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Dresdner Journal : 03.11.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188711035
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-11
- Tag 1887-11-03
-
Monat
1887-11
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 03.11.1887
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M 2SS. l« ^»»»«» N«i«k-' ^Ldrliekr.... >8 ^Mtrrlied: 4 äv?k Lu»»vla« ktolLlu«ri>: l0?k. 4>»»»rv»tt>ckvick«oL»et>«o ttvietl«, tritt koit- iu>6 3t«iup»i»ai,okl»« kü>ro. Lutcüucktieitn^vkkvdlldn«« r ?Lr äs» ttttum «i»«r ts«np»>t«vei> 2«i>2 ^Ie>o«r 8ot»r»ft 2t) l's. v»t«r „Liu»r«»^Qckt" ckis Heil« KO?k. ü«i ^bsU«»- ni>6 7.iüerv»»t» «v^pr. Aokotü»^ lrr»«d«Iov»r I'k^iiLt» mit ^u-umtlms ävr 8oou- Ullck ^sivrt»^« »dvo6». t'vrnxprsetl-Xll»et»Iu»»r Ur. I2SS. Donnerstag, den 3. November, abends. DresdnerÄMmal. Für di« Gesamtleitung verantwortlich: Dtto Banck, Professor der (Literatur- und Kunstgeschichte. 1887. LiiutLm« vo» »LtynälLUvx»» »n»^trt»r /-V. LraM-ütetter, Oommi—iooitr U«, t-rv«ir>vr ^ovrn»l»; S»wd«rU - N-rU-VI«» S»»«I-In««!»« »r»»tt>lr1 «. >.r ^aaee^t«« L >«rU» Vi»»-S»»dorU- »nu»>rt«rt «. ». Lkc>—«,' k«rt» l^oäou >«rUa ^r»»ke«r» » II »NittU«rt: r>a«d« «k U»./ N«rU»: SSrUt»; ts. LtüUsri IVaeö/ot-««,- «»»»—«: 0 «'M« ». ».: Oo U « r » u, , « k « r r NSoizt. krpsckitioo ä«, Or«cko«r ^oanuU«, t)re«i«v, ^viue«r«triUE LO I'vrLiprsoN-^truovIll»» Ur. 1SSL. Amtlicher Teil. Verordnung, betreffend die Einberufung des Reichstags. Wir Wilkrlm, von GotteS Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen re. verordnen auf Grund des Artikels 12 der Verfassung, im Namen des Reich-, was folgt: Der Reichstag wird berufen, am 24. November dieses Jahres in Berlin zusammenzutreten, und be auftragen Wir den Reichskanzler mit den zu diesem Zweck nöthigen Vorbereitungen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unter schrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Berlin, den 31. Oktober 1887. (I-. 8.) gez. Wilhelm. ggez. vou Boetticher. Bekanntmachung, die Zulassung der Dachpappen und Holzcemente aus der Fabrik von H. Reichardt in Bitterfeld als Surrogate der harten Dachung betreffend Das Ministerium des Innern hat auf Grund sachverständiger Prüfung und Begutachtung beschlossen, die von dem Fabrikanten Hugo Reichardt zu Bitter feld hergestellten Dachpappen und Holzcemente unter den in der Verordnung vom 29 September 1859 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 321) aus gesprochenen Beschränkungen, bis auf Weiteres und mit ausdrücklichem Vorbehalte jederzeitigen Wider rufe-, als Surrogate der harten Dachung anzuerkennen und zuzulassen. Unter Bezugnahme auf tz 3 der erwähnten Ver ordnung wird dies mit dem Hinzufügen hierdurch be kannt gemacht, daß dem genannten Fabrikanten zur Pflicht gemacht worden ist, jeder Lieferung seiner Holz- cementbedachung ein Druckexemplar der unter L nach stehend- veröffentlichten Gebrauchsanweisung beizu geben. Dresden, am 29. October 1887. Ministerium des Innern. v. Nostitz Wallwitz. Münckner. F A, Weisung für dir Hrrstrlluug der Holzciment- Bedachung. Die Holzcement > Bedeckung ist auf einer, für die zu er haltende Belastung hinlänglich unterstützten und tragbaren Bret- ichalung oder Windelboden herzustcllen Sie hat zu bestehen auS: 1) einer mindesten- 0/ Nz. hohen gleichförmigen Bedeckung de- Holzwerkes (der Schalung) von seinem Sande oder diesem gleich seuerbeständigen Stoffe; i) mindestens vier in gehörigem Fugenwechsel mit Holzcement- oder diesem gleich entsprechender Masse aus einander geklebten Bogen