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Weißenh-Ieitung l: Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Ersch^nt Dienstags mW FnllagS. Zu^ bejjlthe« durch «ill« Postaustal« / >«n. Preis >>!-<> Quart IflNgr ' - >» I!^ ' ' 5 >«'»Nli u» Znsierate werd« Wit 6'. Pft/,Mi,dje Zette Krechnet ich «. iil «sttN! V- ' pedtttoeuw «»- geniSiMea.; Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landnumn. Ueber Getreidethenerunq. l . Zn Zeiten, wie die jetzig«, in denen man allenthal, den Klagen über die hohen Preise der Nahrungsmittel ver nimmt, taucken unterschiedliche Fragen auf, die nicht sel ten eine falsche Lösung finden. Wir nehmen einige der- selben auf und wollen durch Besprechungen über dieselben zu einer weiteren Erörterung uud Berichtigung der Mei- nungen, die eben im Umlaufe find, Veranlassung geben. Die zunächst liegende. Frage, noch lange nicht ge- nügend erwogen und zu Mißdeutungen besonders geeignet, ist die: Woher kommt die Getreidetheuerung? Werfen wir einen Blick zurück auf die letzten zehn Zahre. Die geringe Ernte des Jahres 1846 und die seit 1845 eingetretene Kartoffelkrankheit in Verbindung mit der sehr mittelmäßigen Ernte deS vorhergehenden ZahreS hatten die große Theuerung im Jahre 1847 zur Folge. Während der Roggen bet uns einen Minderertrag von- '/« der gewöhnlichen Ernte, herauSstellte, schlug man in Preußen den Ausfall auf mehr als -/z und in den sonst kornreichsten Gegenden im Westen gar auf die Hälfte der gewöhnlichen Ernten an. Dabei gingen in manchen Gegenden, besonders im Osten, durch die Kartoffelkrankheit oft bis r/z dieser Frucht verloren. Das fruchtbare Jahr 1847 hob den Mangel wieder und die Preise schwanden schnell um mehr als die Hälfte. ES kamen noch einige gewöhnliche Jahre, denen die noch mäßigeren 50er Jahre folgten, von denen in jedem etwa so viel eingeerntet, wie ausgezehrt wurde. Die Ernte des Jahres 1853 war, wenn auch nicht eine Mißernte, doch eine geringe zu nen nen. ES fehlen uns Zahlen, um den Unterschied gegen andere Jahre klarer herauszustellen, doch glauben wir uns nicht zu irren, wenn wir — trotz der noch dürftigeren Ernten in einzelnen Gegenden — für ganz Deutschland einen Minderertrag von '/,,, annehmen. Daß man hie und da statt 3 Scheffel !'/, ausgedroschen hat, ist kein Beweis dagegen. Eher würden wir annehmen, daß das Mißverhältniß noch nicht einmal so bedeutend gewesen wäre. Um so greller tritt aber der Mangel bei der Kartoffel- frucht entgegen. Seit S Jahren hat die Kartoffelsäule durchschnittlich >/z, in manchen Ländern, wie wir oben sagten, bis der gehofften Ernten zerstört. Der Arn», reffen Hauptnahrung die Kartoffel ist, und der bei schwe rer Körperanstrengung und wenig Fleischspeise seine Zu flucht zu Brodfrüchten nehmen mußte» half nun um so mehr an den geringen Vorräthen von Getreide zehren. Alle diese Umstände mußten demnach unmittelbar nach der Ernte die Preise über die gewöhnliche Höhe erheben; doch konnten sie noch nicht geeignet sein, eine Theuerung zu veranlassen, da einerseits Vie noch aufgespeicherten Körner den Mangel noch decken konnte», anderseits durch hie a» ringere Ernte auch nur etwa soviel abging, als jährlich an Getreide aus Deutschland auSgeführt wird. Zahlen mögen dies verdeutliche». Man nimmt für ganz Deutsch land mit Einschluß der österreichischen Staaten eine» jähr liche» Getreidebedarf von etwa 400 Millionen Scheffel an. Die reichste Jahresernte wird in Deutschland auf LVfl Millionen Scheffel, die geringste auf 300 Mill. Scheffel angeschlagen. Nehmen wir für die Ernte von 1863 min destens 360 Mill. Scheffel an, so entsteht allerdings rin Ausfall von gegen 40 Mill. Scheffel. Da die Ausfuhr ungefähr dieselbe Summe erreicht, die fich durch die all jährlich nöthig werdende Einfuhr allerdings bi» auf 2V Mill. Schfl. zurücksührt, so hätte — sollte man glauben — nur jene beschränkt und diese erhöht werden müssen, um di« nöthige Menge Getreide zu «rhältm- ... Da man aber keine Theuerung fürchtet«, gestalteten fich die Verhältnisse viel anders. Die Getreidepreise war«» im Herbste mehr im Sinken als imSteigenbegriffe», ajS^dwß man fich hätte angelegen sein lasse»,.L«Älthe aHHordamerM herbeizuführen, — der Kriegszustand Rußlands hinderte ei nigermaßen auch die Zuftlhr von dorther, — auf der Getrei debörse zu Amsterdam und den Getreidemärkten FrcMMkchS und Italiens aber hielte», fich immer feste Preise, bis man endlich an den letztgenannten Orten zu der Ueberzeu- gung kam, daß Zufuhr nöthig sei. Dies wirktt herüber aus Deutschland. Der Umsatz nahm ab, da man ühhr die Zukunft in Ungewißheit schwebte, in Folge dessen wenig Getreide auf den Markt kam und auch mit d«M Ausgebotenen von den Verkäufern auf hoh« Preise ge« . halten wurde, während die Käufer fich bedachte» und flicht größere Einkäufe machten, als fi« eben nöthig hatten. Dieser letztere Umstand hielt fich hei einem durchschnittli chen Kornpreise von 5*/r bis 6 Thalern, längere Zeit. Mittlerweile war für die Herbeischaffung von Roggen auS größerer Ferne die Zeit verstrichen. Die Getreideschiffe von Nordamerika wurden meistens in England ausgeladen; und der Transport von Rußland her erfordert Zeit, denn gerade auS den kornreichsten Ländereien dieses Reiches langt bei den unvollkommenen Land- und Wasserstraßen das Getreide oft erst nach 3—4 Monaten, zur Zeit heS SoMmerS in noch längerer Frist, bei uns ap, di«. Stö rung durch den Krieg uoch ungerechnet. ' i Natürlich war eS demnach^ daß mit Anbruch des Früh jahres die Preise noch höher hinaufgehen mußten, so Laß wir selbst jetzt, angesichts einer gutm Ernte, noch dow Schef fel Korn mit 7 Thlrn. bezahlen sehen. Obgleich »an sich nun allgemein mit der Aussicht auf «ine» gute» Ertrag der Felder in diesem Jahre tröstet, so wurden bisher diese Hoffnungen noch getrübt durch die anhaltende Nässe und die Befürchtung, daß durch ungünstige Witterung in der Ernte ein Theil der zu erwartenden Frucht noch