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Mer Tageblatt /lnzeiger für -as Erzgebirge EVl»» ».««.Uv «achaU«a» dl« amtlich«» 0»k-m>ti>>-chi,»^« d«. Na«,, d«« «adt IM» s«« ^mta^rlchtt n«. »M »^ Donnerstag, den 4. Juni 1S3I 2ö. Jahrgang Erneute Stellungnahme deS Deutschen BeamienbundeS Berlin, 3. Juni. Die Bundesleitung des Deut schen Beamtenbundes nahm am gestrigen Dienstag, dem 2. Juni, den Bericht ihrer Vertreter über die Aussprache beini Reichskanzler entgegen. Sie erblickt nach wie vor in einem allgemeinen Volksopfer eine gerechte Lösung, wozu jeder nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beitragen soll. Sie erwartet, daß die Reichsregierung auf dieser Grundlage ihre entgültigen Entscheidungen trifft. Die MMerprWenten deim Reichskanzler Berlin, 2. Juni. Die Ministerpräsidenten der Länder, von denen die Mehrzahl mit ihrem Finanz- Minister erschienen jjt, sind heute nachmittag 4V, Uhr vom Reichskanzler empfangen worden. E» ist anzu nehmen, daß dieser Empfang bis gegen Abend an dauern wird, da der Reichskanzler den Ministerpräsi denten den Inhalt 'der neuen Notverordnung zur Kenntnis bringt. Inzwischen tagt das eingesetzte Re» daktionSkomitee, das bereit» heute vormittag 10 Uhr zusammengetreten ist, um die einzelnen Bestimmungen der Notverordnung auszuarbeiten, werden auch durch die Besprechung mit den Minister» Präsidenten nicht unterbrochen, da sie nach Möglichkeit heute noch zum Abschluß kommen sollen. Tas Reichs kabinett tritt heute abeno um 9 Uhr zu einer Sitzung zusammen, in der dann der fertige Entwurf noch ein mal durchberaten werden soll, um bei dieser Gelegen heit auch noch einige Restpunkte, dis gestern nicht ge löst werden konnten, zu erledigen. Tiefe Sitzung wird sich .voraussichtlich bis gegen Mitternacht hinziehen. Morgen vormittag wird das Redaktionskomitee die Arbeiten an der Notverordnung beenden, so daß die Notverordnung im Laufe deö morgigen Vormittags in einer abschließenden Sitzung vom Reichskabinett ver abschiedet werden kann. Morgen nachmittag wird der Reichskanzler den Reichspräsidenten aufsuchen, um seine Unterschrift unter die Notverordnung einzuholen. Reichskanzler Tr. Brüning und RetchSaußenminister Tr. Ciirttus verlassen sodann morgen abend gegen V»i2 Uhr Berlin und treffen Donnerstag früh in Hamburg ein, von wo sie nach England Weiterreisen. tnstanzen überzeugt ist. Auch werden die Löhne und Preise trotz aller politischen Hemmungen auf da» Niveau sinken, da» wirtschaftlich tragbar ist, wenn erst einmal die Tarif verträge von dem politischen Zwang befreit werden, so daß wieder, wie früher, Arbeit-Verträge unter der ausschließ lichen Verantwortung der Vertragschließenden zustande- kommen können. Zwei Eingaben de» ReichSlandbundrs Berlin, 2. Juni. Auf Grund der Pressemeldungen über die kommende Notverordnung hat der ReichLlandbund heute an den Reichskanzler und an den Minister für Er nährung und Landwirtschaft zwei Schreiben gerichtet, in denen gegen gewisse der geplanten Maßnahmen Bedenken erhoben werden, namentlich gegen die Verdoppelung der Zuckersteuer und den Abbau der Getreidezölle. Gefordert wird ein stärkerer Schutz der Milch- und Molkereiproduk tion, insbesondere die Erhöhung deS Butterzolles und die Aufhebung des NachtbackverboteS. Heute abend Abreise deS Reichskanzlers und deS Außenministers Berlin, 3. Juni. Reichskanzler Dr. Brüning und RetchSaußenminister Dr. Curtius werden heute abend nach England zu der Unterredung mit den britischen Ministern nach ChequerS abreisen. In der Begleitung fahren Ober- regterungsrat Plank, Gesandtschaftsrat von Plessen und als Dolmetscher Dr. Schmidt mit. Bedenken der Industrie gegen die bevorstehende Notverordnung Berlin, 2. Juni. Der Reichsverband der Deut schen Industrie teilt mit: Der bisher bekanntgegebene In- halt der bevorstehenden