Volltext Seite (XML)
WeWH-Mmg Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichnc in Dippoldiswalde. Nr. 11 Sonnabend, den 27. Januar 1883 48. Jahrgang :''ü :')VÄ Ä E hat sie hier der unter weit günstigeren Verhältnissen arbeitenden Konkurrenz gegenüber einen schweren Stand noch besonders dadurch, daß ihr Mangels einer Eisen bahn alle Stoffbewegung, sei es des Rohmaterials, sei es der Fabrikate, allzutheuer zu stehen kommt. Die Anfuhre der Hölzer und Kohlen rc., sowie die Abfuhre der Fabrikate vertheuert sich umsomehr, als wir, trotz der seiner Zeit von unseren Vertretern bei dem hohen Landtag, namentlich Herrn Fabrikant Großmann, auf gewendeten Bemühungen für deren Abschaffung noch heute mit dem altehrwürdigen Institut der Chaussee- Einnahmen behaftet sind. Die Spesen, welche durch die Nothwendigkeit der Haltung von Geschirren er wachsen, drücken ganz erheblich auf den Reingewinn von dem Produkt. Auch die Mahlmühlen und die Bäckereien werden bezüglich des Bezugs fremden Getreides und Mehls, resp. des Heizungsmaterials, durch den Mangel einer Eisenbahn bedrückt. Im Städtchen Bärenstein, wo sich. Dank dec rastlosen und aufopfernden Bemühungen des Hrn. k. Schwen um das Volkswohl, im vorigen Winter das Knopf häkeln und die Gorlnäherei heimisch zu machen und guten Verdienst zu gewähren versprach, ist es ebenfalls wieder stiller geworden, und diese Art Haus industrie befindet sich wieder in entschiedenem Rück gang, weil von den großen Fabrikanten zu peinliche Forderungen gestellt und für die dadurch bedingten Opfer an Zeit und Mühe ein zu geringer Lohn ge boten wird. Noch schlimmer aber steht es um die Erträgnisse der Bast- und Strohflechterei, welche so viele Frauen- und Kinderhände beschäftigt. Nur sehr fleißige und geschickte Hände verdienen durch Strohgeflechte besonders feiner und gesuchter Art ein für die allerbescheidenste Ernährung genügendes Tage lohn. — Nun wird man aber meinen, daß wenigstens die L-ündwirthschaft der au das Thal grenzenden Dörfer nach einem durch ungewöhnliches Wachsthum hervorragenden« Erntejahr sich in günstiger Lage be finde. Weit gefehlt! Der Landwirth hat einestheils mit den Wirkungen des beispiellos ungünstigen Ernte wetters, «nderntheils mit den, trotz des von der Reichs gesetzgebung eingeführten Getreidezolls, sehr gedrückten Preisen seiner Feldprodukte zu kämpfen. Nicht nur, daß letztere, aller Rührigkeit und Wachsamkeit unge achtet, nicht ohne Schädigung an ihrer Qualität ein geheimst werden konnten, — nein, das Uebel dauerte fort oder entstand noch in den Scheunen, ja selbst in den Getreideböden durch Dumpfigwerden der Körner. Ein großer Theil der Ernteerträge war bisher wegen ungenügender Beschaffenheit gar nicht verkäuflich; aber selbst tadellose Qualitäten finden bei hiesigen Müllern und Bäckern nur schwer und zu niedrigen Preisen Abnehmer, während dagegen deren Lieferung an größre Etablissements in weiterer Ferne, namentlich dein kleineren Produzenten, durch die theuern Frachtspesen verleidet wird. Die Güter selbst, mögen sie sich nach Produktivität des Bodens und nach Vieh- und anderm Jnventarbestand in noch so gutem Zustand befinden, sind nur schwer und unter ihrem wahren Werth ver käuflich, weil sie zu fern von den bequemen Verkehrs adern des Landes liegen. Selbst die Anzahl der Touristen, welche sonst in der schönen Jahreszeit, namentlich in Fest- und Ferienzeiten, das Thal zu durchwandern pflegten, ist eine erheblich geringere ge worden. Sie wenden sich solchen Gegenden zu, welche neben Naturschönheiten rasche und billige Beförderung bieten. Die seit Erbauung der Bahn so enorm ge steigerte Frequenz Berggieshübels liefert hierzu den sprechenden Beweis, und die Ortschaften des oberen Weißeritzthales werden aller Wahrscheinlichkeit nach schon Heuer die gleiche angenehme Erfahrung machen. Gastwirthe, Kaufleute, Handwerker, Fuhrwerksbesitzer, Oekonomen und Logiswirthe werden ihren Vortheil finden. Neidlos haben wir