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DK „Weißerth. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 M. 28 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- statten, Postboten, sowie Vie Agenten nehmen Be stellungen an. WeWH-IeitM Amtsblatt Anserate, welche bei der bedeutenden Auslage de- Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Psa. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im revaktionelbm Theile, die Spaltenzeil« S0Pfg. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Irhnt in Dippoldiswalde. Nr. 36. Dienstag, den 24. März 1885. 51. Jahrgang. Der Plan eines staatsrechtlichen Vertrages zwischen Deutschland und Oesterreich. Es ist bekannt, welch' hoher Werth in den leiten den deutschen und österreichischen Kreisen auf ein dauerndes Bündniß der beiden Nachbarreiche gelegt wird und daß Fürst Bismarck bei wiederholten An lässen sich dahin geäußert hat, daß der böhmische Feld zug von 1866 nicht den Zweck gehabt hätte, Preußen und Oesterreich zu trennen, sondern nur jeden dieser Staaten auf eigene gesunde Füße zu stellen, um dann nebeneinander in Frieden und Freundschaft der Tradi tion der Väter entsprechend zu wirken. Man weiß, wie sich ganz den Worten des Fürsten Bismarck ent sprechend das Verhältniß Preußens, resp. des deutschen Reiches zu Oesterreich glücklich gestaltet hat; jeder Politiker in Berlin, Dresden, München, Wien und Budapest begreift aber, daß Deutschland und Oester reich nicht nur politisch, sondern auch wirthschastlich zusammen gehören und daß in dieser Beziehung beide Staaten einander immer näher gebracht werden müssen. Die Lücke, welche noch vorhanden ist, liegt nun aber nicht auf politischem, sondern auf wirthschaftlichem Ge biete und ist nunmehr die Idee einer Zollunion zwischen Deutschland und Oesterreich vom Fürsten Bismarck im deutschen Reichstage selbst angeregt worden. Fürst Bismarck geht an der Hand der Geschichte und Her kommen, die Deutschland und Oesterreich auf einander anweist, sogar so weit, den politischen und wirthschaft- lichen Bund beider Länder als ein beiderseitiges staat liches Grundgesetz, als eine Verordnung', zu der die deutschen und österreichischen Parlamente ihre Zu stimmung zu geben hätten, hinzustellen. Kein Zweifel kann darüber bestehen, daß man in Deutschland einer solchen Verordnung (pragmatischen Sanktion) bezüglich des Bündnisses mit Oesterreich-Ungarn offen und sreudig zustimmen würde. Anders liegen aber die Dinge in Oesterreich-Ungarn, wo noch gewaltige Hindernisse für die Aufrichtung eines pragmatischen Vertrages mit Deutschland bestehen. An den Deutschösterreichern liegt dieses Hinderniß allerdings nicht, denn diese nehmen dankbar jede Stütze an, die ihnen vom deut schen Reiche geboten wird, auch ist die einsichtige Partei, die jetzt in Ungarn am Ruder ist, einem engeren An schlüsse an Deutschland geneigt. Aber die Czechen, Polen und Slooenen Oesterreichs ziehen an einem ganz anderen Strange, und zudem ist die jetzige Föderativpolitik im Innern Oesterreichs ein gewaltiger Hemmschuh für eine weitere Annäherung zwischen Deutschland und Oesterreich. So rasch nun aber auch die czechischen, polnischen und slovenischen Bäume Oesterreichs in den letzten Jahren gewachsen sind, so können diese Parteien doch niemals das Ruder selbst in die Hand bekommen, sondern werden sich nur selbst in aussichtslosen Kämpfen bald mehr, bald weniger breit machen. Dann wird aber auch der Tag kommen, wo Deutschösterreicher wieder an Macht und Einfluß gewinnen und den gemeinnützigen Vertrag aus poli tischem und wirthschaftlichem Gebiete mit Deutschland durchsetzen werden. Jetzt mag Vielen diese Hoffnung allerdings noch sehr gering erscheinen; aber in den mächtigsten deutschen und österreich-ungarischen Kreisen wird deren Erfüllung begünstigt, wie neulich Fürst Bismarck's Worte im deutschen und vor einigen Monaten Graf Andraff'y Aeußerungen im ungarischen Reichstage bestätigt haben, und so kann der Umschwung sich rascher vollziehen, als Viele denken. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei uns ist der Geburts tag des Kaisers durch eine Reveille des Militär vereins, in den Mittagsstunden durch Musik auf dem Marktplatze, durch Fahnen und Flaggenschmuck und Abends durch ein Festmahl in „Stadt Dresden" ge feiert worden, bei welchem Hr. Bürgermeister Voigt den Toast auf Se. Maj. den Kaiser ausbrachte. — 22. März. Heute fand testamentsgemäß die Verloosung des diesjährigen Reinertrags der Stif tung des Amtschirurg David Kiebsch statt. Die Gesammteinnahme belief sich an Feldpachtgeldern auf 2399 M. 15 Pf. und 322 M. 2 Pf. Zinsen, also 272l M. 17 Pf., davon gingen ab für Staats- und Gemeindeabgaben rc. 339 M. 52 Pf., sowie Honorar für zwei hiesige Aerzte 300 M., Sa. 639 M. 52 Pf., so daß 2081 M. 65 Pf. zur Verloosung kamen. Die drei hiesigen Bürger- und Meisterstöchter, welche dies mal die Gewinne gezogen, waren Klara Emilie Mende, Bertha Louise Claus, Marie Martha Böhme, deren Gewinne im Betrage von je 693 M. 88 Pf. bis zu ihrer event. Verheirathung in hiesiger Spar kasse zinsbar angelegt worden sind. — Wir nehmen hier Gelegenheit, gleichzeitig eines lobenswerthen Aktes der Pietät zu gedenken, mit welcher kürzlich eine frühere glückliche Gewinnerin eines Stiftungsantheils am Vorabende ihres Hochzeitstages das Grab des Amtschirurg Kiebsch in dankbarer Erinnerung mit einem Kranze geschmückt hatte. Möchten sich doch hieran so manche Nutznießer hiesiger reich ausgestatteter Stiftungen, deren Gründer auf hiesigem Gottesacker ruhen, in Zukunft ein Beispiel nehmen. — 23. März. Den Neigen der Oster-Examina eröffnete gestern die Prüfung der Schüler der Er weiterten Fortbildungsschule. Herr Kaufmann Lincke prüfte in Buchhaltung, Herr Lehrer Eidner in Geo graphie, den durch die Kolonialpolitik jetzt besonders der Beachtung nahe gebrachten Erdtheil Afrika be handelnd; Hefte in Deutsch, Korrespondenz, Buchhal tung, Rechnen und Französisch lagen aus. Nach Be endigung der Prüfung richtete Hr. Schuldirektor Engel mann an die Schüler, besonders an die Abgehenden, herzliche Worte der Ermahnung, indem er, vom Kaisergeburtstage ausgehend, den Schülern ans Herz legte, an ihrem Theile dazu beizutragen, daß das deutsche Volk nicht nur in wissenschaftlicher und indi vidueller, sondern auch in moralischer Hinsicht groß und würdig dastehe. — Wir nehmen hierbei Gelegen heit, zum Besuch der in dieser Woche laut Bekannt machung stattfindenden Osterprüfungen in unserer Stadtschule aufzufordern. — Das gestern vom Männergesangverein „Lieder gruß" azls Dresden im Schießhaussaale veranstaltete und vön dem neuerdings sehr bekannt gewordenen Orgelvirtuosen, Herrn Hans Fährmann, geleitete Concert entsprach dem guten Rufe, welcher dem Verein vorausgegangen war. Die Chorlieder wurden frisch und frei nüancirt, mit trefflicher Aussprache und einem Anschluffe an den Dirigenten ausgeführt, wie man ihn nicht immer finden wird. Einer sehr leb haften Theilnahme erfreute sich Fräulein Jenny Pfennigwerth, welche sich nach jedem Auftreten, des donnernden Applauses halber, zu einer Zugabe ver anlaßt fand. Doppelt zu bedauern war, daß der vor handene Concertflügel sich zum Solovortrage unge eignet erwies; denn einestheis wurden wir dadurch verhindert, uns an den virtuosen Leistungen des Herrn Fährmann in vollem Maße zu erfreuen, anderntheils fehlte dem überhaupt ernst angelegten Programm die erwünschte Abwechselung. Der Besuch des Concerts war mittelmäßig; theilweise verschuldet von dem Stöber wetter, das auswärtigen Zuzug verhinderte, theils wohl begründet durch das zu Ehren Sr. Majestät des Kaisers stattfindende Abendessen. Dippoldiswalde, 22. März. Die hiesige frei