hinlänglich starken Papiere-, Pappmasse oder diesen gleich geeigneten Stoffe-; 3) einem Holzcement- oder diesem gleich entsprechenden Üeberzuge der Decklage «ob 2, welcher mit feinem Sande (Steinkohlenflugasche, Steinkohlenschlackenpulver oder der gleichen) dicht zu überdecken und in die noch weiche Ueberzugsmasse einzudrücken ist; 4) einer aus die UeberzugSmasse sub 3 auszubringenden und diese gleichförmig überdeckenden, wenigsten- 3,s Nz. hohen Send- und KieSschicht, mit einer Beimischung von Lehm, welche unter entsprechender Anfeuchtung, vollkommen nach der Dachfläche abzuebnen und leicht einzuwalzen ist. Übrigens sind die Einfassungen in den Giebel- und Dach- säumen, welche zur Verhütung des HerabrollenS der Decklage sui> 4 erforderlich, nicht aus Holz, sondern aus einem seuer- und wetterbeständigen Material (Blech und dergleichen), herzu- stellen und für die Ableitung des von der Holzcement-Decklage abfließenden Tagewassers die Dachsäume mit entsprechend an gebrachten Oeffnungen zu versehen Die Decklage »ub 4 ist stets in gutem Stande zu erhalten. Feuilleton. Beryl- glücklicher Einfall! Eine Flitterwochengeschichte von Blanche Willi- Howard. Lutorifierte Übersetzung au» dem Englischen v. H. E (Fortsetzung.) Welchem Mitglied der Gardineschen Familie wäre e- bi- dato eingefallen, feine Neuvermählte in ein anderes als das erste Hotel auf der Hochzeit-reife zu führen? Wer anders als Beryl war auf die Idee dieser etwas mißlichen Idylle verfallen? Er hatte ihrem Plane gewiß von Herzen gern beigestimmt, denn die Gardines und die Glyndons waren in ihrer hart näckigen Allgegenwärtigkeit geradezu unerträglich ge worden, so daß ihm Beryls Gedanke, der ihm nach und nach, vielfach unterbrochen von allzueifrigen Vettern, Basen und Tanten, verstohlen mitgeteilt worden war, wie eine höchst erfrischende, wohlthätige Auflehnung gegen allzu strikte Familientraditionen erschienen und willkommen gewesen war. Und schließlich war eS doch auch sein gute- Recht, mit seiner Frau dahin zu gehen wohin es ihm be liebte. Wie sonderbar war ihm zu Mute gewesen, al- er die Leben-mittel herausschickte, sich au-zumalen, daß, wenn dieselben gegessen würden, Beryl schon sein ihm angetrauteS Weib sei. An einem Sonntag Mor gen hatte sie während de- Gotte-dienste- Gelegenheit cstfunden, ihm den Zettel mit den ausgeschriebenen Besorgungen in die Hand zu drücken, wa- er mit Nichtamtlicher Leit. K^cegvaphiscHe Wachrichten. Berlin, 3. November. (Tel. d. Dresdrr. Journ.) Le. Majestät der Kaiser hat in der vergangenen Nacht mit einigen Unterbrechungen ziemlich gut und völlig schmerzlos geschlafen. Paris, 3. November. (Tel. d. Dre-dn. Journ.) Der Miuisterrat trat gestern abend zusammen, um über die Stellung zur Kvuvrrtirruugs- und Go» quetefrage Beschluß zu fassen. Die Minister werden morgen dem Präsidenten Grevy die Ne- solutionen unterbreiten, das „Journal des Debats" sagt, die Koalition gegen da- Ministerium betreffs der Enquete sei sehr stark. Dresden, 3. November. Französische Träumereien. Der große politische Akt, der Abschluß Deutschlands- Österreichs mit Italien durch den Fürsten Bismarck und den italienischen Ministerpräsidenten Crispi — diese gewaltige Veränderung der europäischen Sachlage wird noch lange Zeit die Politiker de» In- und Aus landes beichästigen. Freude und Leid wechseln dabei schroff genug mit einander ab, nur mit dem Ergebnis, daß das Leid lediglich von Seiten gegnerischer Aus länder empfunden wird. Zugespitzter werden diese Empfindungen noch durch einige schwerwiegende Interpretationen, welche jener