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Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Oelsnitz, des Amtsgerichts, der Amtsan- waltschast und des Stadnmes zu Adorf. Fernsprecher Nr. 14. Verantwortlicher Schriftleiter, Drucker und Verleger Otto Meyer in Adorf Tel.-Adr.r Grenzbote ^r. ,8. Dienstag, de« L3 Januar ltzSA Hahrg. 88. Bekanntmachung. Die Beitrage zur AugesteLteuverficherung siad für die Zeit vom 1. Januar 1923 au durch Marke« z« entrichten. Jeder Versicherte mutz sich eine neue Derficheruugskarte a«»ftel- le» lasse« Wir fordern daher die der Angestelltenversicherung unterliegenden Personen auf, sich in der Zeit vom 22. bis 27. Januar ds. Js. vormittags zwischen 8 und Uhr bei der unterzeichneten Ausgabestelle — Einwohnermeldeamt. — zwecks Ausstellung der neuen Bersicherungskarte einzufinden. Die bisherige Versicherungskarte ist mitzubringen. Wer eine solche noch nicht besitzt, muß sich ausweisen. Der Verkauf der Marken der Angeftellte«verficher«ug erfolgt »nr durch die Poftanttalteu. Adorf, den 20. Januar 1923. Der Stadtrat. als Ausgabestelle der Angestelltenversichrrung. Gaspreis betr. Der Gaspreis ist von der Dezember-Zählerablesung ab auf 151 Mk. für das odm erhöht worden. Von der Januar-Zählerablesung ab muß eine weitere Erhöhung des Gaspreises, die noch nicht genau beziffert werden kann, eintreten. Die Gasmesiermiete« sind mit Wirkung von der Dezember-Zählerablesung auf 30 Mk. für einen 3 flammigen Gasmesser, 40 „ » n 5 »1 50 „ » » 10 70 „ » » 20 120 „ » » 00 180 „ „ » 50 200 „ „ „ 100 250 „ „ „ 150 monatlich erhöht worden. Adorf, den 22. Januar 1923. Der Stadtrat. Wir machen h'ermit darauf aufmerksam, daß wir auf unsere Kosten Gasmesser zwecks Gasbezugs nur noch für die Wohnungen beschaffen werden, die bei uns — Rat- Haus, Kanzlei — für diesen Zweck bis zum 3. Februar 1923 gemeldet werden. Adorf i.B., den 22. Januar 1923. Der Stadtrat. Was gibt es Neues? — Fritz Thyssen und fünf weitere Leiter der Nuhr- ß«hen.wurden von den Franzosen verhaftet und im Auto- Mobil nach Düsseldorf gebracht. — Die Franzosen erschossen in Langendreer einen Deutschen Krankenträger. i — Der Preußische Landtag überwies den Entwurf Der Städte- und Landgemeindeordnung einem Ausschuß von M Mitgliedern. ! — Die Reichsregierung hat in verschiedenen Erlassen Den Beamten des Nuhrgebictes die Ausführung französi scher Befehle verboten. — Auf den Nuhrzechen droht ein allgemeiner Streik «uszubrahcn. , — Der Oberkommissar der Nhetnlande, Tirard, erließ Kin Devisenausfuhrverbot. > — Der Zwanzigerausschutz hat beschlossen, daß der Dreis für das vierte Umlagesechstel derselbe bleiben soll, wie für das dritte Sechstel. Modernes Faustrechl. Mein Haus ist meine Burg! Das ist das stol zeste Wort, das der Engländer kennt. Es bezieht sich «Nicht allein auf die Sicherheit des Eigentums, sondern Much auf den Schutz der Persönlichkeit. Wenn auch nicht nn ganz so weitreichender Form ist dieser Satz in Die Gesetzgebung aller Kulturstaaten übergcganaen. In sder neuen deutschen Neichsverfassung heißt es, das Eigentum ist unverletzlich. Die Uebereinstimmung hin sichtlich dieses Rechtsgrund'atzes ist also vorhanden, und me ging so weit, daß sie sich auch auf den Schutz des Privateigentums im Kriegs erstreckte. Im Weltkriege ist das Recht gebrochen worden, der Privatbesitz ist nicht mehr sicher gewesen. Was dies für die Zukunft bedeutet, wird sich sväter zeigen. Aber bisher hatte doch noch niemand daran gedacht, daß das Privat eigentum im Frieden ohne Nichtersvruch fremden Hän chen änhsiinfallen und am allerwenigsten von Aus ländern in Anspruch genommen werden könnte. Das h ben die Franzosen nun auf deutschem Bo den fertig gebracht und damit dem Nschtsbcwußtscin aller Völker ins Gericht geschlagen. Am stärksten emp finden die Engländer diese französische Auffassung, denn sie verhehlen es sich nicht, daß Zeiten möglich sind, in welchen ihre heutigen Freunde es versuchen können, auch mit anderweitigem Privatbesitz so um- tzugehcn, wie