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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. V 217 Diese- Blatt erscheint mit Ausnahme des Sonntags täglich Abends und ist durch alle Postaustalten zu beziehen. Sonnabend, den 17. September. Preis für da« Vierteljahr 1^ Thalrr. Insertions-Gebühren für de» Raum einer gespaltenen Zeile 1 Neugroschen. 1853 Nichtamtlicher Theil. Aebrrsicht. TageSfteschichte. Wien: Die Nachricht von der Ablehnnng der tückischen Modifikationen bestätigt. Abreise des Kai ser«. Die im Lager von Olmüh commandirenden General,. DaS neue Bürgerwehrgesetz. Preßpolizeiliches. Die unga rischen Kroninsignien. — Alt-Ocsowa: Näheres über die Auffindung der ungarischen Kroninsignien. — Ber lin: DaS Gerücht von einer Reise deS Königs nach Ol- mütz. Di« Borlagen für die nächsten Kammern. Va kanzen in höhern Verwalkungsposten. Französische Ge treides,stellungen rückgängig gemacht. Assessor W igener. Generalleutnant v. Radowitz von Neuem erkrankt. — München: Ankunft deS sächsischen JnspectionSgenerals. — Nürnberg: Die Versammlung der Alterthumsforscher eröffnkt. — Frankfurt: Ausfall der Messe. — Paris: Die Reise deS Kaisers und der Kaiserin. Algerische An gelegenheiten. Commission zur Begutachtung der Ver hältnisse der Gcundrreditgesrllschaflen. Der Gesandte von Bolivia abberufen. Petition um Freigebunq der Einfuhr auswärtiger Steinkohlen. Todesfälle. — Modena: Ge treideausfuhr verboten. — London: Die Herzogin von Orleans und die Großfürstin Olga. — Konstantino pel: Wechsel im Eommando des französischen Geschwa ders. Der Gesundheitszustand auf den Flotten nicht be friedigend. Vermischtes. Unsicherheit in Bulgarien. — Smyrna: Keine deutschen Handwerker bei den Flücht lingsvorfällen betheiligt. Local- und Provinzialangelegenheiten. Dresden: Abmarsch der Artillerie ins Eantonnement. Polizeiliches. — Aw i cka u: Erntebericht. Auswanderung. — Aus dem Erzgebirge: Bettelei und Vagabundenwesen. — Aus dem S ch ön b u r g i sch en : Verbot der sogenannten Haus halte. — Frankenberg: Generalversammlung der erz- gedirgischen landwirlhschaftlichen Vereine. — Dippoldis walde,: Berichtigung. — Neustadt: Jubelfeier. — Colbitz: Schulangelegenheiten. — Aus der Lausitz: Unglücksfall. Bericht über die II. Generalversammlung drö Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung zu Koburg. Feuilleton. Vermischtes. Anzeigen. Börsennachrichten. Lagesgeschichte. -4- Wien, 14. September. Wie verlautet, ist das neue Bürgerwehrges.tz zu Stande gebracht, und cs dürfte in naher Zeil seine Verkündigung erfolgen. WaS die Grundzüge der künftigen Einrichtung des Bücger-Mililärs in Wien betrifft, so werden in der Hauptsache, wenigstens was die Eintheilung dec Waffengattungen betrifft, die allen Normen beibehalten bleiben. Es wird daher wieder aus zwei Regimentern In fanterie mit Grenadieren, aus einer Abtheilung Cavallerie und Infanterie und dem ritterlichen Scharfschützencorps be stehen. In dec innern Organisation sind aber einige Ver änderungen vorgenommen worden, wie sie die Erfahrungen in dec jüngsten Epoche als nothwendig herausgestellt haben. Bis 1848 war der Obercommandant der Bürgerwehr der jedesmalige Bürgermeister, bei uns mit der Charge eines Obersten bekleidet, nun wird dieselbe aber, wie verlautet, einen Militärchef erhalten. Um Männer von bloS reiferm Sinne in ihren Reihen zu haben und zugleich die frühern Conflicte zu vermeiden, wo noch militärpflichtige Individuen durch Einweisung in die Bürgeimiliz sich der diesfälligen Verpflichtung entzogen glaubten, sollen künftig die Aufnah men nur im dreißigsten Lebensjahr, statthaben. Ebenso ist cine Grenze des Alters festgesetzt, die von b,m Bürgerwehr dienste entbindet. Unter gegebenen Verhältnissen ist aber auch Jedermann zu diesem Waffendienste verpflichtet, wo durch nicht bloS die Vollzähligkeit der Regimenter und CorpS besser erzielt, sondern auch dahin gewirkt wird, daß dieselben nicht etwa einer einseitigen, politischen Richtung zur Beule