Suche löschen...
Dresdner Journal : 02.11.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188711026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-11
- Tag 1887-11-02
-
Monat
1887-11
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 02.11.1887
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Mittwoch, de» 2. November, abends. W »I U« »K« i titkrliot», . . . . l» jLbrldctl: 1 Aisrk M) t'k Liaivto« kv uiiuuvrll: 10 ttt. ltcictiv» tritt?<»t- uoä 8tvmpvl,o»«tdl»8 ku>»u. t>tir <tso ttttuvi «u>8r AvnpLltsovo 2«ll. ^l^iusr 8ciuitt ÄO ttt. Ootvr cliv beeile KO kk. ttsi Ht»«IIv» ullti ^<ü«io»LtL vllt»t>r. ^ukdcUIt^. Lr»et»«l»eur Uttt ^tt»L»tluiv üvr äoQll- ru»«t k«t«rt»js» »t»«QÜ«. i>vri>!-prsct>-LL»l:tüu«»: Ur. ISSS. N ks-nerÄlUMl. zur »r« T)elam1lett«n^ oer<nu«»«rutlp (Otto Sonck, Professor der Litteratur- und Runstzeschlchte. 1887. LoiQ»E0»»r ä«» l>r»»«lL«r aouriuü^ L«rIlL - Vt«» 1—1- rr»»L>»r» ». » : F I«rU»-Vt«» S»»d«r,. ?r»U r.tpitU rr»kt«rt ». N. - NtLdL»: Xu««, k»rti l^ocko» - I«rU» kr»»^td»rt ». U tt»NU»rt i />a«^x (.'o.,' >»rU»i /nve»l»ci<»<ra«^t, avrUt»: t/ Xull«r« ^ac^/ot-er, Suroon.r 0. Se^u«t«»', LUI« ». >.: / Laret <s 6o 8viu«l. li»p«<tjt»oo <t„ I>r«<to« ^oirriudl«, ILviQ^«r»tr »0 ^8r»,pr»«ti-XL»<!tv.ll«: Ur. I»»d Amtlicher Teil. Se Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Schriftsteller Prell- Erke nS zu Leipzig das ihm von Sr. Majestät dem Könige von Griechenland verliehene Offizierskreuz des Erlöser Ordens annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge- ruhl, dem Spinnereidirector Walther in Böhrigen das Albrech'.skreuz zu verleihen. Nichtamtlicher Teil. KekegrctphiscHe WacHricHten. Berlin, 2. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Sr. Majestät der Kaiser hat in der vergangenen Nacht recht gut geschlafen. Gestern abend um U6 Uhr empfing Allerhöchstdrrselbe den Besuch de» Prinzen Wilhelm. London, 1. November. (W.T.B.) Der An führer der Deputation der Arbeiter, welche sich am 28. v. M. zu dem Metropolitan Board begeben und Arbeit verlangt hatte, erhielt heute eine schriftliche Antwort!, in welcher e» heißt, daß der Nat e» sehr bedauere, daß eine so große Anzahl Personen beschäftig ungslos sei; er sei jedoch zur Erteilung von Ar beit rechtlich nicht befähigt, außer zu den Ar ten, die im öffentlichen Interesse vom Parla mente genehmigt seien. Heute herrschte in ganz England ein heftiger Sturm, durch welchen bedeutender Schaden ange richtet wurde. ES werden verschiedene Schiff- brüche und Verluste an Menschenleben gemeldet, namentlich warte Liverpool stark heimgesucht; an verschiedenen Orten find die Telegraphendrähte zerstört. Nach einem Telegramm auS Durban vom heu tigen Tage haben Dinizulu und Undabuko der Aufforderung deS Gouverneur- von Natal, Have lock, mit ihm in Ekowe zusammrnzutreffev und sich wegen ihrer Unbotmäßigkeit zu rechtfertigen, nicht entsprochen. Englische Truppen gingen heute von Ekowe nach dem Zufluchtsorte DiuizuluS ab. New-Aork, 2. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Schutzverein der Olproduzenten in PittSburg beschloß, die Produktion auf ein Jahr um dir Hälfte einzuschränken, und zwar wurden alS BafiS der Produktion die Monate Juli und August angenommen. Der Beschluß trat am 1. d. MtS. in Kraft. Dresden, 2. November Der italienische Feldzug in Afrika. Vor wenigen Tagen hat sich der erste Teil der afrikanischen Expedition mit dem Befehlshaber General di San Marzano an der Spitze nach Massauah ein- geschifft. Am 16. November wird der letzte Mann