Notverordnung hat bei der Indu strie eine starke Enttäuschung und Besorgnis hervorgerufen. Man steht in der Absicht, im Wege einer Krisensteuer eine neu« direkte Belastung des Einkommens zu schaffen, einen überaus verhängnisvollen Entschluß, der sich dahin aus- wirken muß, daß zum Nachteil aller schaffenden Stünde weitere Mittel der Kapitalbilduna entzogen werden. Damit wird die Mutlosigkeit nur vergrößert und jeder Ansatz zu einer allmählichen Besserung der Wirtschaftslage erneut gefährdet. Bei aller Würdigung der Schwierigkeiten in den Finanzen kann die Absicht der Regierung, ein« neue Besteuerung deS Einkommens etnzuführen, insbesondere des halb nicht verstanden werden, weil die Regierung wieder- holt und in programmatischer Form selbst erklärt hat, daß sie jede neue steuerliche Belastung für einen schweren Febler hält Die kürzliche Erklärung deS AkbeitSministerS, daß er nicht in der Lage sei, die staatlichen SchlichtungStnstan- zen für wettere allgemeine Lohnsenkunsen-ur Verfügung zu stellen, wird in oer Industrie dahin verstanden, daß der Minister selbst von der UeberflüssiM dieser Schlichtung-« veulscßlanü und üie Abrüstung Danzig, der Korridor und DberWesleu «läufig über Pari». Die Revision der Ostgrenze sei «in ««Lot nationaler und internationaler Gerechtigkeit. Als zweiter Redner sprach sodann Landrat a. D. Sotth«tm«r. M. d. R., über „Die Lag« Ostpreußen»." Die Losreibung Ostpreußen, vom übrigen deutschen Reiche, dl, Schaffung de« polnischen Korridors und die Abtrennung de, Memel- und des Soldaugebiete, ohne Erforschung d«, Willen« der einheimischen Bevölkerung sei einer der Willkürakte d«, v«r sailler Diktates, der die tiefste Wurzel der heutigen Wirtschaft«»«« Ostpreußens ist. In erster Linie werde von den ungeh«ur«n Wirt schaftserschwernissen die ostpreußische Landwirtschaft betroffen, die zudem mit einer gewaltigen Steigerung der Produktionskosten, der steuerlichen und sozialen Lasten zu kämpfen habe, ohne daß die Preisbildung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen dafür «inen Ausgleich biet«. Die Folge sei eine dauernde Unrentabilität und eine gewaltig« Verschuldung der Landwirtschaft, di« in d«m wirtschaftlichen Zusammenbruch vieler Betrieb« in ununterbroche ner Folge der letzten Jahre zum Ausdruck komm«. Di« HUfrmaß. nahmen des Reiches und Preußens hätten diesen Verfallserschei nungen bisher keinen wirksamen Einhalt gebieten können. R«L«n der Landwirtschaft litten Handel, Handwerk und Industrie, di« mit der Landwirtschaft Ostpreußens auf Gedeih und Verderb ver bunden seien, auf« schwerste. Infolge dieses allgemeinen wirtschaftlich«» Niedergang«, stl«n die Komunen nicht mehr in der Lage, die gesteigerten Fürsorge lasten zu tragen, geschweige denn kulturell« Einrichtungen, di« man in besseren Zeiten geschaffen, auszubauen oder auch nur in wün schenswertem Maße aufrecht zu erhalten. Da» bedeut« «inen kulturellen Rückgang, der gerade bei der Vorpostenstellung Ost preußens aufs tiefste bedauert werden müsse. Di« Bevölkerung«, bewegung, die seit Jahren in einer starken Abwanderung zum Ausdruck komme, könne auch außenpolitisch von verhängnisvoller Auswirkung werden. Daher sei es nicht verwunderlich, daß die Aspirationen des polnischen Nachbarn auf Ostpreußen geweckt und genährt würden. Dieser Gefahr entgegenzuwirken, sei die Auf gabe des gesamten deutschen Volkes und setz« di« Bildung «ine» einheitlichen nationalen Willen« voraus. Da« Thema „Danzig und der Korridor* behandelt« als dritter Referent Professor Dr. Grimm-Essen in etwa folgender Weise: Von allen Fragen de« Versailler Ver trages, die zu einer Revision drängten, sei die Frag« „Danzig und der Korridor" eine der dringlichsten. Da» sehe man auch im Auslande ein. Mit der Begründung, daß Polen «inen Zugang zum Meere haben müsse, habe man den