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Dresdner Journal : 04.09.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189309044
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930904
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930904
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-09
- Tag 1893-09-04
-
Monat
1893-09
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 04.09.1893
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^205. Montag, den 4. September, abends. 1893. Mir Vrees»» vi»St»zj»L^iod » Nrrtc di kL, d«t a« l»i»»rl. ctootsckso k»»t»»»t»lt»» ri»rt»t- Mkrliok e Sl»rtl; »u«eri»»Ib 6« s«ut«d«» 8»icd»» tritt kort- aas 8te«p»l»u»edl»« bi»»». Liooolo« Uummer», 1V kl. »»»>»4l»»»,»r»d»dee»t Mir 6« L»ai» eioor ^«poltroeL !«!» dlamee 8ot»ritt »0 kk. Ooter ^üi»^«»o«tt ' «ii« 2«l« 80 kL v« lodolio»- u»<l LiNvrorLt- oot»pr. ituk»ot»i»G. ^r»«t»«i»o»r ^AEUol» mit XararNmo <1or 8c »o- u k«i»rt»i0 rttootir. k«rll»pr»ctt - ^o»cklu„, Ur. 1288. DreMerIoumal. Für die GeiamUettang veranttvortlich: ^ofrat Otto Banck, Professor der Literatur- und Kunstgeschichte. L»»aü«» ec» L»NN,ai»«»re» »»,»Lrt», Lrt^i»! F>. Lra»a«t«tt«r, r<»«E»«l0oLr <is« Vrv»sa«r 1oura»I», L»»t«r» >»rll» Btt«» UtprtU »»„l vr—l»» 8r»»t»ue ». ».: Laarenrtrii <0 ko-ier, >»rU» «t»»-«»»d»rU- kr»U l^tp»t, .»r»»k»u-» ». ». L»«t. .Vo«,«»' k»rt» !»»<«» lortto -rrooklarl ». N.-It«U»»rt: Ds-t» 6o , IrrUs! : L»,«t Labal8/ t,'. Lota«t«r, Noll» ». ».i /. Loret «t 6». U«r»o»rederr MSoigl. Lrpoäitioo sei vreiäosr ^ooraol». vroräea, 2»in^er»tr. 2*. k«rv,pr»cti -itii»cklu»»: Ur. 1288. Amtlicher Teil. Dresden, 4. September. Se. Majestät der König find am 2. September abends 8 Uhr 54 Min. und Ge königliche Hoheit der Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, gestern Bormitlag 8 Uhr 42 Min. nach Metz gereist Das Königliche Sommer-Hoflager zu Pillnitz ist am heutigen Tage aufgehoben worden. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Rittergutsbesitzer Johann Gecrg von Ponickau »ll Dresden, nachdem er von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen zum Ehrenritter der Valley Brandenburg de» JohanniterordenS ernannt worden, die Insignien dieses Ordens annehme und trage. Dresden, 1. September. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und König von Preußen zum Ehrenritter des Johanniter- Orden» ernannte Geheime Hofrath Richard von Bau mann die mit diesem Orden verbundenen Insignien an lege. Wekanntrnachung, die Verbrennung Königl. Cächs. Staatspapiere betreffend. Die von der vormaligen AlbertSbahn-Gesellschaft und nach dem Uebergange der Albertsdahn auf den Staat von der StaatSschuldenkasse nach Ausweis der abgelegten und vcn der Ständeversammlunq für richtig anerkannten Rechnungen bis mit dem Jahre 1886 eingelösten 14966 Schuldscheine der 4H H Prioritätsanleihen l.it. A, li, 6 und v der vormaligen AlbertS- bahn-Gesellschaft imNennwerthe von 4489800 Mark sammt Zubehör, ingleichen die in den Terminen 30. September und 31. Dezember 1891, 31. März, 30. Juni, 30. Sep tember und 31. Dezember 1892, sowie 31. März und 30. Juni 1893 in Staatsschuldbuchforderungen um- gewandelten SmatSschuldverschreibungen über 3prozentige jähr liche Renten im Nennwerthe von 7083300 Mark sammt Zubehör, sowie eine Anzahl eingetauschter oder sonst werthloS ge wordener Wertpapiere sollen am S. S'ptember diese» Jahre», vormittags von 10 Uhr an, in dem Grundstücke Fabrikstraße Nr. 4 hierselbst ver brannt werden. Jedermann, soweit der Raum dies zuläßt, darf der Verbrennung beiwohnen. Dresden, den 1. September 1893. per laudtagiElchiiß t» Vcrwaltovg scr Ataatrscholdk». Bönisch. Nichtamtlicher Teil. Hetegraphische und tetepyonische Vachrichlen. Metz, 4. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Bürgermeister giebt mittelst Maveranlchläge der Bevölkerung die Freude und den Dank Sr. Majestät de» Kaiser» für den so schönen und herzlichen Empfang kund. Metz, 4 September. (Tel d TreSdn. Journ.) Zweihuntert hier beschäftigte italienische Arbeiter überreizten heute früh vor der Ausfahrt zur Kunst und Wissenschaft. Lady Sibylle. Erzählung von E Schroeder. « (Fortsetzung.) „Wenn Sie mich nur nicht für einen Gewissen- losen hallen, der freventlich mit Menschenleben spielt?" „O gewiß nicht", rief sie au», „ich halte Sie für einen Mann von ungemein starkem Selbstvertrauen und — und — ja, ich weiß rS selber noch nicht recht!" „Wollen Sie über den wichtigen Punkt nach denken', lachte er „und mir Bescheid geben, wenn wir uns auf dieser Erdrnkugel zum zweiten Mal be- gegnen?" Sie antwortete nicht. Sie blickte ein bißchen überrascht, daß er nun den Hut zog, ein bißchen, al» begreife sie nicht, daß es so plötzlich zum Abschied- nehmen kommen sollte. „Auf Wiedersehen also, mein Fräulein!" „Leben Sie wohl, mein Herr!" Sein Ton war scherzhaft, der ihre ernst. Er wandte sich um, winkte den Kindern, die in Ler Ferne zwischen den Giusterbüschen Versteck spielten mit der Hand einen letzten Gruß und schritt an der Bergkante entlang in derselben Richtung, die er vor hin eingehalten hatte. 4. Kapitel. Nach ungefähr hundert Schritten gab es ein hölzerne» Thor zu überschreiten. Indem er e» that, Heerschau de« Prinzen von Neapel unter Ent faltung einer italieuischen Kahne eine Ldrefse. Der Prinz »urde mit stürmischen Evvivarufen begrüßt. Nordhausen, 4. September (Tel. d. Dresdn. Journ.) De« „Nordhausener Courier" zufolge ist die Kürsti« Auguste von Stolberg-Stolberg beute früh 14 6 Uhr iu Norderney sanft ent schlafen. Pari», 4. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Anläßlich der Stichwahlen herrschte gestern leb hafte Bewegung vor den hiesigen Wahllokale«. Abend» fanden groß« Maffenavsammluvgen vor den Zeituag»redaktionen statt. Die Nachricht von der Niederlage Aloquet» wurde mit Jabel aus genommen. Außer durchaus brdeutu»g»l»seu Kundgebungen vor dem Stadthause und einigen Znsammeurottuvgea ist der Tag ohne jede« Zwischenfall »erlaufen. BiS 2 Ubr morgens find 152 Resultate der Stichwahlen b-kannt geworden. ES wurden ge wählt: 132 Republikaner, v Konservative und 11 Ralliierte; drei Wahlkreise stehen noch aut. —- In Draguignan wurde Jourdan gegen Clemen ceau, ia Pari» der Sozialist Kaberort gegen Klo- qurt gewählt. Dre»dea, 4. September. Zum Schluß der Homeruleberatung im eng- lischen Unterhause. Am Freitag ist die Erörterung über die Home- rulebill rm Unterhause geschlossen worden. Dabei fielen von seiten ter leitenden Redner beider Parteien zwei Aussprüche, welche den Gesetzentwurf und dessen Wirkung kurz und scharf kennzeichnen. Balfour, der Vormann der Unionisten, sagte, die Opposition fei über da- Ergebnis der Debatten befriedigt, eS sei ihr gelungen, die Bill lebensunfähig zu machen; in der Form, in der sie vom Unterhause angenommen wor den, könne und werde sie niemals Gesetzeskraft er langen, niemals werde die englische Nation diese Bill gutheißen. Es wird eine Zeit kommen — und da