werden. — Hinsichtlich der in Verfall erklärten Druckschrif ten (gemäß des tz. 41 der Preßordnung) ist, insofern sie anstößigen Inhalts sind und die gänzliche oder theilweise Vernichtung derselben als nothwendig erachtet wird, ange ordnet worden, daß der Uebecschuß des Erlöses von dem nach dieser Vernichtung verbleibenden Materiale, nach Ab zug der Vernichtungskosten, dem Wohlthätigkeitsfonds zu fällt, wenn aber ein Ausfall vorhanden, derselbe den Ge richtskosten einzubringen ist. — Die ungarischen Reichs insignien, deren feierliche Ausstellung morgen zu Ofen er folgt, werden sicherm Vernehmen nach bald hierher gebracht werden, und bei diesem Anlasse wird der Monarch, um ihrer Empfangnahme beizuwohnen, sich auf kurze Zeit von Ol- mütz nach der Residenz verfügen. — Der ungarische Kron hüter Joseph v. Uirmenyi ist heule nach Ofen abgereist. BiS zur Entscheidung in Betreff der Errichtung der künf tigen Kronwache wird eine Gcenadiercompagnie die Wache versehen. — Wie verlautet, beabsichtigen mehrere ungarische Magnaten an dem Orte, wo die Reichskrone aufgefunden wurde, ein Denkmal zur Erinnerung für immerwährende Zeiten zu errichten. Wien, 14. September. In Bestätigung unserer be reits in Nr. 215 milgelheilten telegraphischen Nachricht schreibt die „Oesterr. Corresp.": „Wie man aus St. Peters burg vernimmt, hat das kaiserl. russische Cabinet die von der Pforte an dem Wiener Ausgleichunqsenlwurfe vorge- nommenen Modifikationen zurückgewiescn, unter Einem aber seine Bereitwilligkeit zur Entgegennahme desselben in un veränderter Form erneuert ausgesprochen. — (W. Bl.) Nach den neuesten Bestimmungen wird die Abreise Sr. Maj. des Kaisers in bas Lager nach Olmütz erst morgen ^12 Uhr mit einem Separatzuge der Nord bahn statlsinden. — Im Lager bei Olmütz werden folgende Herren Generale ein Commando führen: Generale der Ca- oallerie Graf v. Wralislaw (erster Commandanl) und Graf v. Schlick. Feldmarschallleutnants: GrafClam-Gallas, Baron Herzinger, Fürst Eduard Liechtenstein, Baron Perglaß, Bacon KaraiS, Graf Schafgolsche, Graf Paar, Fürst Friedrich Liech tenstein. General-Majore: Van der Nüll, Baron Stanko- vich, Graf Waldstein, v. Schiller, Graf Töröck, R'ttcr v. Schanz, Graf v. SaliS, v. Colo, v. Jablonsky, Graf Thun. Aus Alt-Orsowa wird der „N. Pr. Z." über die Auf findung der ungarischen Kconinsignien folgendes gemeldet: Durch das Gestänbniß eines Flüchtlings wußte man, daß bas allgemeine Gerücht Wahrheit und die Krone nicht von dem ungarischen Boden entfernt worden war, auch war der Platz im Allgemeinen bezeichnet. Seit beinahe drei Mo naten befand sich daher ein höherer Offizier (Major) hier, um im Auftrage der Regierung an dec nahen Grenze die angeordnetcn Ausgrabungen zu leiten. Lange waren alle Nachforschungen vergeblich, bis gestern Morgens gegen 9 Uhr ein armer walachischer Arbeiter, der sich im Streite von seinen Gefährten getrennt hatte und allein an einem andern Platze grub, den glücklichen Fund machte. Dies geschah ganz in der Nähe dec türkischen Grenze bei dem Dorfe Währowa, etwa 1^ Stunden von hier. Die Kleinodien waren in einer eisernen Kiste verschlossen, die sich wiederum in einer hölzernen befand, mehrere Fuß tief in der Erde ver graben. Man brachte sofort den Fund hierher in daS Stadt haus, wo derselbe unter starker Bewachung gestern und heut, dem Publicum ausgestellt wurde und wo ich die Kleinodien auch gesehen hab,. Hh Verltn, 15. September. In Betreff der nament lich von Wiener Blättern verbreiteten Nachricht, als be absichtige Se. Majestät der König ein, Reise nach Olmütz, kann ich nur das DeSaveu der hiesigen Presse bestätigen, daß eben noch keine allerhöchsten Bestimmungen für eine Wahrscheinlichkeit jener Angaben sprechen. — Unter den Vorlagen für die nächsten Kammern wird auch rin angeb licher Gesetzentwurf wegen Erhöhung der Maischsteuer ge nannt. AuS einer Quelle, die wegen vollkommener Kennt- niß der Sachlage Glaubwürdigkeit verdient, erfahre ich, daß eine derartige Vorlage