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Rr. Sü8. »»ölsttt Jahr«. c-rscheirtt-. «V» früh 7 llhr Attserate W«rd«u augrnommen' U<Ub«ndA 6,Tonn tag» bt« Mittag» 1» Ubr: Marienftra»« 1». Nnzetg tu di»l Blatt« Wad« «io« «rfolgr«tch, v«rbr«tt»»> >ofl«g«: 13,000 «rrnchl«. Sonnabend. 87. Juli L8«7. Tageblatt M Unterhaltung Md MschWverkehr Mitredactem: Theodor -robisth. ^lvonnrmevt' vikrteltShrlichrONg^ b«t unenkgeldltchkrLl«- t«ruug io'« Hau» Durch dir üöntgl Post »irrteljUhrlich 22 Ng! Lluzrln« Numm«r» 1 Ngr. Fnseratenpretse'. 8ür drn Raum «in«? grlpalttnro Zril«: 1 Agr. Umrr„Btng«- saudp- dir Zril» r Agc »»< «rd Ltgiochnm »« H»r»alg«b«r: Llrpsch <r Neichardt. — L,raotw»ttlich«r Rrdact««: Illltlll Rrdhkrd!« Dresden, da, 27. Juli. — Dem Oberhofmeister I. Maj. der Königin Elisabeth non Preußen, Wirkl. Geh. Nath Grafen v. Dönhoff, ist das Großkreuz des Albrecht-OrdenS verliehen worden. — Historisches. Am 29. Juli sind folgende Erinne rungen für Sachsen wichtig; 1586 wurde der Oberhof prediger I»r. Martin Mirus auf der Festung Königstein gefan gen gesetzt, 175l wurde die katholische Kirche in Dresden ein- geweiht, 1609 wurde im ganzen Churfürstenthum Sachsen wegen der böhmischen Religionsfreiheit ein Dankfest gehalten, 1760 mußte Friedrich II., König von Preußen die Belagerung von Dresden aufheben und 1760 früh 6 Uhr schlug die Schloßuhr in Dresden zum ersten Mal! — Interes sant ist noch der 30. Juli 1419, an welchem Zisca in Prag die 13 Rathshcrren zu den Fenstern des Prager Rathhauses Herauswersen ließ. Das unten stehende gereizte Volk fing die unglücklichen Dreizehn mit Spießen auf und ermordete sie. Bekanntlich brach an diesem 39. Juli in ganz Böhmen wegen der am vsrhergegangenen 6. Juli 1415 erfolgten Verurthei- lung und späteren Verbrennung des Johann Huß und Hiero nymus von Prag eine Empörung aus. Als ein Hussitenzug au» der Stephanskirche in Neustadt - Prag bei dem Rathhause vorüberging, wurde ein Priester der Hussiten durch einen Stein wurf verwundet, worauf obige Fensterkatastrophe vor sich ging. — Zum Besten für die Hinterlassenen der Lugauer Berg leute, wird Herr Cantor John im Verein mit mehreren Her» ren und Damm, Sonntag, den 28. Juli, Abends 7 Uhr, Rombergs „Glocke" im Saale des Gastho's zum weihen Hirsch in Stülpen zur Aufführung bringm. Nach dem Concert ist Ball. — Ueber das am 18. d. Mt», zu Berlin stattgefundene große Musik- und Gesang - Fest auf Tivoli, zum Besten der Hinterbliebenen der in Lugau Verunglückten, wird uns von meinem Augenzeugen, der sich während dieser Zeit in Berlin be fand, Folgendes berichtet. Der Veranstalter desselben, Gehei mer Commissions-Rath Litfaß (gewiß noch Vielen bekannt durch seine großartigen Fest-Arrangements im Jahre 1859 zu Blase witz bei Gelegenheit der Enthüllung des Schiller-Steines, zum Besten der damals durch Feucrsnoth Hartbedrängten und der OrtSarmen in Blasewitz, hatte nichts versäumt, dies wohlthätige Fest so glänzend als möglich zu gestalten; schon mehrere Tage vorher kündigten riesige feuerrothe Zettel, der Residenz die Gelegenheit an, auf angenehme Weise ein Scherflein für fremde Noch beitragen zu können Das in allen Klaffen der Bevölkerung gleich beliebte „Tivoli" mit seinem ungeheuren Garten und größtem Saale von Berlin, war besonders geeig net zu diesem voraussichtlichen Volksfest. Eine tüchtige Mi- litair-Kapelle, ein ausgezeichneter Gesang-Chor, unterstützt von Kräften der Königlichen Oper und die Knappschafts-Kapelle des Rüdersdorfer Bergwerkes, sorgtm aufs Veste für dm musikali schen Theil des Festes, das noch durch einige Ueberraschungen gewürzt werden sollte. Leider öffnete schon in früher Morgen stunde des 18. der Himmel seine Schleusen und ein durchdrin gender Landregen bespülte Straßen und Plätze unaufhörlich bis in die späte Nacht hinein. Trotzdem aber fand die Fest lichkeit im Tivoli