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für Siebenlehn und die Umgegenden Nossen für die König!. Amtshanplmanuschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrnth zu Wilsdruff. Vierzigster Jahrgang Nr. 94. Freitag, deu 19. November Erscheint wöchentlich 2 Mal (Tienktag und Freitag AbonnementspreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Ps. Jnseratcnannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. CrsLc'nk wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet IN Ps. Inseratenannavme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Ubr. Tagesgcschichtc. Allen Denen, die dazu geholfen haben, den Riesenkampf gegen Frankreich im Jahre 1870/71 siegreich zu bestehen, ist das deutsche Volk Dank schuldig. Zu diesen gehört in hervorragender Weise der in Coblenz verstorbene kommandirende General von Goeben. Geboren 1816 trat er 1833 in das preußische Heer ein, nahm dann an den Kämpfen der Carlisten in Spanien Antheil und trat 1842 in das preußische Heer zurück. In dem Kriege gegen Dänemark 1864 zeichnete er sich bei Erstürmung der Düppeler Schanzen und bei deni Uebergang nach Alscn und im Jahr 1866 als Führer der 13. Division der Main- Armee unter General Vogel von Falkenstein aus. Bei Kissingen hatte er am 11. Juli den Hauptkampf zu bestehen. Im Jahre 1870 kom- mandirte er das 8 (rheinische) Armcccorps, führte die Entscheidung bei Spichern herbei und nahm an den Schlachten bei Mars la Tour und Gravelvtte uud an der Einschließung von Metz ruhmvollen An theil. Daun kämpfte er im nördlichen Frankreich gegen Faidherbe, namentlich auch bei Bapaume. Den entscheidenden Sieg von St. Quentin nach dreitägigem Kampfe führte er herbei. Der Kaiser verlieh ihm den Schwarzen Ädlerorden und das Großkreuz des Eisernen Kreuzes. 1483 ist Martin Luther geboren. Die Stadt Eisenach hat den Gedanken gefaßt, den 400jährigen Jahrestag 1883 zu einem Ju biläum für das protestantische Deutschland und alle Protestanten der Welt zu gestalten. „Die Wartburg mit der Stadt Eisenach bildet den Mittelpunkt einer solchen Weltfeier: hier war cs, wo Luther als Schüler gelebt, wo er als Mann auf der Wartburg für die Vollendung seines Reformationswerkes die Bibel ins Deutsche übersetzt hat. Die Be gründung eines Luther-Museums auf der Wartburg würde ein blei bendes Andenken sein und sich in würdiger Weise an das einzig auf der Wartburg dastehende Lutherzimmer anschließen." Eisenach, 15. November. Die Versammlung von Delegirten deutscher Gcwerbekammern hat die Resolution, betreffend das fakultative Verbot der Haltung von Lehrlingen für nicht gewerbsmäßig gebildete Lehrmeister, nach den Beschlüssen des Reichstags vom 5. Mai d. I. mit einigen Modifikationen angenommen. — 16. Nov. Die Delegirtenversammlung der deutschen Gewerbe kammern faßte heute folgende Beschlüsse: Die Konferenz hält Zwangs kassen nicht für nothwendig, wohl aber ein Lehrlingsgefetz, die Ab fassung schriftlicher Lehrverträge, obligatorische gewerbliche Fortbil dungsschulen, Arbeitsbücher, Bestrafung des Koutraktbruchs und Ge-, wcrbegerichte für erforderlich. Nachdem die Konferenz sich noch gegen die Beschränkung der Wechselfähigkeit ausgesprochen hatte, erfolgte der Schluß derselben. 3000 Deutsche aus den deutschen und nationalgemischten Provinzen Oesterreichs waren am 14. November in Wien zu einem deutschen Parteitag versammelt. Sie einigten sich über eine Erklärung, daß sie entschlossen seien, sich gegen jede Vergewaltigung von Seiten der Ungarn, Czechcn, Polen u. s. w. zu wehren, auch wenn die Letzteren durch eine unkluge Regierung unterstützt würden. Maria Theresia und 'Joseph II. hätten Oesterreich ein deutsches Gepräge aufgedrückt und die deutsche Sprache zur österreichischen Staatssprache gemacht. Daran wollen sie festhaltcn. Wir können uns