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Eibeblati für Riesa, Strehla und deren Umgegend. ^49. Dienstag, den 8. Dekember 1857. Bom Larr-tage. Dresden, den 4. December. Im Lause der letzten acht Tage hat nur die Erste Kamme», und zwar am 28. Nov., eine Sitz ung gehalten. Die Urtheile mancher Leute im Pub likum sind über die scheinbare Unthätigkeit, welche die Kammern jedesmal zum Anfang ihrer Session bekunden, höchst befremdlich und ungerechtfertigt, weil sie au- einer gänzlichen Verkennung, ja nicht selten geflissentlichen Nichtbeachtung der gegebenen Verhältnisse entspringen. Wir erlauben uns daher- die Meinungen Ununterrichteter oder Befangener in dieser Beziehung etwa« aufzuklären. Sobald die Eonstituirung des Landtags, wie wir sie in den letzten Nummern d. Bl. geschildert haben, erfolgt ist, werden zuvörderst den neu erwählten vier De putationen diejenigen Gegenstände zur Berathuug und späteren Berichterstattung übergeben, welche theilS von der Regierung an die Stände ergangen sind, theilö von vielen anderen Seiten in Form von Pe titionen und Beschwerden an dieselben zu kommen pflegen. Namentlich aber find die Regierungsvor lagen zuweilen sehr umfänglicher Natur, wie denn z. B. der zahlenreiche RecheuschastSbericht sammt Budgetvorlage 44, die Advokaten- und Notariats ordnung 16 Octavdruckbogen umfaßt, und es liegt für jeden Unbefangenen auf der Hand, daß die zu deren Berathung erforderlichen Deputationssitzun- gen, das AuSarbeiten und Motiviren der dabei ge faßten Beschlüsse durch die bestellten Referenten, der Druck der betreffenden Berichte u. s. w. eine ge raume Zeit in Anspruch nehmen, ehe sie berathungS- reis für die Kammern werben, will man nicht einer in so wichtigen Landesangclrgenheiten höchst unge rechtfertigten Ueberssürzung und Eile d«S Wort reden. Man hat nun viel davon gefaselt, daß mau doch die Kammern einstweilen aus so lange verta» gen möge, bis die Deputationen mit den ersten Ar beiten fertig sind. Aber es ist dies einmal höchst unthnnlich, weil das Bestehen der Deputation»» verfassungsmäßig die Zuziehung anderer Kammer, Mitglieder, denen sie Kenntniß von irgend welcher Angelegenheit zutrauen, nicht ausschließt, diese also für mögliche Fälle zur Haud sein müssen. Dann aber, was soll auch eben dadurch sehr gewonnen werden — denn die Tadler haben doch nur die pekuniären Interessen der Gesammtheit, nicht die mit dem Aufenthalte aus dem Landtage für die Einzelnen verbundenen Unzuträglichkeiten im Auge— ? Rechnet man die 8 Direktorial« und die 52 De putationsmitglieder aus beiden Kammern ab, die während der VertagungSreit doch hier bleiben muß. ten, sowie diejenigen 15 Mitglieder der Ersten und Zweiten Kammer, welche theilS zufolge ihrer Qua lität, theilS weil sie ihren Wohnsitz in Dresden ha ben, keine Tagegelder beziehen, so reducirt sich die Gesammtzahl der 112 Kammermitglieder, deren einstweilige Remuneration erspart werden könnte, auf die geringe Anzahl von 37. Berücksichtigt man hierzu, daß auch von diesen letzteren zu jeder Zeit sich immer mehrere aus Urlaub befinden, deren Re muneration dann einstweilig wegfällt, und bringt man dann die Reisespesen hin und zurück wieder in Anschlag, welche den Kammermitgliedern im Fall einer immerhin nur kurzen Vertagung gewährt wer den mußten, so stellt sich die etwaige Ersparniß als «in beziehungsweise sehr geringe und ganz bestimmt nicht als eine solche heraus, welche mit den aus einer Vertagung entspringenden Unzuträglichkeiten nur in irgend ein Verhaltniß zu bringen wäre. Die Stenographen und deren Expedienten, dar Canzlei- und Dienerpersonal müßten selbstverständ lich unterdeß präsent gehalten werden und ihre Ge halte fortbeziehen. Es wird aus dieser kurzen Dar legung zur Genüge sich Herausstellen, wie voreilig und unberufen die Räsonnrments Solcher find, welche sich über die dermalige Stille beim Landtage und die Nichtvertagung aus Zeit beschweren wollen. Anlangend nun die obenerwähnte Sitzung der Ersten Kammer, so können wir darüber kurz sein. Es wurde darin über die nachträgliche Genehmi gung der Stände berathen, welche die hohe Staats regierung in Bezug aus die bereits unterm 25. September 1856 erlassene Verordnung über einige die Miiitärrechtspflege betreffende Bestimmungen verfassungsmäßig erfordert hatte. Es ward diese Genehmigung nach weniger Debatte einstimmig er« theilt. Den Schluß bildete die Wahl zweier Mit glieder und zweier Stellvertreter für den ständischen Ausschuß zur Verwaltung der Staatsschulden, aus welcher beziehentlich die Herren Oberbürgermeister Pfotenhauer und von Römer auf Neumark, sowie die Herren Kammerherr von Zehmcn und Amts hauptmann von Egidy heryorgingen.