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Freitag. M 8. 30. Januar 1863. Erscheint Preis Dienstags und pro Quartal ' LLWerkernz-Iertung. ZL anstalten. l 8 Pfg. Amts- un- Anzeige-Dtatl der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, Mnenstein und Altenberg. Verantwortlicher Nedacteur: Carl Jehne rn Dippoldiswalde. Wochen-Rundschau. Am Bundestage ist das Project der Delegir« tenv ersammlu ng gefallen, und die Befürchtun gen von Sprengung des Bundes und Bürgerkrieg find glücklich verscheucht. Der deutsche Bundestag wird künftig ohne Delegirte unser Wohl berathen, und die Deutschen müssen sich in ihr unvermeidliches Schicksal fügen. Es ist merkwürdig, mit welcher Ge- müthsruhe Deutschland der Entscheidung über einen so wichtigen Antrag entgegengesehen hat. Die berühm ten Grenzstreitigkeiten zwischen Hannover und Bücke burg, langweiligen Angedenkens, hätten das deutsche Publikum kaum weniger gleichgültig lassen können, als cie fragliche Abstimmung am Bunde. Der Glaube, daß in Frankfurt Beschlüsse gefaßt werden können, welche für daS Schicksal Deutschlands entscheidend find, hat sehr abgenommen. Viele sind sogar der Meinung, daß es für Deutschland ganz gut sei, wenn der Bundestag gar nichts thut. Wenn wir aber ein gedenk sind, daß der Bundestag die einzige staatsrecht liche Verknüpfung der deutschen Länder bildet, so kann man nicht ohne Schrecken daran denken, in welche Verwirrung Deutschland gestürzt werden muß, wenn einmal große Ereignisse eintreten. Dann wird sicher die eine Hälfte Deutschlands Oesterreich, die andere Preußen folgen, und die Wirrsale werden kein Ende nehmen. Am preußischen Landtage wird jetzt die Adresse an den König besprochen, worin man der Majestät mit Mannesmuth über die Lage des Landes Auskunft giebt. Der eigentliche Angelpunkt der ganzen Frage ist der: soll die Kammer das Steuerbewilli- gungsrecht haben oder nicht? Vermöge dieses Prin zips hat daS Volk durch seine Vertreter das Recht, die Einnahmen und Ausgaben des Staats nach Finanz perioden zu prüfe» und festzusetzen, b. h. sie zu ge nehmigen oder zu verwerfen. Die Minister sagen: der Landtag habe ein SteuerbewilligungS- aber kein Steu- ervcrweigerungsrecht. Das ist'aber der äußerste Wi derspruch, den man sich denken kann. Wer ein volles Recht der Bewilligung bat, mnß auch folgerichtig das volle Recht der Verweigerung haben, denn was nicht bewilligt ist, ist eben verweigert. Soll Jemand blvs verwilligen können, so ist das ein Unstun, dann braucht man ihn gar nicht. Hat Preußens Vertretung nicht das Recht, die geforderten bedeutende» Mehr ausgaben für das Militär zu streichen, so hat Prenßen keine Constitution, keine Verfassung, so ist eS ein ab soluter Staat, wo der Wille des Königs und der Minister unbedingt über die Geldbeutel der Untertha« neu verfugt. Der Minister von Bismark hat erklärt, er könne der Majestät die Annahme der Adresse nicht empfehlen, denn es gäbe eine Grenze über Das, was man dem Könige sagen dürfe. Großes Aufsehen in ganz Deutschland hat die Anklage gegen die ..Gartenlaube" gemacht. Ein preu ßisches Marineschiff, die „Amazone," war mit 1^0 Mann untergegangen. Die Gartenlaube hatte be hauptet, die preußische Marineverwaltung habe den schlechten Zustand des Schiffs gekannt^, und doch den Befehl gegeben, cS solle auslaufen. Der Advocat Lewald hielt eine ausgezeichnete Rede und führte den Beweis der Wahrheit. Der Staatsanwalt, das Ge fährliche dieser Rede ahnend, suchte sie dadurch abzu schneiden, daß er zum Erstaunen Aller erklärte, der Befehl zum Auslaufen sei keine obrigkeitliche Anord nung, es könne daher jene Beweisführung unterbleiben. Herr Lewald ließ sich aber von seinem klaren, über zeugenden Vortrage nicht abhalten. Die betr. Num mer der Gartenlaube wurde schließlich wegen ehren verletzender Ausdrücke zur Vernichtung verurtbeilt. Der Herzog von Sachsen - Coburg hat sich eines Bessern besonnen; er will die griechische Königswürde nicht annehmen. Der General v. Haynau, der unsäglichen Jammer über bas Hessenvolk gebracht hat, hat schon hienieden den Lohn seiner Thaten gefunden; er hat sich die Kugel durch den Kopf geschossen. Ja, Haynau, es giebt einen gerechten Gott! In Polen ist eine Revolte auSgcbrochcn, über die wir unter „Tagesgeschichte" den Grund und die neuesten Nachrichten von dort mittheilten. In der serbischen Waffenfrage scheint der Keim zu einem neuen orientalischen Kriege zu liegen, wenn Rußland jetzt nicht zu sehr mit Polen beschäftigt ist und seiner Truppen, nm dieses Königreich zu concen- triren, benöthigt sein wird. Die türkische Regierung ist fest entschlossen, sehr energische Maßregeln dagegen zu ergreifen, was Rußland nicht dulden will. Frank reich würde bei einem ausbrechenden Kriege gegen die Türken kämpfen. Der Tod des Biecekönigs von Aegypten hat die orientalische Frage in einer der französischen Po litik durchaus ungünstigen Beziehung wieder in den Vordergrund gedrängt. Der Nachfolger Said Pascha's, Ismael Pascha, ist dem französischen Kaiserreiche nicht gewogen, aber dem englischen Einflüße um so zugäng licher. Die griechische Angelegenheit bat ohnedies schon die feindselige Stellung des französischen Cabi- netS zum englischen immer mehr hervorgerufen. Nur die Einnahme der Stadt Puebla in Mexiko, welche der General nach Paris gemeldet hat, wird etwas