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Mittwoch. Nr. 224. — 24. September 18S6. KeiPHöH Die Zeitung erscheint mit Ausnahme de« Montag« täglich und wird Nachmittags 4 Uhr aus» gegeben. Preis für das Vierteljahr l'/, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Allgemeine Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!»' Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Grpcdition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnsertionsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deutschland. — Auö Süddeutschland, 20. Sept. Die Frankfurter Postzeitung hat den Artikel der Deutschen Allgemeinen Zeitung mit der Ueberschrift „Die neuenburger Frage Md der Deutsche Bund" übel vermerkt. Indem wir dem Verfasser die allerdings sehr leichte Aufgabe anheimgeben, den „Artikelschreiber" sä »b8urüum zu führen, falls er es der Mühe werlh hält, wollen wir uns die Mühe nicht verdrießen lassen, einige Worte zu ent- gegnen. Der Erguß der Frankfurter Postzeitung in Nr. 224 (die Frankfurter Postzeitung scheint ihre Federn dazu aus Sachsenhausen zu beziehen. D. Red.) hat das Verdienst, daß er einen Blick dinier die Couliffen gestattet. Seine Haupt pointe besteht ostensibel darin, daß die Vorgänge in Neuenburg, trotzdem daß sie „aufständischer" Natur waren, dazu benutzt werden sollen, den „Graal der Demokratie", nämlich die Schweiz, dem Verderben zu weihen und daß der Deutsche Bund es sei, welcher die Rolle des Ritters St.-Georg über nehmen müsse, um den schweizerischen Lindwurm zu tödten. Die Frank furter Postzeitung Hal nun aber vor allem nachzuweisen, 1)daß „die Sache Preußens in Neuenburg eine wahrhaft deutsche Sache und ein deutsches Interesse ist"; 2) daß der Deutsche Bund nach seinen Grundgesetzen einen solchen „Inbegriff von Rechten und Pflichten bezeichnet", wonach er zur „Intervention" in der Schweiz berufen ist. Auf solange dieser Nachweis fehlt, ist die Annahme erlaubt, daß der Deutsche Bund dazu veranlaßt werden wolle, andern Zwecken zu dienen. Als es galt, den Deutschen Bund zum Schuh der Rechte des deutschen Bundeslandes Schleswig-Hol stein in Bewegung zu setzen, da war es dir Frankfurter Postzeitung, welche Alles aufbot, nm eine Einmischung desselben sernzuhalten, indem sie ge radezu erklärte, daß jede bezügliche Auffoderung an die falsche Adresse gehe, weil „der Bund nur ein Ministercongrcß und blos ein Anderer (d. h. ein Dritter) sei, dem die Sorge für das Recht der Herzogthümer nicht anheim- gestellt werden könne". Um so gerechtfertigter ist das Mistrauen gegen die Art und Weise, wie die Frankfurter Postzeitung jetzt, wo ein Ländchen in Frage ist, daS nicht zum Deutschen Bund gehört, den Beruf des Deut schen Bundes, der Schweiz gegenüber, darzulegen sucht. Die Hinweisung auf den „Po", wo Deutschland, nochigenfalls nicht minder sein eigenes Recht »evtheidigen würde als das Recht Oesterreichs, »ffenbart jedoch deutlich genug auch die verschleierte Pointe und rechtfertigt damit am besten selbst die Vcr- muthung der Deutschen Allgemeinen Zeitung, daß es sich darum handle, aus der neuenburger Frage Präjudicien für andere Fragen, namentlich die italienische, zu gewinnen. Sonderbar ist eS dabei, daß die Frankfurter Post- zeitung einer hohen Mission des Deutschen Bundes gedenkt, während wie- derum gerade sie eS ist, die von einer zeitgemäßen Bundesreform gar nichts oder doch nur sehr wenig wissen will, obwvl die Erfüllung jener Mission doch einzig und allein durch eine solche Reform bedingt ist. Erinnert aber die Frankfurter Postzeitung an „die dem Reiche angewiesene, unerfüllte Aufgabe", fo