der italienischen Expedition den heimischen Boden verlassen haben. Es ist selbstverständlich, daß wir diesem Unternehmen der befreundeten Macht, ihre freventlich angetastete Ehre zu rächen, den besten Er folg wünschen und erwarten, daß sich der Sieg an ihre Fahnen heften werde; immerhin kann man des neuen abessinischen Feldzuges der Italiener nicht ge denken, ohne sich die Schwierigkeiten eines solchen Krieges einzugestehen und ohne sich an die vollstän digen Niederlagen zu erinnern, welche das wohl aus gerüstete und von europäischen Offizieren befehligte Heer des Khedise Ismael Pascha unter der Führung seines dritten, in Berlin für das Militärfach aus gebildeten Sohnes Hassan Pascha bei Gundet am Mareb und vier Monate darauf bei Gura zu erdulden hatte. Die „Voss. Ztg." giebt diesem Gedanken in einem längeren Aufsätze, dem wir folgen, einen sach gemäßen Ausdruck Es heißt da: Von einer Armee von 600 0 Mann, aus welchen die ägyptischen und Negerregimenter bestanden, retteten nur einzelne Flücht linge mit genauer Not ihr Leben, während die übrige Masse, von den Speeren der Abessinier durchbohrt, mit ihren toten und ausgeplünderten Leibern de« Boden der Thäler und Engpässe bedeckte. Die Trauerbotschaft wirkte niederschmetternd auf den damaligen Khedife, um so mehr, als er sich ge nötigt sah, aus freien Stücken den Abessiniern den Frieden anzub eten, um gegen ein Lösegeld von einer Million silberner Marie Theresien Thaler das Leden sünes gefangenen Sohnes zu retten DaS gesamte Lager, die Provwntvorräte, der Artilleriepark, Waffen und Munitionen und selbst die von Endland geliefer ten indischen Elephanten fielen in die Hände der Sieger. Erwähnt sei hierbei, daß fast gleichzeitig ein zweites ägyptisches Expeditionskorps, welches im Süden des abessinischen Reiches nach der Landschaft deS Harar entsendet wurde, unter ähnlichen Verhältnissen zu Grunde ging. Es ist bekannt, wie damals Mun zinger-Pascha und sein Landsmann, der Schweizer Hammacher, bei einem nächtlichen Überfalle ihr Leben einbüßten. Die Niederlage der italienischen Besatzung bei Saati durch abessinische Truppen unter Führung eine» eingeborenen Generals, Rar Alula, ist noch in frischem Gedächtnis, nicht weniger die hohe Aufregung, welche sich der italienischen Bevölkerung beim Eintreffen der Trauerkunde bemächtigte Das auf fremder Erde ver gossene Blut schrie nach Rache, und mit Ungestüm sorderte man einmütigst eine angemessene Sühne für die gefallenen Opfer. Der italienischen Regierung kam die aufgeregte Stimmung in allen Teilen Italiens zu Gute, um nicht nur eine blutige Genugthuung für die erlittene Niederlage zu versprechen, sondern auch die notwendigen Kredite zu erhalten, um eine mili tärische Expedition in großem Maßstabe gegen da» abessinische Reich au»zurüsten. Man hatte sich in zwischen die gewonnenen Erfahrungen und die be gangenen Fehler zu Nutze gemacht, um von vorn herein auf einen erfolgreichen Au»gang der kriegerischen Unternehmung rechnen zu können. Eine auSerlefene Truppe unter dem Kommando tüchtiger Offiziere wird somit in der ersten Woche deS nächsten Monates im Hafen von Neapel die Transportschiffe besteigen, um ihren Weg nach Massauah an der Küste .des Roten Meeres einzuschlagen. Nach den Zeitungsnachrichten haben die Italiener da- Beispiel Englands befolgt und beschlossen, neben einer Luftballoneinrichtung das erforderliche Material für die Anlage einer Eisenbahn nach Massauah zu überführen, um die schnellere Truppenbewegung von einem Platze nach dem andern zu