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MOck-ClOWAnM Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der .Hohenstein-Ernstthaler" Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Kaus Mk. 1.50, bei Abholung in der Geschäftsstelle Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. l.50. Einzelne Nummern IO Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Posianslalten und die Landbrieslräger entgegen. Als Srlrn- beilage erhallen die Abonnenten jeden Sonntag das »Illustrierte Sonnlagsblatl". — Anzeigengebllhr für die «gespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., siir auswärts 15 Psg. : im Reklameteil die Jelle NO Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im „Oberlungwitzer Tageblatt' Ausnahme. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr, größere Anzeigen werden am Abend vorher erbet m. Bei Wiederholungen wird enlsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Ausnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine. Garantie jedoch nicht übernommen. Für Rückgabe cingesandtcr Manuskripte macht sich die Redaktion LlLLe:<L«LlLt2e:lL!LlLl2tLe:tLe:tLl-LerlLlL<LkLtL<LtL^eLLre:erlLtLiLeLtLeL>L nicht verbindlich. eLerlLeLscLtLsercLtLLLcLcLcrerl-rkrcLerercLcrcLcLercLcLcrcLbrcLcLcLLlkcLtLeL Nr. 240. Fernsprecher Nr. 151. Mittwoch, den 14. Oktober 1908. Geschäftsstelle Bahnstr. Z. 85. Jahrgang. UmM II. MEmMs UMM. II. Hsu srbsut! — Lloäsrnsa unä Zgäisgsnstss Ligr-RsntLurant sm ?Iat2s. ^n««di»nk unorsiunnl voi-.üpsti< sior Itioi«: sollt ?ilonsr I. ^ktisnbrausrsi, Mnolisnsr LvatsnbrLu, ?rsürsprl. v. ?uollgr^ürnbsrg unä DrsLänsr?oiLsnksIIsr. kkieksko! UmM 11. MemaijO HMM.II. dlsu srbsutt (u^valil 1n alten äer .I»kre»r«tt rn »itinitiren l'iolxen. lkl^na ,on 12 3 Lkr, no«te k In ourto. Von r» l Kr »b tll^IIak letebo InnrrnbI In 5iper.I»1>s<>rtektov. N->oimeIlt,u»gnraIl HVI1K. kiülin, vorbsr lojnkrigsr Lnebtsr äsr ,,^Ibsrt«bnrg". O O O O Obere Freibank Oberlungwitz: Mittwoch und Donnerstag, den 14. und 18. dss. Mts., von früh 8 Uhr an Rindfleisch, Ll Pfund 45 Pfg. Die Umwälzung auf dem Balkan. In der durch die Umwälzung auf dem Balkan geschaffenen Lage hat sich nichts Wesentliches ge- ändert. Die türkische Regierung verhält sich nach der Ueberrcichung ihrer Protestnoten an die Ver- tragSmächte noch immer abwartend. Fürst Ferdi« nand von Bulgarien, wie er bei den Vertrags- Mächten noch heißt, Zar Ferdinand, wie er selber sich nennt, erklärte: Die bulgarische Unabhängig- kettSerklärung hat keinen Tropfen BluteS gekostet und wird auch in Zukunft kein Menschenopfer fordern, die Beziehungen Bulgariens zur Türkei werden freundliche werden. In Serbien halten der wohlbekannte Kronprinz Georg und andere Leute zwar noch immer Kriegs reden, auch werden militärische Rüstungen betrieben; aber die große Mehrheit der Deputiertenkammer erklärte sich gegen den Krieg. Oesterreich ließ seine Do auflotte vor Belgrad vor Anker gehen und verbot die Verbreitung von Nachrichten über Ein- berusungen und Bewegungen von Truppen. Eng. land, daS bereits ein größeres Geschwader im Aegäischen Meere vereinigt hat, entsandte sein Atlantisches Geschwader, daS bei Gibraltar manöv rieren sollte, nach dem Orient. Englands Haltung macht verschiedenen Mächten Sorge. Tine Verstimmung soll zwischen Rußland und Oesterreich-Ungarn ausgebrochm sein. Drm öfter- reichischen Botschafter in Petersburg wurde die erbetene Audienz beim Zaren zur persönlichen Ueberreichung deS Handschreibens des Kaisers Franz Joseph über die Annexion Bosniens noch immer nicht bewilligt. Die Ablehnung wurde mit der Inanspruchnahme deS Zaren durch die Marine- Inspektionen begründet. Stärkeres