statt, und als es um die vierte Nachmittags punde kam, rollte Wagm an Wagen den ziemlich steilen Weg nach Tivoli hinauf, sah man Schirm an Schirm mit ihren Eigentümern ebenfalls nach diesem Ziele wallen. Was bei solchem Unwetter kaum erwartet werdm konnte, geschah ; bald nach Eröffnung der Kaffe war der riesige Saal (er faßt 3000 Menschen) so dicht gefüllt, daß kaum die notwendigsten Gänge freigehalten werden konnten. Nicht lange dauerte es und die im Garten vorhandmm höchst umfangreichen Lerranden, ver deckten Hallen rc. rc., botm denselben Anblick. WaS nun noch -am, konnte kein schützendes Fleckchen mehr finden, aber der Berliner bewies abermals, daß ihm nichts ein vorgmommeneS Vergnügen verbittern kann, und so nahm dmn noch eine be deutende Zahl, trotz des unaufhörlichen Regens, mit aufge spannten Schirmen mitten im Garten Platz. Hierbei muß rühmend der Rüdersdorfer Bergknappm-Kapelle erwähnt wer den, die sich mit unverwüstlicher Ausdauer diesem Theile deS Publikums widmete und, durchnäßt bis auf die Haut, ihr Pro gramm präcis executirte. Im Saale wechselte die starke Mi- litair-Kapelle mit dem ausgezeichneten Gesangchor ab und er rang den Beifall der Anwesenden im höchsten Grade. Um 9 Uhr war da» Fest zu Ende, aber noch spät in die Nacht hin ein blieben die verdeckten Räume von den Gästen gefüllt. Die Einnahme war, in Ansehung der überaus ungünstigen Witte rung, eine enorme, sic betrug 874 Thlr. 19 Sgr. Der Ver- anstalter, Herr G.-R. Litfaß, hat nicht nur die bedeutenden Unkosten dieses Arrangements getragen, sondern auch noch den eben erwähnten Bettag aus seiner Tasche auf 1000 Thlr. er höht und diese Summe dem Sächsischen Ministerium zur Ueber- «ittclung an die Lugauer Wiltwen und Waisen eingesandt. - Welch einen Ertrag aber müßte dieses wohlthätige Fest, bei dem bewiesenen Wohlthätigkeitssinn der Berliner ergeben haben, wenn ein freundlicher Himmel milde Sonnenstrahlen als Scherf lein für d!e Hilfsbedürftigen herniedergesandt hätte! — — Stromaufwärts. Wenn den Sommerbewohnern von Loschwitz allwöchentlich Gelegenheit wird, ein treffliches Concert zu hören, so ist zu bedauern, daß bei den diesmal so zahlreichen Fremden sich kaum der zehnte Theil daran bethei ligt. Am letzten Mittwoch erschien trotz der trüben Witterung die ganze Capelle des Herrn Kunze und brachte nur den durch die combinirten Dampfschiffbillets erzielten Concertbetrag (incl. Fahrt, von fünf Thalern mit. DaS war auch Alles! Trotz dem spielte die Capelle das ganze Programm ab. Freilich wäre ein Saal bei schlechtem Wetter wünschenswerth, da die Demnitz- schen Hallen nicht ausreichen würden, Alle zu schützen. Jndeß, kommt Zeit, kommt Nath. — Nachträglich noch eine interessante merkantilische Neuigkeit. Dem Vernehmen nach taugt die Idee auf, hier in jeder Woche ein paar Markttage einzurichten, wo Fleischer und Productenhändler aller Art feil halten sollen. Natürlich gehört hierzu noch die obrigkeitliche Genehmigung, die aber erfolgen dürfte, da dies eine der volkreichsten Gegenden ist. Doch über den Platz ist man noch nicht einig. Wir rathen, um den Verkehr nicht zu hindern, die Butterhändler kämen in den Schatten kühler Denkungsart, die Käsehändler an die Elbe, um den chemischen Niederschlag zu finden, die Grünwaaren- händler an dm Bach (ohne Wasser) und die Fleischer mit ihren fetten Würsten vor die Nestaurationen. Der dazu einzusetzende Marktmeister wird sich eine gute Lunge und feste Stiefelsohlm anzuschaffen haben. Man kommt also stromaufwärts auch — vorwärts mit der Zeit! — Königliches Hoftheater. Die vorgestrige Auf führung des „Rienzi" zeigte uns wieder einmal recht deutlich, daß unser Tichatscheck, trotz des zurückgelegten silbernen Künstler jubiläums, nicht ein Jota des Silbers seiner herrlichen Stimme verloren hat, denn steigernd von Act zu Act entwickelte der kühne Sänger einen Schmelz