sie es heute dem deutschen Eigentum svndrohen. Es liegt klar zutage, daß in dieser ver schiedenartigen Auffassung eine so weitgehende nicht Mur rechtliche, sondern auch moralische Kluft besteht, daß dieser Zustand nicht für die Dauer geduldet wer den kann. Das mittelalterliche Faustrecht, das seit -einem halben Jnhrlauscnd abgeschafft worden ist, wird Hiermit unzweideutig von neuem als erlaubt pro klamiert. Einen Kaufmnnnssiaat, wie England, muß das ganz besonders empören, denn ohne Recht kein Han del. Mit diesem Treiben wird das Vertrauen in die Stetigkeit und Solidität aller Geschüftsbeziehungen ge waltsam gestört. Es siud nicht nur dis deutschen Fir men, die durch die fremde Intervention von jen-eitS der Vogesen geschädigt und in ihrer Leistungsfähig- ckett herabgesetzt werden, sondern auch alle auSlän- idischen Unternehmungen, die nach Deutschland Bezie hungen unterhalten. Der Wert dieses internationalen Schadens läßt sich heute noch nicht berechnen, wo der Wirrwarr noch nicht zwei Wochen andauert, aber man darf annehmen, daß schon jetzt in kommerziellen Krei selt des Auslandes Erwägungen darüber stattfinden, Ivie den Friedens- und Rechtsbrechern das Handwerk gelegt werden kann. Das stärkste Stück ist, daß dis Franzosen sich nicht einmal die Mühe gegeben haben, dem malträ tierten Recht ein Mäntelchen umzuhängen. Denn die sogenannten Sanktionen stellen keine Rechtslage dar, weil dabei die Urheber dieser Maßnahmen Staats anwalt und Richter in einer Person sind. Ist so etwas iin Kriege kaum zu billigen, so ist es in der normalen Rechtslage des Friedens unter allen Umständen ver werflich. Es ist, als hätten die Nachkommen der Gal lier Europa und der Welt beweisen wollen, daß sie anders geartet sind, als alle anderen Nationen und daß ihr politischer Haß nur von ihrer Leichtfertigkeit über troffen wird. Vor dem 28. Juni 1919, als in Versailles der Friedensvertrag unterzeichnet werden sollte, hatte man dort Angst, daß sich Deutschland weigern würde. Da für haben wir in den Aussagen namhafter Politiker in Paris (z. B. Senator Tardieu) beredte Zeugen. Seitdem hielt man unser Rückgrat für gebrochen. Aber man hat sich getäuscht. Die französischen Treibereien müssen sich selbst erschöpfen, die deutsche Kraft fußt auf dem Fundament des Welt- und Völkerrechts, das durch nichts zu erschüttern ist. Verhaftung von sechs Mündusiriellen. Die nach Bredeney zu einer weiteren kriegs gerichtlichen Verhandlung geladenen Zechenvertreter Fritz Thyssen, Generaldirektor Spindler, Generaldirek tor Tcngelmann, Wüstenhöfer, Kesten, nnd Olfe sind nach kurzer Verhandlung verhaftet und unter schwerer militärischer Bedeckung in Automodilen in Richtung Düsseldorf abiransportiert worden. Den sechs Direktoren wurde anscheinend ledig lich ihre Verhaftung mitgeteilt,' denn bereits im Augen blick des Eintreffens der Direktoren fuhr ein fran zösisches Auto vor dem Gebäude vor. Bezeichnend für die französische Art ist dabei folgende entwürdigende Einzelheit: Als die Verhafteten das Gebäude in Bre- deneh verließen, muhten sie auf Befehl eines fran zösischen Offiziers stehen bleiben, und der Offizier in Verbindung mit einem französischen Zivilisten hielt die „glorreiche" Verhaftung photographisch fest. * Die verhafteten Zechenteiter. Fritz Thyssen ist der jetzt SO Jahre alte älteste Sohn August Thyssens, der seit einigen Jahren dem 80- jährigen Vater die Leitung der vereinigten Thyssenschen Betriebe mit einer Belegschaft von rund 66 000 Arbeitern abgenommen hat, die unter ihrem alten Namen Gewerk schaft Deutscher Kaiser vielen Nord- und Mitteldeutschen von Reisen her noch bekannt sein dürften. Generaldirektor Franz Wüstenhöser ist der Leiter des mit der Zeche Minister Achenbach des Stummkonzerns durch Interessengemeinschaft verbundenen Essener Bergwerks- Vereins König Wilhelm, der insgesamt eine Belegschaft von etwa 6000 Bergarbeitern beschäftigt und im letzten Jahre ungefähr 1 250 000 Tonnen Kohlen fördert«. Bergassessor Direktor Olfe ist der Leiter einer Anzahl Zechen der Gelsenkirchener VergwerkS-A.