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Mittwoch, d,n S. September. 1857 x>MMrgtfch«r Rebigirt unv verlegt von C. M. Gärrner in Schneeberg und Schwarzenberg. Die Raben. * (Fortsetzung.) 4. Vierzehn Tage nach diesem Vorfall« lag Gabriele in dem großen Bette hinter den grünen Sarschevorhängen, und war noch zu schwach, als daß sie hätte ausstehen können; ein Nervenfieber hatte sie befallen, das sie an den Rand de- Grabes brachte, und erst seit dem letzten Abende befand sie sich außer Gefahr; die beiden Raben unterhielten sich mit leiser Stimme vor dem Kamine. „Wir dürfen sie nimmer mit uns nehmen,- sagte Vero nika den Kopf schüttelnd, „sie ist noch zu jung zu dem Ge schäfte, das wir treiben." „Allerdings, auch ich bin Deiner Meinung," erwiderte Susanne; „wenn wir sie jedoch unbeschäftigt hier lassen, so wird uns das zu viel Kosten verursachen." „Im äußersten Falle können wir ja diesen Aufwand be streiten, wir verdienen genug dazu, ohne zu rechnen " „Et, ei, da steht man wieder, wie Du bist " unterbrach sie Susanne, „wenn man Dich hört, sollte man glauben, wir wälzten uns im Gold^ und die Diebe dürften nur kommen, um «S zu holen." „Sprich nicht so" laut," entgegnete Veronika, „spreche ich denn vom Gelbe? Guter Gott, die Diebe wissen gar wohl, daß es bei uns nur Kupfermünzen gibt. Wir müssen aber Häch daran deiAn, was wir für die Kleine thun wollen." »Ich sage ja auch nicht vom Gegeutheile, Schwester." „Bis jetzt haben wir uns immer gut das Jahr über hindurckgeschlagen, und sollte es uns ein Mal fehlen, wohlan! so machen wir Herrn Vincent einen Besuch." Diesen Namen sprach Jungfer Veronika nicht ohne ei nen gewissen Nachdruck au«, und das Blinzeln ihrer geröthe- ten Augen bezeichnete das, 'was sie sagen wollte, noch viel deutlicher als Worte. „Da- werden wir gar nicht einmal nöthig haben," sagte Susanne; „Alles wohl überlegt, bedürfen wir DirS nicht. Gabriele hat nicht viele Bedürfnisse, und was die Kleider anbelangt, haben wir auf lange Zeit genug, ohne daß eS uns ein Soustück kostete. Sie kann das Haus hüten, so lange wir auswärts find, und arbeiten. Dies wird für den Augenblick da- Beste sein, und so können wir eS, Gott sei Dank, auch halten; sie wird ihre Kraft schnell wieder erlangt haben; so heftig die Krankheitsanfälle find, wenn man jung ist, so rasch erholt man sich auch wieder. Ich glaube aber selbst, daß das Kind seine Krankheit nicht überstanden hätte, wenn eS nicht unter unsern Händen gewesen wäre, und ihr Tod hätte mich sehr betrübt." - »Mich gewiß auch; eS thut mir daher auch um da- Geltz da-, uns seine Krankheit kostete, nicht leid und wir dürfen wohl behaupten, daß wir nicht- gespart haben. Ich werde heut« Abend in die Apotheke gehen, um die Opium- billen noch ein Mal machen zu lassen, davon werde ich Gabrie len noch ein Paar geben, dann ist sie vielleicht wieder ganz hrrgestellt." Er lt«ß sich nun ein leise- Klopfen an der HauSthüre hören, das die Krank« erschrickt«, und da- Gespräch der Hei den Alten unterbrach. Susanne ging hin, um zu öffnen. „Heilige Jungfrau! Ihr seid e« mein Herr!" sagte Su sanne, während sie sich verbeugte; „Ihr werdet Euch vielleicht' schaden, daß Ihr Eu«r Zimmer so bald verließet. — Wie geht eS Euch nun?" „Ziemlich gut, obgleich ich mich noch ein w«ntg schwach fühle;" antwortete Herr von Greoulx. denn dieser war e-; „allein es drängte mich, Euch meinen Besuch zu mach«», und Euch meinen Dank abzustatten." „Tretet herein, tretet herein, Herr," rief ihm Veronika zu, die dem jungen Manne gleichfalls entgegen eilte. „Sith Dich doch nach ein wenig Reisern um, damit wir da« Feuer schüren können. — Ich bin in der That recht erfreut, Euch wieder zu sehen, mein Herr. — Ihr sehet reckt gut auS." „Ich glaube e- wohl, daß Ihr mich so findet, denn ich sah desto schlechter aus, als Ihr mick das erste Mal sähet, so" daß Ihr mich wohl kaum wieder erkennen dürstet;^ erwidert« Herr von Greoulx unter düsterm Lächeln. Der junge Mann hatte wirklich auch ein recht hübsche- Aeußere; seine, nach der damaligen Sitte leicht gepuderten Haare mußten, nach seinen Augen und Augenbrauen zu ur- theilen, eine schöne schwarze Farbe haben. An der Art sei nes Benehmens und an seiner Redeweise erkannte man als bald den Edelmann; die Ungezwungenheit und der Anstand in seinen Manieren hoben seine interessanten, sanften, wenn gleich ein wenig Niedergeschlagenheit aüsdrückenden GefichtS- züge noch mehr zu seinen Gunsten hervor. Er ließ scheu den beiden Alten am Kamine nieder, rind begaW^ WM 8 dem er sich zuvor umgebltckt, dann wieder: „Wie Mt e- denn dem jungen Mädchen? Ich habe mich alle Tage nach ihrem Befinden erkundigen lassen, und als ich hörte, daß e« so schlecht um fie stehe, empfand ich eine lebhaft« Bekümmer- niß. — " „ES geht Gott Lob wieder recht gut mit ihr," unter brach ihn Susanne, indem sie den Finger auf den Mund legte, und mit den Augen gegen da- Bett zuwiukte, „sie ist völlig außer Gefahr." „Gott sei dafür gepriesen! Ick hab« mir schon Vor würfe darüber gemacht, die unfreiwillige Ursache an ihrer Krankheit gewesen zu sein; es waren die Angst und der Schrecke», weiche bas arme Kind in diesen Zustand versetzt * haben. Ich kann mir wohl vorstellen, was fie während jener schrecklichen Nacht gelitten haben mag! — Ich selbst, der ich doch ein Mann bin, hätte eine Anwandlung von Furcht nicht zu unterdrücken vermocht." „Das glaube ich, «- ist auch ganz natürlich," sagte Su- sann«, „man muß an solche Wachen gewohnt sein, um Kält- blütigkeit genug behaupten zu können, wenn man plötzlich ei nen Hingeschiedenen sprechen hört." „Ihr habt mir das Leben gerettet, ohne Geistesgegen wart, ohne Eure Sorgfalt wäre ich in meinem Leichentuche vor Kälte gestorben," erwiderte Herr von Greoulx, den e- bet der bloßen Erinnerung kalt überlirs. „Ich werde Euch da- nie vergessen. E- wird schon die Zeit kommen, »po ich ' im Stande sein werd«, mich meiner Schuld zu entledigen;