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s*. ui, hl SS. Jahrgang. it und U, zen, 11 und gt- rrre» lligen m-r, kt. « ru Tagesschau. Freiberg, den 23. November. In Vertretung des deutschen Reichskanzlers erließ der Staatssekretär des Innern, von Bötticher, folgende Bekannt machung: Mit Bezugnahme auf die in Nr. 33 des Reichs gesetzblattes verkündete kaiserliche Verordnung vom 8. d. Mts., durch welche der Reichstag berufen ist, am 2b. November d. I. in Berlin zusammen zu treten, wird hierdurch bekannt gemacht, daß die Eröffnung des Reichstags an diesem Tage um 12 Uhr Mittags im Weißen Saale des königlichen Schlosses stattfinden >8, wird. Zuvor wird ein Gottesdienst und zwar, sür die Mit glieder der evangelischen Kirche im Dom um 11 Uhr Vor mittags, für die Mitglieder der katholischen Kirche in der Gt, Hedwigskirche um 11'/, Uhr Vormittags abgehalten werde«.—' Auf der Tagesordnung der gestern Nachmittag abgehaltenen Plenarsitzung deS deutsche» BundeSrath«» standen di« Vorlage über di« Errichtung einer ständigen Pharmakopöe» Kommission und der mündliche Bericht der zustehmdm Aus schüsse über den Entwurf eines Gesetzes über die Friedens präsenzstärke deS deutschen Heeres. Die Ausschüsse traten schon gestern Vormittag in Berathung über den Entwurf, über welchen mündlicher Bericht dem Plenum erstattet werdrn sollte. Darnach war also die Nachricht, daß der BundeSrath diese Angelegenheit in einer einzigen Sitzung erledigen würde, zu treffend, und es steht nun zu erwarten, daß die Vorlage, welche dem Vernehmen nach nicht umfangreich ist, dem Reichstage so fort bei seinem Zusammentritt, gleichzeitig mit dem Etat oder gar noch vor demselben, zugehm wird. Hinsichtlich der Phar- makopve-Borlage, mit der sich der BundeSrath gestern be schäftigte, hört man, daß di« Absicht dahin geht, eine ständig« Kommission in Verbindung mit dem Gesundheitsamt zu rr- richten, um die BundeSrathSbeschlüffe über zeitweise herbeizu« ' führende Ergänzung« der Pharmakopöe vorzubereiten; di« bezüglichen Anträge sollen etwa von zwei zu zwei Jahren dem Reichskanzler zugehen. Den Vorsitz wird der Direktor de» Gesundheitsamt- führ«, welches auch dir laufenden Geschäfte und dir Bureauarbeiten besorgt. Die Mitglirderzohl soll außrr den zu berufenden Mitgliedern deS Gesundheitsamts 12 be tragen; ihre Ernennung erfolgt durch den Reichskanzler und sie erhalten Reisekosten und Tagegelder, sowie Vergütungen für besondere Arbeiten und damit verbundene baare Auslagen. Die Kost« werden aus den Fonds des Gesundheitsamtes bestritt«. — Die Emnahme des Reiches auS Kauf- und sonstige» An- schaffungsgcschäften (der Börsensteuer) ergab in der Zeit vom 1. Äpril bis Ende Oktober d. I. den Betrag vou 4353488 Mark. Davon entfielen 7142S8 Mk. auf d« Monat Oktober. — Die „Nordd. Mg. Ztg." bestreitet d« Richtigkeit der Mittheilung deS „Hamburger Korresp.", wo nach vr. Jühlke von der Drutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft einem Schiffe den Rang abgelaufen hab« soll, an dessen Bord sich eine italienische Juba-Expedition be fand. Durch Rückfrage bei der Direktion der Deutsch^Dst- ' afrikanischen Gesellschaft ist festgestellt worden, daß die ganze Nachricht falsch ist. — Eine gestern im preußisch« Kultus ministerium stattgchabte Konferenz, an welcher auch die Kom- mifsarien des preußisch« Ministeriums des Innern theilnahmm, berieth über die anläßlich eines Breslauer Cholerafall«» ' zu treffenden Maßregeln. Wie die „Schlesische Zeitung" meldet, findet