Gladstone sich vor Umlauf eines Jahres zur Auflösung deS Parlamentes, zur Berufung an da- Land ent schließen muß, liegt sie nicht mehr allzu fern — in der auf Grundlage von Balfours in feindseliger Form abgegebenen Erklärung Versuche gemacht werdeu dürf ten, die Homerule unter ander, n Bedingungen, in einer anderen Ausgestaltung, mit welcher vielleicht auch die Unionisten sich einverstanden erklären könnten, von neuem auf die Tagesordnung zu bringen. Denn daß fortan, auch wen» die Gladstonesche Houu- rulebill vom Oberhause verworfen wird und wenn, sei eS binnen wenigen Monaten, sei es nach einer wiederholten Turchpeitschung der Vor lage in der nächsten Tagung deS Unterhauses und abermaliger Ablehnung derselben durch die Lords, sie bei den dann folgenden Parlamentswahlen eben falls eine Niederlage erleidet, wenn die Unionisten und TorieS mit einer stattlichen Mehrheit bei diesen Neu wahlen siegen söllten, die Homerule niemals nuhr von der Bildfläche verschwinden wird, darüber kann sich niemand täuschen. John Morley, der Führer der Gegenpartei, hat in seiner beredten Antwort auf Bal fours Angriff die Sachlage richtig gekennzeichnet, indem er sagte, „die Annahme der Vorlage durch das Unter haus bilde eine Anerkennung der nationalen Forder ungen Irlands, die, was auch daS Schicksal der Bill sein möge, niemals auSgelöscht werden könne." In gleichem Sinne haben sich die Führer der Iren aus gesprochen. Sic erblicken nicht im Inhalte der Bill, rn den Zugeständnissen, welche diese und jene Partie derselben an Irland macht, den Hauptwert der Vor flog sein Auge zurück und begegnete dem ihren, daS ihm still und ernst gefolgt war. Er lüstete noch ein mal den Hut, sie neigte kaum merklich das Haupt und rief dann den Kindern. So wie er sie mit diesem letzten Blicke gesehen, schwebte sie nun im Weiterwanderu feinem Geiste vor. Von dem Hellen Horizont hob sich ihre dunkle Gestalt, schlank und edel in jeder Linie, soviel auch der un graziöse Anzug that. das Urteil irreznführen. Unter dem entstellenden Hutdeckel, der Stirn und Haare ver barg, schimmerte daS blasse, schmale Oval des Antlitzes — daS vielleicht schön war. Er mußte lachen. ES kam in seiner Praxis sonst nicht vor, daß er sich eine volle halbe Stunde mit einer Dame unterhielt, ohne sich ganz klar darüber zu werden, ob sie schön oder häßlich sei. Der Grund in diesem Falle war die starre Maske deS Hochmutes gewesen, die ihn von ihrem Gesichte zuruckgestoßen hatte, um sein spöttisches Jnteresfk auf ihren Charakter zu lenken. Im Grunde verdiente ihr Charakter übrigen» keinen Spott. Mehr Sanftmut und Geduld wie sie (im Ver kehre mit den kleinen Plagegeistern) konnte man gar nicht an den Tag legen. Offen und ehrlich war sie auch, wenigsten» wenn der Stolz au» ihr sprach, der edle Stolz, der kein unverdieute» Lob einsteckte. „Sie halten mich doch nicht für mutig? Mein Herr, ich habe gebebt und gezittert u. f. w." Wenn der Hoch mut da» Wort hatte, so klang es freilich ander», denn der hatte ja einen leeren Geldbeutel zu ver stecken. „Gesetzt den Fall — nur gesetzt den Fall — daß ich gezwungen wäre, mir meinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen —." Arme Seele, wie verräterisch läge; ihnen war eS vor allem darum zu thun, endlich einmal durch einen ParlamentSokt die Selbständigkeit» ansprüche der grünen Insel im Grundsatz anerkannt zu sehen. Drllon erklärte, die irische Partei und daS irische Volk sehen die Vorlage als Irlands große