schwerlich an die Kammern ge langen dürste, indem man officiellerseits sich nicht verhehle, wie schwer und einen wie großen Kreis von Interessenten eine solche Maßregel treffen würde. Zu diesen Interessenten zählt eine große Zahl der größer» und kleinern Grund- resp. Brennereibesitzer in Preußen. — Wegen der Besetzung mehrerer höherer Verwaltungsposten schweben noch immer unentschiedene Verhandlungen. Namentlich hat daS Aoll- und Steuerfach durch das fast gleichzeitig erfolgte Ableben dirigirender Persönlichkeiten nicht leicht auszufüllende Va kanzen aufzuweisen; auch für das Bergwesen treten in dieser Beziehung Schwierigkeiten auf, indem es Preußen zwar nicht an tüchtigen Fachbeamten fehlt, aber nur wenige von diesen die zur Verwaltung der höher» Posten erforder liche Qualität besitzen, nämlich diejenige, zugleich — berg männisch zu reden — Salinen-, Berg - und Hüttenmän- ner zu sein. — Es circulirt in mehrern Blättern die Be hauptung, daß die französischen Getreidebestellungen, welche in Danzig aufgegeben worden, rückgängig gemacht seien, weil die französischen Getreidehändler Maßregeln ihrer Re- gierung, wie sixirte Preise u. s. w, fürchteten. Diese Sache bedarf dahin einer Erläuterung, daß jene Abbestel lungen aus dem Grunde erfolgten, weil die Aufgeber von Nordamerika aus billiger, Pr,ise erhi,llen, als di, auf Danzig bedungenen. Damit zerfallen die vielfachen Con- jecluren, welche politische Motive für jene VerkehrSerschei- nung aufzuspüren versuchten. — Assessor Wagener ist hier her zurückgekehrt. Ueber eine definitive Abgabe seiner Ge schäfte verlautet ebenso wenig, wie über eine ersetzende Per sönlichkeit. Einige deuten auf eine mögliche Verständigung mit dem Redacteur der „Zeit", vr. Hermes, hin, welcher schon mehrfach di, Absicht eines Rücktritts kundq,geben habe. — Der von Berlin aus durch eine Handwerkerasso- ciation beabsichtigte Export von Jndustriewaaren nach Australien wird durch die Vermittelung eines Hamburger Hauses erfolgen. Die Hälfte deS Verkaufspreises wird von jenem Hause sofort, die andere nach beendeten Ver käufen entrichtet. — In unserer Handelswelt spricht sich eine große Partei entschieden gegen eine Beschränkung der Zeit- und Lieferungsgeschäfle aus. — (Z.) General v. Radowitz, dessen Genesung schon weit vorgerückt war, ist dem Vernehmen nach wieder be denklich erkrankt. München, 14. September. (N M.Z.) Von den Bundes- inspecloren ist weiter hier eing,troffen der königl. sächsische Generalleutnant und FestungScommandant v. Rockhausen. Derselbe ist begleitet von dem Hauptmann Albrecht von der reitenden Arlilleriedrigade und von dem Rittmeister v Thielau vom dritten Reiterregiment,. Nürnberg, 13. September. (A Z) Heute fand die erste Sitzung der diesjährigen Versammlung der deutschen Karl Heinrich Ludwig Pölitz's Weltgeschichte für gebildete Leser unv Sluvirende. Zn siebenter 'Auslage umgearbeitet und ergänzt von Professor l)r. Fr. Bülau und l)r. K. Zi in in er. Unter den Mitteln, den menschlichen Geist zu bilden, erscheint daS Studium der Geschichte von hoher und entschiedener Wichtig keit. Zn der That darf man behaupten, daß wahre Bildung, namentlich Tiefe deS Unheil- über öffentliche Angelegenheiten und Zustände, ohne Kenntniß vom Entwickelung-gange der Menschheit im Ganzen und Einzelnen, im Großen und Kleinen, geradezu unmöglich sei. Die Geschichte ist wirklich die test!« temporum und vitae msgistra. Klare, nüchterne Welt- und Menschenkenntniß, wahre LebenSanschauung und besor.nenr LebenS- richiung find die werlhvollen Früchte eine» gründlichen GeschichiS- studiumS, find zugleich die sichersten Schutz- und Heilmittel ebenso überhaupt gegen politische Schwärmereien und Lhorheiten, wie insbesondere gegen klügelnde Kannegießere! und Räsonnirerei, gegen vorlaute Tadel,i und neuerung-süchtige Unzufriedenheit. Die Geschichte lehrt ja, daß allen menschlichen Dingen und Werken, allem menschlichen Denken und Streben die Unvoll- kommrnheit al» Stempel eben ihre- menschlichen