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Dienstag, den 9. Oktober 1928 iveriaftsorli Dresden »ln-eiftrnvrrüe, Die Iqeivaiieue Pelttzelle U<» «. Familien- „neigen u.Sic«enuein«e »«q. Die Petiiretiame,eile. Nmm breit I Für A,„eigen mcherbalb de« Verbreiiuugsgebieies ^ 0 ^ die PeiiireName,eiie I.»N^.Ofkertenaeb.»«» <! Im Falls dvkerer Gewaii eriiichi ,ede Vervilichiung auf Lieferung ioivie Eriülluug v. Anzeigen. Auilrügen u. Leiiinng v. Schadenersatz. «Seichüiiiich», Teil Artur Len,. Dresden Nummer 23 l — 27. Jahrgang Iiichenu emai wüchenti. mii den illuiir. Nraüsbeiiagen ,D>e Veii' und .Für »uiere ileine» Leute' iowie den reribcllage» ,Li. Beune.Biaii'. .Uuterhaltung und Wissen'. .Die Weil der tz'gu' .Aerzilicher Ratgeber' Das gute Buch' .FUmrunt» tchan'. Manatlicher vezugtzveetS S Mi. einschs. Bestellgeld, Iin,«I»ummcr IN « Sonnabend ».Sonntagnummer SV g. k'aubüchritiieiter: De. k>. DeSeztik. Dresden. GeichiiitSstelle, Druck ».Verla«! Germania.A^A. iür Verlag und Druckerei, Filiale Dresden. Dresden-A. 1. Volieriiras-el7. FernrnislRL PoMchecktontoDresden naa Vautton'o rtadtban» Dresden Nr «171« Für christliche Politik und Kultur Vtedaktlon der Sächsischen VottSzettung Dresden-AUsiadi 1 Polierstraße 17. Fernrin Ä7l> und 21012. Einer hält einen Vortrag gegen den Tolles Slückleln der Kommunisten Am Sonnabend abend sollte im Berliner Rundfunk der Re dakteur des „Vorwärts", Wolfgang Schwarz, einen Vortrag tlber Probleme der Friedcnssicherung halten. An seiner Stelle rrfchien jedoch ein Unbekannter, der einen Vortrag Uber das kommunistische Volksbegehren hielt. Der kommunistische Redner soll nach einer Mitteilung der „Roten Fahne" der Landtags- abgcordnete Schulz sein. Der Sozialdemokratische Pressedienst meldet über den Vor fall: „Zm Berliner Rundfunk sollte laut Programm und Ver einbarung am Sonnabend abend in der 8. Stunde der Vor- wnrtsredakteur Wolfgang Schwarz einen Vortrag über Friedens sicherung halten. Zahlreiche Berliner Rundfunkhörer waren grenzenlos erstaunt, als dieser Vortrag nach wenigen einleiten den Worten sich als eine Propagandarede für das kommunistische Volksbegehren und als eine Agitationsrede gegen die Sozial demokratie und für Sowjetunion erwies. Es ist bisher unauf geklärt, wie die mit der Ueberwachung der Vorträge beauftrag ten Beamten des Berliner Rundfunks, denen doch das Manu skript jedes Vortrages vorliegt, diesen Mißbrauch zulassen konn ten. Die Sache selbst hat folgende Aufklärung gefunden. Am Sonnabend abend um N7 Uhr wurde Schwarz unter der Firma der Funkstunde angerufen. Cs wurde ihm gesagt, es sei ein Auto der Funkstunde gerade in der Nähe seiner Wohnung und würde ihn abholen. Das Auto kam pünktlich, Schwarz stieg ein. Im Auto saßen drei Männer, von denen der eine das Aussehen eines Arbeiters hatte, während die beiden anderen Intellektuelle zu sein schienen. Sie unterhielten sich mit Schwarz über Rund funk usw. Das Auto schlug zunächst die Richtung zum Pots damer Platz, also zur Sendestation ein, fuhr jedoch alsbald in raschem Tempo weiter. Als Schwarz das bemerkte, zogen die drei Revolver und erklärten ihm, daß ihm nichts geschehen würde, daß sie aber bei dem geringsten Widerstand von der Wafse Gebrauch machen müßten. Sie erklärten weiter, daß sie Kommunisten seien und er entführt worden sei, damit an Stelle seines Vortrages eine kommunistische Propagandarede gehalten werden könne. Das Auto setzte ihn dann nach Xstündiger Fahrt aus der Landstraße in der Nähe einer Ortschaft ab. Diese Ort schaft erwies sich, als Schwarz sie erreicht hatte, als Erotz-Zieten im Kreise Teltow. Schwarz ist unverletzt. Er rief abends gegen 8iil Uhr die Vorwärtsredaktion an und berichtete über den Vor fall. An Stelle von Schwarz