Haupthandlung nachgefolgt sind. Die Kaiserrede in Wien, die Ansprache CriSpi» und die dentschen Zuvorkommenheiten in allen den Grenzvorkommnissen der letzten Zeit beweisen, wie ein trächtig die Friedensmächte bemüht sind, die Ruhe in Europa aufrecht zu erhalten; die russischen und die französischen Blätter sind dagegen voller Unruhe und geheimer oder offener KriegSgedanken. Von diesen Gedanken und Träumereien erläutert die „N. Pr. Ztg." einen nicht wenig interessanten zur Unter haltung der deutschen Leser: Viel von sich reden mach ten die technischen Rüstungen Rußland- au unserer Ostgrenze, die selbst von russischen Quellen dargeleat werden. Heute möge eine strategische Vorlesung, welche E. de Frayssinet im „Figaro" aiebt, einen Platz fin den; und zwar auS zweierlei Gründen, einmal «eil dieses Blatt durchschnittlich gut orientiert ist, und dann weil wir erkennen, wie sich in den Augen eine- in telligenten französischen Kopfe» ein ZukunftSkrieg zwischen dem alliirten Rußland-Frankreich und Deutsch land etwa abspielen möchte. Nachdem Verfasser die umfassenden Befestigungs arbeiten, welche Rußland an der deutschen Grenze ge baut hat, bez. zu bauen im Begriffe ist, Revue hat passieren lassen, wirft er einen Blick auf die deutsche« Maßnahmen gegen Rußland, in erster Linie auf die befestigten großen Waffenplätze: Königsberg mit seinen 13 Forts, Danzig als befestigten Lagerplatz, Thorn mit 5 Forts auf dem rechten, 3 auf dem linken Ufer der Weichsel und Posen mit seinen H Forts. Diese haben, nach dem „Figaro", außer Danzig einen „offen siven Charakter"; Graudenz, dessen AuSban al- großer Waffenplatz beschlossen sei (?), würde denselben Zweck wie Thorn erhalten. Alle diese Festungen wurden in neuerer Zeit von Magdeburg und Metz au- mit älteren gezogenen Kalibern tüchtig armiert, während man nach der französischen Grenze die neuesten Ge- schützkonstruktionen ,sende und bei Thionville, Bitsch, wie bei Pnvat-la-Montagne und Saulny Befestigungs arbeiten ausführe. (?) „Die Befestigungen, welche an der Weichsel ange legt wurden, sagt Frayssinet, reden für den Fachmann einem leifen Druck dieser kleinen Hand erwiderte; aber natürlich hatte Tante Susanne eS für nötig be funden, in diesem Augenblick den Kopf zu wenden und das schuldige Paar mit ihrem Richterblick zu treffen. Natürlich hatte sie den Händedruck bemerkt, denn ob wohl sie selbst sich derlei Schwächen niemals gestattet hatte, besaß Tante Susanne doch da» Talent, wie im Fluge alle an andere Adressen gerichteten Blicke und Küsse aufzufangeu und zu kontrollieren. Glücklicherweise hatte sie den Zettel nicht bemerkt, und so konnte er am selben Abend im Bibliothek- zimmer Beryl zuflüstern — (Onkel Henry hatte wegen heftigen Riefen» den Kopf abgewandt) — daß ihr HauS- haltungSplan einem großen Pic-nic nicht ganz un ähnlich sei. Sie antwortete mit einem so bezaubern den Lächeln, daß er sie gern dafür geküßt haben würde, aber leider war Onkel Henry mit feinem Niesen zu einem befriedigenden Abschluß ge'angt, so daß er seine ungeteilte Aufmerksamkeit sofort wieder auf da» junge Paar richten konnte. Warum war Beryl nur unzufrieden? Tr hatte doch alle ihre Wünsche befriedigt? Hatte sogar kon densierte Milch anaeschafft, die ihm so widerwärtig war, wie konnte sie da so trotzig und stumm ver- harren? Seine trübe Stimmung sank bi» zur Trostlosigkeit herab, sein frische» ehrliche» Gesicht blickte immer finsterer drein, und in dem Maße, al» seine innere Verstimmung gegen Beryl zunahm, suchte er auch den äußern Raum, der sie von einander trennte, zu er weitern, indem