Ursprung- und Wesen- ausgeprägt sei, daß darum blinde- und kecke- Zerstüren- und Niederreißenwollen Wahnsinn und Frevel sei. Nicht Ver stand und Bildung, sondern Unverstand und Unwissenheit, ganz vorzüglich aber Mangel an tieferer Kenntniß und Einsicht, wie sie die geschlchtlichen Erfahrungen der Staaten und Völker dar innen, konnten die unheilvollen Ereignisse der jünger» Ver gangenheit herbeiführen, welche da- ganze Staai-Ieben in seinen tiefsten Wurzeln zu erschüttern und dir festesten Pfeiler der Feuilleton. bürgerlichen Ordnung von Grund au- zu zertrümmern drohten. Solchem Unverstand und solcher Unwissenheit durch Verbreitung reicher und umfassender GeschichtSkenniniß entgegenzuarbeiten, ist daher ein um so größeres Verdienst, je stärker im Allgemeinen das Berürfntß höherer Geistesbildung ist, je nachdrücklicher von der Gegenwart die Ansprüche auf Intelligenz und Unhellsreife geltend gemacht werden. Ein solches Verdienst haben sich in hohem Grade die Bearbeiter der „Weltgeschichte" von Pölitz erworben. Dieses Werk, dessen neue Bearbeitung, nach dem Plane deS vr. Zimmer in Gemeinschaft mit Herrn Professor vr. Bülau ausgeführt, mit dem soeben erschienenen dritten Banve seinen Abschluß erhalten hat, erfuhr schon in seinen ersten beiden Bänden von den verschiedensten Seiten her höchst günstige Beurtheilungen. Der Plan, theilS einem wissenschaftlich ge bildeten Leserkreise, theils den gereiftern Zöglingen höherer BildungSanstalten ein Geschichi-werk vorzulegen, welches den gegenwärtigen Anforderungen ver Geschichtswissenschaft möglichst Genüge leiste, ist in höchst anerkennungsweriher Weise durch geführt worden. Was nun den vorliegenden dritten Band in zwei Abiheilnngen anbetriff«, der, wie wir gleich beiläufig bemerken wollen, ein sehr ausführliche- Register über daS ganze Werk ent hält, so ist zu bemerken, daß er di« Geschichte der neuern Zeit um faß» und bi- auf die Gegenwart foriführt. Die erste Abtheilung dieses dritten Bandes und die ersten zehn Bogen der zweiten Ab- ihktlung (von dem zweiten Pariser Frieden bis auf die Gegen wart) gehören noch dem verewigten Pölitz an. Der Herr Prof, vr. Bülau übernahm die nicht geringe Mühe, die Anordnung de- reichen Stoffe- nach den im Vorworte deS zweiten Bande- var gelegten Grundsätzen uinzuändern, Einzelne- nachzutragen und nach neuern Ermittelungen zu berichtigen. Schon dadurch hat das Werk beträchtlich an Werth und Brauchbarkeit gewonnen. Die Geschichte von 1838 an ist jedoch völlig neu geschrieben. Zn der Darstellung der Thaisachen tritt uns auf höchst erfreuende Weise die Klarheit und Gewandtheit der Sprache, sowie die Um sicht und Schärfe deS Unheils entgegen. Diese namentlich für Auffassung unv Festhaltung des historischen ZnhaliS so schätzbaren Vorzüge in Bülau'S Schriften sind so bekannt unv anerkannt, daß eine ausführlichere Besprechung wohl überflüssig erscheinen darf. Die Cult Urgeschichte des neunzehnten Zahr- hunveriS, S. 624 bis 670, ist von Herrn vr. Zimmer in Freiberg bearbeitet worven. Die Schilderung und Beurtheilung der Erscheinungen auf dem Gebiete der Menschheit, deS Staates, der Kirche, der Schule unv deS Hause- ist von höchstem Zniereffe. Inhal« und Geist der Behandlung regen ebenso sehr zu ernstem Nachdenken an, al- sie sichern Aufschluß über die wichtigsten An gelegenheiten deS Menschengeschlechts wie deS einzelnen Menschen gewähren. Auf geistreiche Weise wird mit philosophischem Scharfblicke die Frage verfolgt: ob die Menschheit für einen Fortschritt bestimmt sei, dessen Grenzen wenigsten- da- Auge eine- Sterblichen nicht zu erkennen vermag, und ob sie trotz deS gcgentheiliqen Scheine- vennoch diese Laufbahn unverrückt und standhaft innehalte. Die Lösung dieser Frage versuchten schon die ältesten Denker, die ihre Ausmerksamkeit, von philosophischem Geiste geleitet, ven Anlagen, den Schicksalen und dem Ent- wickelungSproceffe der Menschheit zuwendeten. Die Weisen deS Alterihum- unv der Neuzeit, deS Morgenlande- und de- Abend-