erleichtern. Der Krieg wird somit im Dezember an Ort und Stelle mit ausreichenden Kräften von italienischer Seite gegen den NeguS von Abessinien eröffnet wer den. Mindestens 25000 Mann kampfbereiter Truppen stehen den Italienern zur Verfügung, deren Verwen dung die augenblicklich herrschende günstige Jahreszeit ungemein erleichtert. Während im Sommer die Hitze zwischen 30° und 40° K. schwankt, ist der Winter mild und wohlthuend und eigentlich nur eine Regen zeit zu nennen, welche sich vom November bis zum Januar hin über die ganze Ostküste des Roten Meere» auSdehnt. Wir haben natürlich nur denjenigen Strich im Sinn, welcher in unmittelbarster Nähe des Meere» gelegen ist, denn auf den dahinter liegenden Höhen, welche im eigentlichen Abessinien bis in die Schnee region hineinreichen, ist die betreffende Erhebung über dem Spiegel des Roten Meere- maßgebend für den Thermometerstand. Nach wie vor wird Massauah, die Jnselstadt, welche sich unter den Italienern zu einem bewegten Verkehrs platze entwickelt hat, den Ausgangspunkt der Expedition bilden. Der sogenannte Samhar, d. h. die zwischen der Küste und den Steilabfällen des abessinischen Hochgebirges gelegene Ebene, wird zunächst den ersten Kriegsschauplatz bilden. In den Flußbetten, welche in der herßen Jahreszeit ausgetrocknet zu sein pflegen, ist insolge der beständigen Regengüsse ein erheblicher Wasserreichtum vorhanden und die Ebene verwandelt sich in grüne Wiesen. Mkullu, der gewöhnliche Som- merausenthalt der reicheren Bewohner von Massauah und drei Viertel einer deutschen Meile von dieser Stadt entfernt, bietet durch seine günstige Lage den geeignetsten Platz für das Hauptquartier, ehe die eigentliche Aufgabe beginnt, der Vormarsch gegen die Grenzen Abessinien-. Denn obgleich das von den Karawanen vielfach durchzogene Samhar von den Abessiniern als abessinischer Besitz angesehen wird, so galt eS zu allen Zeiteu als eine neutrale Zone, in welcher eigenmächtig bald der T ürke, bald der Ägypter seine Herrschaft auSübte, d. h. Steuern und Zölle ein zog und eine ausgedehnte Paschawirtschaft ziemlich schrankenlos walten ließ. ES ist selbstverständlich, daß weder der gegenwärtige NeguS von Abessinien noch sein Feldherr, der berüchtigte RaS Alula, sich sofort an die Spitze ihrer wilden HeereShoufen stellen werden, um in die Ebene nieder- zusteigen und eine nach allen Richtungen hin über legene europäische Armee anzugreisen. Man wird im Gegeuteil eS vorziehen, die Bewegungen derselben sorg fältig zu beobachten und den Zeitpunkt zu erwarten, in welchem die Italiener im Begriff stehen, in die abessinifche Schweiz einzurücken. Und gerade hier liegt die eigentliche Gefahr für eine Armee, deren General stab nicht in der glücklichen Lage ist, über genaue Karten zu verfügen, um vom grünen Tische aus die schwierigsten Terrainverhältnisse in einem gebirgreichen Lande wie Abessinien abzuschätzen und für die Be wegung und Verschiebungen der Truppen verwerten zu können. Obgleich eine Anzahl mutiger Reisender, von dem Ende der Dreißiger dieses Jahrhunderts an, ihren Weg nach den nordöstlichen Teilen dieses neuesten afrikanischen Kriegsschauplatzes genommen hatten, um ein entsprechendes topographisches Bild der abessinischen Landschaften zusammenzustellen, so haben ihre Angaben nur einen relativen Wert und reichen bei weitem nicht aus, um einrm europäischen Heere als leitende Führer zu dienen. Wo sich der einzelne Reisende mit wenigen Begleitern auf einem Bergpfade bequem fortzubewegen vermag, kann ein Heer mit seinem