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Der Entwurf zur Gewerbeordnung für das Königreich Sachsen. Die innungsähnlichen Gewerbe unterscheiden sich von den innungsmäßigen dadurch: 1) daß die innungsmäßige Erlernung nicht Vorbedingung der Zulassung zum selbst ständigen Gewerbebetriebe ist; 2) daß keine Beschränkung hinsichtlich der Wahl der Gehülfen stattfindet; 3) daß es für sie kein besonderes Arbeitsgebiet giebt, welches andere, an sich zum Gewerbebetriebe berechtigte Personen an der Aus führung der in ihr allgemeines Arbeitsgebiet fallenden Arbeiten behindert. Dagegen ist bei den innungsähnlichen Gewerben die Zulassung zum Gewerbebetriebe an den Ein tritt in die Innung geknüpft und die Veifassung der In nung selbst eine dem innungsmäßigen Gewerbebetriebe im Allgemeines entsprechende. Jnnungsähnliche Gewerbe find zur Zeit: 1) die Mechaniker und Verfertiger physikalischer, op*" tischer und mathematischer Instrumente. 2) die Uhrmacher (Klein- oder Taschenuhrmacher; Wanduhrmacher) und Uhrgehäusmacher( 3) die Instrumentmacher: a) die Pianofortemacher; b) die Geigen- und Guitarremacher; e) die Saitenmacher; 6) die Blasinstrumentmacher, in Holz, in Messing; e) die Hnrmonikamacher; k) die Orgelbauer. 4) Stuhlgestellmacher, wo sie bereits von den Tisch lern getrennt bestehen. 5) Korbmacher und Rohrflechter. 6) Stuhlbauer, welche Web- u. Strumpfstühle bauen. 7) Getreidemüller. (Die Sägemüllerei, Oelmüllerei u. s. w. sind als reine Fabrikgewerbe zu betrachten, wenn sie ohne Verbindung Mit Mahlmüllerei betrieben werden.) 8) Schornsteinfeger. 9) Schieferdecker, Dach- und Ziegeldecker. 10) Töpfer. . . 11) Die Serpenfinsteindreher, Steindreher und Stein schleifer, Marmor- und Alabasterarbeiter, auch Bildhauer (als Gewerbe). 12) Conditoren und Zuckerbäcker, Pfefferküchler. 13) Tüncher, Stubenmaler und Stuckateurs. 14) Lackirer, Vergolder und Holzbroncearbeiter. 15) Formschneider, Graveurs und Edelsteinschneider. 16a) Buchdrucker; k) Stahl-, Stein- und Kupfer drucker; v) Schriftgießer. 17) Die Nadler, Drahtflechter und Drahtweber, Kammsetzer, Krempelsetzer, Hechelmacher, Blattbinder. 18) Die Tuchbereiter und Tuchscheerer. 19) Die Gerber aller Art (Lohgerber, Weiß- und Sähmischgerber), Pergament- und Corduanmacher. 20) Die Färber aller Art (Boy-, Schön-, Schwarz-, Seiden- und Zobelsärber) und KattundOrker. 21) Seifensieder, Lichtzieher und Wachsbleicher. Inserate - werden mit S Pfg. für die Zeil« berechnet sch und in alle» , Expeditionen . angenommen.. Erscheint Dienstag» und Freitag». Zu beziehen durch alle Postanstal- ten. Preis pro Quart. lü Ngr. 22 a) Die Perückenmacher, b) Die Barbiere. 23) Die Kunst- und HandelSgärtner. 24) Die Fischer als städtisches Gewerbe. Diese Innungen haben ihren Sitz in den Städten und bilden mit dem Lande einen Bezirk. Wegen der Lehr linge, Gesellen., Meisterprüfungen, Kranken- Üüd Unter- stützungSkassen gelten im Wesentlichen die bereits resetirteit Bestimmungen. . , Wir haben bisher den Umfang der Gewerbeordnung, dir Eintheilung der Gewerbe, die JnnungSversaffung und die damit zusammenhängenden Beflimmungen mitzutbeilen versucht, «S bleibt hier noch übrig, dir allgemeinen Sätze über die Berechtigung hinzuzufügen. ES soll künsttg jede Berechtigung zum Gewerbebetriebe nicht mehr Aus fluß des PrtvatrechtS, sondern Ausfluß des öffentlichen - Rechts sein. Deswegen giebt eS künftig VerbtetungSrechte, d. H. persönliche Rechte, Gewerbtreibendex, nicht mehr; damit ist aber nicht ausgeschlossen, daß jeder Gewerb- treibende oder für ihn der Vorstand seiner Korporation Uebergriffe Anderer über die Grenze ihres ArbeitSgebietS bei der Behörde zur Anzeige bringe» können und daß für die Verwaltungsbehörde die. Verpflichtung bestehe, den Grund oder Ungrund solcher Anzeigen zu erörtern und danach das Nöthige zu verfügen. Beide. handeln hier aber nicht aus dem Grunde- weil das Recht eines Ein zelnen oder einer Korporation verletzt sei, , ändern weil das Gesetz oder eine auf dessen Gründ gegebene Anord nung übertreten ist, und die Behörde hat nicht mehr das Recht des Einzelnen, sondern das Ansehn des Gesetzes und die öffentliche. Ordnung zu handhaben. Daraus folgt zugleich, daß die Regierung berechtigt ist, bei sich ergeben den Bedürfnissen das Arbeitsgebiet einer Innung abzu ändern und an das Vorhandensein der altern zünftigen Voraussetzungen nichd mehr gebunden ist. Eine andere Folge ist auch, daß man, was auf dem Lande schon be steht, die Entstehung neuer Realgewerbrechte nicht mehr zulasten kann. Wie früher oder bis jetzt das Arbeitsge biet einer Innung durch Specialartikel, Herkommen rechts kräftiger Entscheidungen festgestellt und bei vorkommrnden Streitigkeiten danach entschieden wurde, so giebt eS künftig nur dgs Gesetz. Diese Grundsätze entsprechen zum Theil, z. B. daß Jeder machen dürfe, was sich mit dem ihm - eigenthümlichen Material und Werkzeugen aussühren läßt, der schon bestehenden Praxis, theilS sind fie'neu, wie z. B. die Sätze, daß Jedem Vollendungsarbeiten auszuführen und Erzeugnisse anderer Gewerbe an die seinigen anzupassen und zu befestigen freistehe. Der Wechsel des Gewerbes war bisher dadurch erschwert und nur im Wege einer Dispensation zu ermöglichen, daß jedes Gewerbe von tnnungsmäßiger Verfassung vom -Einwerbenden die Erfül lung aller Voraussetzung verlangte. Künftig ist der Wechsel Wcißcritj-Ieitung Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger «nd Landmann. > ' Verantwortlicher Rcdacteur: Carl I eh ne in Dippoldiswalde