er seinen mißmutigen Spaziergang nach dem zweiten Zimmer und von dort bi» in da» Dunkel de- kleinen Schlafgemach-, jenfeit- de- Flure» eine beredte Sprache. Denn diese Anlagen sind nicht auf einen einseitigen Krieg gegen da» Zarenreich hin gebaut, und zwar deshalb nicht, weil sie ein Verzichten auf die sonst so beliebte deutsche Offensive gegen Ruß land bedeuten" „Die 1. Abteilung des großen Ge- neralstabe» auf dem Königsplatze in Berlin, fährt er fort, ist von den mannigfachen Ursachen, welche eine Verzögerung der russischen Rüstungen bewirken, nur zu wohl unterrichtet; auch hat man dort zu eifrig die Bewegungen de- Kriege- von 1877 studiert, um nicht zu wissen, daß ein deutsche» Corp», welches auf dem rechten Weichselufer nach Warschau jm marschiert, erst an den Ufern des Bug auf ernsten Widerstand stoßen würde/ Wenn Deutschland dennoch, auf solche Vorteile verzichtend, die Weichselstellung befestige, so seien offen bar andere Gründe maßgebend, und zwar die, daß man in Deutschland an einen Krieg mit Rußland nicht denke, ohne einen gleichzeitigen Kampf mit Frankreich in» Auge zu fasfen. Man wisse dort auch sehr gut, daß, wenn ein Krieg mit Rußland begonnen würde, ehe mit Frankreich abgerechnet sei, „die Ge wehre an der Grenze der Vogesen von selbst losgehen würden." Die ganze Staatskunst de» Fürsten Bismarck sei deshalb darauf g-richtet, die Feindseligkeiten in der richtigen Reihenfolge, nämlich: erst gegen Frankreich, dann erst gegen Rußland losbrechen zu lassen; da aber die Zukunft in GotteS Hand liege, sei eS klug, weise und logisch, über diese Dinge nachzudenken und gewisse Maßnahmen nicht aus den Augen zu ver lieren. Sollte sich Deutschland nämlich eines Tage» in der gefährlichen Lage befinden, gegen Ruhland und Frankreich zugleich Front zu machen, so würde e-, auf die große Langsamkeit der russischen Rüstungen und die Mithilfe Österreich-Ungarns rechnend, sich mit allen seinen Kräften auf Frankreich stürzen, um demselben so schnell wie möglich einen tödlichen Stoß zu versetzen, damit die deutschen Waffen dann an der Weichsel au» der bisherigen Defensivstellung: Danzig- Graudenz - Thorn - Posen zur Offfensive übergehen könnten. Man sehe aus dieser Auseinandersetzung recht klar, zu welchem Zwecke die östlichen Festungen verstärkt würden, zuglmch Aber, auf weich' komplizierten Unter werken der Plan der deutschen Generalstaber stehe, indem derselbe auf der Vorbedingung beruhe, daß es der deutschen Armee gelänge, mit einem ersten Ge waltstreich die militärische Widerstandskraft Frankreichs zu vernichten, während es gegen Rußland eine starke Defensive aufrecht erhielte. „Hierdurch", sagt der Verfasser, „ist uns Franzosen die Richtschnur unseres Handelns nur zu klar vvrge- zeichnet, indem die kleinste Dummheit unsererseits die finsteren Pläne des eisernen Kanzlers begünstigen und ihn in Stand setzen kann, kairs »ov )eu!" „ES heißt daher abwarten, und zwar mit weiser Geduld und einer Selbstbeherrschung voller Würde. (?) „Der Krieg zwischen Deutschland und Rußland ist unvermeidlich; ob die- später oder früher geschieht, ist gleichgiltig; eines Tages wird er auSbrechen und dann werden wir Herren der Lage sein." Wir müssen die Deutschen sich dort engagieren lassen und dann sind wir es, so der Hintergedanke de» Verfasser», die ihm in den Rücken fallen und mit unseren offensiven Streichen den Todesstoß geben. Man sieht au» dem ganzen Artikel einerseits die Furcht vor dem Gesamtstoße der deutschen Armee und andererseits das Vertrauen auf die Gutmütigkeit der deut schen Politik Hindurchblicken, die sich nach Ansicht Frayssi- net» die Gesetze de» Angriffs vorschreiben lassen würde. Wir dächten, die Franzosen hätten aus der Geschichte der letzten Dezennien dreierlei lernen können: einmal, daß forffetzte. Der Klang von Wind und Wogen, sowie der Schall seine» monotonen Schrittes tönten schauer lich durch da» stille kleine Haus. Und Beryl? wirst Du fragen, lieber Leser. Je mehr sich Jack» Gemüt verhärtete, desto weicher und nachgiebiger sah e» m dem ihren aus. ES war so schrecklich unbehaglich hier innen und bis jetzt war sie, außer zum Besuch in den gemüt lichen Häuslichkeiten anderer junger Mädchen, noch kaum jemals von Hause sott gewesen Da die Glyn- don» nicht sehr für Pensionäre eingenommen waren, batte man ihr sogar die sogenannten Fortbildungs stunden daheim erteilen lassen und so war Beryl ein Nesthäkchen im wahren Sinne des Wortes geworden. Während ihre- ganzen jungen Lebens hatte sie fast jede Nacht in ihrem freundlichen Mädchenstübchen, dessen Fenster den Gatten überblickten, verbracht Es war ihr auch so natürlich erschienen, mit Jack Gar dine verlobt zu werden; die ganze Zeit ihres Braut standes war eine einzige köstliche Aufregung gewesen. E» war immer irgend etwas los. Einladungen zu Mittag- und Abendessen, Tanzuntrrhaltungen, Besuche bei Schneiderinnen und Näherinnen, Einkaufsfahrten nach Borten hatten ihr diefe Zeit wie im Fluge ver gehen lassen. Jetzt, wo alle» vorüber, fühlte sie sich matt und abgespannt. Der heutige Tag vollends war sehr aufreibend ge wesen. Kaum daß sie erwachte, io kamen auch schon ihre Mutter und Tanten, Eousinen und Basen im dritten und vierten Glied, um sie zu küssen und sie unter Thräurn zu bitten, ja recht ruhig zu bleiben Nu« war Beryl für gewöhnlich von sehr ruhiger Gt- die deutsche Politik die Situation bis jetzt noch be herrschte, ferner, daß die französische Politik der letzten Zeiten sich weniger von verständigen Überlegungen und Gedanken des Friedens, als von unberechenbaren Impulsen bez. hysterischen GefühlsauSbrüchen leiten ließ, und endlich, daß eS nicht Menschenwitz und Menschenwahn allein sind, welche die Völkerschicksale entscheiden und die großen Katastrophen herbeiführen, sondern daß eine höhere Macht noch immer im Re- gimente sitzt, deren Hand in letzter Instanz über Krieg und Frieden, wie über Siege und Niederlagen waltet. Jedenfalls sind die Auslassungen de- französischen Blattes beachtenswert. Lagesgeschichte. Dresden, 2. November. Der Kaiser!. und Königi. österreichisch-ungarische Gesandte und bevollmächtigte Minister Frhr. v. Herbert-Rath keal ist von seinem Urlaube zurückgekehrt und hat die Leitung der Ge schäfte der Gesandtschaft wieder übernommen. * Berlin, 2. November, über da- Befinden Sr. Majestät de- Kaisers teilt der heutige „Reichsanzeiger" folgendes mit: „Die Störungen in dem Befinden Sr. Majestät des Kaisers waren nach einer gut verbrachten Nacht bereits gestern gemildert und haben nach der ebenfalls ohne Unterbrechung ver laufenen letzten Nacht weitere Fortschritte in der Besserung gemacht. Der Kreuzschmerz tritt, nament lich bei Bewegungen, manchmal noch recht empfind lich auf und gestattet ein Verweilen außer Bett noch nicht." Se. Königl. Hoheit der Prinz Wilhelm kam gestern abend gegen A6 Uhr von Potsdam nach Berlin, verweilte nach seinem Eintreffen hierjelbst längere Zeit im Auswärtigen Amte und stattete sodann Sr. Majestät dem Kaiser im Königl. Palm» einen Besuch ab. Die ,Mln. Ztg." bringt in ihrer gestrigen Num mer solgende von vielen Blättern weiter verbreitete Notiz: „Der nächste preußisch« StaatShauShallSetat wird mit einem rechnungsmäßigem Fehlbettage von 4o Millionen M ab» schließen. Derselbe wirb aber voraussichtlich in WahrheU durch die Einnahme mehr als ausreichende Deckung finden Zunächst wird der Etat der Eisenbahnverwaltung, wie mit Bestimmtheit veriautet, erheblich Häher« Einnahmen erzielen und ferner kommt der Anteil Preußens an der Branntwein»« brauchsstcuer vom i. Oktober 1887 bi- i. April 18^8 noch nicht m Anschlag. Man ist überzeugt, daß beide Posten zusammen mehr als aus reichende Mittel gewähren, um den Fehlbetrag zu decken." Zu dieser Mitteilung bemerken die offiziösen „Berl. Pol. Nachr." Folgendes: „Es ist uns unerfindlich, wie die Redaktion einer so angesehenen Zeitung eine solche Mitteilung hat zum Abdruck bringen können, obwohl doch auf den ersten Blick ausfallen muß, daß der Verfasser derselben weder mit der Ausstellung unseres Etats, noch mit den bei derselben vorzu nehmenden Verrechnungen, noch überhaupt mit einer dabei in Betracht kommenden wirtschaftlichen, steuer politischen oder technischen Frage auch nur im Min desten vertraut ist. Inhalt wie Form der Nachricht sind nicht nur falsch, sondern geradezu unsinnig. Nach solchen Leistungen wird allerdings vieles, auch die Kritik verständlich, welche ein großer Teil unserer Presse an den Wirtschafts- und steuerpolitischen Vor gängen der letzten Jahre zu üben sich sür befugt und befähigt hielt." Die Mehrzahl der Berufsgenoffenschaften wird, wie die „Berl. Pol. Nachr." hören, demnächst eine Petition an den Fürsten Reichskanzler absenden, in welcher um eine Ermäßigung des Portosatzes für die bernfSgenossenschaftlichen Korrespondenzen er sucht werden soll. Die Petition soll vorher dem Prä sidenten des ReichsvcrsicberungsamleS mit der Bitte vorgelegt werden, das Gesuch zu unterstützen. mütSversassung, aber diesen Anforderungen waren auch die eisernsten Nerven nicht gewachsen. Die Braut ist mehr oder weniger eine bloße Marionette in der Hand ihrer liebsten und nächsten weiblichen Anverwandten. Obwohl sie die Hauptperson in dem ganzen Drama ist, darf sie doch nur ergeben und willenlos alles über sich ergehen lassen. Ein Dutzend hilfsbereiter Hände hatten Beryl in den weißen Brautstaat gehüllt und dieselben Hände hatten sich ihrer nach der Ceremonie bemächtigt, um sie in ihr Reisekostüm zu kleiden, als wäre sie eine wesenlose Puppe. Alles war so eilig und überstürzt gekommen. Niemand hatte sie um da» geringste gefragt; selbst in der Kirche war sie nicht so feierlich gestimmt, wie sie es gehofft hatte, sie hatte eS nicht hindern können, wieder und wieder die komischen Fältchen an beiden Nasenwinkcln des Herrn Pastor» zu bemerken. Was aber waren denn jetzt ihre Sorgen und Kümmernisse? Hier waren sie ja so gänzlich außerhalb des Bereichs der Familie — sie und Jaa, ganz allein — und doch stand sie mit trotzig abge wandtem Gesicht da, und er schritt so unmutig auf und ab, al» ob sie wirklich einen Streit gehabt hätten. Sie hatte zwar schon gehört, daß ein junges Ehepaar fast immer in den ersten 0 Monaten einen Streit zu haben pflegt — aber gleich am allerersten Tage — das war doch zu schrecklich I Dazu war e» so unheim lich hier m diesem trostlosen Zimmer, wo einen die Eulen so gruselig anstarrten, fast unwillkürlich gedachte sie dagegen der lieben vertrauten Gesichter daheim, des ganzen behaglichen Hause». Aber sie war ja durch ihre eigene Wahl hier, sie hatte sich Jack mit ihrem Herzen vermählt, und wie war er so gut und lieb. Wie konnte e» ihr nur einfallen, so kindisch zu
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