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Wochenblatt für-Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig 28614 Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Srjihriirt täglich mit Aufnahme der Sonn- und Festtage nachmittag« 5 ichr fir den folgenden Tag. Bezugspreis bei Setbstabholung monatttch 4^0 Ml., durch unsere Austräger zugetragen in der Stadt monatlich ; Ml., auf dem Lande Lir Ml., durch die Post bezogen vierteljährlich 15.7; Ml. mit Zustellungsgebühr. Alle Postanstalten und Postboten sowie »Isere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Fm Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Erscheint seit Znfertionsrrels 1 Ml. für die k gespaltene Korpuszeile oder deren Roum, Reklamen, die r spaltige Korpuszelle r.so Ml. Bei Wiederholung und Zadresauftrag entsprechender Preisnachlaß. Bekanntmachungen im amtlichen Teil snur von Behörden) die rgesvaltene Korpuszeile Z Ml. Rachweisungs-Gebühr 50 pfg. 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Zwischen dem Reichskanzler und dem Vorsitzenden des Ausschusses, Dr. Stresemann, fand eine Beratung statt. * Briand hat im Namen des Obersten Rates eine Note an die deutsche Regierung gerichtet, sie möge das deutsche Volk aufsordern, bis zur Entscheidung über Oberschlesien Ruhe zu bewahren. * Die Pariser Finanzkonferenz beschloß, den Wert der Saargruben Frankreich mit den vor dem 1. Mai geleisteten Zahlungen zur Last zu schreiben. * In der irischen Krists ist eine sehr ernste Wendung einge treten, da eine Verhandlungsbasis sich immer noch nicht finden ließ. Nach der pariser Tagung. Der Oberste Rat kann auf eine Tagung von lauter Kompromissen zurückblicken. Oberschlesien — an den Völkerbund verwiesen. Die Sanktionen — soweit sie wirt schaftlichen Charakter tragen, sollen sie vom 15. September ab unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben wer den, während die Besetzung von Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort, obwohl L--^ auch sie für unhaltbar erklärte, auf einstweilen ungewisse Zeit fortdauern soll. Die Leipziger Reichsgerichtsurteile — man sagte nicht ja und nicht nein zu ihnen, sondern will eine Kommission von Juristen sich weiter mit ihnen beschäftigen lassen. Die militärische Kontrolle über Deutschland — Briand und Foch widersetzten sich mit Händen und Füßen ihrer Aus hebung, doch soll auch hier eine Kommission zusammen treten, um zuzusehen, was sich an ihr mildern oder ein schränken läßt. Für Rußland, für Österreich hatte man nur noch wenig Zeit zur Verfügung und begnügte sich mit papierenen Beschlüssen, die weder kalt noch warm sind. Zum Schluß gab der französische Ministerpräsident, um die Tagung nicht gar zu eindruckslos enden zu lassen, noch eine seiner bekannten schönen Frcundschaftsreden aus die Entente zum besten, und hernach konnte man sich wieder mehr oder weniger befriedigt an den Frühstücks oder Abendbrottisch setzen. Und das nennt sich dann „Oberster Rat" und hält sich für berufen, dem lieben Gott ins Handwerk zu pfuschen! Wie lange diese Herrlichkeit wohl noch dauern wird? Die erste Tat nach dieser glorreichen Bemühung gab Herr Briand von sich, indem er dem deutschen Geschäfts« träger in Paris abermals eine neue Note zustellte. Darin wird mitgeteilt, daß der Oberste Rat in Anbetracht der Schwierigkeiten, welche die Festsetzung einer Grenze zwischen Deutschland und Polen in Oberschlesien biete, die Entscheidung der Angelegenheit vertagt habe. Er sei sicher, daß die Bevölkerung Oberschlesiens die Gesinnung zu würdigen wissen werde, die ihn dazu geführt habe, eine überstürzte Lösung abzulehnen. Im übrigen werde nichts unterlassen werden, damit dieser Aufschub so kurz wie möglich sei. Die deutsche Regierung werde hoffent lich ihrerseits das Volk zur größten Ruhe ermahnen und ihren ganzen