FreiheitSurkunde an Erlangt die selbe auch nicht jetzt Gesetzeskraft, kann sie über haupt niemals in der Fassung durchdringen, wie sie Gladstone und seine Gehilfen gebildet haben, wird sie doch als eine feierliche Verheißung angesehen werden, welche binnen einer nicht zu fernen Zeit in irgend einer Form eingelöst werden muß. Niemals, bis dies geschehen, werden die Iren erlahmen, die Verwirklich ung einer so feierlich ihnen gemachten Zusage zu be- trerben. Daß ihnen hierfür gar viele Mittel zu Ge bote stehen, daß sie imstande sind, daS englische Par lament beinahe lahmzulegen, wenn eS auf ihre An- fvrderungen nicht eingeht, daß sie als Gluder der Mehrheit dieser ihren Willen aufnötigen, in der Oppo- sitton durch ibren hartnäckigen Widerstand die StaatS- maschine in Verwirrung, zu bringen, daS haben sie seit langen Jahren während j-der Tagung zu beweisen vermocht. Eine solche Partei erhält durch die einmal erfolgte feierliche Anerkennung ihrer Forderungen, durch eine parlamentarische Mehrheit eine nachhaltige Kraft, welche sie niemals aus ihren nationalen Postu laten geschöpft hätte, so lange dieselben nur in der Luft schwebten. Gladstone, sagt die (alte) „Presse" in einer hier berücksichtigten Auslassung sehr richtig, hat mit seiner Homerulevorlage der irischen Partei ein festes, unverrückbares Programm gegeben, das ihr früher bei den ewigen Zänkereien in ihrer Milte gefehlt hat, das ihr insbesondere seit Parnells Rücktritt urd Tod volle, ds unter den Händen zu zer rinnen mfing Ein naheliegendes Beispiel verdeut licht diese Sachlage besser als eine spaltenlange Aus einandersetzung. Bisher ist das böhmische Staat-recht ein unbestimmtes Nedelgebilde, das zu definieren die scharfsinnigsten tschechischen Politiker nicht in der Lage sind. Setzen wir nun den Fall, im Wiener Abgeord- netenhause käme einmal eine föderalistische Mehrheit zur Herrschaft und ein leitender Minister nach ihrem Sinne würde eine Staatsrechisvorlage einbringen, daS Abgeordnetenhaus dieselbe annrhmei', im weiteren Ver laufe der parlamentarischen Verhandlung aber die Vor lage und ihre Träger in der Regierung eine Nieder lage erleiden und in den Hintergrund zurücktreten müssen. Ungeachtet diese» schließlichen Durchfalles hätten fortan die Tschechen doch ihr StaatSrecht for muliert und sie würden nie mehr verstummen, auf diese verunglückte Vorlage als die Grundlage jeder er neuten VerständigungLaktion sich zu berufen. Die Iren werden es fernerhin fo mit der Glad- stonefchen Bill halten, was auch immer die nächsten Monate bringen mögen Daß auch sie die Bill nicht für ein vollkommenes Werk halten, haben sie wieder holt erklärt; sie betrachteten von vornherein dieselbe nur als eine Art Abschlagszahlung, waren aber klug genug, eine solche nicht zurückzuweisen. Ihnen ist das Maß der Selbstverwaltung, daS die Bill zugesteht, noch ein zu geringes; ihre jetzt hochgesteigerten Ansprüche zu befriedigen, würde derzeit keine englische Regierung in der Lage sein, hätte sie auch eine noch radikalere Ge folgschaft als Gladstone und noch entschlossenere Mit glieder als es seine Amtsgenosfen dieser einen Frage gegenüber sind. Vielleicht wird einmal eine Zeit kommen, in der sich die Iren auch mit einer geringeren Anzahlung ü conto ihrer Zukunftswünsche begnügen, und wird vielleicht dann auch innerhalb der unionisti- schen Reichspartei ein Staatsmann erstehen, der eine befiele Lösung zu finden weiß, als sie von Gladstone vorgeschlagen