Korridor geschaffen. Dan zig sollte der Hafen für Polen sein. Aber Polen habe Gdingen gebaut und führe einen erbitterten Wirtschaftskrieg gegen den Hafen von Danzig. Es wolle die Danziger niederzwingen, um noch nachträglich die weitergehenden Pläne zu verwirklichen, di« e» in Versailles nicht habe erreichen können. So sei Danzig und d«r Korridor eine ständige Bedrohung des Friedens. Wenn «« eine höher« Gerechtigkeit gebe, so werde hier da» System von Ver sailles zuerst zusammenbrechen. Ob das System de« Völkerbun des gut sei und ob auf diese Weise eine Revision d«r Unmöglich keiten des Vertrages erreicht werden könne, werd« di« Zukunft lehren. Jedenfalls müßten die Korridor- und die Danziger Frag« dringend gelöst werden, sonst werde die Welt niemals au- dem Zustand der Unruhe und des Thaos herauskommen, in den sie der unmögliche sogenannte Friedensvertrag von Versailles versetzt habe. Als letzter Redmr referierte Prälat Ulitzka über „Oberschlesten und da» Unrecht von T«nf." Das Genfer Unrecht habe damit begonnen, daß man über die Staatszugehörigkeit Oberschlesten« überhaupt diskutiert«. Nach den Wilsonschen Punkten, welch« die Erundlag« de, waffenstill. - standes und des Friedensvertrages bilden sollten, sollte nur „un bestritten polnisch«» Land" an Polen abgegeben werden. Ob«», schlesien sei aber nicht nur nicht „unbestritten polnische« Land sondern deutscher Land. Das ergebe sich zunächst aus der Geschichte, di« ausweise, daß Oberschl«sten s«it 700 Jahren von Polen ge- trennt s«i. Demzufolge sei die Wirtschaft und Kultur Ohechchl»- siens deutsch geworden und deutsch geblieben. Der Tharakt«r und di« national« Gesinnung der Bevölkerung seien ebenfalls deutsch. Trotzdem habe man es gewagt, im ursprünglich«« Fried«n»vertrag Oberschlesten Polen zuzut«Uen. Unter dem Druck der gewaltigen Proteste gegen dies« Entscheidung sei der Bevölkerung dann die Volksabstimmung gewährt worden. Obwohl «im fr«t« Willens kundgebung der Bevölkerung unterdrückt worden sei, hatten sich gg Prozent der Bevölkerung für da, verbleiben bei Deutschland entschieden. Das Unrecht gegen Deutschland sei dann vollendet worden durch di« Zerreißung Oberschlesten« in zwei T«il«, wobei gerade der wirtschaftlich wertvollste Teil, da» zentrale Industrie gebiet, Polen zufiel, obwohl gerad« dieser Teil Oberschlesten« «im klare Abstimmung für Deutschland gebracht, hatte. Der Nachweis, daß die Grenzziehung in Oberschlesten «in offensichtliche» Unrecht bedeutet, sei von hohem praktisch-polttischen Wert. Zur ^rreichunz d«, Ziel«, sei notwendig, daß wir da» uns mrbltebem Ober schlesten pfleglichst behandelten. Di« Sorg« für die bedroht«» Grenzgebiete se, Pflicht des gesamten Volkes, zu deren Erfüllung all« Deutschen zu den größten Opfern -»rett sein müßte«. Die Tagung des Arbeitsschnlles Deutscher Verbände Dresden. DI« Reichstagung de» Arbeitsausschüsse, Deut scher Verbände wurde am Dienstag vormittag mit einem Referat „ des Generalleutnants a. D. Metz sch über di« Abrüstung fortge- Ttese Arbeiten setzt. Er führt« u, a. au», daß der gegenwärtige Stand der Ab- rüstung ungünstiger sei denn je. Da» entwaffnete Deutschland stehe einer geschlossenen Aufrüstungsunion gegenüber. Die maritimen Selbstbeschränkuugen dienten der Verbilligung im Nahmen eine« tragbaren Gleichgewichts unter allerlei Vorbehal- ten. Weder die deutsche Vorausleistung noch da» Genfer Proto koll, weder Locarno noch Kellogg, weder die fünfjährigen Ver handlungen der Abrllstungskmmission noch der Kriegsverhütungs pakt, den Deutschland 1l)28 Leim Völkerbund angeregt habe, hätten die Abrüstung gefördert. Vielmehr liege jetzt als vor läufiges Ergebnis dieser Verhandlungen ein Konventionsentwurs vor, der den Gerüsteten alle wesentlichen Freiheiten, dem entwaff neten Deutschland aber nicht nur alle Versailler Fesseln