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H26. Freitag, den 2?. October. 1871 FrallkmlieMr WchrichtMalt und Bezirksanzeiger. Amtsblatt des Königl. Gerichtsamtes und des Stadtrathes zu Frankenberg. Erscheint wöchentlich drei Mal. Vierteljährlich 10 Ngr. — Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post-Expeditionen. Bekanntmachung, das Mutterkorn betreffend. Nachdem vor Kurzem in einem Orte des Zwickauer Regierungsbezirkes ein durch Genuß mutterkornhaltigen BrodeS herbeigeführter Ver- giftungSfall, welcher für einige der dabei betheiligien Personen mit tövtlichem Ausgange verbunden gewesen, vorgekommen ist, io wird auf Un ordnung der Königlichen KreiSdirection zu Zwickau nicht nur das Publikum vor der Verwendung und dem Genüsse des vom Mutterkorne nicht gereinigten GetraideS, beziehentlich deS aus solchem bereiteten MehleS und BrodeS hiermit eindringlich gewarnt, sondern eS werden auch der Verkauf, daS Vermahlen, Verschroten und Verbacken deS von Mutterkorn nicht gehörig gereinigten GetraideS, bez. des daraus bereiteten ÄkehleS und BrodeS mit dem Bemerken verboten, daß Kontraventionen hiergegen mit Konfiskation deS vom Mutterkorn nicht gereinigten GetraideS und deS von solchem Getraide gefertigten MehleS und Gebäckes, sowie mit einer Geldbuße von 20 LA —. werben geahndet werden. Hierbei wirb barauf hingewiesen, daß aus mutterkornhaltigem Mehle bereitetes Brod sich besonders durch baS aschfarbige und bläuliche Ansehen an dec Rinde und auf dem Bruche kenntlich macht. Frankenberg, am 25. Oktober 1871. Der Stadt rat h. Meltzer, Bcgrmftr. Bekanntmachung. Wegen der nächsten Montag den 3V dieseS Monats staitfindenden Reinigung der AmtSlocalitäicn wird an diesem Tage nicht erpevirt, was andurch zur öffentlichen Kenmniß gebracht wird. Frankenberg, am 26. Oktober 1871. DaS Königliche GerrchtSamt. Wiegand. Zttiegschronik »an 1870. 26. Oktober. Die LapitnlationSunterhandlungen des Marschalls Ba- zaine mit dem Prinzen Friedrich Karl dauern fort. Ba- zqine sncht noch immer günstigere Bedingungen zu er halten, so die, daß seine Offiziere die Dege» behalten und auf das Ehrenwort, während dieses Krieges nicht wieder gegen Deutschland zu kämpfen, ihren Aufenthalt in Frank reich nehmen können. — General Freiherr v. Moltke be- geht zu Versailles seinen 70. Geburtstag und wird vom König Wilhelm in den Grafeustand erhoben. 27. Oktober. Metz capitulirt. Auf Schloß FreScati erfolgt die Unterzeichnung der CapitulatiouSbediugungen, deutscher seits durch General v. Stichle, französischcrseits durch Ge neräl Harras. Durch die Uebergabe dieser vorher noch Nie eroberten Festung muß die letzte iii dieselbe geflüchtete napoleonische Feldarmee die Waffen strecken und wird kriegsgefangen in der enormen Anzahl von 173,000 Mann, nitter denen sich 3 Marschälle (Bazainc, Canrobert, Le boeuf) und über 6000 Offiziere aller Grade befinden. Die Siegeszeichen der deutschen Belagerungsarmee sind außer- ordentlich zahlreich: 53 Adler und Fahnen, mehr als 800 FestungS- und über 540 Feldgeschütze, gegen 100 Mitrail- leusen, 300,000 Gewehre, 2000 Miktärsahrzeuge und vie le« andre Kriegsmaterial. — Ein würtembergische« Streis- corp» sprengt nach siegreichem Gefechte bei Montcreau und NangiS lca. 8 Meilen südöstlich von Paris) Franc- tireurS und Mobilgarden auseinander, nimmt gegen 300 der letzteren gefangen, entwaffnet 800 Nationalgarven und erobert 1 Mitrailleuse und 1 Kanone. O e r l k l ch k S. Frankenberg, 26, Octbr. In