die Bahn des Weißeritzthals Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 1V Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, un redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« A> Pfg. Amtsblatt für die Königliche UmLshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Iranenstein Di« „Welßeritz-Jeltung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich L4 Pfg-, etnmonatlich 42 Pfg, Einzelne Nummern jo Pfg. — All« Postan- ftalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Der schmerzliche Verlust, von welchem unser erhabenes Kaiserhaus durch das Hin scheiden des Prinzen Karl von Preußen, des 81jährigen Bruders des Kaisers, betroffen worden ist, hat einen trüben Schatten auf die silberne Hochzeitsfeier des deutschen kronprinzlichen Paares geworfen. Alle die glänzenden Festlichkeiten, welche den 25. Januar als einen Freuden- und Jubeltag auszeichnen sollten, mußten deshalb unterbleiben und ebenso sind die Zei chen freudiger Theilnahme, welche dem hohen Jubel paare aus den weitesten Kreisen der Bevölkerung zu gedacht worden waren, auf das geringste Maß be schränkt worden. Das kronprinzliche Paar hat daher den Tag seines 25jährigen Ehejubiläums vorläufig nur in« engern Familienkreise begehen können und sind einstweilen noch keine Dispositionen über etwaige spä tere Feierlichkeiten getroffen. — Das Interesse an unser» innerpolitischen Angelegenheiten beschränkt sich jetzt der Hauptsache nach auf die Verhandlungen des Reichstages, die seit Sonnabend der Fortsetzung der Berathung des Reichshaushalts-Etats gewidmet sind. In dieser Woche beschäftigte sich der Reichstag zunächst init dem Spezialetat des Neichsheeres. Die verschie densten Dinge kamen in der Debatte, die hauptsächlich zwischen den Abgeordneten Schott (Volkspartei), Richter- Hagen, vr. Windthorst und Kayser (soz.-deni.) einer- nnd den konservativen Abgeordneten v. Minnigerode und vonMaltzahn-Gültz, sowie dem preußischen Kriegs minister b. Kameke andererseits spielte, zur Erörterung: die militärische Strafrechtspflege, die Mißhandlungen der Soldaten, das Ueberwiegen des adligen Elementes iin Offizierkorps des Neichsheeres, die Kostspieligkeit der Kürassierregimenter und des Gardekorps, die be kannten Fälle von Schleinitz und des Füsiliers Gärtner rc.; schließlich wurden jedoch sämmtliche Etats positionen bewilligt.. Am Dienstag genehmigte der Reichstag zunächst die noch übrigen Theile des Heeres- etats, sowie den Marineetat, und ging dann zur Be rathung des Etats des Reichs-Justizamtes über. — Die Mittheilungen über den Untergang des deutschen Postdampfers „Cimbria" bestätigen sich leider in ihren« vollen Umfange. Von den Passagieren und Mann schaften des untergegangenen Schiffes, deren Zahl sich znsammen auf über 500 belief, sind nur 50—60 ge rettet worden. Die Schuld an dieser furchtbaren Ka tastrophe trägt anscheinend der Kapitän des englischen Kohlendampfers „Sultan", durch welches Schiff die „Cimbria" in den Grund gebohrt wurde; die sofort eingeleitete seegerichtliche Untersuchung wird hierüber hoffentlich klaren Aufschluß ertheilen. Oesterreich-Ungarn. In Oesterreich-Ungarn tagen gegenwärtig die Parlamente beider Reichshälften, deren Verhandlungen in dieser Woche auch für weitere Kreise Bemerkenswerthes boten. Im Sprachenausschusse des österreichischen Abgeordnetenhauses gelangte der Antrag des liberalen Abgeordneten Wurmbrand zur Berathung: die Regierung aufzufordern, auf Grund von Artikel 19 des Gesetzes über die allgemeine«« Rechte der Staats bürger einen Gesetzentwurf einzubringen, wonach unter Festhaltung des Deutschen als Staatssprache der Ge brauch der landesüblichen Sprachen in Amt, Schule und öffentlichem Leben geregelt werden soll. Der An trag wurde jedoch nach kurzer Berathung abgelehnt, und bei der den Deutsch-Liberalen ungünstige» Zu sammensetzung des Abgeordnetenhauses ist keine Aus sicht vorhanden, daß der Antrag im Plenum zur An nahme und somit die