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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerationS- vrei« 22^ Sgr. ss THIr.) vierteliShrlich, 3 THIr. für da« ganze Jahr, ahne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man yränumerirl aus diese« Lneramr-BIatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. Staats-Zeitung (Friedri<d«gr. Nr. 72); in der Provinz so wie im Ausland« bei den Wohllöbl. Post - Aemiern. Literatur des Auslandes. 74 Berlin, Montag den 21. Juni 1841 Frankreich. Winke zu einer Geschichte der Moden.") Jedermann weiß, wann das Weib anfing, fich zu verhüllen. Als Eva in den Apfel gebissen hatte, wurde fie ihrer Nacktheit inne und bekleidete fich mit einem Feigenblatte. Welche Form dieses Ur kleid gehabt habe, ist uns freilich nicht einmal durch die Tradition überliefert, so viel aber vermittelst Philosophie und Geschichte her ausgebracht, daß es weder eine Robe, noch ein Hemde, noch ein Corset war. Darauf trat eine zweite Periode ein; die Frauen hüllten fich in die Felle der Thierc, welche ihre Männer unv Brüder auf der Jagd erlegt hatten, bis endlich die Kunst, die Wolle zu spinnen und zu weben, aufkam. Als Bewohnerinnen der heißen Himmelsstriche suchten sie begierig nach Erleichterung dieser so be schwerlichen Kleidung und machten die angenehmsten Entdeckungen in der Pflanzenwelt, die einen viel müheloseren unv leichteren Stoff zur Bekleidung darbot. So trugen die Juden lange Zeit nur ein linnenes Kleid, das bei ihrem heißen Klima hinreichenden Schutz ge währte. Auch die Griechen trugen ein solches, aber nur als Ober- kleid (bas Pallium), unmittelbar auf dem Körper ein Wollengewand Umgekehrt die Babylonier; das nächste war ihnen das Hemde, darüber breitete sich ein wollener Mantel. Schon damals verstand man die Gewebe so fein wie unsere Gaze zu bereiten, die im ganzen Orient getragen wurden; es sind die von Rom aus so berühmt gewordenen Coischen Gewänder, so durchsichtig, daß ehrbare Frauen anfangs sie nicht zu tragen wagten, bis mit der wachsenden Sittenverberbniß auch diese Scheu verschwand und Vie Courtisane um ihre verächtliche Auszeichnung kam. In den Rom unterworfenen Provinzen war die Römische Tracht herrschend; die Französinnen aber trugen noch einen Stock, dessen Knopf die Gestalt eines Vogels oder Thicreö darstellte. Die zweite Gemahlin des Französischen Königs Robert (s- 10»,), Constanze, schlug in einer Aufwallung von Zorn ihrem Beichtvater Stephan mit ihrem Stock die Augen aus. Die Rom entlehnte Kleidung, welche lange Zeit unvcränvert beibehalten wurde, hatte die Gestalt einer weit herabfallcndcn Tunika und schloß dicht unter dem Halse mit einer Krause. Weiberrock, Lorre, war der allgemeine Namen. Königinnen und Prinzessinnen trugen bei feierlichen Gelegenheiten noch einen langen Hermelin-Mantel darüber. Unter Ludwig dem Heiligen und seinen Nachfolgern ließen die Evelbamen in ihre Kleider die Wappen ihres Hauses sticken; Witwen zogen darüber ein weißes Skapulier mit schwarzen Streiken, den svmbolilch auSgedrückten Thränen, oder ernc Eordclwre, während andere Damen einen mit Gold und Edelsteinen garnirten Gürtel hatten. In dieser Zeit nahm der Lurus so überhand, daß Philipp der Schöne demselben durch Gesetze steuern zu müssen glaubte. Hiernach durften Herzoge, Grafen und die reichsten Barone ihren Frauen jährlich nicht mehr als vier Kleider machen, minder begüterte Damen durften in gleicher Zeit nicht mehr als ein neues anschaffen, ferner nur die Frauen großer Herren die Elle Stoff für 3t) Sous tragen, Frauen bürgerlichen Standes zu Ist SouS, wobei in Anschlag gebracht werden muß, daß dieser Geldwerts) etwa das Zweifache des heutigen betragen würde. Aber diese ganze Beschränkung war nicht von Dauer. Unter Karl V. (f >380) verfertigte ein Pariser Schneider für eine Frau du Gütinais eine Stöbe, in welche fünf Ellen Brüsseler Tuch gingen, die Schleppe reichte bis zur Erve, unv die Aermel fielen dis aus die Füße; dies war gegen das Verbot des Konzils zu Montpellier, das gegen Ablauf des zwölften Jahrhunderts stattgc- funden und bei Strafe des Kirchenbannes die Roben, welche wie Schlangenschwänze endigten, untersagt hatte. — Unter Karl VI. (f 1422) waren Vie Leinwandhemden noch eine Seltenheit; der ge wöhnliche Stoff zu Hemden war Serge. Isabelle von Bayern setzte sich großer Nachrede aus, daß sie zwei linnene Hcmven hatte; denn ein Hemde schien ein so übertriebener LuruS, baß man, um es sehen zu lassen, die Enden am Schluß der Aermel und am Halse bervor- ragen ließ. Dies ist der Ursprung der Manschetten unv der Busenkrausen. Im fünfzehnten Jahrhundert fingen die Damen an,, ihren Hals und einen Theil der Brust zu entblößen, um die kostbaren Halsbänder und Ohrringe sehen zu lassen. Die Aermel wurden mit Frisuren Ikwwi-» pes Nr. Naymond^ I Voll «8. besetzt, und die langen Röcke fegten den Boden. Unter Karl V III., Ludwig XII. und Franz l. (1483 — 1547) brachten die Jtaliänischen Kriege und die Berheirathungen des Französischen Königshauses mit . den Jtaliänischen Fürsten-Familien den Geschmack an Jtaliänischen Moden nach Frankreich; man trug die Arme nackt, die Röcke kürzer, so daß die Fußspitzen zu sehen waren. Als Franz >. und Karl IX. (f 1574) Prinzessinnen aus dem Oestcrreichischen Hause heiratheten, theilten die Spanischen Moden die Herrschaft mit den Jtaliänischen. Die Hüftenwulste, die Vorgängerinnen der Reifröcke und noch lächer licher als diese, die steifen Kragen, die ausgeschnittenen und gezack ten Röcke und Aermel brachen sich Bahn in Frankreich. In dieser Periode nannten sich die Hofdamen, nach dem offenen Schnitt ihres Busens, ü I» grauste gorge; die Aermel hatten eine außerordentliche Weite und jeder eine andere Farbe. So trugen sich auch die Männer, selbst der König. Sammet war noch übermäßig theuer; daher begnügten sich auch vornehme Herren, bloß den Vordertheil ihres Rockes von diesem Stoffe, die Rückseite von Ostade, einem leichten Zeuge, zu tragen. Zum ersten Mal kamen auch Stecknadeln in Gebrauch; sie waren im Jahre 1543 in England fabrizirt worden. Um ihren Nutzen ganz einzuschen, erfahre man, baß bic Damen bis vahin sich hölzerner, feingespitzter und biegsamer Sprossen bedient hatten. Eben so fingen die Masken an, in Aufnahme zu kommen; sie wurden ver mittelst eines kleinen stählernen Stäbchens befestigt, an dessen Ende sich ein gläserner Knopf befand, den jede Dame im Munde hielt und wodurch sic ven Ton der Stimme änderte. Man nannte sie s.ony8, Wölfe. Die Portraits aus Karl's IX. RegierungS-Jahren zeigen uns die Damen in Röcken, von vorn aufgeschlagen und mit Perlen und Edelsteinen reich gestickt, darunter aber einen kurzen Rock, die Aermel weit, Herabhangend, mit Pelz verbrämt, oder in Bauschen, ober aufgeschlitzt, oder in gleichmäßigen Zwischenräumen durch Perlen oder Bänder in Lagen zusammengcfaßt, ven Hals und die Schultern entblößt, auch mit Perlen oder rautenförmigen Edelsteinen geschmückt. Auch getheilte Aermel, wo die sogenannten langen abgenommen wer den konnten, kamen vor. Die ersten Spitzen wurden aus Venedig und Genua cingc- führt; sie machten so schnelle Fortschritte, daß Ludwig Xlll. im Jahre I62U durch ein Gesetz verbot, solche zu tragen, wovon Vie Elle mehr als 3 Livres kostete. Da aber die ausländischen Spitzen durchgängig höher zu stehen kamen, so errichtete er dergleichen Manufakturen in Frankreich, und daher schreibt fich auch der Ur sprung der berühmten Fabriken in Alenyou und Argenton. Unter Heinrich IV. (s- istiO) wurden die Rcifröckc so weit, daß der Kanzler vc l'Hnpital sic durch ein Lurus-Gesetz beschränkte; aber die Weiber gehorchten nicht. L'Estocle °) erzählt in seinem Jour nal, daß bei einer Taufe des SohncS einer Frau von Sourbis die schöne Geliebte des Monarchen, Gabrielle d'EstreeS, in einer schwarzen Atlas-Robe erschien, die mit Schmuck und Perlen so über laden war, daß sie sich nicht auf ihren Füßen stehend erhalten konnte. Derselbe erzählt weiter, daß er bald darauf ein Taschentuch, für dieselbe Gabrielle bestimmt, zu Gesicht bekommen habe, bas mit lllOO Thalern bezahlt worben scy. Unter Luvwig XIII. (s 1843) hörte man auf, bic breiten Wülste zu tragen, aber das Oberkleiv hatte Flügel, die auseinanderschlugen, um das reiche Untergewanv zur Schau zu tragen. Als man unter Ludwig XIV. (11143-1715) ven Diamant zum Brillanten schneiden lernte, wurden die Edelsteine nur um so beliebter. Unter Ludwig XV. (s- >774) fing man an, die Masken durch eine große Menge Schönpflästcrchen zu ersetzen, wovon jedes für eine gewisse Stelle im Gesichte einen besonderen Namen hatte. An den Augenwimpern angebracht, hieß das Pflästerchen passionirt, mitten auf der Stirn majestätisch, auf dem Wangcngrübchcn das muntere, aus der Mitte der Wange galant, im Mundwinkel küsser lich, aus der Nase frech, auf der Lippe das kokette, auf einer Finne das verheimlichend?. Auch jetzt trug man wieder Rcifröckc, aber von rundem Schnitt, und die so gekleideten Damen mußten einen Flügel ihres Kleides nach vorn nehmen, wen» sie in Gedränge kamen oder einen schmalen Weg zu paffircn batten. Alles, auch die Frauen des Handwerkerstandes, trug Rcifröckc; sogar auf der Bühnc, gleich 'l Pierre Lc I'Eüocic, der Vater de« Claude de l'Estoele, Herrn Vvn- ^aunan, war Kroß Audiencier in der Kanzlei zu Pari« und swrieb ein aourwU So rrxa« <t<i lloari III., das in neueren Ausgaben den Titel SI«»lviri« paar «errir a l^dlstoiro ll« Lraor« Nil,'N Es ist fortgesetzt von Vouges.