Wagen- und Ar- lilleriepark denselben Weg nicht einschlagen, wie es die ägyptische Armee zu ihrem großen Schaden er fahren mußte. ES läßt sich voraussetzen, daß die Führer der italienischen Expedition eben so wohl die englischen Erfolge als die ägyptischen Mißerfolge bei ihrem abes sinischen Zuge in den Kreis der genauesten Erwäg ungen gezogen haben werden, bevor sie ein Gebiet be tteten sollten, da- jede Höhe zu einer Festung für den eingeborenen Verteidiger und jede Tiefe zu einem Grabe für den fremden Angreifer verwandelt. Es ist gleichfalls anzunehmen, daß es ihnen nicht an orts kundigen Spionen und Wegweisern fehlen wird und daß gegebenen Falles selbst italienische Reisende die nutzbarsten Dienste leisten werden. Ohne Munzingers persönliche umsichtige Führung wäre es im Jahre 1867 den Engländern kaum gelungen, den 600 biu langen Weg von Zulla aus, an der Küste des Roten MeereL, bis nach der Bergveste Magdala von einer Armee zurücklegen zu lassen, die aus 16000 Mann englisch-indischer Truppen und einem gewaltigen Heeres- trotz bestand. Munzinger, welcher durch seine wieder holte» Reisen in Abessinien mit den gangbaren Straßen auf diesem Wege wohl bekannt war, leistete der britischen Armee die größten Dienste, die England thatsächlich nicht zögerte durch die Verleihung de» Bathorden» öffentlich zu ehren und anzuerkennen. Auf geheime und ergebene Bundesgenossen im Lande Abessinien selber dürfte Italien kaum zu zählen haben. Dem Großkönige Johannes und den Klein königen und Fürsten, welche unter seiner Oberhoheit ihr Regiment ausüben, steht eine eben so ungebildete als fanatische Geistlichkeit zur Seite, welche die Be völkerung beherrscht und nicht davor zurückschreckt, die selbe selbst zu den größten Grausamkeiten anzustacheln. Dem Namen nach Christen, sind die Abessinier nichts weniger als Brüder einer großen religösen Gemein schaft, welche die Gläubigen aller Nationen mit ein ander verbindet und jedes Scktenwesen auSschließt. Ihr Fanatismus gegen die übrigen Christen ist be kannt und ihre Bevorzugung der muhamedanischen Nachbarn durch die Thatsachen erwiesen. Ein Krieg gegen Abessinien wird als ein Angriff auf die be stehende Religion angesehen und sür jedermann ein Grund, zum Speere und zum Schild zu greisen, um für den Glauben zu fechten. Über die Tapferkeit und den Todesmut der Abessinier sind alle Zeugen einig, nicht weniger auch über die Listen des Hinterhaltes, welchen sie den Gegnern zu stellen pflegen. Obgleich König Johannes in seinem eigenen Lande ein gefürchteter Herr ist und die Bevölkerung wenig Zuneigung zu seiner Herrschaft in sich verspürt, so ist der Abfall feiner Vasallen, an ihrer Spitze König Menelek von Schoa, geradezu undenkbar. Menelek gehört zu den beliebtesten Fürsten Abessiniens, und nach dem Tode König Johannes würde unzweifelhaft die Wahl zum allgemeinen Negus auf ibn fallen; allein selbst der bitterste Haß gegen seinen Oberherrn würde ihn nicht veranlassen, sich ausländische Bundes genossen zu suchen, die, wie die Italiener, seine Partei ergreifen und für seine Wahl zum Negus einstehen würden. Alle Gerüchte über ein geheimes Bündnis zwischen ihm und den Italienern müssen deshalb mit der größten Vorsicht ausgenommen werden. Daß König Johannes den bevorstehenden Angriff der italienischen Macht nicht gleichgiliig betrachtet, haben seine an die Königin von England gerichteten Schreiben bewiesen. Tragen die Italiener den Sieg über den Negus davon, so scheint eines gewiß zu sein: sie werden kaum dem früheren Beispiele