriffen, in deren Besitze sich ganz erkleckliche Sümmchen befanden, die allem Anscheine nach von den betreffenden Individuen „recht mäßig erworben", d. h. lediglich zusammengebettelt worden waren. Welche Summen diese indirekten Ab gaben schließlich darstellen, zu denen der rechtschaffene Bürger durch das Stromerthum wohl oder übel ge zwungen wird, das kann sich hiernach Jeder sehr leicht selbst sagen. — Aber das möchte immer noch hin gehen; viel schlimmer ist es, daß das Vagabundenwesen dem Lande eine ganze Menge nützlicher Arbeitskräfte entzieht, und daß weiter dasselbe zu einem großen Theile für die Verbrecherzünfte neue Rekruten erzieht und somit den Gefängnissen und Zuchthäusern neue Insassen zuführt. Denn das Bettlerwesen hat ja seine Umwandlung, von Stufe zu Stufe geht es abwärts, aus dem Bettler und Landstreicher wird erst ein Dieb, dann ein Brandstifter, Räuber und Raubmörder, und daneben sind auch dem Landstreicherthum die aller meisten jener scheußlichen Verbrechen gegen wehrlose Frauen und Kinder auf's Kerbholz zu setzen, die sich gerade in unserer Zeit in so schreckenerregender Weise vermehrt haben. — Die Frage, wie diesem am Marke des Volkes zehrenden Uebel abzuhelfen sei, ist schon häufig besprochen worden, ohne daß es bis jetzt Möglich gewesen wäre, durchgreifende Maßregeln ausfindig zu machen. Ein kleiner Anfang zur praktischen Bekäm pfung des Vagabundenwesens ist allerdings in den ver schiedenen preußischen LandeStheilen durch die Errichtung von Arbeiterkolonien gemacht worden, aber der enor men Zahl der herumziehenden, bettelnden Individuen gegenüber sind diese Einrichtungen nur ein Tropfen auf einen heißen Stein, ganz abgesehen davon, daß die vagirenden Strolche solche Anstalten wie die Pest meiden. Die Beseitigung des Nebels muß eben auf ganz anderen Grundlagen erstrebt werden. Ein Haupt- erforderniß ist es deshalb, daß das große Publikum seine falsche Mildthätigkeit gegen die „armen Reisen den" zur Seite legt: die Zahl derselben würde dann sehr bald zusammenschrumpfen; weiter müßte allen nlission ausgearbeitete Statut von der königl. Kreis hauptmannschaft genehmigt worden ist, beabsichtigt die königl. Amtshauptmannschaft Montag, den 22. d. M., Vormittags 11 Uhr, im Gasthof zum „Steril" in Frauenstein anderweit einen Amts tag abzuhalten. Hierbei soll das vorgedachte Statut vorgetragen und durch die Vertreter der Gemeinden und Gutsbezirke vollzogen, sowie die Wahl des Vorstandes, bestehend aus einenr Vorsitzenden, einem Stellvertreter desselben, sowie dreier Mitglieder, vorgenommen werden. —Am Nachmittag des 10. September ist beim Hausbesitzer Friedrich August Gössel in Fürstenwalde in der, in der oberen Etage gelegenen Schlafkammer Feuer entstanden, aber ohne am Gebäude Schaden angerichtet zu haben, alsbald wieder gelöscht worden. Muthmaßlich ist der Brand durch den 2'/-jährigen Sohn des Besitzers, welcher in der Kammer seine Schlafstätte hat, verursacht worden. Derselbe scheint mit Streichhölzern gespielt zu haben, bei welcher Ge legenheit das Federbett Feuer gefangen hat und zum größten Theile verbrannt ist. Nur durch das recht zeitige Hinzukommen der im Hause allein anwesend gewesenen Schwester des Besitzers Gössel ist weiteres Unglück verhütet und das Gössel'sche Kind aus dem brennenden Bette vom sicheren Tode glücklicherweise noch gerettet worden. Höckendorf, 13. September. Das gestrige Leichen- begängniß des Herrn Amtslandrichter Kleber aus Obercunnersdorf legte sichtbares Zeugniß ab von der herzlichen Theilnahme, welche der unerwartet und plötzlich eingetretene Tod des biederen und menschen freundlichen Mannes in den verschiedensten Kreisen erweckt hatten. Außer einer großen Anzahl von Ge meindegliedern aus Cunnersdorf und Höckendorf und den verwandten Leidtragenden bemerkten wir unter den Anwesenden die Herren Amtshauptmann von Kes singer, Superintendent Opitz, Assessor Schomburgk, Vicelandrichter Steyer, eine größere Anzahl van Ab geordneten, unter anderen die Herren Käserstein, Mai, Müller, Hildebrand, Matthes, Steyer, Dir. Mehnert u. a. Auch der Vorstand des Bezirkslehrervereins Dippoldiswalde war vollzählig erschienen. Eine große Anzahl von Geistlichen, Lehrern und anderen Freunden gab dem Entschlafenen das letzte Geleit. Die Grab rede des Herrn Pastor I)r. Caspari und von einem Lehrerchore angestimmte Trauergesänge machten den ernsten Akt, inmitten der im vollsten Sonnenglanze strahlenden, nunmehr abgeernteten herbstlichen Flur, zu einem besonders weihevollen. Sei dem Ehrenmanne die Erde leicht! Dresden. Die. feierliche Eröffnung der Aus stellung für Handwerkstechnik, die vom hiesigen Ge werbeverein veranstaltet wird, soll am 20. September im Beisein des Königs stattsinden und Tags darauf deni allgemeinen Besuche übergeben werden. — Aus dem bisherigen Gange der Reichstagswahl- Vorbereitungen im Königreiche Sachsen läßt sich die eine erfreuliche Thatsache konstatiren, daß in verschie denen Wahlkreisen die nationalliberale und die konser vative Partei die sie trennenden Gegensätze vor der Hand so weit bei Seite gesetzt haben, daß zwischen ihnen Compromisie behufs einheitlichen Vorgehens bei den Wahlen und der Aufstellung gemeinsamer Kandi daten zu Stande gekommen sind. Solche Verein barungen haben bis jetzt stattgefunden in den Wahl kreisen Dresden-Neustadt, Chemnitz, Leipzig-Land, Zschopau-Marienberg, Zwickau-Crimmitschau, Oschatz- Grimma. Pirna. Rittmeister Clauson v. Kaas ist uner müdlich in dem Wirken für eine fortgesetzt größere Ausdehnung der sogenannten Handfertigkeits - und Hausindustrie - Bestrebungen. Ein neuer Erfolg kann dabei insofern verzeichnet werden, als im nahen Rott werndorf eine Kinder - Strohgeflechtschul« eingerichtet und dieselbe bereits mit 80 Kindern besetzt worden ist. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de» Blattes eipe sehr wirk» smne Verbreitung finden, werden niw 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Nanm berechnet. -— Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg.