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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.10.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111014023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911101402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911101402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-14
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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Abend-Ausgabe Anzeigen-Preis BezngS-PreiS Utip.',igcr Tagtblaü Handeldzeitung IO5. Zstrrgsnls Ar. 285 Sannadenü, üen 14» Oktober ISN s 14 692 lNacht°«I<hl»» Tel.-Änschl.^ 14 «93 114 894 Ämtsvlatt des Rates und des Volizeiamtcs der Stadt Leipzig s 14 692 t«°chtan,chl»d) Sel.-Anschl.j 14 693 I 14 694 für Leipjia und Locon« durch «nler« TrSaer und Eoedtteure Lina! täglich in, pau» gebracht SU Pf. monatl., L.7u Mk. oienetzahit. Bet unsern Filialen u. An nahmestellen adaeholt 7S Pf. monatl., LL Mk. vierteliahrl. »ne» di» Post: innerhalb Deutschland» und der deutschen Kolonien vierteljädrl. Z.V» Mk., monatl. 1.2U Alt. au»ichl. Postdestellaeld. Ferner in Belgien, Donemarl, den Donaustaaten, Italien, ^urembura, Niederlande, Nor wegen. Oesterreich-Ungarn, Ruhland, Schweden, Schwei, u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch dt« Eejchastsftelle des Blatte» erhältlich. Das Leipziger Tageblatt erscheint 2mal täglich. Sonn- u. Feiertag» nur morgen». 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Haupt-Filiale Drr»d«a: Eeestrahe 4, 1 (Telephon 48211 Unsere heutige Morgenausgabe umfasst 14 Seiten, die Abendausgabe 8 Seiten, zusammen L2 Leiten. Die Reovlutilln in Lisins. Die Ratlosigkeit der chinesischen Regierung, die mit drakonischen Maßregeln erst begann, als die Re volution die Aufruhrherde über das ganze Land ver breitet hatte, ist um so erstaunlicher, als sie auf den Putsch der Jungchinesen vorbereitet sein mutzte. Be reits in der zweiten Hälfte des Monats August er folgte die Verhaftung dreier südchinesischer Revo lutionäre, die eilten Bombenanschlag auf den bei der Bevölkerung mißliebig gewordenen Admiral Lichun geplant hatten. Im Besitz der inzwischen enthaup teten Attentäter wurden drei Proklamationen be schlagnahmt, die erkennen lassen, wie genau alle Ein zelheiten des Revolutionsplanes bereits damals ausgearbeitet waren. Diese Proklamationen, die wir seinerzeit an dieser Stelle im Aus zug veröffentlichen konnten, waren an das Volk, an das Militär und an die Mächte gerichtet und bezeichneten als Ziel der Revolutionäre die Errichtung einer „Republik der Mitte", also vor allen Dingen den Sturz der Mandschus. Die Regie rung hat sich damals mit der Bestrafung der Rädels führer begnügt, ohne jedoch das Uebel an der Wurzel zu fassen. So ist denn jetzt zuerst im Süden des großen Reiches die Empörung hell aufgeflammt, und die Besorgnis eines llebergreifens der Revolution nach dein Norden ist nicht von der Hand zu weisen. Vom Militär schließen sich erstaunlich viel Regi menter den Rebellen an, so daß deren Position immer gefestigter wird, lieber Einzelheiten unterrichten folgende Telegramme: Ausbruch der Revolution. Peking, 14. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Die Rebellen haben Len ganzen SüdenChinas mit Manifesten überschwemmt, die ein: freiheitliche Gestaltung des Landes ankündigen. Zu gleich droht jedoch das Manifest mit Todesstrafe allen denjenigen, die der Regierung helfen oder die Re volution verraten, die die Fremden angreifen und Len Handel schädigen. Die Emissäre der Rebellen eilen von Dors zu Dorf und rufen die Bevölkerung zu den Waffen. Peking, 14. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Die Regierung hat ein neuer Schlag getroffen. Die von Hankau nach Szechuan entsandten Truppen sind zurückgckchrt und haben sich der Revolution an geschlossen. Zn lttschang ist eine halbe Division, mehr als 7000 Mann stark, ins Nebellenlagcr überzegangen. Militärische Maßnahmen der chinesischen Regierung. Peking, 14. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Die besten Truppen der chinesischen Armee, die unter dem Oberbefehl des Kriegsministers General Pin- chang stehen, befinden sich augenblicklich im Nor den der Provinz P etschili bei Wing-ping-fu, wo die großen Manöver am 17. Oktober beginnen sollten, an denen sich die erste Division, di« dritte gemischte Brigade und die kaiser liche Brigade beteiligen sollten. Der Kriegsmi nister hat nach einer Beratung mit dem General stabschef Prinz Tsai-tao, einem Bruder des Prinz regenten, die Manöver abgesagt. Die sechste Division, die in Pao-ting-fu ihren Stab hat, wird heute bereits nach Hankau abmarschieren. Es ist u n - möglich, Petschili noch weiter von Truppen zu entblößen, weil eine Division bereits nach der Mandschurei detachiert worden ist und man auch in Petschili Unruhen befürchtet. Eine Untersuchung hat ergeben, Latz selbst unter den Garde truppen viele Soldaten Mitglieder der geheimen revolutionären Gesellschaften sind. Die tteberlegenheit der Rebellentruppen. Peking, 14. Oktober. (Eig. Drahtmeldung.) Die Truppen in Hupeh haben sich bisher zuver lässiger gezeigt, als die Petschili-Trup- pen. Dagegen lauten die anderen Nachrichten aus , Hankau wenig tröstlich. Den Revolutionären ist es gelungen, aus der Strecke Hankau—Peking drei zehn Eisenbahnbrücken in die Luft zu sprengen, um die Truppe», die von der Reichs hauptstadt nach dem Süden abgesandt sind, am Vor dringen zu hindern. Die Einnahme von Hanyaug hat den Revolutionären das große nach deutschem Muster mit Kruppschen Maschinen ausge rüstete Arsenal in die Hand gespielt, in der große Quantitäten Munition für Infanterie und Artillerie lagern. Dadurch sind die Rebellentruppen in der Lage, sich jederzeit mit großen Mnitions- vorräten und modernen Waffen zu ver sehe», während die aus Peking anriickcnden Truppen alle Kriegsvorräte in einem ungeheuren Troß mit sich führen müssen. Weitere Fortschritte der Rebellen. Peking, 14. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Die Rebellion macht in Szetschuan bedeutende Fortschritte. Den Aufrührern find die beiden bedeutenden Präfekturen Kiating-fu und Hsü-pschu-fu in die Hände gefallen. Hsü-pschu-fu liegt am Einfluß des Minho in den Jangtse-kiang und bildet den Schlüssel zum Eingang in das wilde Berglund der halbkultioicrten Lolos, die ein vorzügliches soldatenmaterial aügeben und den Hauptbestandteil der Schwarzflaggenbändsn aus machten, die den französischen Truppen in den lang jährigen Kämpfen von Tongking soviel zu schaffen machten. Teilung des chinesischen Reiches? Peking, 14. Oktober. (Eig. Drahtmeld.s Zn hie sigen diplomatischen Kreisen ist man der Ansicht, daß cs gelingen wirr, die revolutionäre Bewegung auf einzelne Teile des Landes zu beschränken, falls nicht weitere Truppen zu den Revolutionären übergehen. Doch selbst optimistisch gesinnte Persönlichkeiten wagen nicht mehr zu hoffen. Laß die Umsturz partei gänzlich anszurotten ist, sondern sind der Meinung, daß ein Teil des Reiches von der Regierung abfallen und eine eigene Republik ins Leben rufen wird. Sozialpolitische Klstznstimen üec sächsischen Staatsbshnvermallung. Wolffs Sächsischer Landesdienst schreibt: Angesichts der eingetretenen Verteuerung fast aller Lebensmittel sowie der Wohnungsmieten und sonstigen Bedarfsgegenstände hat die Kgl. Sächs. Staatseisenbahnverwaltung ihren Ar beitern eine allgemeine Lohnerhöh ung von 20 Pf. für den Tag bewilligt, die be reits mit Wirkung vom 1. Oktober d. I. ab in Kraft tritt. Auch die Bezüge der Eisenbahngehilfen haben vom gleichen Zeitpunkt ab eine Erhöhung um teils 10 teils 5 monatlich erfahren. Ferner tritt für die Arbeiterschaft mit Beginn des Jahres 1912 eine Erweiterung des jährlick>en Erholungsurlaubes ein. Bisher wurden den Arbeitern mit mindestens fünfjähriger Dienstzeit drei Tage und denen mit mindestens zehnjähriger Dienst zeit fünf Tage Urlaub im Jahre unter Fortgewäh rung des Lohnes bewilligt. Künftig können schon die mindestens drei Jahre im Dienst stehenden Arbei ter drei Tage, die mindestens fünf Jahre beschäftigten fünf Tage und die mindestens 10 Jahre in Beschäf tigung stehenden Arbeiter sechs Tage bzw. eine Woche Urlaub mit Lohnfortgewährung innerhalb jeden Kalenderjahres erhalten. Schließlich werden die Dienstverhältnisse der Eisenbahnarbeiter und Eisenbahngehilfen auch noch insoweit verbessert, als vom 1. Oktober oieses Jahres ab die Militärdienstzeit auf das Lohndienstalter in weitergehendem Maße an gerechnet wird. Denjenigen Arbeitern und Ge hilfen nämlich, dis zur Erfüllung ihrer Militärdienst pflicht aus dem Eisenbahndicnste ausscheiden, ist bei > späterem Wiedereintritt, sofern sie vor oder nach ab solvierter Militärdienstzeit um Wiederbeschäftigung ersuchen, sowohl die vorher im Eisenbahndienste zu gebrachte anrechnungsfähiqe Dienstzeit wie auch die Militärdienstzeit selbst ohne Rücksicht auf die Länge der voraufgegangenen Beschäftigung bei der Ver waltung auf das Lohndienstalter anzurechnen, wäh rend bisher in dieser Beziehung Beschränkungen be standen. Die neue Bestimmung hat rückwirkende Kraft, so daß das Lohndienstalter aller in Betracht kommenden Bediensteten, denen die Militärzeit nach den bisherigen Bestimmungen noch nicht angerechnet werden konnte, neu festzusetzen ist. Der Mehraufwand, der der sächsischen Staaatseisenbahnverwaltung durch die vorstehend er wähnten Maßnahmen entsteht, beziffert sich auf jähr lich gegen 2 Millionen Mark. Der Kries um Tripolis. Die Bekanntmachung der Proklamation Canevas. Rom, 14. Oktober. (Eigene Drahtmeldung.) „Tribuua" meldet aus Tripolis: Die Prokla mation des Generals Caneva wurde in arabi scher Sprache in den Straßen angeschlagen. Der Konsulatskawaß verlas sie auf den belebtesten Plätzen und Straßen. Sic wurde von den Arabern mit großer Aufmerksamkeit und Befriedigung ange hört. Ein Ordonanzoffizier des Generals Caneva überreichte eine Kopie der Proklamation dem Bür germeister von Tripolis Hassun Pascha, der den Offizier bat, an den Gouverneur den Ausdruck der Dankbarkeit der Araber gegen den König von Italien zu übermitteln. Flugapparate für Tripolis. Mailand, 14. Oktober. (Eig. Drahtmeldung.) Der „Secolo" meldet aus Rom: Vier neue Aero plane, die aus Frankreich in Nom angekommen sind, wurden zusammen mit sieben Flug maschinen, die der militärischen Aoiatikerschule gehören, nach Tripolis gesandt. Elf Offiziere, von denen einige an dem Wettflugc Bologna- Venedig teilgenommen haben, werden die Apparate lenken und neuartige Bomben mit sich führen, deren Wirkung entsetzlich sein soll. Bevorstehendes Gefecht? Rom, 14. Oktober. (Eigene Drahtmeldung.) Dem ..Messagcro" wird aus Tripolis gemeldet, eine Rekognoszierung habe ergeben, daß eine starke Truppenabteilung mit Gebirgsartillerie heranrücke, so daß der erste Zusammenstoß der Streitkräfte bevor st ehe. Italienische Mobilisierungen. Mailand, 14. Oktober. (Eigene Drahtmeldung.) Die in Mailand erscheinende Zeitung „Lombardia" meldet, daß der erst vor wenigen Tagen entlassene Jahrgang 89 und die Klassen von 87, die zusammen 180 000 Mann ausmachen, einberufen wor den sind. Kohlenlieferungen für Italien. London, 14. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Ein hiesiges Blatt meldet aus Cardiff: Die italienisch« Regierung hat die Kohle nlieferungen für die italienischc Marine für die Zeit vom November bis Mai ausgeschrieben. Das Losungswort der Bersaglieri: „Tod und Unsterblichkeit!" Mailand, 14. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Der Oberst des 8. Bersaglieri-Regiments hat im Augen blick der Abfahrt von Palermo nach Tripolis folgen des bezeichnende Telegramm an alle Regimenter des Armeekorps abgesandt: „Getragen von der einstimmigen Begeisterung für unser Vaterland und im Andenken an die Scipionen und den hochfliegenden Geist Alphonso Lamarmoras fahren die Bersaglieri über das Meer mit dem Wahlspruch: „Tod und U n - st e r b l i ch k e i t". Jin Interesse Italiens und der wackeren Ber saglieri ist es zu hoffen, daß es ihnen unter den aegenwärtigen Befehlshabern nicht so ergehen wird rote ihren unglücklichen Genossen in der Schlacht von Custozza, in der infolge des verfehlten Feldzugsplans Lamarmoras Tausende von ihnen dem Tod in die Arme getrieben wurden. 65 italienische Schiffe beschlagnahmt. Konstantinopel, 14. Oktober. (Wien. k. k. Tel. Korr.-Bur.) Wir aus Smyrna gemeldet wird, wurden in dem Hafen und der Bucht von Smyrna bisher 65 italieni sche Schiffe mit Be schlag belegt. Die Eigentümer erhoben gegen die Beschlagnahme Einspruch, da sie gegen das Völ kerrecht verstoße. Auch in Konstantinopel wurden selbst kleinere Fahrzeuge, sogar private Motorboote Der lalsche 8un4ertmsrklchem. 6s Roman von Arthur Zapp. (Nachdruck verboten.) Viertes Kapitel. Die Vernehmungen, die Landgerichtsrat Werder in der Untersuchungssache Fritz Stangen und Ge nossen abhislt, bestürite bei ihm die Ueberzeugung, in dem Maler einen schlauen, abgefeimten Verbrecher vor sich zu haben, noch wesentlich. Die Wirtin des Arrestanten bestätigte, daß ihr Chambregarnist sich schon seit längerer Zeit in sehr ungünstiger finan zieller Lage befunden habe. Er habe ihr während des letzten Jahres immer sehr unregelmäßig gezahlt. Erst ungefähr vierzehn Tage vor seiner Verhaftung schien ein günstiger Wechsel in seinen Verhältnissen einzutretcn, denn er habe ihr eines Tags einen Hun dertmarkschein übergeben, damit sie den Betrag der schuldigen Miete davon abziehe. Auch habe er an jenem Tage ein paar seiner Kollegen zu sich geladen und es sei bis in die späte Nacht hinein sehr vergnügt zugegangen. Dieser Teil der Aussage der Witwe Kerner gab dem Untersuchungsrichter ein vorläufig noch für ihn unlösbares Rätsel auf. Die Nachforschungen nach dem Verbleib dieses schon frül)«r von dem Maler verausgabten Hundert markscheines halten zu keinem Resultat geführt. Die Frau hatte ihn bei einem Kaufmann gewechselt, der Geschäftsmann aber konnte nicht mehr angeben, wohin er den Geldschein in Zahlung gegeben. So ließ sich nicht mehr feststellen, ob dieser Schein ebenfalls ein Falsifikat gewesen. Der Untersuchungsrichter nahm als selbstverständlich an, daß das der Fall gewesen, um so mehr als der danach befragte Maler über die Herkunft des betreffenden Scheines nichts angeben konnte und nur die alte Ausrede wiederholte, er habe auch diese Banknote geschenkt erhalten. In einem merkwürdigen Widerspruch zu den Aussagen der Wirtin des Malers und den seiner ebenfalls ver nommenen Freunde, roonack, diese plötzliche Wendung in der materiellen Lage Fritz Stangens erst vor zwei Wochen erfolgt sei, stand die Tatsache, daß die Eristenz falscher Hundertmarkscheine schon vor sechs Wochen von der Behörde festgestellt