jetzt außer in Oderberg auch in Ratibor und Oppeln die ärztliche Untersuchung der durchpassirenden Auswanderer statt. In Ratibor werd« dieselben auch bezüglich der Geld mittel geprüft. — In Berlin ist am Sonntag der bekannte Botaniker Rudolf von Uechtritz verstorben. — Di« Nordhausen-Erfurter Eisenbahngesellschast hat in einer, übrigens verhältnißmäßig schwach besuchten Generalversammlung beschlossen, ihr Unternehmen nur gegen eine Erhöhung de» Staatsangebots an den Staat abzutretm. Aus guter Quelle erfährt die „N. A. Z.", daß die StaatSregierung die Mehr forderung bereits ablehnte und die Verhandlungen nunmehr als abgebrochen betrachtet. In dem Bericht des Budgetausschusses der österreichi schen Delegation über den Voranschlag des Budgets de» Ministeriums deS Auswärtig« wird di« im Ausschuss« von all« Seit« ausgedrtickte Mißbilligung der bulgarischen Er eignisse angesichts deS Gegensatzes zwischen dem Eingreifen des russischen Agenten und dem gemäßigten, klugen Vorgehm der Vulgär« hervorgehoben. Anknüpfend an die Thronred« < und die Erklärungen deS Grafen Kalnoky erklärt der Bericht: wo es gelte, die Ehre der Monarchie zu Vertheidigen, würde» jeder Zett alle Völker zu jedem Opfer bereit sein, aber sie würden auch dankbar sein, die Segnungen des Fiedens ge nießen zu können. Mit Befriedigung begrüßt d« Ausschuß die Mittheilung« deS Ministers über das Berhältniß Oester reich-Ungarns zu den auswärtigen Mächten. Der hohe Grad des Vertrauens, welches die Monarchie genieße, werde nicht wenig erhöht durch die klare und uneigennützige Politik der Regierung. Mit der größten Befriedigung habe der Ausschuß vernommm, daß die Grundlagen des Bündnisses mit Deutsch land keinerlei Aenderungen erfahren hätten, daß vielmehr daS Berhältniß zu Deutschland in der Hand des Ministers sich wesentlich entwickelt und gekräftigt habe, sowie daß das freund schaftliche Berhältniß zu Rußland, aus welches der Minister großen Werth lege, die Beziehungen zu Deutschland in keiner Erscheint jeden Wochentag Nachmitt.'/,« Uhr für den . andern Taa. Preis vierteljährlich 2 Mart 2b Pf., I MittWÜlÜ ÜLV 24 NÜVeMvev zweimonatlich 1 M. bO Pf. und einmonatlich 7b Pf. 1 Amtsblatt für die königlichen nnd Mischen Behörden zn Freiberg nnd Brand Verantwortlicher Redakteur: Iuliu-Braun in Freiberg. Nachbestellungen «s de» Monat Dezember amden zum Preise von 75 Ps. vor» alle» kaiserliche« Postavstalte» sowie vo« de« be kennten Ansgabestelle« u«d der unterzeichnete« Expedition ««genommen. Expedition des Freiberger Anzeiger. Die Septennats-Borlage Mit Ausnahme der eingeweihten Kreise glaubte man allgemein, daß der deutsche Reichstag sich während des ersten kurzen Sessionsabschnitts vor den Weihnachtsferien lediglich mit dem Reichshaushaltsetat, aber nicht mit der geplanten SeptennatS-Vorlage zu beschäftigen haben werde. Vielfach hielt man eS sogar für wahrscheinlich, daß dieselbe bis zum nächsten Herbste aufgeschoben würde. In den maßgebenden Kreisen soll man aber längst gewußt haben, daß die Vorlage zeitig genug vorbereitet wurde, um dem deutsch« Reichstage unmittelbar nach fernem Zusammen tritt unterbreitet zu werden. Die Herstellung des Gesetzes ist deshalb nicht übereilt Word«, vielmehr bildete das letztere unter den Bundesstaaten mit eigner Militärverwaltung den Gegenstand längerer Verhandlungen, die allerdings in aller Stille vertraulich geführt wurden. Die Verständigung mit dm Einzelregierungen war bereits eine vollständige, als der deutsche Reichskanzler