war in der Sendestelle ein Mann erschienen, der sich für Wolfgang Schwarz ausgab. Er konnte ungehindert seinen Vortrag halten. Als man ihm nach Schluß feines Vortrages wie üblich die Honorarquittung vorlegte, lehnte er die Unterzeichnung mit der Begründung ab, er sei nicht Wolf- gang Schwarz, sondern habe einen kommunistischen Vortrag halten wollen. Das sei ihm gelungen, und damit verabschiedete er sich." Von der Redaktion der „Roten Fahne" wird zu dem Vor fall in der Funkstunde u. a. mitgeteilt: „Nachdem die kommunistische Partei Deutschlands im Gegensatz zu anderen Parteien von der Benutzung des Rund- Panzerkreuzer — man rveitz nicht wer sunks ausgeschlossen ist, und infolgedessen keine Möglichkeit hatte, den Sender des Rundfunks zur Erläuterung des Volks begehrens gegen den Panzerkreuzerbau zu benutzen, beschlossen einige Kommunisten sich auf andere Weise den Zutritt zum Sen der zu verschaffen, indem sie einen Redner des Rundfunks aus Berlin entfernten und an seiner Stelle den Generalsekretär des Reichskomitees für das Volksbegehren, Lantagsabgoordneten Schulz, Neukölln, sprechen liechen. Ihre Wahl fiel hierbei auf den Redakteur Wolfgang Schwarz. Schwarz wurde am Tags vor seinem Vortrage von einer angeblichen Photoagentur an gerufen, die ihn aus Anlaß seines Vortrages um Ueberlassung eines Bildes und einiger Zeilen bat, worauf Schwarz bereit willigst einging. Ebenso bereitwilligst nahm er am Abend dieses Vortrages ein angeblich von der Funkgesellschaft ausgehendes Angebot an, ihn zu seinem Vortrag per Auto abzuholen. Das Auto fuhr Schwarz jedoch in die dunkle Nacht hinaus und nicht zum Voxhaus, während der Generalsekretär des Reichskomitees für das Volksbegehren gegen den Panzerkreuzerbau, Landtags abgeordneter Schulz, Neukölln, an seiner Stelle ungestört seine Rede hielt. >» Zn dieser Erklärung der „Roten Fahne", zwischen deren Zeilen man deutlich die triumphierende Freude über die gelungene Mystifikation des Rundfunks lesen kann, wird also offen zugegeben, dag das Unternehmen von Stellen der Partei planmäßig vorbereitet wurde. Daß die Komunisten, die ja schon lange um Geltung im Rundfunk kämpfen, um dort ihre Propagandareden vor einem größeren Kreise abladen zu können, diesen Gewalt« streich versuchten, ist weiter nicht verwunderlich. Ber- wunderlich bleibt lediglich, daß der Versuch einen so durch schlagenden Erfolg haben konnte. Möglich ist dies einzig und allein dadurch geworden, daß der kleberwachungsdienst, der sonst bei der Funkstunde in Tätigkeit ist, ganz und gar nicht geklappt hat. Die 'Funkstunde erklärt, daß sie selbst verständlich Vorkehrungen getroffen habe, daß ein ähnlicher Mißbrauch des Rundfunks in Zukunft unter allen Um. ständen verhindert werde. Beschämend bleibt aber doch die Tatsache, daß ein solcher Mißbrauch überhaupt Vor kommen konnte. Nach der Erklärung der Funkstunde ist der mit der Ueberwachung des Vortrages betraute Beamte durch telephonische Rückfragen verhindert worden, den Vortrag abzuhorchen. Er ist solange Zeit verhindert worden, dag die kommunistische Werberede bis zum letzten Tüpfelchen gehalten werden konnte. Unverständlich ist, daß bei politischen Vorträgen oder solchen, bei denen die Mög lichkeit besteht, daß das politische Gebiet gestreift wird, nicht unterallen Umständen ein Ueberwachungsbeamter freigemacht wird, der die Möglichkeit hat, bei groben Ab weichungen von dem Manuskript des Vortrages und bei schweren politischen Entgleisungen einzugrcifen. Die Lässig keit der Funkstunde hat dem kommunistischen Handstreich erfolgreich in die Hände gearbeitet. Sie hat sich das Ge lächter. das sich erheben wird, selbst zuzuschreiben und darf sich rühmen, der Welt das Schauspiel einer neuen Köpenickiade, die