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wichtig festzustellen, daß diese verschiedenen Einflüsse — Bach, Rameau, Brahms, Liszt, Wagner, Berlioz - von Franck keineswegs ek lektisch benutzt werden, sondern durch seine schöpferische Persönlichkeit eine ganz eigene Verarbeitung erfahren. Eine an Rameau und Bach geschulte, häufig kontrapunktisch durch setzte Formklarheit und eine mit französischer Delikatesse beleuchtete Instrumentation sind Wesensmerkmale der Musik Francks. Von Eer- lioz, Liszt und Wagner übernimmt er die glei tende Chromatik der Mittelstimmen, den sat ten, farbigen Orchesterklang, die schwelgerisch blühende Melodik. Manche Eigentümlichkeiten seiner Musik verweisen bereits auf den Impres sionismus. So fügt Cesar Franck mit einer Rei- "e seiner Werke der europäischen Musik des 19. Jahrhunderts eine sehr persönliche Note hinzu. Die Sinfonischen Variationen für Klavier und Orchester, 1885 entstan den gehören zu den reifsten Leistungen des Komponisten. Bereits der Titel „Sinfonische Va riationen" deutet darauf hin, daß es sich in dem vorliegenden Werk nicht um eine Reihung einzelner, unabhängiger Veränderungen des Themas handelt (wie es beipielsweise bei den Mozart-Variationen von Reger der Fall ist), sondern, daß das Thema, besser: die Themen, in sinfonischer Technik variiert werden. Dieses sinfonische Prinzip zeigt sich bereits in der Themenaufstellung. Wie im Sonatenhauptsatz werden zwei Themen gegenübergestellt: das erste von den Streichern unisono intoniert, aus konsequenter Verfolgung eines prägnanten, rhythmisch bestimmten Motivs erwachsend, mar kant, männlich im Charakter, dem das zweite - vom Soloinstrument vorgetragen - sofort folgt: eine schwärmerische Melodie, in delika ter Weise harmonisiert. Nach der knappen The menexposition beginnen nun im Gegen- und Miteinander von Klavier und Orchester die kunstvollen Variationen. Die Übergänge sind fließend gehalten, das sinfonische Prinzip bleibt erhalten. Kurze hingetupfte 3 / 4 -Takt- Episoden schieben sich in die Entwicklung ein. Ein Fis-Dur-Mittelteil - molto piü lento - bildet einen Stimmungs-Gegensatz. Thematisch sind die Celli in diesem Teil stark beteiligt, über einem ausgedehnten Ok tavtriller des Solisten beginnen Celli und Bässe mit dem zweiten Thema den drit ten Teil des Werkes, in dem thematisch nun noch dieses zweite Thema zahlreiche musika lische, satztechnische und also auch charakter liche Veränderungen erfährt. Das Werk bietet dem Solisten reiche pianistische Entfaltungs möglichkeiten. Manchmal, so besonders im Fis- Dur-Mittelteil, erinnert die Behandlung des So loinstruments an Chopin, an dem auch die schwebende Harmonik geschult zu sein scheint. Daß es Franck gelingt, den Eindruck des Spon tanen, Leidenschaftlichen mit den Mitteln des strengen Kontrapunktes zu erreichen, ist ein Zeichen für seine Wesensverwandtschaft an dererseits mit Brahms. Johannes Brahms’ Sinfonie Nr. 2 D-Dur o p . 