Einfluß dahin aufbieten, daß die Autorität der Interalliierten Kommission geachtet werde. Sie solle ihrer schweren Verantwortung eingedenk bleiben und insbesondere an den Grenzen Oberschlesiens jeden Ver such verhindern, der darauf abziele, Unruhen im Ab stimmungsgebiet zu fördern. Ein Schreiben ähnlichen Inhalts wird vermutlich auch nach Warschau gegangen sein. Welche Aufnahme es dort finden wird, bleibt abzu- warten. Man weiß ja, daß die polnische Regierung sich garnicht geniert, den Alliierten gegenüber den Standpunkt einzunehmen, daß von einem Verbleiben Oberschlesiens bei Deutschland nach Meinung der Warschauer Herren keine Rede sein dürfe. Die deutsche Regierung ihrerseits beschränkt sich vorerst darauf, gegenüber der an ihre Adresse gerichteten Mahnung daran zu erinnern, daß sie stets bemüht gewesen sei, die Ruhe in Oberschlesien zu wahren. Lediglich durch polnische Umtriebe und Ge walttaten seien Störungen möglich gewesen. Sie hätte hinzufügen können, daß auch die Haltung der Interalli ierten Kommission und eines Teiles ihrer Besatzungs- truppcn den Frieden des Landes untergraben habe, ein Hinweis, die in keinem Stadium der oberschlesischen Frage unterlassen werden sollte. Die Oberschlester selber werden die naive Erwartung des Obersten Rates, daß sie Verständnis dafür zeigen möchten, warum eine „über stürzte Lösung" von ihm abgelehnt worden sei, gewiß nach Gebühr zu würdigen wissen. Eine schlimmere Ver höhnung ihrer Leiden, als in diesen Worten enthalte» ist» ist kaum noch denkbar. Wenn nach bald zweijähriger Dauer der Ungewißheit, nach drei Polenausständen und nach schrecklichster Verwüstung des Landes noch von der Möglichkeit einer „überstürzten" Entscheidung gesprochen wird, so kann eine solche Instanz, sie mag sich noch so hochtrabende Bezeichnungen zulegen, nicht mehr ernst ge nommen werden. Dazu kommt, daß der Völkerbund sich möglicherweise ebenso sehr vor einer „Überstürzung" der endgültigen Grenzfestsetzung zwischen Deutschland und Volon fürchten wird, denn auch ihm wird es nicht gegeben sein, einen Ausgleich zu finden, der alle Beteiligten auch nur einigermaßen zufriedenstellen könnte. Und anderer seits wird auch er sich terroristischen Drohungen, die kaum ausbleiben dürften, nicht gern unterwerfen wollen. So bleibt es dabei, daß die Verweisung an den Völkerbund nichts war als ein Verlegenheitsmanöver, mit dem man Zeit gewinnen wollte. Für Oberschlesien aber geht abermals Zeit verloren, kostbarste Zeit. Und keine Macht der Erde wird imstande sein, das arme Land für diese neue Beeinträchtigung seiner Zukunft jemals schadlos zu halten. Oie Enitäuschien. Augenblickliche Ruhe in Oberschlesien. Die außerordentliche Spannung, mit der man in letzte, Zeit in Oberschlesien der Entscheidung über das Schicksal der Heimat entgegensah, ist nun infolge der erneuten Ver schleppung einer offensichtlichen Ermüdung und Enttäu schung gewichen. Gleichzeitig macht sich immer mehr auch unter der polnisch gesinnten Bevölkerung eine Abkehr von den Unruhestiftern bemerkbar. Man hat überall das Be dürfnis nach Sicherheit, Ordnung und geregelter Arbeit und sieht in zunehmendem Maße ein, daß diese nur beim Verbleiben Oberschlesiens beim Reiche gewährleistet wer den kann. Das völlige Scheitern des groß angelegten pol nischen Generalstreiks ist ein Beweis dafür, daß man allerseits kampfmüde geworden ist. Allerdings bilden die aus Polen über die Grenze kommenden Bauden und Agi tatoren immer noch eine ständige Gefahr, da sie versuchen, die etwas beruhigten polnischen Einwohner zu neuen Ge walttätigkeiten aufzuhetzen. Die polnischen Organisationen bestehen unverändert weiter und versuchen, die deutsche Bevölkerung aufzureizen. Dagegen wird von deutscher Seite alles getan, was nur irgendwie zur Beruhigung beitragen kann. Besonders wichtig