war, ohne daß es gelang, den Täter oder «inen seiner Komplicen zu ermitteln. Man konnte nur annehmen, daß der junge Maler aus schlauer, vorsichtiger Berechnung sich in seinen persönlichen Ausgaben zurückgehalten habe, um nicht irgendwelche Ausinertsamkeit auf sich zu lenken und daß er erst, als die ersten Coups glücklich gelungen waren, sich sicherer fühlte. Die Kollegen und persönlichen Freunde des Malers sagten einstimmig aus, daß Fritz Stangen ihrer An sicht nach in den lettzen zwei Wochen kaum eine Ge legenheit gehabt habe, ein Honorar von zweihundert Mark zu erhalten. Es war ihnen gleich aufgefallen, als er sich plötzlich so freigebig und vergnügt be nommen habe. Ihren Fragen nach dem Ursprung seines Mammons sei er ausgewichen, und nur auf die scherzhafte Bemerkung eines Kameraden: „Du hast wohl das große Los gewonnen. Fritz?" habe er direkt geantwortet: „So etwas ähnliches." Im übrigen gaben ihm seine Freunde das beste Zeugnis. Er sei ein durchaus anständiger Mensch und nicht einmal übertrieben leichtsinnig. Daß man von einem Künstler nicht erwarten könne, daß er ein pedantischer Rechner sei, sei selbstverständlich. Wenn man Geld habe, so gönne man sich eben ein bisuhen Freude und Wohlleben. Deshalb sei ihnen die Freigebigkeit des Freundes an sich nicht auffallend gewesen und sie hätten sich auch nicht weiter den Kopf über die Frage zerbrochen, wo er das viele Geld plötzlich her habe. Eines Verbrechens aber halte ihn keiner von seinen Bekannten für fähig. Was nun sein Talent beträfe, so gingen darüber die Ansichten auseinander. Die einen erklärten, daß sie ihm die Kraft, Originelles zu leisten, nicht zutrauten. Andere wieder meinten, er besäße ein entschiedenes Talent, freilich sei seine Kunstrichtung eine solche, daß er kaum aus durch greifenden populären Erfolg rechnen könnte. Auf die Frage, ob ihnen bekannt sei, daß Stangen irgendeinen Mäzen besitze, der ihn im geheimen unterstützt habe, zuckten sie mit den Schultern. Davon hätten sie nie etwas gehört oder auch nur bemerkt. Bei der Haussuchung in dem Atelier des jungen Malers, das ihm zugleich als Wohn- und Schlaf zimmer diente und das in ziemlich primitiver Weise durch eine Erweiterung der beiden Fenster nach oben hergestellt worden war, fanden sich verschiedene fertige kleinere Oelgemälde, die alle einen herben Charakter hatten und ausschließlich Motive aus den Nachtseiten des Lebens behandelten. Unter den Zeichnungen und Skizzen, die man außerdem mit Beschlag belegte, befanden sich einige Blätter, die von den andern durch Unfertigkeit in der Ausführung abstachen und sogar auffallende Verzeichnungen aufwiesen. Die hierüber vernommenen Kunstgenüssen des Malers bekundeten, daß die betreffenden Stücke kaum von Stangen herrühren könnten. Freilich wußten sie über die Herkunft dieser schwächeren Zeichnungen nichts zu sagen; daß Stangen einen Schüler gehabt, es set aus geschlossen, denn davon würde er sicherlich erzählt haben. Weitere Belastungen des verhafteten Malers er gab ein neues Verhör mit dem Artisten Karl Lerche, der sich selbst als Komplice des Herstellers der falschen Hundertmarkscheine bezeichnet hatte. Unter den Zeugen, die betreffs des Vorlebens des Artisten vernommen worden waren, befand sich eine Posa mentierarbeiterin, namens Minna Schönfeld. Dieses Mädchen, das offenbar in zärtlichen Beziehungen zu dem Artisten gestanden hatte, gab an, sie sei verschiedene Male dabei gewesen, als ihr Freund Karl Lerche sich mit einem Unbekannten am Tempelhofer Feld getroffen habe. Diese Zusammenkünfte hätten immer am Abend in der Dunkelheit stattgcfunden; die Män ner hätten, während sie in einiger Entfernung habe warten