Sprachensrage zur definitiven Regelung gelangt. Das ungarische Unterhaus dagegen hatte wieder einmal seine „Judendebatte", zu welcher die Interpellation des Tapolczaer Wahlbezirkes um Aufhebung der Juden-Emanzipation Anlaß gab. Ab geordneter Jstoczy (Antisemit) trat für diesen Vorschlag unter maßlosen Ausfällen gegen das Judenthum ein, während namentlich Abgeordneter Jokai unter lautem k* Beifall des Hauses sich entschieden für die volle Gleich berechtigung der Juden erklärte. Auch Minister-Prä sident Tisza stellte sich in seinen Ausführungen iin Ganzen auf den Standpunkt des Abgeordneten Jokai. Frqnkreich. Das französische Kabinet Duclerc hält einen Ministerrath nach dem andern ab, was von der Nathlosigkeit des Ministeriums in der Affaire des noch immer verhafteten Prinzen Napoleon und der Prinzen von Orleans zeugt. Daß unter diesen Um ständen die Gerüchte von der bevorstehenden Demission des Kabinets Duclerc immer bestimmter austreten, er scheint erklärlich und die Lage des Ministeriums, wel ches einerseits in Besorgniß vor bonapartistischen und royalistischen Putschen, andererseits vor radikal-anar chistischen Bewegungen schwebt, ist allerdings keine be- neidenswerthe. Die Entscheidung in dieser ganzen Angelegenheit liegt bei der Deputirtenkaminer, welche unter drei Anträgen zu wählen hat: den der Negierung, nach deren Vorlage es im Allgemeinen dem Präsi denten der Republik anheim gestellt wird, die Aus weisung von Prätendenten auf den französischen Thron nach seinem Ermessen anzuordnen; den des Deputirten Floquet (fortgeschr. Nepubl.) auf Ausweisung sämnrt- licher Mitglieder ehemaliger Negentenfamilien Frank reichs und den Antrag des radikalen Deputirten Ballue auf Entfernung der Prinzen von Orleans aus der Armee. Da bei der stattgefundenen Wahl von Mit gliedern der Kommission, welche sich mit der Vorbe- rathung dieser Anträge zu beschäftigen hat, die meisten Stimmen auf die Anhänger des Floquet'schen Antrages fielen, so erscheint dessen Annahme auch iin Plenum der Kammer als ziemlich gewiß, und letzterer Umstand würde dann wohl die Demission des Kabinets Duclerc nach sich ziehen. Serbien. Die serbische Skupschtina ist mit einer Thronrede König Milans geschlossen worden, in wel cher die patriotische Hingabe der Skupschtina hervor gehoben wird. Der König wurde bei seinem Erscheinen wie beiin Verlassen der Skupschtina mit lebhafter« Hoch rufen begrüßt. Süd-Amerika. General Iglesias ist von dem peruanischen Nationalkongreffe einstimmig zum Präsi denten von Pern gewählt morden. General Iglesias ist ein Anhänger der Friedenspartei und hat erklärt, die Wahl nur anzunehmen, wenn die Bevölkerung dem Frieden mit Chile zustimme. Des Müglitzthals und seiner Umgebung Erwerbsverhältniffe und Wünsche. Wandern wir von der Ausmündung des roman tischen Müglitzthals bei Dohna an den Ufern des rothen Flüßchens gegen dessen Quellen hinauf und lassen wir unsere Blicke nicht blos an den Naturschönheiten, son dern auch an den Verhältnissen der Bewohner des Thals und der nächsten Umgebung haften und fragen hier und da nach dem gegenwärtigen Stand ihres Er werbs, so werden wir wenig Erfreuliches vernehmen. Alle Welt klagt — und hat Ursache dazu. Blicken «vir zuerst auf die Lage der Industrie, so stellt sich uns ihr Bild ii« der Gegenwart und für die nächste Zukunft in nicht sehr vortheilhaftem Lichte dar. Mit Ausnahme der Glashütte«: Uhren fabrikation, welche unausgesetzt noch immer vielen fleißigen und geschickten Händen hinreichende Beschäf tigung und einen, wenn auch gegen früher geringeren aber immerhin ««och ausreichenden Verdienst gewährt, sind die verschiedenen Industriezweige mehr oder we niger bedrückt oder gehen einer Verschlimmerung ihrer Lage entgegen. In erster Linie ist hier die Holz stoff-, Pappen- und Papierfabrikation zu nennen. Stehen diese vor der Gefahr einer durch notorische Überproduktion und mächtige ausländische Konkurrenz geschaffenen ungünstigen Konjunktur, so