sich würdig den vorher erlebten anschließt, gegeben zu haben. Tagung des Relchsparlelvorstauds Der Rrichsparteioorstaich de» Zentrum» trat am Sonn« übend unter dem Vorsitz von Reichskanzler a. D. Marz zu «intr Sitzung zusammen, die in der Hauptsache der Erörterung imn,politischer Fragen gewidmet war. An den Verhandlungen nahmen auch Vertreter aus Preußen, «. a. die Minister Steiger, Kirtsiefer, der Abgeordnete Hetz sowie eine Reihe andere» Mitglieder der preußischen Zentrnmssraktion teil. Beschlüsse wurden nicht gefaßt, vielmehr wurde di« Fort setzung der Aussprache auf Sonntag früh pertagt, Bei Schluß der Sonntag-Sitzung wurde folgendes Kommu« niquö ausgegeben: „In zweitägiger Aussprache hat der Reichs- parteivorstanü des Zentrums sich mit der Frage der deutschen Politik und den besonderen Zielen der Zentrumspartei be schäftigt. lieber die grundsätzliche Haltung der Partei zu den nächsten außenpolitischen Ausgaben herrschte Ueberein- stimmung. Die Weg« der Zentrumspartei sind hier durch Pro gramm, Ueberlieferung und Verantwortungsbcwuhtsein gegen Volk und Volksstaat vorgezeichnet. In diesem Sinne wird sie an die Lösung der bevorstehenden politisch-parlamentarischen Albeiten Herangehen. : i. Die Aussprache über die Innere Lage der Partei und ihr« Organisation soll aus dem Parteitag fortgesetzt werden, der am 8. und S. Dezember in Düsseldorf stattsinden wird. Dem Parteitag voraus geht eine Sitzung des Partelaus schusses und am S. Dezember eine Sitzung des Parteivorstandes. Württemberg, Laven unv Hessen verhandeln Karlsruhe, 6. Oktober. Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, haben sich di« Landesregierungen von Württemberg, Baden und Hessen in den letzten Wochen über die Frage der Aufhebung der Enklaven, Exklaven und Kondominate auf dem Wege freier Vereinbarung dahingehend verständigt, daß die Innenministerien der drei Länder mit der Ausnahme von Verhandlungen beauftragt wur den. Diese Verhandlungen werden sich mit dem Austausch von Gebietsteilen zu beschäftigen haben. Es handelt sich u. a. um die hessische Stadt Wimpfen mit drei in Baden ge legenen Höfen und um die zu Württemberg gehörige Burgfeste Hohentwiel bet Siegen. Inwieweit es möglich ist, bei den dem nächst beginnenden Verhandlungen von Vertretern der drei Län der zu einer Verständigung zu kommen, läßt sich zur Zeit noch nicht übersehen. . r Sr. Schachks Wiederwahl Der Reichspräsident hat gestern auf Grund der vor einigen Tagen erfolgten Wiederwahl des Eeneralrats der Neichsbank den bisherigen Präsidenten des Neichsbank- direktoriums, D r. Hjalmar Schacht, auf die Lauer von vier Jahren wiederernannt. Die Einstimmigkeit der Wiederwahl im Generalrat der Reichsbank, der sich bekannt lich aus sieben ausländischen und sechs deutschen Mitgliedern zusammensetzt, ist, wenn man die seiner ersten Nominierung vorausgegangenen Erörterungen in Betracht zieht, ebenso bemerkenswert, wie die ruhige und gelassene Selbst verständlichkeit, mit der die öffentliche Meinung das Er eignis ausgenommen hat. Hat doch noch vor wenigen Monaten die Politik des Reichsbankpräsidenten im Mittel punkt heftigster Kritik und erregter Diskussionen gestanden, die sich nicht nur auf die Presse be schränkten, sondern vor allem auch den Gegensatz zwischen den Anschaungen Dr. Schachts und denen des Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius und des jetzigen Reichsfinanzministers Dr. Hilferding deutlich in Er- scheinung treten ließen. Trotz dieser Gegensätze war die Bestätigung der Wahl durch den Reichspräsidenten, die bekanntlich auch der Eegeirzeichnung durch das Reichs kabinett, d. h. durch den Reichskanzler, bedurfte, nicht einen Augenblick zweifelhaft. Denn bei aller sachlichen Gegner