Aufsehen erregt eS nock, daß das russische Auswärtige Amt durch die „Nowoje Wremja" die Erklärung des öfter- reichisch-ungarischen Ministers des Auswärtigen Aehrenthal in den Delegationen, Rußland sei von der Annexion Bosniens und der Herzegowina voraus verständigt worden, in aller Form dementieren ließ. Die Entscheidung über die Abhaltung einer Konferenz zur Regelung der Balkanfrage wird von dem Besuche des russischen Ministers des Aus wärtigen JSwolski in London, der dort mit fürst- liehen Ehren ausgenommen wurde, erwartet. Die Wahrscheinlichkeit spricht für eine Verständigung Wenn Pariser Blätter schon Einzelheiten über daS Programm der Konferenz oder des Kongresses Mitteilen, so eilen sie den Tatsachen voraus. Da- rüber steht noch nichts fest; es gilt jedoch als aus- geschlossen, daß zum Beispiel die Dardanellen-Frage auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden sollte. In Serbien ertönt noch fortgesetztes KriegS- geschrei. Es existiert sogar eine starke Partei im Lande, die den „energielosen" König Peter absitzen und den Kronprinzen Georg auf den Thron erheben möchte. Die Skupschtina hat den in geheimer Sitzung gefaßten Beschluß bekannt gegeben, wonach sich Serbien vorläufig jeder kriegerischen Aktion enthalten und abwarlen will, waS die Großmächte beginnen werden. Gleichwohl wurde ein außer ordentlicher Kredit von 16 Millionen für Kriegs zwecke bewilligt. König und Regierung in Serbien stehen den Wühlereien der KricgSpartei und namentlich deS Kronprinzen ziemlich machtlos gegenüber. Sin Zwischenfall an der serbtsch-ungarischen Grenze wird der österreichischen Regierung vielleicht Veranlassung zu schärferen militärischen Maßnahmen an der Grenzlinie geben. Auf einer der Stadt Schabatz gegenüber gelegenen Insel, die ungarisches Territorium ist, besetzten serbische Zollbeamte die von ungarischen Beamten aufrecht erhaltene Grenz wache. Eine Gruppe von serbischen Finanzbeamten, verstärkt durch serbische Gendarmerie, griff die un garischen Beamten, 30 bis 40 an der Zahl, mit Gewehren an und trieb sie fort. Von einem öster reichischen Dampfer wurde die Fahne herunter- gerissen und verbrannt Eine Anzahl serbischer wohlbewaffneter Banden, in der Stärke von je 60 Mann etwa, gingen an die bosnische Grenze ab. Ueberschreiten sie diese, so wird ihnen von den Oesterreichern natürlich warm eingcheizt werden, ohne daß eS deshalb zu einem Kriege zu kommen braucht. Tagesgeschichte. Zum Besuch des badischen GroßherzogSpaare» in Dresden wird gemeldet, daß bei der Ankunft des Groß- herzogpaareS am Freitag dieser Woche vormittags 10'/, Uhr großer Empfang stattfindet. Zu Ehren des Besuches wird im Residenzschloffe ein Konzert gegeben. Am Sonnabend werden der Großherzog und die Großherzogin wieder abreisen. Wie die „Bautzener Nachr." melden, wird König Friedrich August den Großherzog von Baden zum Chef deS Bautzener Infanterie-Regiments Nr. 108 ernennen. Die ojfizielle Ernennung erfolgt am Sonnabend Ans diesem Anlaß treffen der König und der Großherzog vormittags S Uhr mittels Sonder- zuzeS in Bautzen ein. Zustimmung der konservativen Fraktion zur Hktukscheu Wahlkretseinteilnng. Die konservative Fraktion der Zweiten Kammer hat in ihrer gestern mittag in Dresden abgehaltenen Sitzung der von dem Neunerausschuß auf Grund des Entwurfs deS Geh. Regierungsrats Heink fest- gestellten, veränderten Wahlkreiseinteilung, die eine Anzahl Wünsche der Nationalliberulen berücksichtigt, ihr« Zustimmung erteilt. U. a. sind den beiden Großstädten Dresden und Leipzig je 8 Wahlkreise zuerkannt worden, doch hat sich die auf 96 ver einbarte Gesamtzahl der Wahlkreise nicht erhöht, vielmehr wurden den Großstädten zur Kom- plettierung der 8 Wahlkreise einige Vororte hinzu- gesügt. Die nationalliberale Fraktion trat nach mittags b Uhr zusammen, um ebenfalls die WahlkreiseinteilungdesNeunerauSschusfts zuberaten. Die Sitzung dehnte sich bis in die Abendstunden Selbstliebe. Roman von Konstantin Harro. 8^ (Nachdruck verboten.) „DaS ist dock wenigstens Vernunft!" lobte die Bürgermeisterin. „Wollen sich denn die armen Frauen «inen Prozeß auf den Hals laden? Ja, wovon ihn bezahlen, wenn er verloren ist. Fran von Krasinski, hat ja dock mir das Pachtgeld von dem Gütchen, das sie da irgendwo noch besitzt. Sie soll dem Himmel danken, wenn Negendangs ihr die prachtvolle Aussteuer lassen und noch was an Barem obendrein." „Da kennen Sie die hochmütige Etta schlecht", er widerte Frau Stern. „Wie sollte die nickt Himmel und Hölle in Be wegung setzen, wenn es ihr Vorteil sein kann? Sie den Prozeß verlieren! Das rechnet sie schon zn den Un möglichkeiten!" „Es ist so, wie Sie sagen, gnädige Fran", stimmte Fräulein von Samelitz bei. „Und Etta weiß auch immer Rat. Sie hat in Berlin gute Freunde. Ein General von Thonau, mit dessen Tochter sie erzogen worden ist, bot ihr sogleich seinen Rat und die Geldmittel zur Reise an. Auch einen Rechtsanwalt wußte er für die Krosinskys. Aber den nahmen sie nicht . . . oder viel mehr: den hat schon die Gegenpartei für sich gewählt, und er schreibt spitzfindige Briefe hierher und ärgert Etta mit ironischen Bemerkungen." „Das wäre ganz mein Mann!" gestand Fräulein Blatter. „Nur die Sippe demütigen, nur ihnen den fetten Bissen ans den Zähnen reißen!" — „Ja, ja, Fräulein Macken! Ich gönne Dir die Lektion! Ob sie mich wohl je gegrüßt hat, die alberne Person! Immer über mich weggeschen auf der Promenade! Und mein Bater war Kameral-Direktor in Otterwitz!" „Na, wenn Krosinskps Geld in die Hände be kommen, dann sind sie auch an, längsten in Aaborg ge wesen", mischte sich die Frau Bürgermeisterin wieder ins Gespräch. „Merkwürdig nur, daß die Damen überall Verbindung haben! Wenn sich nun gar ein General für sie verwendet, geben Negendangs am Ende dock klein bei." ,,Ack, bewahre! Mit so einem schneidigen Advokaten? Werden sich hüten!" lachte die Majorin Stern. „Gnt stehen die Sachen jedenfalls nicht", pflichtete das sanfte Fräulein von Samelitz bei. „Frau von Krosinskh war gestern ganz verzagt. Ihr Mann hat nämlich immer prozessiert und immer verloren. „Die Ella", sagt sie. ist ganz nach dem Papa. Die denkt mich, die Welt müsse sich nach ihrem Kopf richten!" — Etta lächle, als die Mutter mir ihr Herzeleid klagte. Sie ist voller Mut um Leben. „Im Früh jahr gchts an den Rhein", sprach sic, als ich Abschied nahm. „Das langweilige Aaborg sieht m'ck niemals wieder!" „So, so! Langweilig! Hm, hm", sprach die Bürgermeisterin würdevoll. „Nun, meine Damen, das klingt wie ein Lob aus Fräulein von Krosinskps Munde. An unseren Geist, an unsere Tiese reicht solch ein Gänschen eben nicht heran!" „Ganz meine Meinung, verehrte Fran!" lispelte Fräulein Blatter. „Und haben Sie gehört: sie ist voller Mut und Leben! Wo sie doch in Sack und Asche gehen müßte um so einen Bräutigam. Ent setzlich, dieser Leichtsinn!" „Ich fragte auch, ob sie denn noch lachen könne nach all' dem Schmerz und Jammer?" erzählte Fräulein von Samelitz schüchtern. „Da schlug sie die großen, wunderschönen Augen voll zu mir auf und sprach ruhig: „Arnold war ein guter Mensch, folglich vergesse ich ihn nie. Das aber hat er nicht gewollt, daß ich trauern soll, wenn draußen der Frühling lockt, wenn das bunte Leben mich tausendstimmig mit bellen Klängen znm Genießen rnft." „Welche Moral, welch' ein Leichtsinn!" ereiferten