willige Feuerwehr hielt am gestrigen Abende ihre diesjährige Generalversammlung ab, in der zwar nur Gegenstände innerer Vereinsangelegenheiten erledigt wurden, von denen aber doch mehrere von allgemeinem Interesse sind. Der Rechenschaftsbericht schloß mit einer Einnahme von 375 M. 8 Pf., einer Aus gabe von 229 M. 48 Pf. ab, so daß ein Kaffenbe stand von 145 M. 60 Pf. verbleibt. Das Vereins vermögen beziffert sich auf 982 M. 65 Pf., bei welcher Summe die Unterstützungskaffe mit 807 M. 30 Pf. betheiligt ist. Nach Anhören des Jahresberichts wurden die Wahlen für die Gewitterwach- und Landspritzen- Abtheilung vorgenommen. — Nach 14 jähriger auf opferungsreicher Dienstzeit hatte der Hauptmann des Korps, Herr Fabrikant C. B. Teicher, gesundshalber seine Stellung niedergelegt, und mußte das Korps deshalb eine Neuwahl vornehmen; die meisten Stimmen fielen auf den derzeitigen stellvertretenden Hauptmann, Herrn Kaufmann G. Reichel, an dessen Stelle sodann Herr Weißgerber Th. Müller gewählt ward. Die Neuwahl von 4 Ausschußmitgliedern beendete die Tagesordnung. Dem Jahresberichte entnehmen wir folgende No tizen. Im verflossenen Vereinsjahre (dasselbe beginnt mit dem 18. März) wurde das Corps zweimal allar- mirt, und zwar am 22. Mai, früh '/«I Uhr, da am unteren Pfortenberge (Lutherplatz) das Haus des Oel- händler Schauer und acht Tage darauf, am 30. Mai, als die Fabrik von Ed. Blende abbrannte; von 143 Mitgliedern waren 123 resp. 120 am Platze. Beim Brande einer Strohfeime am 20. Oktober fand eine Allarmirung nicht statt. — Die Landspritzen-Abthei- lung kam gar nicht in Thätigkeit, während die Ge witterwach - Abtheilung an 15 Tagen 20 Mal Dienst thun mußte, der einen Zeitraum von 16 Stunden 35 Min. in Anspruch nahm. — Der Besuch der Hebungen, deren 6 allgemeine und 2 Spezialübungen abgehalten wurden, schwankte bei den einzelnen Sek tionen zwischen 66,»« <>/« und 86,«« «/» und betrug beim gesammten Corps 74,» °/o, was gegen das Vor jahr einer Verschlechterung von 0,«> "/« gleichkommt. — Außer dem Stiftungsfest und einem Familienabend fanden 2 Generalversammlungen, 8 Ausschußsitzungen und 2 Kneipabende statt, in denen Berichte erstattet wurden. — Nachdem die Feuerwehr im Jahre 1877 den Beitritt zum Dresdner Bezirksfeuerwehr-Verband, der damaligen schlechten Verbindung mit der Residenz wegen, abgelehnt hatte, gab sie dieses Jahr den An stoß zur Grüflvung eines solchen Verbandes in der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, die auch am 25. Januar 1885, wie wir schon berichteten, vollzogen wurde. — Am Schluffe des vorigen Jahres zählte die Feuerwehr 135 Mann, von denen im Laufe des Jahres 12 Mann ausschieden, darunter einer, Schlei fer Thoms, durch den Tod und einer durch Ausschluß. Am Aufnahmetermin Ostern wurden aber 10 und an Michaelis 6 Mann ausgenommen, so daß das Corps z. Z. 139 Mann zählt. — Diese 139 Mann sind 4977 Jahr 3 Monate alt, durchschnittlich also jeder 35 Jahr 3 Monate 18'/-> Tag, gegen 37 Jahr 7 Monate 5Tag im Vorjahre und zwar ist das jüngste Mitglied 22 Jahr 1 Mon., das älteste aber 67 Jahr 10 Monate alt. Im Alter von 20 bis 25 Jahr sind 4, von 25 bis 30 sind 23, von von 30 bis 35 sind 27, von 35 bis 40 sind 32, von 40 bis 45 sind 30, von 45 bis 50 sind 12, von 50 bis 55 sind 7, von 60 bis 65 sind 3 und über 65 Jahr ist ein Mitglied alt. — Die Mannschaft dient zusammen 1133 Jahr 7 Monate, also durchschnittlich das Mit glied 8 Jahr 2 Monate. Unter 1 Jahr dienen 13 Mitglieder, von 1 bis 3 Jahr 14, von 3 bis 6 Jahr 24, von 6 bis 9 Jahr 28, von 9 bis 12 Jahr 16, von 12 bis 15 Jahr 45, von 15 bis 18 Jahr 18, 18 und 19 Jahr 3 und volle 20 Jahr, also seit Gründung an, 8 Mitglieder. — 32 Mann, oder 23 «/», waren Soldat. — Am 21. März Nachmittags wurde in einem zum Rittergut Berreuth gehörigen Bache ein dritter Fischotter, ein Männchen, gefangen.