seiner vor- gestrigen Sitzung hat her Reichstag auf Antrgg- semer GMäftSorbnungS.Commisfion daS Man. bat deS Abgeordneten unseres Wahlbezirks Herrn Prof. Vr. PieV^mann (vergl. I24ch. Bl.) durch die ihm gewährte GehaliSaüsbSfle-s nuig für nicht erloschen erklärt. Weilern Mittheilungen darüber enthebt uns die nach, stehende, am Heutigey Tage uns zugegangene Erklärung deS Herxn Prof. Biedermann: An mcine Reichstagswähler. Wegen einer Gehaltserhöhung, Vie ich als UniversttätSprofessor vom Ministerium erhielt, glaubte ich, in strengster Auslegung deS Art. 21 nl. 2 der ReichSversassung*), mein NeichStagS- mandat als erloschen anschen zu müssen, und zeigte dies dem Reichstage an. Dieser Hal je doch einstimmig anders entschieden. Gleichzeitig schreibt mir ter Vorsitzende bcS liberalen Central» wahleomii^ in meinem Wahlkreise, welches meine Wahl betrieb, aus meine gleichmäßige Anzeige dorthin, baß man in dortigen Kreisen zwar meine Bedenklichkeit ehre, aber eine Aufgabe meines Mandats nicht sür nökhig halte und »ich« wünscht. Unter diesen Umständen glaube ich von meinem Bedenken zurücktceten und mein Mandat beibehaltcn zu müssen. Leipzig, den 24 Oktober 1871. Pros. K. Biedermann, ReichStagSabg. für den 15. sächs. Wahlkreis. Das höhere Schulwesen in Sachsen. (Aus den „Grcnzboten".) (Fortsetzung.) Die vergleichende Statistik ergiebt, baß auch die oft gehörte Behauptung (Vergl. die Aeußerung des Kultusministeriums in ben Landt. Millh. 1868, II. Kammer, S. 2031), in Sach- -sen absolvirien verhältnißmäßig mehr junge Leute als in Preußen den voll ständigen GymnasialeursuS, auf Irr- *) „Wenn ein Mitglied des Reichstags — im Reichs- oder Staatsdienste — in ein UM eintritt, mit welchem rin Höhner Rang oder ein höhere« »Gehalt verbunden^ ist, so verliert es Sitz und Stitnrne im Reichstage und, käfin seine SMe in demselben nur durch neue Wahl WW cMigon." lhüm beruht. Für das Jahr 1870 betrug die Zahl der Gymnasialabiturienten in Preußen 2832, in Sachsen 234. Die Einwohnerzahl Preußens etwa lOmal so groß angenommen als die SachsenS, mußte letz teres 283 statt 234 Abiturienten liefern. Noch ungünstiger für Sachsen aber erweist sich das Pcrhältniß, wenn man die 390 Abitu rienten der preußischen Realschulen 1. O. mit in Anschlag bringt; denn man darf dieser Zaht nicht die 9l Abiturienten der sächsischen regula- lrvmäßigen Realschulen gegenüberstellen, da letz teren bis zu diesem Jahre die zwei oberen Klaffen der preußischen Realschulen 1. O. fehl ten. — UeberdieS zeigt auch die Schuistalistit der erst 1866 zu Preußen hinzugekommenm Provinzen (Hannover u. s. w.), sowie die der übrigen nord- und süddeutschen Staa ten, daß leider Sachsen hinter bem gejammten Deutschland in der Entwickelung seines höheren Schulwesens erheblich zurückgeblieben ist. I» Jahre 1870 zählte nämlich: Hannover, bei 1,937,637 Einwohnern (also ca. H Million weniger als Sachsen): 17 Gym nasien (5 mehr als Sachsen), 2 Progymnasien, 9 Realschulen und 14 höhere Bürgerschulen. Schleswig-Holstein, bei 981,718 Ein wohnern: 10 Gymnasien, I Realschule, S höhere Bürgerschulen. Hessen-Nassau, bei 1,379,745 Einwoh nern; 11 Gymnasien, 2 Progymnasien, 8 Realschulen, 15 höhere Bürgerschulen. Thüringische Staaten und Anhalts bei 1,345,141 Einwohnern: 17 Gymnasien (5 mehr als Sachsen), 1 Progymnasium, 10 Realschulen und 4 löhere Bürgerfchultn. Mecklenburg, bei 659,388 Einwohnern: 9 Gymnasien, 2 Progymnasien, 9 Real- unv höhere Bürgerschulen. N^ich diesem mecklenbuk*