lasse, son dern sogar darüber hinaus Deutschland di« einzige Rüstungsfrei« heit nehme, nämlich die freie Bestimmung des Wehrhaushalte». Der deutsche Vertreter hab« daher diese» Machwerk als «inen Ver trag gegen die Abrüstung bezeichnet, der für Deutschland unan nehmbar sei. Deutschland werd« bei Len kommenden endgiltigen Abrüstungsverhandlungen an dem Ziele der Abrüstung der Ande ren festhalten, weil es damit auf festem Nechtsboden bleib« und weil wahrscheinlich das deutsch« Volk um so bereiter sein werde, die nötigen Folgerungen aus dem Scheitern d«r Abrüstungskonse- renz von 1.S82 zu ziehen, je gründlicher alle Rechtsmittel erschöpft seien. Deutschland fordere: Parität der Sicherheit, der Vergleichs grundsätze und der Abrllstungsmethoden, Einbeziehung der aus gebildeten Reserven und des lagernden Kriegsmaterials, direkte Rüstungsbeschränkung, Offenlegung der Rüstungen, Abschaffung der schweren Angriffswaffen, Verbot des Bombenabwurfs aus offene Plätze, des chemischen Krieges und seiner industriellen Vor bereitung sowie Beseitigung oder Zweiseitigkeit der entmilitari sierten Zonen. Es sei außerdem bereit, jede Garantie der natio nalen Sicherheit zu fördern, lehn« jedoch di« indirekte, d. h. di« budgetär« Rüstungsbeschränkung als völlig untauglich ab. Wenn man diesen Verhandlungsweg gehe, so brauch« man an seinen Er folg deswsgen nicht zu glauben. Es gelte daher, di« deutsch« Oeffentlichkeit schon jetzt mit dem wahrscheinlichen Scheitern der endgiltigen Abrüstungskonferenz und mit neuen Verschleppung», versuchen vertraut zu machen. Es gelte, auf «inen einmütigen festen Entschluß hinzuwirken: entweder völlige Gleichberechtigung zum Zwecke der nationalen Sicherheit oder völlige wehrpolitische Handlungsfreiheit. Man dürfe vom Staat« erwarten, daß er den Fall eines Mißerfolge» der Abrüstungsverhandlungen gründlich durchdenke, um dann mit einem wohl vorbereiteten Wehrplan hervorzutreten' An einem Wettrüsten ?önne dem verarmten Deutschen Reiche nichts liegen. Es komm« vielmehr darauf an, den Zustand minderen NUstungsrechts endlich Wettzumachen, der weder der nationalen Ehre, Sicherheit und Bedeutung Deutsch lands noch gewissen Vertragspflichten der Siegermächte entspreche. General Metzsch erntete für sein« Ausführungen den lebhaften Beifall der Versammlung. An den Vortrag schloß sich eine längere Aussprache. Der Dienstagnachmittag war den Fragen der deutschen Ost grenz et» gewidmet. Als erster Redner sprach ReichstagsabgeordnLter Lemmer über „Die deutschen Ostgrenzen im allgemeinen". Der Versailler Vertrag habe durch die osteuropäische Grenzziehung ein Werk der Zerstörung und nicht des Aufbaues geschaffen. Das gelte auch für die unglückselige Grenze, di» zwischen Deutschland und Polen gezogen sei. Diese Grenze habe sinnlos und verant. wortungslos wirtschaftliche und kulturelle Einheiten zerstört. Die Schaffung des Korridors sei «in geradezu dämonischer Einfall ge- wefen, um von vornherein die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen zu vergiften. Nun versuche Polen durch Kampftarife seiner Eisenbahn die deutsche Ostmark noch mehr zu schwächen. Die Grenzziehung werd« von Polen in erster Linie unter strategischen Gesichtspunkten gesehen, während sie für Deutschland eine mora- lisch« und wirtschaftlich« Angelegenheit sei. Der Korridor bleibe «Ine ständige Verletzung des deutschen Nationalgefühl» und die deutsch-polnische Grenzsituation bedeute «in« Gefährdung de» europäischen Friedens. Der Redner bekannte sich zur politischen Revistansmethode und zur europäischen Zusammenarbeit aller Nationen und lehnte entschieden jede kriegerilche und gewaltsam« Methode-ab. Lemmer erörtert« zum Schluß die Bedeutung der deutsch-französischen Beziehungen für die Förderung der deutschen Revisionsbewegung im Osten. Der Revistonsweg führe zwangs-