und Kraftfülle, die an die glor reichste Blüthezeit seines Künstlerlebens erinnerte. Die Oper ging in allen ihren Theilcn rund und frisch in Seme, trotz der durch das volle Haus und die warme äußere Temperatur herb eigeführten abspanncndm Einflüsse. — Zweites Theater. Heute hat vor seinem Abgänge von der Bühne des Zweiten Theaters Herr Regisseur Fiedler sein Benefiz, wozu er die beliebt gewordme Posse „der Postillon von Nossen" gewählt hat. Wir können diese Wahl eine glück liche nennm, da am Vorabmde der großen Dresdner Woche schon mancher Fremde das freundlich gelegene Theater besuchen wird. Eine ganz erfreuliche Unterstützung empfängt der Bene fiziant, indem Fräulein Julie Ricci, Grotesk-Tänzerin aus Petersburg, gratis auftrcten wird, um die Einnahme des wackern Mimen zu erhöhen. Ebenso wird auch die Wunderfontaine, nach welcher schon Tausende pilgerten, den Schluß des Abends machen. — Die Verschönerung jener zu beiden Seiten am Aus gange der Landhausstraße nach dem Pirnaischcn Platz und dm Allem zu gelegenen Bazars en minmloro, in denm elegante Kaufläden sich schon rechts seit Jahren befinden, ist nun bald in ihrer Vollendung da. Namentlich ist es jene alte, nunmehr weggerissene Stadtmauer, die zu dem Grundstück Schramm und Echtermeyer gehörte, die neues Leben aus ihren Ruinen erblühen läßt. Auch hier entfaltet sich in wenig Tagen ein Bazar in modernster Form, wie gegenüber, nur daß hier das Alterthum seinen interessanten Abglanz findet, indem das Dach dieses „pvlit darar" einen zierlichen Garten bilden und somit an die hängen den Gärten der Semiramis erinnern wird. Das Dach ist durch die Kapffschc Asphaltfabrik wasserdicht gedeckt, dann mit frucht barem Boden überschüttet und wird somit cinm doppcltmZweck erfüllen. — Fast überall in Deutschland und auch in Oesterreich macht sich fett einiger Zeit ein verhältnißmäßig schwacher Zu- trieb zu den Viehmärkten bemerklich, in Folge dessen der ört liche Viehhandel wenig Regsamkeit zeigt und die Preise immer noch hoch stehen. Die. Ausfuhrverbote mögm hierzu mitgcwirkt haben, indessen darf man nicht verkennen, daß jetzt fast überall kein Ueberfluß an Vieh ist. In Oesterreich hat der vorjährige Krieg den Rindviehstand wesentlich geschmälert. In Holland und England hat die Rinderpest ganz außerordentliche Opfer gefordert, in Süddeutschland die Knochenbrüchigkeit nicht uner heblichen Schaden angcrichtet. In Folge davon hält man das nachgezogene Vieh auf dem Stande und selbst ältere Thiere wer dm länger behalten, zumal die diesjährigen schönen Futtervor- räthe dies besser erlauben, als tm vorigen Jahre. Aller Wahr scheinlichkeit nach wird die Viehcalamität sich noch einige Jahre fühlbar machen. — An der Faeade eines Hause« der Pirnaischcn Vorstadt ließ sich vor Kurzem plötzlich ein ungeheurer Bienenschwarm nieder. Fenster, Wände und Thürcn wurden besetzt und dies jagte natürlich keinen geringen panischen Schrecken in das Herz der Bewohner, da man ja nicht wußte, ob die Nimm mit ihrer gefährlichen Züudnadelwaffe etwa Evolutionen gegenNord- deutschland beabsichtigten. Sie flogen indeß nach wenigen Stun den Rast wieder empor und nach Strießm zu, aus welcher Gegend sie gekommen warm. Wie wir hörm, hat dieser oder ein ähnlicher Schwarm denselbm Besuch in Masse dort vor Kurzem schon einmal abgestattet, als ob dort ein Land wäre, wo Milch und Honig fließt. — Am Donnerstag Abend ereignete sich in der Strubell- schen Lederfabrik, Gerbcrgasse Nr. 1, folgender Unglücksfall, der nur durch Fahrlässigkeit und Neugierde herbeigeführt wurde. Zu einem dort beschäftigten Nindenschneider hatte ein anderer Arbeiter stets in einem Tragkorbe auf dem Rücken Rinden- material hin zu tragen. Als er am genannten Abende gegen 7 Uhr abermals, wie gewöhnlich, mit dem leeren Tragkorb auf dem Rücken zurückkam, guckte er neugierig im Vorbeigehen in das