sich die Kaffecaäste. Aber man hatte noch den lebten Skandal im Hanse des Postmeisters zu dnrchsprechcn. und jo ließ man denn die Damen Krosinskh gnädig fallen. Sechstes Kapitel. Krosinskps waren an ihrem Ziel, der Stadt G. in der Rhciuprovinz, angckvmmen. Der köstliche Frühlingstag trieb die Damen schon am Morgen Hinans ins Freie: sie fühlten sich beide, znm ersten Mal nach langer Sorgenzcit, wieder frisch und froh, ja sogar etwas nnternchmnngslustig. Ein Buchcuwäldchcn lockte sie in seinen noch dürftigen Schatten. Und Etia rief beinahe übcrmüng: „Das sind ja die Buchen von Welchcrsburg, Mama! Die herrlichen Bäume, die Friedel Hemmschuh immer malen wollte!" „Ach, der gute Friedel!" seufzte Fran von Krosinskh vernehmlich. „Er ist oocki eine treue Seele. Aber Du glaubst ja nicht an sein Talent, Etta! Und doch hat er in Paris festen Fnß gefaßt, hat durch Fleiß und Ausdauer sein Leben sorgenfrei gestaltet .... Dich aber liebt er heute noch, liebe Etta!" Etta zuckte in der sonueudnrchlcuchleten Frühlings welt, die sie hier umgab, unmutig die Achseln. „Sorgenfrei?" meinte sie spöttisch. „Wie man's nimmt! Kann Friedel ein Bild nicht gleich verkaufen, guckt ihm die Not schon zum Fenster herein. Nein, Mama, ob ich nun die Erbschaft mache oder nicht: Friedel mnß aus dem Spiel bleiben! Ich mag keine MalcrSfrau werden, ich mag nichts wissen von den Täuschungen, denen Friedel in seinem blinden Idealismus täglich ausgesetzt ist." „Das redest Du Dir so ein, Etta! Gerade Friedel wäre der Mann, der jede Last des Lebens von seines Weibes Schultern nähme, nm sie allein zu tragen." „Mag sein!" warf Etta leicht hin. „Aber ich liebe den Maler eben nicht!" Nach kurzem Schweigen fuhr sie begeistert fort: „Warum mich auch jetzt schon binden, Mama? Soll ick denn nicht erst ein wenig meine Jugend genießen? Lacht mir nicht gerade hier das Leben fröhlich entgegen? — O, der arme Friedel ist sicherlich schon froh, daß ich ihm nicht verbiete, mir lange Episteln zu schreiben! Und schicke ich ihm nur hin und wieder einen freundlichen Gruß, gleich habe ich Um auf dem Gipfel der Seligkeit! — — Nein, Mama, Du mußt schon erlauben, daß ich mir mein Schicksal selbst gestalte. Sieh, in mir ist jetzt die Zuversicht. Arnolds Gold wird doch noch das meine! Habe ich nicht ein reiches, unwiederbringliches Jugendjahr dem kränklichen Bräutigam geopfert? Habe ich nicht alle mir dar- gebrachten Huldigungen schroff zurückgcwiescn, um einem Lebensmüden ein bißchen Sonnenschein ins Dasein zu bringen? Und solch ein Opfer dürfte keinen Lohn finden?" „Ich bin nicht so zuversichtlich, liebe Tochter!" „O, Mama, Deine Schwarzseherei kenne ich!" lachte Etta. „Aber warte nur erst ab! Habe ich die blanken Goldfüchse der Negendangs, dann geht es nach Berlin! Weißt Du, wen ich dort suche?" „Dein Idol natürlich!" „Ja, mein Idol!" sprach Etta siegesgewiß. „Den schönen Offizier mit der glatten, weißen Stirn und den tiefdunklen Augen; das lebensvolle Bick, das ich in Frau von Thonau? Album unzählige Male bewundert habe. Hätte ich es doch damals an mich gerissen! Nur auf ein paar Stunden! Friedel konnte es abzeichnen, und ich hätte heut nock meine Freude daran. Glaubst Du au Bestimmung, Muller? Sich, ich bilde mir ein, jener bildhübsche Offizier wird mich zu seiner Gemahlin machen I" „Kindskopf!" zürnte Fran von Krosinsku. „Mit solchen Phantastereien verdirbst Du Dir freilich die Zukunft! Gehe lieber zn den Negendangs und demütige Dich ein bißchen vor ihnen!" „Weit gefehlt!" lachte Etta. „Ja, heute noch will ick zu diesen Geldprotzen hingehcn, aber anders als Du rätst! Hochmütig und stolz sollen sie mich sehen." (Fortsetzung solgtO