73, im Jahre 1877 komponiert, entstammt einer glücklichen Lebensperiode des Meisters, deren ruhige Heiterkeit sich in den meisten der in dieser Zeit vollendeten Werke widerspiegelt. So ist auch die Grundstimmung der D-Dur-Sinfonie durch Lebensbejahung, Le bensfreude und innere Gelöstheit gekennzeich net. Das Werk, das oft als die „Pastorale" des Komponisten bezeichnet wurde, steht in star kem Gegensatz zu der vorangegangenen, lei denschaftlich-kämpferischen c-Moll-Sinfonie und verhält sich zu ihr vergleichsweise etwa wie Beethovens „Sechste" zu seiner „Fünften" oder Dvoraks achte zur siebenten Sinfonie. Land schaftliche Eindrücke, Naturstimmungen sollen auch bei der Entstehung dieser Brahms-Sinfonie eine wesentliche Rolle gespielt haben. „Das ist ja lauter blauer Himmel, Queilenrieseln, Son nenschein und kühler, grüner Schatten. Am Wörther See muß es doch schön sein,” äußerte der dem Komponisten befreundete Chirurg Theodor Billroth zu der in wenigen sonnener füllten Sommermonaten in Pörtschach am See in den Kärntner Bergen geschriebenen Kompo sition, die in ihrer pastoralen Lieblichkeit dem ein Jahr später dort entstandenen Violinkon zert nahe verwandt ist. „Eine glückliche, won nige Stimmung geht durch das Ganze, und al les trägt so den Stempel der Vollendung und des mühelosen Ausströmens abgeklärter Ge danken und warmer Empfindungen." Doch ent behrt das sehr einheitliche und geschlossene, an herrlichen Einfällen überreiche Werk trotz seiner lichten und freudigen, lyrischen Grund haltung, trotz seiner Bindung an die „heitere" klassische Themen- und Formenwelt, keines wegs kraftvoller, ja zum Teil auch tragischer Töne. Am 30. Dezember 1877 fand die Urauf führung der Sinfonie (die Brahms übrigens in einem Brief an seinen Verleger Fritz Simrock humorvoll „das neue liebliche Ungeheuer" nannte) durch die Wiener Philharmoniker un ter der Leitung von Hans Richter statt; Clara Schumanns Voraussage „Mit dieser Sinfonie wird er auch beim Publikum durchschlagende ren Erfolg haben als mit der ersten" sollte sich dabei nachhaltig bestätigen. Eine meisterhafte variationsmäßige Durchdrin gung und Bindung der einzelnen gegensätzli chen Themen, aus der eine ungemein starke Einheitlichkeit der Stimmung erwächst, charak terisiert gleich den ersten Satz (Allegro non troppo). Entscheidend für den Aufbau des ge samten Werkes ist das aus drei Tönen (d-cis— d) bestehende Anfangsmotiv, das in Violon celli und Kontrabässen quasi wie ein Motto dem in den Hörnern einsetzenden Hauptthema vorausgeschickt wird und als Grundmotiv in zahlreichen Variationen und Ableitungen die Sinfonie durchzieht. In Hörnern und Holzbläsern erklingt das Hauptthema des Satzes wie ein Frage- und Antwortspiel; geheimnisvolle Klän ge der Posaunen und der Baßtuba folgen. Nach diesem wie eine selbständige Einleitung an mutenden Beginn tragen die Violinen eine weitgeschwungene, bereits abgeleitete Weise vor. Es verbreitet sich eine ausgelassene Fröh lichkeit, die jedoch durch das dunkel gefärbte, von den Violoncelli angestimmte zweite Thema wieder gedämpft wird. In der poesievollen Durchführung des Satzes, die durchaus große Steigerungen aufweist und ihren Höhepunkt in einem Fugato erreicht, dominieren das Grund motiv, das Hauptthema und daraus abgeleitete Gedanken. Noch einmal erklingen die schönen Melodien des Satzes in der wieder von unge trübter pastoraler Stimmung erfüllten Reprise. Ein wenig melancholisch, empfindungsschwerer gibt sich der folgende, in dreiteiliger Liedform angelegte Satz (Adagio ma non troppo). Sein Hauptthema bildet eine schwermütige Cello- Kantilene in H-Dur, die dann von den Violinen aufgenommen wird. Nach einer kurzen, vom Horn begonnenen fugierten Episode erfolgt ein Taktwechsel; der Mittelteil