nicht anmatzen wollen, unter die Völker Oester reichs zu treten und den Frieden zu predigen. Wenn die Tschechen in den Deutschen nur noch die Feinde sehen, wenn die Magyaren die deutsche Sprache bis in die Theaterhallen verfolgen, wenn selbst der kleine Slovcne ber deutschen Kultur Fußtritte versetzt, so würde cs lächerlich sein, dem Deutschen allein Ruhe und Mäßigung predigen zu wollen. Die deutsche Bevölkerung hat es den anderen Volksge- uossenschaftc» abgesehen, daß man mit Aufbegehren und entschlossenem Zugreifen am weitesten kommt, daß der Bescheidenste zum Ausgleichs object genommen wird; sie zeigt jetzt, daß sie von dieser Lehre etwas profitier hat. Die Deutschen fühle» und wissen es, daß sie den öster reichischen Staat zusammenhalten, wie sie ihn gegründet haben. Sie verlangen anch äußerlich den Respekt, der dieser ihrer Stellung gebührt. Und wenn die anderen Nationalitäten nicht ganz verblendet sind, so beugen sie sich dieser historischen Thatsache^ Kein Volk existirt in .Oesterreich, das nur irgend eine Aussicht hat, mit einer solchen Fülle von Autonomie anderswo zu existiren, als im Schutz und Schirm der habsburgischen Krone. An das Deutschthum in Oesterreich rühren, heißt nach unserer Ansicht, an die Krone selbst greisen. Alle Loyali- tätsphrasen, wie sie in dem vielsprachigen Kaiserstaat mit solchem Auf wand an oft sehr fadenscheinigen Byzantinismus aufgeweudet werden, alle Feste und Begeisterungsrufe können über diese Gruudthatsache nicht täuschen. Der österreichische Herrscher hat ein unfehlbares Mittel, den Völkern seines Reiches in das Herz zu sehen — er braucht nur zu prüfe», wie sie sich zu dem Dentschthum stellen. Eines anderen Zeug nisses bedarf es nicht. Der Deutschenhetze in Ungarn haben die Künstler in Düsseldorf uud München die rechte Antwort gegeben. Sie waren eingeladen worden, ihre schönsten Bilder zur Ausstellung in Pest zu schicke» und hatten auch zugesagt, jetzt aber haben sie abgesagt. Warum soll der Deutsche nicht auch stolz sein wie der Spanier'? Es ist wenigstens kein Bettelstolz. Aus Agram wird unten» 13. November Abends weiter mitgc- thcilt: Die trüben, unheimlichen, düsteren Tage, welche die über Agram hereiugebrvchene Katastrophe begleiteten, sind vorüber; über den Ruinen wölbt sich der klare blaue Himmel, die Sonne strahlt wieder in vollem Glanze, uud der Wind, welcher so lange durch die Strassen fegte, hat sich gelegt. Unter Miseren Füße» aber grollt es »och immer im Schooße der Erde, und von Zeit zu Zeit ccimiern schwache wellenförmige Be wegungen an die traurige Situation, in welcher sich die Stadt befindet. Die Gemüther haben sich allerdings m den letzten Stunden merklich beruhigt, aber die leiseste Schwingung, das Klirren eines Glases, das Falle» eines Gegenstandes vermag in einem Augenblicke, namentlich bei den Frauen, eine» förmlichen Todesschrecke» hervorzurufen. Eine hochgradige Nervosität, welche unter den obwaltenden Umständen leicht erklärlich ist, hat sich Aller bemächtigt und bewirkt namentlich bei dem Hereinbrccheu der Nacht, daß das Gefühl der Unsicherheit auch die Ruhigsten wieder übermannt. Noch immer bringen ganze Familien die Nacht in Wagen und Hütten zu, und in den Häusern sind nur wenige der oberen Stockwerke bewohnt. Von deu 1600 Häusern der Stadt ist auch nicht ein einziges unbeschädigt geblieben; alle haben mehr oder weniger gelitten, und viele derjenigen, bei denen der Schaden am wenigsten zu Tage tritt, wurden gerade am meisten erschüttert. Bei allen über ganze Städte hereinbrechenden elementaren Unglücks- süllen treibt cs das Volk in die Kirchen und die Schaaren der Beter wachsen, je mehr die Gefahr steigt. Hier aber waren es gerade die Kirchen, welche zuerst uud am meisten von dem Erdbeben litte»; sie sind jämmtlich gesperrt, denn fast alle