es für angezeigt hielt, die neue Sep- tennats-Vorlage dem deutschen Bundesrathe zugehen zu lassen. Der Ausschuß deS Bundesrathes hat auch bereits in voriger Woche die Vorlage durchberathen und dieselbe in der am 22. d. M. stattgefundenen Plenarsitzung zur An nahme empfohlen. Was bisher über den Inhalt des Gesetz entwurfes verlautete, beruhte meist auf Vermuthung, da aus drücklich strenge Geheimhaltung bis zur Abgabe der Vor lage an den deutschen Reichstag angeordnet war. Trotzdem verlautete zweierlei, erstens, daß der Inhalt die Dringlich keit der Einbringung erweisen werde und zweitens, daß sich trotz der nicht bedeutenden Erhöhung der Friedenspräsenz stärke des deutschen Heeres in Folge dieses Gesetzes die Ausgaben um 35 Millionen Mark vermehren würden. Das Gerücht, wonach der preußische Kriegsminister, General Bronsart von Schellendorf, durch die vorausgegangenen Verhandlungen über diese Angelegenheiten veranlaßt worden sei, sein Entlassungsgesuch einzureichen, erwies sich als gänzlich unbegründet. Die Vorlage ist vielmehr, wie von wohlunterrichteter Seite versichert wird, bei der letzten An wesenheit des deutschen Reichskanzlers in Berlin im Minister- rathe allgemein gebilligt worden. Da nach der vorausge gangenen Vereinbarung mit den Etnzelregierungen auch nn deutschen Bundesrathe kein Widerspruch zu erwarten ist, kann der Gesetzentwurf dem Reichstage in kurzer Frist zu gehm. Es ist das schon deshalb willkommen, weil sich auf diese Weise die finanzielle Lage des Reiches leichter über sehen läßt und die Äatsbcrathung eine gründlichere wird. Für die Beurtheilung des Etatsjahres 1887/88 ist es ent schieden werthvoll, daS durch die militärischen Ausgaben bedingte Mehrbedürfniß baldigst kennen zu lernen. Bei der jetzigen politischen Weltlage ist im deutschen Reichstage weder eine schroffe Zurückweisung noch eine rasche Annahme der Vorlage zu erwarten. Alle Parteien dürften eine ein gehende und gewissenhafte Prüfung für unerläßlich halten; daß die Reichsregierung darauf gefaßt und damit einver standen ist, beweist dieselbe durch ihre frühzeitige Einbringung der Septennatsvorlage. Für die Verwerfung der Letzteren an eine Kommifsion ist im Voraus eine erhebliche Mebr- heit gesichert, wenn auch nicht anzunehmen ist, daß die Reichsregierung sich auf wesentliche Abänderungen einlassen werde. Da die Kommissions-Berathungen trotzdem sich in die Länge ziehen dürsten, ist eine Entscheidung über das Septennat in diesem Jahre kaum noch zu erwarten. Wenn aber der Entwurf in diesem Sessionsabschnitt auch nur die erste Lesung pafsirt, wird sich trotzdem regierungsseitig be- urtheilen lassen, ob die Rerchstagsmehrheit im Prinzip mit der Erhöhung der Präsenzziffer einverstanden ist, die Mehr bedürfnisse und das Erforderniß der Deckung des Defizits anerkennt. Herrscht darüber erst einigermaßen Klarheit, dann wird sich auch weit leichter eine Uebereinstimmung bezüglich der Steuerreform erzielen lassen. Auf heiße Kämpfe ist n an allseitig gefaßt, doch zweifeln die Regierungs freunde nicht an dem schließlichen Erfolg, wenn auch die nationalgrsinnten Fraktionen allein noch keine Mehrheit für die Vorlage schaffen können. Sie rechnen aber darauf, daß zahlreiche Mitglieder de» Zentrums sich zuletzt doch angesichts der drohenden Auflösung des Reichstayes für das Septennat und die erhöhte Präsenzstärke brs zum l. April 1895 entscheiden werden Bis jetzt halten die Organe der den Ausschlag gebenden Zentrumspartei mit ihrem Urtheil zurück. Die