Mcht sie darM auch das Gedächlniß daran auf, daß sie vor einigen Wochen für das „österreichische Primat in Deutschland" in einer- Weise schwärmte, welche auf Hintergedanken schließen ließ, die über eine Btmdesreform weit hinausgehen. Preußen. Berlin, 21. Sept, Der Preußische StaatS-Anzeiger berichtet: „Am gestrigen Abend hat im hiesigen königlichen Schlosse in Ge- mäßheit der ergangenen allerhöchsten Bestimmungen die Feier der Ver mahlung der Prinzessin Luise Marie Elisabeth von Preußen mit dem Großherzog Friedrich Wilhelm Ludwig von Baden stattgefundcn. Im All gemeinen wurden hierbei die Anordnungen des dazu bestimmten Festpro gramms innegehalten. Die verwitwete Großherzogin von Sachsen-Weimar war nicht angelangt, und führte der König in dem feierlichen Zuge daher die Frau Prinzessin von Preußen. Bei dem Fackeltanz, zu welchem ein besonders für diese Feier componirtes Musikstück des Herzogs von Sachsen- Koburg-Gotha und ein anderes des Oberst-Truchseß und Generalintendan ten der königlichen Hosmusik, Grafen v. Redern, zur Aufführung gelangte, traten nicht zwölf Minister, sondern nur zehn Staatsminister und die bei-' den ältesten hier anwesenden Wirklichen Geheimrälhe, der Oberappellations- und OberlandcSgerichts-Chefpräsident v. Frankenberg-Ludwigsdorf und der Präsident des ConsistoriumS der Provinz Brandenburg, Graf v. Voß- Buch, den allerhöchsten und höchsten Herrschaften vor." H Berlin, 22. Sept. Der dänische Gesandte beim deutschen Bun destage, Hr. -v. Bülow, welcher sich gegenwärtig in außerordentlicher Sen- d»«g M die Höfe von Berlin und Wien befindet, um ein Schreiben des Königs von Dänemark in Bezug auf die holstein-lauenburgische Angelegen heit zu überreichen, hat hier mit dem Ministerpräsidenten v. Manteuffel, wie man hört, bereits mehre Unterredungen gehabt. In Betreff des von Hrn. v. Bülow überbrachten Schreibens ist natürlich noch nichts Näheres bekannt, indessen will man in hiesigen diplomatischen Kreisen wissen, daß «S auf die Sache selbst sich gar nicht einlasse. Dem Ueberbringer des Schrei ¬ bens scheint der Auftrag geworden zu sein, Erläuterungen über das Sach- verhältniß an den beiden großen deutschen Höfen zu geben. Dänemark scheint sich der besonder« Mühe zu unterziehen, die Cabinete von Berlin und Wien zu überzeugen, daß ihrer bisherigen Auffassung der Angelegen- heil manches MiSvcrständniß der eigentlichen Thatsachen mit untergelegen habe. Es möchte aber sehr zu bezweifeln sein, daß solche Bemühungen Dänemarks bei den bezeichneten beiden Cabineten Erfolg habt« werden. Preußen wie Oesterreich haben, soviel man weiß, ihre Zustimtnung zu der Gründung des dänischen Gesammtstaats nie anders als unter der ausdrück lichen Voraussetzung gegeben, daß die Rechte der deutschen Herzogthümer dadurch nicht beeinträchtigt würden. Oesterreich hatte in der Depesche vom 26. Dec. 1831 erklärt: „Wenn Se. Maj. (der König von Dänemark) zu gleich die Absicht kundgtgcben, auf gesetz- und verfassungsmäßigem Wege, also nach Bcrathung mit den Provinzialständen der gedachten Herzogthü mer und, was das Königreich Dänemark angeht, durch Verhandlungen mit dem Reichstage, sowie in Betreff Lauenburgs unter Mitwirkung der Rit ter- und Landschaft eine organische und gleichartige verfassungsmäßige Ver bindung sämmtlicher Landestheile zu einer gejammten Monarchie herbeizu führen, so vermag der kaiserliche Hof diese Willensmeinung des Königs nur als auf die Erfüllung einer unabweislichcn Aufgabe gerichtet anzuer- kennen." Üeber diesen Punkt hat das kopenhagener Cabinet unterm 29. Jan. 1852 eine verpflichtende Erklärung dahin