der Engländer folgen und großmütig das eroberte Land wieder verlassen. In den fruchtbaren Bogosländern und auf den Ge bieten des Hamasen winkt ihnen eine Entschädigung für die dargebrachten Opfer, wie sie zum Nutzen der italienischen KolonisationSbcstrebungen nicht glücklicher gedacht werden kann. Und für ein solches Ziel wäre der Feldzug nicht zu teuer bezahlt. Tagesgeschichte. * Dresden, 2. November. Unsere gestrige Mit teilung (s. Berlin), betreffend Unfallverhütungsvor- schristen der Berussgenossenjchaften, haben wir dahin zu ergänzen, daß nicht nur die sächsische Textilberufs genossenschast, sondern auch die sächsische Holzbe rufsgenossenschaft Unfallverhütungsvorschriften er lassen hat, welche von dem Königl. sächsischen Landes- Versicherungsamt genehmigt worden sind. * Berlin, l. November. Die Besserung in dem Befinden Sr. Majestät des Kaisers macht Fort- schritie. Insbesondere ist letzte Nacht ruhiger als die vorhergehende gewesen. Feuilleton. Beryls glücklicher Einfall! Eine Flitterwochengefchichte von Blanche Willi- Howard. Antorifierle Übersetzung auS dem Englischen v. H. S. (Fortsetzung.) „Denke nur Beryl, wenn wir jetzt anstatt hier zu sitzen, in einem langstieligen Hotel kampieren müßtenI Für gewöhnlich habe ich ja gar nichts gegen Hotel bequemlichke iten einzuwenden, aber man will auf seiner Hochzeitsreise auch einmal etwas besonderes haben und Dein Plan war wirklich einzig nett und vernünftig. Ein zu köstlicher Einfall I Hier sind wir ganz allein und nur auf uns selbst angewiesen, kein menschliches Wesen außer uns ringsumher, und das Heulen und Brausen der See und der Windsbraut sind alles, was wir von der Außenwelt vernehmen — während dem wir in Boston jetzt unsere Füße am Kaminseuer rösten, und bei Austern, Gasbeleuchtung und Faul- lenzern einen so prosaisch alltäglichen Abend wie nur möglich durchleben würden." Anstatt jeder Antwort beugte sich Beryl nach vorn und verfolgte mit gespanntester Aufmerksamkeit irgend etwas in einer dunklen Zimmerecke. Im nächsten Augenblick aber stand sie auf einem Stuhl und war mit krampfhafter Angst bemüht, ihre Röcke fest zu sammen zu ziehen: „ÖH Jack, oh Jacki oh Jack!" rief sie dabei im höchste» Entsetzen au»drückenden Crescendo. ,Um Kotte» Willen, Beryl, was giebt-?" „Aber siehst Du's denn nicht? Jack, eS ist ja eine MauSI Sieh doch dal" Er warf einen Blick in die durch Beryls verzweifelte Geberde bezeichnete Ecke, einen zweiten auf ihre ängstliche, bebende Gestalt und brach dann in ein so herzliches, unbezwingbares Lachen auS, wie eS in diesen Wänden seit seine» Onkel» gast freundlichen Tagen wohl nicht mehr erklungen war. Aber da ein solches Eingeständnis weiblicher Schwach, heit der männlichen Stärke immer nur schmeichelhaft zu sein pflegt, so unterdrückte auch Jack seine Lustig keit gar bald und kam mit teils mitleidiger, teils überlegener Miene auf Beryl zu. Fast jedes junge Ehepaar hat in seinen Erfahrungen Momente zu ver zeichnen, wo er, und wieder andere, wo sie sich al ber reifere, überlegnere Teil gezeigt hat. Nun ge hörte Jack, freilich ohne jede- persönliche Verdienst, dem Geschlecht an, dem die Natur keinen besonder» eingeimpsten TodeSschrecken vor einer Mau» mit auf den Lebensweg gegeben hat, auch — um Gerechtigkeit walten zu lassen, sei diese» Umstande» gedacht — er freut sich dirje» Geschlecht einer Kleidung, die einer MauS wenig Gelegenheit darbieten dürste, sich in allerhand heimtückischen Falten und Zipfeln zu ver irren; dies alle- gestattete unserm Freund jetzt einen