wurde. In seiner großen Rede am letzten Mittwoch hat der Premier alle nur möglichen histori schen Beispiele angeführt, um die Unschädlichkeit seiner ihr daS Äuge gestrahlt hatte, als die Antwort günstig ausgefallen! Nun ging sie hin und — erteilte keinen Malunterricht, das vertrug sich ja mit dem Bodies«« odliflc nicht — aber sie verkaufte höchstwahrscheinlich ihr Bildchen aronym und durch verschwiegene Mittels personen. Leider war vorauSzuseh^n, daß ihr bei so verstecktem Handeln nach und nach die schöne Wahr haftigkeit verloren ging und — Doch das blieb der Zukunft überlassen. Vorder hand war ihr Streben, den Familiensückel zu füllen, redlich und sie ein gutes Mädchen, wenn auch kein Mädchen nach seinem Sinn. Ihm war an einem Weibe ein bißchen Heiterkeit erwünscht, ja — wenn er sich in diskreten Schranken hielt — war ihm so-* gar rin bißchen Übermut willkommen Fräulein Sibylle mit ihrem unerschütterlichen Ernst, ihrer wUtüberlegrnen Ruhe — eine langweiligere Gesell schaft konnte man sich auf die Dauer nicht denken Und dann — daß ihr die Eitelkeit fo gar nichts zu sagen halte! Die allergrößte Armut bedingte doch nicht, daß man sich wie eine Vogelscheuche kleidete. Bei alledem, sie war ein gutes Mädchen — ja, da- war sie! Sie hatte so reine Augen, es war ein Vergnügen, recht tief hineinzusehen — wenn sie nur nicht ihrerseits auch gern tief geblickt hätten, so recht, als wollten sie einem auf dem Grunde der Seele lesen. DaS konnte einem armen Sünder unbequem werden Waldstedt war in diese Betrachtungen versunken eine Zeitlang, immer daS Meer tief unter sich zu seiner Linken, an der Bergkette hingeschritten Hier und da hotte er ein Thor zu übersteigen gehabt, abwechselnd durch Felder und grüne Wiesen war er gewandert und Homerule darzuthun. Bei der Verfassung der Bill hat er aber nicht bewiesen, daß er diese Exempel genau studiert und sich au» denselben die richtige Orien tierung geholt hat Er erwähnte unter anderem auch Österreich Ungarn, wo seiner Ansicht nach Präcedenz- fälle vorliegen ; er scheint aber weder den Ausgleich zwischen Wien und Buda - Pest, noch jenen zwischen Buda-Pest und Agram auch nur Halbwegs genau zu kennen. Gerade daS, waS in dieser Monarchie bei den staatsrechtlichen Ausgleichen so sorgfältig ver mieden wurde, der Zusammenstoß der Kompetenzen zwischen den verschiedenen Parlamenten und parlamen tarischen Regierungen, hat er gar nicht beachtet. Von dem Tage, an welchem seine Bill Gesetzeskraft erlangt hätte, wäre ein endloser interner Kampf wegen dieser Kompetenzen entstanden und alsbald hätte sich die Notwendigkeit einer Reihe von neuen Ausgleichen ge zeigt. Dies ist, ganz abgesehen von dem prinzipiellen Einwand, den man gegen die Sonderstellung Irland» erheben kann, ein Hauptgrund, weshalb die Unionisten gegen die Bill ankämpfen und weshalb Gladstone, dem während der zweiten Lesung die sachkundige Einzel- kritik verderblich zu werden drohte, zu dem bedenk lichen Aut kunftSmittel der parlamentarischen Guillotine gegriffen hat. Tagcsgcichichte. Dresden, 4. September Se. Majestät der König sind gestern nachmittag 4i3Uhr wohlbehalten in Metz eingetloffen und wurden von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Ihren Königl. Höhnten dem Großherzog v.m Baken und dem Kronprinzen von Italien auf dem Bahnhofe empfangen. Nach dem Empfange fuhren Beide Majestäten durch die festlich geschmückte Stadt nach dem Gouvernement, wo Se. Majestät der König von Sachsen Wohnung