ist in dieser Hinsicht, daß das deutsche System der Erwerbslosenfürsorge jetzt auch auf Ober- schlesien ausgedehnt worden ist. Ebenso wie in Oberschlesien selbst, herrscht auch in Polen, wenn auch aus anderen Gründen, schwere Ent täuschung über den Ausgang der Pariser Konferenz, wenn man auch nach Lage der Dinge Briand zumeist Beifall zollt, daß er den Bedingungen Lloyd Georges die Ver tagung vorgezogen habe. Die polnische Regierung hat beschlossen, in einer neuen Note an die Großmächte gegen die Vertagung Beschwerde zu führen. Die Vertagung, fo wird in der Note ausge führt, muß weiteren ungeheuren und nicht zu ersetzenden Schaden stiften, und der Zustand der Ungewißheit ist für die Bevölkerung Oberschlesicns unerträglich. Man beklagt besonders Amerikas Passivität und die Abwendung Italiens und Japans von Frankreich. Im Völkerbunds rat erwartet man allgemein ein Vorwiegen englischer Ein flüsse. Die Stimmung ist übellaunig und verdrossen mit einem Unterton von Entsagung. An der oberschlesischen Grenze hat sich inzwischen nicht viel geändert. Ganze Trupps junger Burschen durchstreifen die Umgegend. Die Grenz kontrolle wird so gut wie gar nicht gehandhabt. Der Schmuggel steht in vollster Blüte. Polnische Händler bringen und holen heraus, was ihnen gefällt. Ganze Wagen mit Waren können infolge der unkontrollierbaren Grenze herübergeschafft werden, wodurch Schieber- und Wuchertum sich immer mehr ausbreiten. Die Interalli ierte Kommission hat eine neue Verstärkung der Apo- Hundertschaften in allen Orten angeordnet. In Oppeln werden die Beamten auf die einzelnen Hundertschaften verteilt. Man muß jedoch abwarten, ob mit dieser neuen Maßregel wirklich den heillosen Mißständen gesteuert werden kann. poUMebe Runälckau. Deutsches Reich. Schutz für Ostpreußen! Die Gefahr der SeucheneinMeppung aus Rußland ist für Ostpreußen besonders dringend. Daher wird jetzt dort der Ruf nach energischen Schutzmaßregeln erhoben. Der Hebel zur Bekämpfung der Seuchengefahr müsse nicht in Petersburg, sondern näher an der deutschen Grenze, z. B. in Polen angcsetzt werden, wohin bereits viele Hun gernde und Kranke geflohen sind. Ein Königsberger Blatt schreibt: So schnell wie möglich muß ein sanitärer Schutzkordon nach Osten vorgeschoben werden. Roch scheint es möglich, dies auf russischem Boden selbst zu be wirken. Weißrußland und die nördliche Ukraine gehören nicht zu den Hungergebieten, ja, sie haben teilweise eine Mittelernte. Hier also auf noch Halbwegs gesundem Boden müssen tapfere Ärzte und Sanitätspersonal den ersten Damm ziehen, von dem dann weiter borg gangen werden könnte. Die Erfassung der Goldwerte. Der Hannoversche Kurier berichtet über eine geheime Denkschrift des Reichswirtschaftsminifteriums, in der behauptet wird, daß sich im Frühjahr 1921 gegenüber 1913 die landwirtschaftlichen Reinerträge auf das drei- bis fünffache erhöbt hätten, und daß jetzt mit dem 5^- vis sechsfachen des Friedensertrages zu rechnen sei. Be treffs der gewerblichen und kaufmännischen Unterneh mungen wird eine Wertsteigerung auf das Sechsfache an genommen. Die Heranziehung zur Steuer soll durch Be lastung des landwirtschaftlichen Grund- und Gebäude- bcsitzes in Form einer Grundschuld erfolgen. Von den letzten 109 Prozent der angenommenen 300 Prozent Miet- stcigerung soll das Reich 75 Prozent in Anspruch nehmen. Es wird eine Grundschuld der Landwirtschaft von 110 Milliarden, eine städtische Grundschuld von 67 Milliarden und der Wert der Anteile bei gewerblichen und kauf männischen Unternehmungen auf 108 Milliarden ange nommen, der Gesamtwert der Substanzwerte wird im Anfang auf 285 Milliarden geschätzt, der auf 382 Milli arden steigen und an Erträgnissen sür das Reich rund 17 Milliarden bringen soll. Spanien. X Die Lage in Marokko. Aus Madrid wird gemeldet: Abd el