drohen mit dem Einstiirze, und darum war der Menge der Trost versagt, dort »ach Hülfe zu rufen, von wo sie allein Rettung erwartete. Wie sehr aber das Bedürfniß obwaltete, zeigte am deutlichsten der heute Vormittags auf dem Jela- cicplatz abgebaltene feierliche Gottesdienst, dem Tausende anwohnte». Das kleine flüchtig errichtete Capellenzelt mar mit der Altarseile nach Osten gerichtet uiid gestattete den Anwesenden den Ausblick auf den prachtvollen, nun zur Ruine gewordene» Dom, dessen Thurmuhr noch heute die verhäiignißvvlle Stunde zeigt, in der die Katastrophe über die Stadt hercingebrvchen war; die Zeiger stehen auf 7 Uhr 34 Min. Wohl» sich das Auge wendete, fiel der Blick auf halbeingestürzte, mit Stutzen versehene Häuser, auf Arbeiter, welche auf primitiven Gerüsten etusturzdrohende Wände und Gesimse beseitigen, ans abgetragene Dächer und bloßgelegte Bodenräume. Den weiten Platz füllte eine au 6000 Personen zählende andächtige Menge. Im Vordergründe der kleine, schmucklose Altar mit dem Bilde des Gekreuzigten, die in goldgestickte Gewänder gehüllten Gestalten der Priester, die bunten Uniformen der Offiziere alter Waffengattungen, daun im weilen Kreise die Schaaren der Burger, Frauen lind Kinder, der Nonnen und der Landbevölkerung in ihrer buiiten Nationaltracht, Alle ernst und stumm dem Vortrage des Prediger lauschend, der sie mahnte, auf Gott zu vertrauen, ohne dessen Willen kein Haar von dem Haupte eines Menschen falle. Viele der Frauen schluchzten laut, und inbrünstiger mag wohl selten gebetet werden, als es heute und an dieser Stelle geschah. Als der'greise Cardinal Erzbischof Michailovic, angethau mit dem bischöflichen Ornate und den Hirtenstab in der Hand, mit zitternder Stimme den Segen Gottes über die Stadt herabrief, da beugten sich alle Kniee, und der Ernst der Situativ» spiegelte sich auf alle» Gesichtern. In der Um gebung von Agram richiete das Erdbeben ebenfalls große Verhee rungen au. In der Nacht zum 16. d. sind in Agram wieder mehrere Erd stöße wahrgenommen worden, nm stärksten um 12 Uhr 2 Minuten imd um 4 Uhr 22 Minuten. Die Panik ist allgemein. Die Blätter enthalten wiederum viele Schreckensmcldungen. Den Tag über wurde kein neuer Erdstoß verspürt! man hofft auf Besserung bei dem bevor stehenden Mondwechsel. Ein Auftritt, wie ihn der Vicomte Baudray in der Depiitirtcu- kammer in Paris herbeiführte, ist noch nirgends in parlamentarischen Versammlungen vorgekvmmen. Baudray hatte die Minister beleidigt uud beschimpft und wurde dafür nach den, Reglement mit Ausschluß aus der Kammer auf 14 Tage bestraft. In der nächsten Sitzung saß er trotzdem auf seinem Sitz und wich nicht trotz allen Zuredens n. s. w. Als endlich auf Befehl des Präsidenten die Soldaten einschritten, setzte er sich zur Wehre, balgte sich mit deu Soldaten, riß wüthend dem Obersten Kin die Epaulettes herunter und mußte von den Sol daten, die ihn am Hals und Kopf, au Armen und Beinen packte», hinausgeschleift uud m das Carcer des Hauses gesteckt werde». Wenn die Sitte» und Gesetze von de» Vertretern Frankreichs so mit Füßen getreten werde», was soll mau da von den Leute» der Straße er warte»? Or. Sigl in München hat vielleicht nicht ganz Unrecht, wenn er schreibt: In katholischen Kreisen Frankreichs wird es als eine weise Fügung Gottes cmgesehcm, daß die Mönche gerade jetzt aus ihren Klöstern entfernt worden sind. Sie sind dadurch dem vernichtenden Sturni entzogen, der wohl bald über Frankreich dahin brausen und alles in Ruinen legen wird. Dann werden die Mönche wiederkommen und auf den Ruinen eine neue Gesellschaft gründen helfen. — (Be- theiligt an dem Scandal und dem Widerstand haben sich viele De- putirt'e der Rechten, auch Bischof Freppel. Der Herzog vonLaroche- Foucauld rief in der Kammer: wenn ich nicht heraussprechen darf.