müssen, angelegentlich miteinander ge sprochen, ohne daß sie hätte erfahren können, was sie eigentlich miteinander verhandelt hatten. Auf ihre Frage danach habe Lerche nur barsch geantwortet: „Geschäfte!" Und als sie weiter in ihn gedrungen, habe er ihr grob den Mund verboten. Verschiedene Male seien die beiden Männer unter eine Laterne getreten und es hätte wohl so etwas wie eine Ab rechnung zwischen ihnen stattgefunden. Da habe sie denn, ohne daß die beiden es bei ihrem eifrigen Ver handeln wahrgenommen, sich näher herangeschlichen und sie habe das von dem Hellen Gasglühlicht be schienene Gesicht des Fremden deutlich gesehen. Ein hübscher Mensch sei es gewesen: brünett, mit langem, schwarzem Haar und glühenden Augen. Einen dunklen Mantel, so eine Art Havelock habe er getragen und einen schwarzen Schlapphut, kurz, wie ein Künstler habe er ausgeschen. Als der Untersuchungsrichter nun die Minna Schönfeld mit den beiden llntersuchungsgefangenen konfrontierte, rief die Zeugin, nach einem kurzen Blick auf ihren Freund, dem Maler gegenübertretend, so fort aus: „Jawohl, das ist er!'^ Zwar protestierte Fritz Stangen empört und er klärte aufs bestimmteste, die Person nie in seinem Leben gesehen und ebensowenig je auf den: Tempel hofer Felde mit irgend jemand eine Zusammenlunft gehabt zu haben, aber dos Mädchen ließ sich nicht irre machen, sondern entgegnete mit sehr glaubhaft erscheinender Entrüstung: „Na Horen Sie mal! Sie könne» aber schwindeln. So deutlich wie hier, habe ich Sie vor mir gesehen mit Ihren langen schwarzen Zotteln und der Habichtsnase. Du das ist wohl 'n Künstler, habe ich nachher zu Kart'» gesagt. Habe ich nicht?" Und der Artist fiel sofort kräftig kopfnickend ein: „Jawohl, das hat sie!" „Allemal, dabei bleib' ich! Der und kein anderer ist's gewesen! Dafür lege ich meine Hand ins Feuer . . ." In diese,» Stadium der Untersuchung befand sich die Sache Fritz Stangen, als eines Tages bei dem Untersuchungsrichter ein Brief eintraf, der schon in folge seiner Adressierung dem Empfänger ein Lächeln abnötigte. Als Adressat war d:r Name des Land- aerichtsrats angegeben, wie bei einem Privatbrief. Aber als Lmpfangsort war nicht seine Wohnung, sondern Las Landgericht bezeichnet. Das verriet schon den unkundigen Laien, wen» nicht das weibliche Ge schlecht des Briefschreibers. Und in der Tat nicht nur die Handschrift, auch die ganze Form des Schreibens bestätigte den weiblichen Ursprung dieser brieflichen Bemühung, den verhafteten Maler zu entlasten. Der Brief lautete: Sehr geehrter Herr Landgerichtsrat! Zur Angelegenheit des Malers Herrn Fritz Stangen, die Sie, wie ich aus den Zeitungen ge sehen habe, bearbeiten, teile ich Ihnen mit, daß der jung« Mann vollkommen unschuldig ist. Seiner ganzen Erziehung, seiner Vergangenheit und seinem Charakter nach ist Herr Stangen völlig unfähig, ein so gemeines Verbrechen zu begehen. Ja, Sie haben ein großes Unrecht begangen, den fcingebil- deten jungen Mann unter einem so schändlichen Verdacht in Haft zu nehmen. Wie entsetzlich muß der Arme nicht nur unter den materiellen Qualen des Gefängnisses, sondern viel mehr noch unter der moralijchen Wirkung einer so schimpflichen, ent ehrenden Beschuldigung leiden! Ich aopellrere an Sie als Mann von Ehre und Gefühl. Sie sind doch nicht nur Richter, sondern auch Mensch. Ich kann nur annehmen, daß Sie sich von einigen rein äußerlichen Momenten, die gegen Herrn Stangen zu sprechen scheinen, haben bestimmen lassen. Lorr wenn jemand dabei betroffen wird, daß er eine falsche Banknote ausgibt so ist damit Doch noch keineswegs gesagt, daß er sie selbst angefertigt haben
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