eigenthümlich construirte Getriebe der Maschine, die im vollen Gange war. Das Kammrad der Maschine erfaßte un glücklicher Weise dm Strick des Tragkorbes, schleuderte den letz teren in die Höhe und so gerieth der neugierige Arbeiter mit der einm Hand ins Getriebe. Als der Mann bei Seite sprang, blutete er und ein anderer Arbeiter fragte ihn: „Was machst Du da? Wo ist denn Dein Daumen?" Der war weg und zwar so schnell, daß es der Unglückliche nicht gemerkt hatte. — Der Pariser Extrazug, welcher am Dienstag Nachts hier eintreffen sollte, ist erst am Mittwoch hier einge troffen. Der Zug war auf der französischen Nordbahn unweit der belgischen Grenze aus den Schienen gegangen. Glücklicher Weise sind Paffagiere und das Begleitungspersonal bei diesem Unfall nicht zu Schaden gekommen, doch erzählen uns Theil- nehmer von großer Rücksichtslosigkeit der Verwaltung hinsichtlich der schnellen Herbeischaffung von Ersatzhilfe, sowie von miserarler Beschaffenheit des französischen Nordbahngleises. — Das Bezirksgericht Frciberg verurtheilte am 19. Juli eine Räuberbande aus drei Personen, welche sich zur gewaltsamen Ausübung von Diebstählen verbunden, nach zwei unbedeutenden Einbrüchen sich aber veruneinigt und wieder getrennt hatte, den Anführer Griesbach aus Lindau zu 14 Jahren, die beiden Anderen, Müller aus Oberbsbritzsch und Günzel aus Groß hartmannsdorf zu 12 Jahren Zuchthaus. — Zu der bevorstehenden Reichstagswahl sind für den V. Wahlbezirk (Dresden, links der Elbe und für die zum IV. Bezirk gehörigen Stadttheile (rechts der Elbe) auch diesmal besondere Wahlliste« aufgestellt worden und darin die Wahl berechtigten des Bezirks nach alphabettscher Ordnung der Straßen, Gaffen oder Plätze und nach der Reihenfolge der Hausnummern aufgeführt. Die Wahllisten der Bezirke links der Elbe liegen im Altstädter Rathhause. Parterre, die der Bezirke rechts der Elbe im Neustädter Rathhause, Parterre, von früh 9 bis Abends 7 Uhr zu Jedermanns Einsicht aus. Einsprachen gegen die Wahllisten sind binnen acht Tagen und spätestens dm 5. August d. I. anzubringen und innerhalb der nächsten vierzehn Tage zu erledigen. Spätestens dm 17. August werden die Listen geschloffen, und kann dann Niemand mehr in dicselbm ausge nommen werdm. — Für die Zwecke der Unterstützungskaffe der hiesigen Schuhmacher-Innung findet morgen (Sonntag) in dm wegen seiner Naturreize und comfortablm Restauration belicbtm Räu men des Bcrgkellers ein Concert mit Ball statt, wozu Mitglieder und Freunde des Vereins eingeladen sind. — Die Bewohner des Neumarktes sehm mit Verwun derung, daß die wasserreichen Brunnen daselbst vertilgt werden. Bei dem fühlbaren Mangel an gutem Trinkwaffer hier in Drcsdm ist dieses ihrer Ansicht nach nicht zu rechtfertigen und wird die Behörde dringend ersucht, dafür zu wirken, daß diese Brunnen bleiben. — In nächster Zeit wird im „Schillerschlößchen" die seit ihrer Anwesenheit vor zwei Jahren noch in bester Erinnerung stehende Leipziger Jugmd-Kapelle des Dircctors A. Schmidt concertirm. — Gestern Nachmittag in der dritten Stunde mtluden sich über Dresden, unter starkem Regengüßen und begleitet von heftigen Blitzschlägen, mehrere sehr schwere Gewitter, welche für kurze Zeit die Atmosphäre in auffallender Weise ver dunkelten. — Vorgestern Abend gcgm halb 10 Uhr entstand am Jüdenhofe ein ziemlich bedeutender Mcnschenauftauf. Ein zwei- spannigeS Geschirr, in welchem mehrere Herren saßen, war im schnellsten Karriere durch mehrere Straßen gefahren und batte dabei alle Rücksicht für die Passanten auf die unverantwortlichste Weise aus den Augen gesetzt. Aus.der Galeriestraße konnte sich eine ältliche Frau nur mit größter Mühe vor dem Ittber- fahrenwerdcn retten, ebenso drei Personen auf der Schloßsttaße. Der Wagen hatte auf dem Jüdcnhof vor einem bekannten Hause gehalten und war hier der Führer des Geschirrs von