ultramou- tane „Germania" betont nur, daß es sich wiederum um .Mehrforderungen" handelt. EineStheils hat die klerikale Presse mit der Erörterung der bekannten Angelegenheit des nach ihrer Ansicht allzustaatsfreundlichen Bischofs von Fulda vollauf zu thun, andernthells fehlte bei der Geheim- Haltung der Einzelheiten der Vorlage bisher die rechte Grundlage für eine Diskussion. Der Reichsregierung konnte aber eine Erörterung deS Septennats durch die oppositio nelle Presse vor der Einbringung der Vorlage wenig er wünscht sein. Für den Fall auswärtiger Verwicklungen wären sogar im Reichstage selbst die geradezu unvermeid lichen Bekrittelungen der Vorlage von oppositioneller Seite nicht ohne bedenkliche Folgen. In dieser Ueberzeugung schreibt der Führer der ehemaligen Fortschrittspartei. Eugen Richter, in der .Freisinnigen Zeitung": „Daß die Vor lage gerade jetzt erfolgt, ist ein Anzeichen dafür, daß die Regierung die gegenwärtigen Verhältnisse friedlich ansieht. Anderenfalls müßte sie Bedenken tragen, dem Reichstage gerade jetzt eine Vorlage zu machen, über welche unter den verschiedenen Parteien die verschiedensten Ansichten be steh«.' Dasselbe Blatt, welches die Meinung der Fraktion vertritt, von welcher der heftigste Widerspruch gegen die Vorlage zu erwarten steht, schreibt ferner: „Das Septennat, welches im Jahre 1880 bewilligt wurde, läuft bekanntlich erst am 1. April 1888 ab. Eine zwingende Nothwendig- teit für die Regierung, schon jetzt eine neue Vorlage einzu bringen, lag somit nicht vor. War aber die Regierung einmal zur Einbringung während dieser Reichstagssession entschloss«, so ist es jedenfalls zweckmäßiger, daß die Vor- läge schon jetzt erfolgt ist, als in einem späteren Stadium der Session. In den Kreisen der Abgeordneten und der Wähler kann man sich jetzt um so gründlicher mit der Vorlage als dem wichtigsten Gegenstand der neu« Reichs- tagSsession beschäftigen. Beabsichtigt die Regierung im Falle der Ablehnung eines Septennats den Reichstag aufzulösen, so ist es für alle Theile zweck mäßiger, wenn die Neuwahlen im Frühjahr statt erst im Sommer erfolgen." Darüber, daß eine vollständige Ablehnung der SeptennatS- Vorlage die Auflösung des deutschen Reichstages zur un mittelbaren Folge hab« würde, besteht thatsächlich nirgend ein Zweifel, wohl aber darüber, wer davon den meisten Nachtheil hätte. DaS jetzt so stimmenreiche Zentrum scheint wenig Lust zu haben, es auf den Versuch der Neuwahlen ankommen zu lassen, bei dem es nur verlieren kann. Schon jetzt ist das Berhältniß Deutschlands zu Rußland nicht mehr dasselbe wie vor der unglückseligen Mission Kaulbars. Die Thatsache, daß die russischen Unterthanen in Bulgari«, nach der Abreise der russischen Konsuln, entgegen den früheren Meldungen, unter französischen anstatt unter deutschen Schutz gestellt wurden, spricht deutlich genug. Ebenso be kannt ist, daß der französische Kriegsmimster, General Bou langer, wenige Tage nachdem er bei einem Turnfeste eine lange Friedensred« gehalten, in einer Konferenz mit dem Präsidenten der französisch« Republik eine erhebliche weitere Vermehrung der Rüstungen Frankreichs forderte. Die deutsche Wählerschaft dürfte bei solchen Verhältnissen kaum den Männern zujubeln, die den Maßregeln Widerspruch leistm, welche die Reichsregierung zum Schutze des Vater landes für unerläßlich hält. Inserate werden bis Bormittag 11 Ubr angenom- men und betrügt der Preis sür die gespaltene Zeile 1 OO V oder der« Raum 15 Pf. und Tageblatt.