-G., die bekannt lich mit den StinneSschen Betrieben, dem Bochumer Guß stahlverein und der Siemensgruppe zur „Rhein-Elbe-Ste- mens-Schuckert-Union" verbunden ist. Generaldirektor Spindler ist der technische Leiter der sämtlichen im Essener Stadtbezirk gelegenen - tinneS- zcchen, insbesondere der Gewerkschaft Victoria Matthias. Am weitesten über die Grenzen des NuhrbczirkeS Hin ans bekannt sein dürfte Generaldirektor Ernst Tengel« mann sen., der Leiter der Essener Steinkohlen-Bergwerke A.-G. in Essen, des größten reinen KohlcnbetricbeS der Funkegruppe, eines der grüßten Kohlen- und Kohlenneben- produkten-Gewinnunaüuuterr.ehmens Ms ganzen Westens. * Schließung der Banken. Auf die Kunde von der Verhaftung sind sämtliche Banken in Essen dem Beispiel der Düsseldorfer Ban ken gefolgt und haben, zugleich zum Protest gegen die Beschlagnahme der Reichsbankgelder, geschlossen. Diese Maßnahme wird aus die Lohnzahlung der Zechen keinen Einfluß ausüben, da die Löhnung der Bergleute auf besonderem Wege durch die Direktionen der Zechen er folgt. Die Lohngelder sind sichergestellt. Schwieriger war es in Düsseldorf, wo eS vielen großen Firmen nicht möglich war, die Löhne auszuzah len. Die Gewerkschaftsvertreter waren daraufhin bei der französischen Vesatzungsbehörde vorstellig gewor den. Sie verwiesen aus die außerordentlich schwierige Lage, in die die arbeitende Bevölkerung durch di« Sperrung der Auszahlungen bei der Reichsbank geraten sei. Bei der städtischen Sparkasse Düsseldorf macht« sich infolge der Besetzung der Reichsbank ein sehr gro ßer Andrang bemerkbar. Die Sparkasse, die aus so. große Auszahlungen nicht vorbereitet war, mußte sich darauf beschränken, Beträge bis zu 5000 M. aus zuzahlen. Die deuWe Gegenattion Französenbefehle ungültig. Die Reichsregierung und die Regierungen der durch die französische Okkupation in Mitleidenschaft gezogenen Länder haben durch mehrere Erlasse den Beamten des besetzten Gebiets unzweideutige Richt linien für ihr Verhalten gegenüber den Befehlen der französischen und belgischen Eindringlinge gegeben. Eine Anweisung der Reichsregierung und der Landes regierungen Preußens, Bayerns, Hessens und Olden burgs besagt: „Tie Aktion der französischen «nd belgische« Re gierung im Ruhrgebiet stellt ein« schwere Verletzung des Völkerrechts und des Vertrages von Versailles dar. Infolge dessen sind Befehle «nd Anordnungen, die in Verfolg dieser Aktion an deutsche Beamt« ergehe«, recht »- unwirksam. Es ergeht daher seitens der Regierungen »e« Reiches, Preußens, Bayerns, Hessens und Oldenburg» die Anweisung, Anordnungen der besetzenden Mächte keinerlei Folge zu geben, sondern sich ausschließlich an die Anweisungen ihrer eigenen Regierung zu Halten- Ties gilt auch für die Beamten des altdesetzten Gebiet'«» allen Maßnahmen gegenüber, die im Widerspruch >» den Bestimmungen des Stheinlandabkommens stehen. Cuno, Braun, v. Knilling, Ulrichs Tantzen.* In Ergänzung hierzu haben die genannten Re gierungen noch einen zweiten Erlaß ergehen lasse«« in dem darauf hingewiesen wird, daß die Verord nungen der Interalliierten Rheinland kommission über die Beschlagnahme der Be stände, der laufenden Einnahmen der Forsten und der darauf bezüglichen Akten rechtsungültig und dem Nheinlandabkommen zuwiderlaufend sind. Die Be amten des besetzten Gebietes werden deshalb zu un beugsamem Wider st and gegen rechtswidrige An ordnungen aufgefordert und nachdrücklichen Schutze» bei Auwendung widerrechtlicher Gewalt von der Ge genseite seitens ihrer Regierungen versichert. Ein Erlaß »es ReichsPcrkchrsministerS gibt den Beamten, Angestellten und Arbeitern der Reichsbahn dreierlei bekannt, nämlich: 1. Verbot von Beförderung von Koh len und Kpks an Frankreich und Belgien. „Den Beamten und Arbeitern der Reichsbahn ist es, den Bestimmungen des Reichskohlenkommissars ent sprechend, verboten, Kohlen für Frankreich und Bel gien zu befördern oder bei der Umlenkuna deutscher