setzt mit einem für Brahms sehr charakteristischen synkopierten Thema der Holzbläser ein. Unruhige, erregte Klänge führen zu spannungsvollem musikali schen Geschehen. Doch mit der Wiederkehr des wehmütigen Cellothemas durch die Flöten in der freien Wiederholung des ersten Teiles beruhigt sich der Aufruhr wieder. In milder Re signation verklingt der Satz, dessen Hauptthe ma in der Coda, in Holzbläsern, Streichern und schließlich in der Klarinette zu gedämpften Trioienschlägen der Pauke zerbröckelt. Besonders beliebt wurde in kurzer Zeit der mit seiner gemütvollen Liebenswürdigkeit etwas an Schubert erinnernde dritte Satz (Allegretto grazioso). Durch die Holzbläser erklingt, von Pizzikato-Achteln der Celli begleitet, das an Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dipl.-Phil. Sabine Grosse mutige menuettartige G-Dur-Hauptthema mit seinen drolligen Vorschlägen auf dem dritten Viertel, das übrigens auch aus einer Ableitung des Grundmotivs der Sinfonie gewonnen wurde. Auch ein zweimal in verschiedener Form auf tretender, rasch vorbeihuschender Trioteil kann als Variierung des Hauptthemas erkannt wer den. Aber trotz dieser kunstvoll verzahnten, zum Teil leicht ungarisch gefärbten Thematik erscheint der sehr wirkungsvoll instrumentierte Satz mit leichter Hand hingezaubert. Unproblematisch gibt sich auch das jubelnd ausklingende, beschwingte Finale der Sinfonie, von dem der gefürchtete Wiener Musikkritiker Eduard Hanslick sagte: „Mozarts Blut fließt in seinen Adern". Nach dem ein wenig zu^Kk- haltenden, geheimnisvollen Beginn Hauptthema huscht zunächst wie von Ferne er tönend in den Streichern vorbei, ehe es im Or chestertutti aufklingt - entfaltet sich kräftige Fröhlichkeit. Auch das sexten- und terzenselige, etwas ruhigere zweite Thema stellen die Strei cher (Violinen und Violen) vor. Diese beiden Hauptthemen, die sich in der Coda schließlich vereinigen, sowie das immer wieder benutzte Grundmotiv des Werkes und daraus abgelei tete Nebengedanken tragen das Geschehen des trotz einiger besinnlicher Wendungen kaum von Schatten berührten Finalsatzes, der das Werk in festlicher Freudigkeit beschließt. (Prof. Dr. Dieter Härtwig) VORANKONDIGUNGEN: Sonnabend, den 31. Januar 1987, 19.30 Uhr (Freiverkauf) Sonntag, den 1. Februar 1987, 19.30 Uhr (AK J) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 6. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Tomas Koutnik, CSSR Solist: Tsuyoshi Tsutsumi, Japan, Violoncello Werke von Vorisek, Schumann und Prokofjew Sonnabend, den 7. Februar 1987, 19.30 Uhr (Anr. A 2) Sonntag, den 8. Februar 1987, 19.30 Uhr (Anrecht A 1) Festsaal des Kulturpalastes Dresden Einführungsvorträge jeweils 18.45 Uhr Dipl.-Phil. ^^■ie Grosse 6. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Lothar Zagrosek, BRD Solistin: Magdalena Hajossyovä, CSSR Berlin, Sopran Werke von Mozart, Strauss und Strawinsky Dienstag, den 10. Februar 1987, 19.30 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden SONDERKONZERT der Moskauer Philharmonie Dirigent: Dmitri Kitajenko Solist: Alexander Rubin, Violoncello Werke von Prokofjew, Saint-Saens und Ravel Kartenvorverkauf ab 2. Februar 1987 an den Kassen des Kulturpalastes. Schloßstraße Spielzeit 1986/87 - Chefdirigent: Jörg-Peter Weigle Druck: GGV, BT Heidenau 111-25-16 JtG 009-79-86 EVP -.25 M 5 PHILHARMONISCHES KONZERT