sehr patriarchalischen, ehrwürdigen Anstrich zu nehmen, gönnerhast seine Arme auLzubreitrn und mit dem Tone, mit er er etwa ein nervö» aufgeregte» Pferd beschwich tigt hätte, zu murmeln: „oh Beryl, sei gut, komm, komm!" Aber er hatte die Rechnung ohne den Wirt ge macht. Noch einen verstörten Blick nach der verhäng nisvollen Ecke werfend, in der der verhaßte Vier füßler noch immer sein Unwesen trieb, ließ Beryl mit einem heroischen Entschluß ihre aufgerafften Röcke fallen, stieß die dargebotene Hand ihres Gatten ver ächtlich zurück, sprang auf den Boden und brach, sich auf da» Sofa werfend, in krampfhaftes Schluchzen aus. „Und Du hast noch lachen können?" rang e» sich au» ihren Thränen heraus. „Ja da» weiß ich", gab er verblüfft zur Antwort. „Du hast sogar herzlich gelacht." „Aber ich konnte doch nicht wissen, daß ihr Mäd chen die Sache so auffaßt", suchte er sich zu vertei digen. »Hätte ich da» geahnt, so würde ich natürlich nicht gelacht haben. Wie aber sollte ich annehmen, daß Du, die so vortrefflich reitet und schwimmt, sich —" „Was für eine Gemeinschaft hat ein Pferd mit einer MauS?" fragte sie kategorisch hinter ihrem Taschentuch hervor. „Mein Gott, ich leugne ja nicht", gab er resig niert zu „Mich an diesen entsetzlichen Ort zu bringen und dann auch noch au«zulachen!" und Beryl überließ sich aufs neue ihrem Seelenschmerz. „Aber Beryl", wagte er lebhafter einzuwenden; er war augenscheinlich schmerzlich überrascht über diese ihm gänzlich neue Auffassung der Dinge, „aber Beryl, sage doch selbst, wer diesen ganzen Plan ersonnen hat? Wer wollte denn durchaus hierherkommen? Wer sehnte sich danach, fern von der Welt nur uns und unserm Glück zu leben?" Beryl weinte nicht mehr. Sie richtete sich auS ihrer zusammengesunkenen Stellung zu ihrer vollen Höhe empor und blickte ihn mit nassen vorwurfsvollen Augen an. „Und wenn ich diesen Vorschlag gemacht habe, Jack Gardine" sagte sie mit feierlichem Nachdruck, „ist es dann recht und großmütig von Dir, mich jetzt daran zu erinnern?" Er starrte ihr sprachlos, voll Bestürzung ins Ge sicht. Dieses großartige Beiseitesetzen jedweder Logik brachte ihn denn doch außer Fassung. Mit leisem, mißmutigem Pfeifen begann er aufgeregt im Zimmer auf und ab zu wandern. Er hatte Beryl Glyndon ihr ganzes Leben lang gekannt. Von Kindheit an waren sie Spielgefährten, Freunde und gute Kammeraden für einander gewesen und ihre Liebesgeschichte war so glatt und eben wie nur denkbar verlaufen, da jedermann das Zustande kommen dieser Verlobung ei hofft und erwünscht harte. Nicht ein Hindernis, nicht ein tragisches Intermezzo hatte sich ihnen in den Weg gestellt. Beryl war das lieblichste, hübscheste und gescheideste Mädchen von der Welt und sie nicht durch und durch zu kennen, hieße in seinem Falle genau so viel, als wenn er seine eigenen Gejchwister nicht ge kannt hätte. Und dennoch — hier wars er einen scheuen, verstohlenen Blick auf ihr thränenüberströmteS, verstörtes Gesicht — dennoch verstand sie es, ihn jetzt so schmerzlich zu überraschen, und das Schlimmste daran war noch, daß er gar nicht wußte, wie eigent lich die Dinge wieder ins rechte Gleis zu bringen seien. Beryl war ein so durch und durch heitere-, launen loses, liebenswürdige- Wesen. Die Gardine- und die Glyndons waren einstimmig darin einig, daß sie da» liebenswürdigste Mädchen der ganzen Stadt sei. Aber selbst wenn sie nicht ganz so liebenswürdig wäre, wa» um alle- in der Welt hatte er denn eigentlich ver»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite