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Sonnabend . 57. —— 27. Mai 1843. MM Deutsche Allgemeine Zeitung. HM «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» «ebevvtick. Deutschland. * Vom Neckar. Staat und Kirche. Unterhandlungen für eine deutsche Schiffahrtsacte. »Hannover. DieRumann'scheSache. Zu Rumann's Bertheidigung. * * Stuttgart. Die Eisenbahnen. Ein Verein für die Waisen der Geistlichen. Up-uß-n. »»Äertin. Verordnungen. »Vom linken Rheinuker. Der Nothstand des Moselthales, . . Epanien. »Paris. Erklärung in Betreff des Staatscredits. Gene ral Seoane. Negcraufstand in Portorico. Grotzvkitannien. Oberhaus: Die Bastardschastsbill. Unterhaus: Zurückweisung radikaler Anträge. Erklärung über die Besitznahme Haitis. Die Times über die Repeal. s London. Cobden. Die To ries wollen die Canadabill unterstützen, weil Peel mit dem Abgänge gedroht hat. Die Leaguisten. Peel und Russell. Frankreich. Die Protestanten in Frankreich, -s Paris. Die Zuckcr- frage. Freilassung Angeklagter auf Bürgschaft. Der Streit der Kirche und der Universität. Wie es mit der Religiosität der Franzosen steht. Die Marqaesasinseln. »Nismes. Nachrichten aus Algerien. Schweiz. * Genf. Der Gesetzentwurf über die Jury. Aeußerung des Generals Caß über dasselbe Institut. Die junge Schweiz in Wallis, -j- Äus der westlichen Schweiz. Baumgartner. Der Beobachter aus der östlichen Schweiz. Italien. Plötzlicher'Tod des sardinischen Justizministers. Dänemark. »Kopenhagen. Bewegungen für Dänisirung Schleswigs. Die Verspätung des Budgets. Serbien. Wucstcs und Petronievich bitten um Aufschub. Bosnischer Aufstand. Mnrkei. »Konstantinopel. Die serbischen Minister erhalten keinen Auf schub. — Aufstand in Bosnien Wtarbamerika. General Boyer ist in den Bereinigten Staaten an gekommen. Handel und Fnbnftrie. »Äus Gberhcssen. Eisenbahnangelegcn- heiten. Berlin. rknkünblgnngen. Deut sch la«-. *hom Neckar, 2S. Mai. Wenn man die Fragen, deren Lö sung dem Geiste der Gegenwart aufgetragcn worden ist, nach ihrer Be deutung mit einander vergleicht, so scheint die über das Verhältniß des Staats und der Kirche eine der gewichtigsten und auch schwie rigsten zu sein. Es ist wol eine Täuschung, wenn man annimmt, sie sei schon in jbncn Ländern geschlichtet, in welchen sie hervortrat und für den Augenblick wieder zurücktrat. Der Kampf hat verschiedene For men; eine seiner gefährlichsten und ernstesten kann die der Stille sein. Wir wehen die Lüfte so schwül! Da unsere Zeit bei ihren Geschäf ten und Gestaltungen nicht mehr dem dunkeln Drange der Gefühle folgen will, vielmehr Alles, was in ihrem weiten Umkreise sich regt, dem klaren Worte der Erkenntnis gemäß zu ordnen und zu gliedern strebt, und da die Wissenschaft über die bezeichnete Frage bisher so wenig erkleckliche Ergebnisse zu gewinnen vermochte, so hat schon des halb Derjenige Vieles für sich, welcher darüber Kassanbragedankcn sich hingibt. Wir. stoßen in dieser Hinsicht auf die schroffsten Gegensätze der Lehre. Die Einen erklären den Staat für das geistige Weltall mit dem erhabenen Berufe, die mannichfaltigen Werke und Bilder, welche von der unvergänglichen Menschheit hervorgcbracht werden, in seinen lichten Räumen aufzustellen, zur Anschauung Und zum Genüsse zu bringen. Die Andern weifen diese hehre Bestimmung, diese leuch tende Ehre der Kirche zu. Die -Dritten behaupten, der Geist der Menschheit eile mit einem Zweigespann seinem Ziel entgegen, und wie derum getrennt unter sich nennen die Einen den Staat daS edlere Roß, die Andern die Kirche. Bei dieser Sachlage dürfte es nicht unange messen sein, die Gedanken, welche bei der Lösung unserer Frage ins Auge gefaßt werden müssen, zu besprechen.-Man kann aber wol nicht das We sen der Kirche erkennen, ohne daS Christenthum mit den übrigen For men deS religiösen Geistes zu vergleichen. Die letztem ohne Ausnahme tragen in ihrem Schoose volksthümliche Elemente. Diese volksthüm- lichen Elemente lassen sich von ihnen nicht ausschciden, so wenig als auS dem menschlichen Körper, ohne ihn zu tödten, das Mark sich auS- scheiden läßt. Sie leben mit ihnen und sterben mit ihnen. Sokra tes, der ColumbuS der Gittenlehre, reichte zugleich die todtbringrnde Schale der göttlichen Athene und dem schönen Hellenenthum. Allein das Christcnthum erhebt sich über die Volksgcister; denn sein innerstes Wesen ist Offenbarung des innersten Wesens der Menschheit, welches immer sich gleich ist, in