schaft, die auch heute noch da und dort gegen Dr. Schacht bestehen mag, haben seine Fähigkeiten und Vorzüge doch immer die gebührende Anerkennung gefunden. Seins Tat kraft und Energie haben ihm die Durchführung schwierigster Aufgaben ermöglicht. Sein gewinnendes Wesen und sein« Gewandtheit in der Führung persönlicher Verhandlungen haben ihm den Weg in der internationalen Finanzwelt geebnet. Aus der anderen Seite ist Dr. Schacht kein Mann- der sich leicht beeinflussen läßt und der Kompromissen zu gänglich wäre. Darin liegt aber auch seine Schwäche und die Ursache für den ihm von gegnerischer Seite oft ge machte Vorwurf, als trage er sich mit Diktaturgelüsten. Dr. Schachts Verdienste um die Wiederherstel lung der deutschen Währung stehen fest und konnten auch durch den theoretischen Streit um die Vater schaft der Rentenmark kaum beeinträchtigt werden. Sein Eingreifen in die deutsche Währungspolitik wird auch in späteren Zeiten dann anerkennende Würdigung finden, wenn man sich der wahnsinnigen Zeiten erinnert, wo 133 Druckereien mit 1783 Druckpressen und mehr als dreißig Papierfabriken Tag und Nacht beschäftigt waren, um den eBdarf der Reichsbank an Banknoten zu decken. Wir erkennen diese Verdienste um so lieber an, als wir uns nie davor gescheut haben, auf di« Fehler der Politik des Reichsbankpräsidenten hinzu, weisen. Der Strxrit um die Ausländs anleihen kann heute als stillschweigend bei gelegt betrachtet werden. Wenn man nach dem Abschluß des Kampfes das Fazit ziehen will, so muß-man sagen, daß die Entwicklung in diesem Punkte den Gegnern Schachts recht gegeben hat. Man weist zwar vielfach auf die in den letzten Monaten zutage getretene Einschränkung des aus ländischen Kapitalmarktes für deutsche Emissionen hin, di« ohnedies der Aufnahme von Ausländsanleihen eine natür liche Grenze setzt. Man darf dabei aber nicht außer acht lassen, daß an die Stelle der direkten mehr und mehr indirekte Ausländsanleihen getreten sind, indem di« Stücke der Inlandsanleihen zum großen Teil ins Ausland gehen, das uns auf diesem kleinen Umwege das Kapital zu weniger vorteilhaften Bedingungen zur Verfügung stellt. Dazu kommt das Anwachsen der kurzfristigen Kapitalversorguna auf dem Auslandsmarkt. Hier mutz außer den ungünstigeren Aufnahmebedingungen auch dis Tatsache berücksichtigt werden, daß die Vermehrung der schwebenden Schulden unserer Bolkswirtschaft auf die Dauer die Stellung Deutschlands im internationalen Finanz verkehr wesentlich erschweren und nicht zuletzt auch di« Situation des Reiches bei internationalen Verhandlungen belasten muß. Solche internationale Verhandlungen stehen in der nächsten Zeit bevor. Es handelt sich um das schwer wiegendste Problem der deutschen Politik, um die Revision des Dawesplanes. Die Tatsache, daß die Neichsbank selbst sozusagen ihr eigenes Dawesproblem hat, das dringend einer Lösung bedarf, sei in diesem Zusammen hang nur nebenbei gestreift. Die Reichsbank, deren Ver fassung bekanntlich im Dawesplan festgelogt Ist, wird durch dessen Bestimmungen zu einer übertriebenen Thesaurierung gezwungen, was dazu führt, daß der Nefcrvefond das Aktienkapital bereits um ein Mehrfaches übersteigt, und daß die Reichsbankanteile infolge ihrer hohen Dividend« mehr und mehr in ausländischen Besitz übergehen. Diese Situation des zentralen Noteninstituts steht in einem grotesken Gegensatz zu den finanziellen Nöten des Reiches. Aber auib abgesehen von dieser Nebenfrage wird der Reichs bankpräsident bei den künftigen Reparationsverhandlungen eine Rolle spielen, auch dann, wenn er nicht mit deren Leitung auf deutscher Seite betraut werden sollte. Rückt doch das Reparationsproblem mehr und mehr aus der Sphär« der Politik in die der internationalen Finanz-