genommen haben. Ihre Majestät die Königin wohnten gestern vor mittag dem Gottesdienste in der Schloßkopelle zu Pillnitz bei und begaben Allerhöchstsich darauf nach dem Königl. Schlosse Moritzburg. Dresden, 4. September. Se. Excellenz der Hr. StaatSminister vr Schurig ist von winer Ur- laubsreife zurückgekehrt und hat die Leitung de» Justizministeriums wieder übernommen. Dresden, 4. September. Se. Excellenz der Hr. LriegSminister Generallieutenant v. d. Planitz hat sich in Begleitung seines Adjutanten, des Major» v. d. Bussche-Streicho,st, nach Metz begeben, um an den dortigen großen Manövern des XVI. und VIII. ArmeecorpS teilzunehmen. Auch der Parade deS XV. Armeccorps bei Straßburg am 9. September wird der Kriegsminister beiwohnen und dabei von dem Ab teilungschef im KriegSministerium, Major v. Carlowitz, begleitet sein. * Berlin, 4. September. Aus Trier wird vom Sonnabend gemeldet: Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin trafen beute vormittag kurz nach k 10 Uhr auf der Haltestelle Euren ein und wurden von dem Landr.te Tobias mit einer Ansprache begrüßt, auf welche Se. Majestät huldvoll dankten. In der darauf folgenden Unterhaltung mit den Kreistagsmitgliedern berührten Se. Majestät die Frage der Futternot sowie das gute Weir fahr. Ihre Majestät die Kaiserin unter- hielten Sich in herzlicher Weise mit dem Prinzen von Neapel. Kurz darauf begaben Sich Ihre Majestäten, von der herbeigeströ.n'en Menge enthusiastisch begrüßt, nach dem Paradefelde. Tie Parade nahm einen glänzenden Verlauf. Se. Majestät der Kaiser setzten Sich zweimal an die Spitze des Königin-Augusta- Garde-Grenadierregiments, um dasselbe Ihrer Majestät der Kaiserin vorzuführen. Der Fürst von Hohenzollern führte Sr. Majestät das Füsilierregiment Fürst Karl - — endlich an eine der Landstraßen gelangt, die der Graf schaft Devon eigentümlich sind. Sie schlängeln sich zwischen natürlichen Erdwällen hin, die stellenweise von allerlei Strauchwerk, Farrenkräutern und Blumen aufs üppigste überwuchert sind, stellenweise aber — besonder» wo sie hochragen und Schluchten bilden — gleich den Uferfelsen das nackte, rote Sandsteingerippe des Hügel» zeigen. Sie sind wegen ihrer wechselvollen Schönheit berühmt — die Landstraßen von Devon, aber sie sind wegen de» Steingerölls, daS die Frühlingsfluten berg unter schwemmen und ablagern, wo es ihnen beliebt, nicht allerorten den armen Pferden zum Ergötzen. Sie verengern sich auch hin und wieder so, daß an ein Aus weichen zu Wagen nicht zu denken ist. Weil oben drein die einfassendcn Erdwälle nach allen Seiten hin den Blick behindern und man da» nahende Fuhrwerk gewöhnlich nicht einmal sehen kann, so fährt man ausnahmslos mit Schellengeläute. An solch' eine Landstraße war Waldstedt gelangt. Den Instruktionen seines Wirtes gemäß hatte er sie dergabsteigend verfolgt bis an den Punkt, wo sie von einer andere» durchkreuzt wurde. Hier sollte ein höl zerner Wegweiser ihn weiter beraten und hier — sah er sich plötzlich wieder Fräulein Sibylle gegenüber. Ja, gerade iu dem Moment, als er in Gedanken dabei war, ihre Augen unter Umständen unbequem zu finden, blickten diese Augen ihn wieder an — ernst und still, ohne große Verwunderung. Sie hatte sich über ein Thor geschwungen, saß aber noch oben — fast wie zu Pferde, so daß unter dem Kleidersaume ein Fuß hervorsah, ein kleiner, seiner, bei aller -Einfachheit so elegant bekleideter Fuß,
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