allen Zeiten und an allen Orten, sich gleich ist bei Patthern, Medern, Elamitcrn, bei Juden und Judengcnossen, bei Kretern und Arabern. Der Islam kann nicht als Einwand an geführt werden. Sofern auch er verschiedene Volkseigcnthümlichkeiten in sich aufnahm, sofern ist er nur die mit der Tinte des Morgenlan des gefertigte Abschrift des Christenthums. Erst mit diesem konnte die Kirche beginnen. Sie erscheint uns nämlich, wenn wir ihr Urbild be trachten, als die Darstellung, als die Verkörperung des allgemeinen Geistes der Menschheit, von welcher die Einen sagen, die Nothwen digkeit der Entwickelung trage sie unverletzt und unbeschädigt durch die Stürme der Weltgeschichte, während die Andern, erschreckt durch die finstere Gewalt des Bösen, behaupten, sie sei erst durch den Stifter der Kirche von ihrem Sturze wicderhergestcllt und auf richtige Bahnen geleitet worden. Die Formen, welche die Kirche wählen muß, um ihre Arbeit auf dem Gebiete der Wirklichkeit zu vollbringen, sind das Glaubensbekcnntniß, die heiligen Handlungen, die gesellschaftliche Ver fassung. Damit tritt sie ein in den Kreis der Volksgeister, in den Kreis jener geistigen Einheiten, deren Elemente gemeinsame Abstam mung, gemeinsame Sprache, gemeinsame Sitte, gemeinsamer Zusam menhang mit den Bewegungen der Weltgeschichte sind. Wir täuschen uns wol nicht, wenn wir sagen, daß in der Gliederung, in der orga nischen Gestaltung solcher Einheiten die Staatswissenschaft der Gegen wart LaS Urbild des Staats erblickt. Das Verhältniß der Kirche und des Staats ist daher das Verhältniß des Geistes der Menschheit und des Volksgeistes. Die erstere soll die kosmopolitische Idee vertreten, der zweite die Idee der Nationalität. Weltbürgerthum oder Men schenthum und Volksthum schließen sich nicht aus, sondern das eine und das ändere entwickelt sich nur durch das eine und das andere. Je ausgebildeter das eine ist, um so ausgebildeter wird auch das andere sein. Wenn wir nachforschen, was der tiefste Wunsch deS Herzens unserer Zeit ist, so finden wir, daß er am sehnlichsten die Unterschei dung und Vermittlung dieser zwei Mächte verlangt. Ehe die Welt geschichte diese That vollbracht hat,, wie es scheint, mittels des germa nischen Geistes, kann der begonnene Kampf nicht aufhörcn, dauere er nun zunächst fort, still gährcnd im Grunde, oder laut rauschend auf der Oberfläche. — Dem Journal de Francfort wird unterm 18. Mai von be« Ufern Ver Elbe geschrieben: „Die Unterhandlungen behufs einer deutschen Schiffahrtsacte und Bundesflagge sind in vollem Gange. Die Idee dazu gehört den Hanscstädtcn an, und die beiden deutschen Großmächte haben ihre Mitwirkung dazu um so weniger ver sagt, als eine Schiffahrtsacte einem über daS ganze Deutschland sich erstreckenden Zollverein am besten den Weg anbahncn und dem deut schen Handel eine feste Grundlage geben würde. Oesterreich unterstützt lebhaft diesen Plan, und Preußen steht ihm darin bei, weil eine deutsche Schiffahrtsacte nicht nur ganz wohl mit dem Zollvereine vereinbar ist, sondern auch, weil sie früher oder später eine Nothwendiakeit werden würde. Preußen sieht ein, daß man, wenn dieser Plan sich verwirk licht, den deutschen Staaten, die dem Zollvereine noch nicht bcigetre- ten sind, Zeit lassen kann, ihre besondern Interessen mit denen des Vereins in Ucbcreinstimmung zu bringen und so ihren Beitritt vorzu- berciten. Es ist übrigens durchaus nicht wahr, daß die Staaten, welche dem Zollvereine noch nicht beigctreten sind, ihm niemals beitreten wür den; im Gcgentheile kann man versichern, daß die Regierungen der selben nicht einen Augenblick der Hoffnung entsagt haben, demselben später beizutreten; dies ist besonders mit Hannover der Fall." * Hannover, 23. Mai. Ueber den gegenwärtigen Stand der Rumann'schen Geldangelegenheit (denn cs handelt sich der malen eigentlich nur noch um das Geld, die Pension) ist aus sichern Berichten Folgendes mitzutheilen. Ein Schreiben des Landdrostcn an das Collegium der Bürgcrvorsteher verlangte nähere Erläuterung de» Beschlusses, die Pension für den Stadtdircctor Rumann nicht zu be willigen, namentlich der Aeußerung, daß „für jetzt" diese Bewilligung nicht statthaft gefunden werden könne. In Gemäßheit dieser landdro- steilichen Auffoderung ordnete das Magistratscollegium auf heute eine gemeinschaftliche Sitzung mit den Bürgervorstehern an, um letztem ihren Beschluß nochmals zur Erwägung zu geben. Die Sitzung hat