abgegeben: „Daß der König die in dem Erlaß des k. k. Cabinets vom 26. Dec. 1851 und in der An lage desselben niedergelegte Auffassung der den Höfen von Wien und Ber lin kundgegebencn allerhöchsten Absichten, wie im Allgemeinen so auch na mentlich was die Nichtincorporation Schleswigs in das Königreich betrifft, als mit der seinigen übereinstimmend anerkennt." Thatsächlich ist aber, daß die Verfassung für den Gesammtstaat gegen die ausgesprochene Willens» Meinung Oesterreichs und Preußens, nicht nach Beralhnng mit den Pro» vinzialständen der Herzogthümer Schleswig und Holstein und nicht unter Mitwirkung der lauenburger Ritter- und Landschaft hcrbeigeführt worden ist. Einer so offen vorliegenden Thatsache gegenüber dürste das Ergebnlß der außer ordentlichen Sendung des Hrn. v. Bülow leicht vorauszusagen sein. — Der Kölnischen Zeitung schreibt man aus Berlin vom 21. Sept.: „Soviel von den Antworten der Mächte hier schon bekannt ist, sollen sie der preußischen Auffassung günstig lauten und eine friedliche Ausgleichung der neuenburger Frage erwarten lassen. Die auf die Reserven eini ger Regimenter bezügliche Maßregel war in der politischen Welt dahin ver standen worden, daß man den Unterhandlungen vielleicht einigen Nachdruck verschaffen wolle, ohne ein militärisches Vorgehen dabei in Aussicht zu neh men. Von offiliöser Seile wird versichert, es handle sich darum, eine Uebercinstimmung zwischen Garde und Linie in Betreff der Ergänzung des Heeres zu erzielen, da die Rekruten des Gardecorps stets im Herbst einbc- rufen würden. Eine kriegerische Wendung gilt übrigens nach Allem, was auch in diplomatischen Kreisen verlautet, für sehr unwahrscheinlich." — Das Correspondenz-Bureau schreibt unterm 22. Sept.: „Die tele graphische Nachricht über Absendung einer westmächtlichen Flotte nach Nea- pel und Abberufung der Gesandten von dort rufen hier eine ungewöhnliche Sensation hervor. Man verbreitete Gerüchte über Gerüchte und wollte un ter Andcrm wissen, unsere Regierung habe sich in Neapel, Paris und Lon don zur Vermittelung angeboten. Nach Erkundigungen an unterrichteter Stelle können wir diesem Gerücht widersprechen. Dasselbe scheint an der Börse erfunden und in der Absicht verbreitet worden zu sein, um den de» primirenden Eindruck der Thatsachen zu mildern. In der That war dieser Eindruck auf die Geschäfte von der nachtheiligsten Wirkung." Baden. Freiburg, 18. Sept. Unter vorstehendem Datum schreibt man dem Schwäbischen Merkuk: „Wenn man früher glaubte, daß unser Kirchenstreit jetzt eine ganz rasche Lösung finden werde/ so scheint dies nun doch nicht vollkommen der Fall zu sein. So hatte man wenigstens ganz bestimmt davon gesprochen, daß mit dem Beginn des nächsten Winterseme sters das theologische Convict wieder eröffnet werde; jetzt dagegen hört man in dieser Beziehung nichts mehr. Wie wir vernehmen, so bildet in letzter Zeit die Coadjntorsfrage den hauptsächlichsten Gegenstand der Verhandlung zwischen der Regierung und Rom. Wir erfahren, daß der päpstliche Stuhl mit dem Bischof von Mainz nicht durchdringen konnte und an dessen Stelle dann einen Hohenlohe, dessen speciclle Stelle und Würde wir im Augen blick nicht näher ««geben können, in Vorschlag gebracht hat." H — Den Hamburger Nachrichten schreibt man aus Mitteldeutschland: „DaS Motiv des Rücktritts des Präsidenten des großherzoglich badischen Ministe riums der Justiz und des Innern, Frhrn. v. Wechmar, ist lediglich die kirchliche Frage, hinsichtlich deren der nun durch Verwandtschaftsgrade liirte königlich preußische Hof angelegemlichst ein den Ansprüchen des Episkopats