Krim befindet sich an der Spitze von ungefähr 10 000 Nifkabylen auf dem Marsch nach Melilla. Die Niederlassungen von vier Grubengesellschaften, die sich in Enis befinden, sind geplündert worden. GnechenlanS. X Die Griechen bestreiten ihre Niederlage. Wie Havas aus Athen meldet, dementiert der Generalstab die türkische Nachricht von einer neuen Schlacht jenseits von Eski Schehir; er erklärt, dort hätten lediglich einige Plänke leien stattgefundcn. Das ist wahrscheinlich eine der be- rühntten Berichtigungen, welche die Sachlage so reizend verdunkeln. „Dort" haben nur einige Plänkeleien statt- gesunden — aber anderswo? Nordamerika. X Der Friede mit den Mittelmächten. „Chicago Tri bune" meldet aus Washington, Präsident Harding habe einigen Senatoren erklärt, daß der Friedensvertrag mit Deutschland rasch Gestalt annehme. Wahrscheinlich Werde er allerdings vor Dezember nicht im Senat einge bracht werden. Gleichzeitig soll mit der Ausarbeitung der Friedensverträge mit Üngarn und Österreich begonnen worden sein. Die formelle Friedensprokla- mation werde vermutlich bis zur völligen Fertigstellung des deutschen, des ungarischen und des österreichischen Friedensvertrages aufgeschoben werden. «tu» _zn- uno AuslanS. Berlin. Der Reichsminister der Justiz hat das außer- ordentliche Gericht in Halle a. d. S. aufgehoben. Damit ist die Tätigkeit der außerordentlichen Gerichte ganz beendet. Frankfurt. Die Franzosen arbeiten an dem völligen Um bau und der Modernisierung der drei Festungen Metz, Straß burg und Diedenhofen, die die Grundstützen des französischen Landcsverteidigungssystems bilden sollen. Paris. Der Oberste Rat kündigte an, daß die Alliierten die aus Grund des Versailler Vertrages ausgelieferten deut schen Schiffe Deutschland mit 20 Pfund Sterling pro Tonne gutschrciben würden. Da in amerikanischen Häfen 600 000 Tonnen deutscher Schiffe beschlagnahmt worden seien, würden die Vereinigten Staaten Deutschland ungefähr sechzig Millionen Dollar gutschreiben müssen. Paris. Der italienische Ministerpräsident Bonomi erklärte, es wäre ein großer Irrtum, die Verweisung der Oberschlesi- schen Frage an den Völkerbundsrat als Niederlage Frank reichs anzusehen. In dieser Frage gebe es weder Sieger noch Besiegte. London. „Observer" schreibt, so lange Deutschland auS dem Völkerbunde ausgeschlossen sei, sei die geistige Kraft des Bundes gleich Null. Krisis auf dem GeireOemarA. Der barirische Ministerpräsident an den Kanzler. Der bayerische Ministerpräsident Dr. v. Kahr richtete infolge der durch die Vorgänge auf dem Getreidemarkte geschaffenen bedrohlichen Lage ein Telegramm an den Reichskanzler, in dem erklärt wird, daß der Ge- treideaufkauf in Bayern infolge der Preistreiberei und der unbeschränkten Ausfuhr Formen angenommen habe, die nicht nur die Brotversorgung, sondern auch die öffentliche Sicherheit gfährdeten. Abhilfe sei nur durch die in s 42 der NeichsgetreideorÄnung dem Reichs ernährungsminister eingeräumten Befugnisse möglich, von denen Gebrauch zu machen nicht nur im dringendsten In teresse Bayerns, sondern auch des Reiches liege. Die Ab lehnung des darauf bezüglichen bayerischen Antrages durch das Reichsernährungsministerium bedauere er tief, auch wegerr der politischen Folgen. Er erbitte eine noch malige Prüfung und gefällige umgehende Mitteilung des Ergebnisses. Gleichzeitig wurde die bayerische Gesandt schaft in Berlin angewiesen, im Sinne des Antrages heim Reichskanzler mündlich vsrstellig zu weiche«. HLMgerpoliü? m Rußland. Schwere Anklagen gegen die Bolschc^-sten. Bei der Erörterung der Hilfsaktion für das hungernde Rußland ist von Anfang an betont worden, daß man mtt größter Sorgfalt darauf achten müsse, daß die Hslse auch wirklich den Notleidenden zugute komme und mcht von den kleinen Gruppen der bolschewistischen Machthaber zu