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Nummer 134 — 28. Jahrgang Erl-etm «mal »vcheiit!. «lt den Miistr. LraNtdrUagen .Die Well' uns Für Misere Nein«» Leute', sowie den »«ltdetlagrn »Gt. Benno-Blatt', »Unterhaltung und Wissen', .Dt, Welt der yra»', «erztltiher Ratgeber'. Da» gut« Buch', .«Umrund, sckau». Monatlicher «ezuggdret» s Mt. elnschl. Bestellgeld. Utnzelnummer 1« 4 Sonnabend. u. Sonntagnummer SV «. Hauptschrtstlelter! De.«. L>»»e,»r. Dreiden. Donnerstag, -en 13. Iunt 1S29 >v,rla,»or«i Dredde» Iln,etae«peet>«, Dte Igespaltlne P«M,elle 80 ^ Familien- an,eigen ».Stellengesuche »oz. DlePetttrrllamezeil«. 89mm breit, I stsür Anzeigen außerhalb des Berbreiiungdgebieler «oz diePeitlretlamezeil« I.ttO^e. Brietgeb.»«»^, Im «alle HSHerer vtewatt erlitchi ,ede Beivllichtung aut Ltelerung sowie Srtüllung v. Anzeigen.Auitrdge» u. Leistung U. Schadenersatz. Geichtistlicher I«U Artur Lenz. Dresden. tSeschiistSftell«, Den««.Verlag i «ermanta, für Verlag und Dructeret.Filiale Dresden, DreSden.A-t. Polieriiratzet?. Nernrui21012. Bosischeikl.nio Dresden r7uL Bantionio, seodtrar«' ceredge» -ir. «itiM Für chrisUiche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen VolkSzritnng DreSden-AItsiad' l. Poiierstrahe N. szernriu 2071t und »1012. Kommende Konferenzen Die politische Konferenz über -en Poung - Plan — Mac-onal-s Staatsbesuch und die Abrüstung Lehren der Relchsanleihe M) Die zweite Nachinflationsanleihe des Deutschen Reiches, die 7prozentige steuerfreie Reichsanleihe von 1929. auf deren erste Rate von 300 Mill. Rm. nur rund 178 MM. Rm. gezeichnet worden sind, ist ein Mißerfolg gewesen; es wäre falsch, sich über diese bedauerliche Tat sache irgendetwas vorzumachen. Wir sind im Gegenteil der Ansicht, daß es nur im Interesse einer ge sunden Finanzpolitik — die aller Ziel sein mutz — liegen kann, wenn die Gründe für das unbefrie digende Ergebnis sorgfältig untersucht — und deutlich beim Namen genannt werden. Eine „heimliche" Finanzpolitik gerade öffentlicher Körperschaften ist stets vom Uebel. Man suche die Gründe auch nicht in Oberflächlichkeiten. Nichts anderes ist es nämlich, wenn das Versagen der An leihe mit ungenügender Propaganda durch die Reichs bank erklärt wird. Allerdings war die Werbung ein Kuriosum (die Inserate wurden — wie kundige The» baner sagen — nach Zeitungslisten vergeben, die vor anderthalb Jahrzehnten für die Kriegsanleihen aufgestellt worden sind). Diejenigen, aus die man wohl gerechnet hatte, die großen kapitalkräftigen Kreis« und Institute, brauchen für ihre Entscheidungen weder Kenntnis noch An reiz aus einem Inserat, wenn es sich um ein Objekt wie die Reichsanleihe handelt. Und die kleinen und mittleren Kapitalbesitzer haben ja das Eros der Zeichner gestellt. Eine bessere Propaganda hätte also am Ergebnis sicherlich nicht viel geändert. Die Gründe müssen tiefer liegen. Es sei sofort zugegeben, daß diese Anleihe in ihrem Zeichnungstermin ungewöhnliches Pech gehabt hat. Kurz vor ihrer Auflegung erwachte die Börse aus monate langer Lethargie zu neuem Leben, eine bis heute anhal tende Haussebewegung fesselte «inen erheblichen Teil be freien Kapitals für Spekulationszwecke. Der Geldmarkt stand ferner unter dem Druck der Krvdttrestriktionen der Reichsbank, allerdings nur noch in der ersten Zeichnungs woche: denn in der zweiten waren die Beschränkungen be reits im wesentlichen aufgehoben, so daß schließlich die Re striktionspolitik das Zeichnungsergebnis kaum wesentlich beeinflußt haben dürfte. Eher noch dürfte das durch da» Verhalten eines Teiles der Banke« geschehen sein. Keineswegs alle Banken (im Gegenteil, eine ganze Reihe hat sich redliche Mühe gegeben, um der Reichsanleih« einen Erfolg zu verschaffen), aber doch einige unter ihnen wollten nicht gern einen Teil ihrer Depositen an die Reichsanleihe verlieren. In der deswegen frostig betriebenen Werbung ist die Erklärung für das ungleiche Zeichnungsaufkommen bei den einzelnen Banken zu finden. Aber auch hiervon hätte an sich der Anleiheerfolg keinen ernsten Schaden nehmen können, weil diejenigen Kreise, an die sich das An» leihebegeyren hauptsächlich richtete, die Grobvermögens besitzer, sich auch ohne übermäßige Propaganda seitens ihrer Banken an der Zeichnung beteiligt hätten, wc-nn nicht andere, letzthin entscheidende Gründe ihre Zu rückhaltung bewirkt hätten. Am stärksten verwunderlich an dem unerfreulichen Aus gang der Reichsanleihe ist die offensichtliche Erfolglosigkeit ihrer — auf den ersten Blick jedenfalls — günstigen Aus stattung. Sie ist bekanntlich mit wichtigen Steuer- Nachlässen und -erleichterungen versehen worden, weil man ganz sicher gehen wollte. Dieser besondere Anreiz scheint aber die Anleihe gerade in den Augen derer verdächtig gemacht zu haben, denen sie die größten Vorteile bot, den Großkapitalisten. Eine so bevorzugte Behandlung waren diese seit langem nicht gewähnt und sie hatten sie am wenigsten erwartet von einem sozialistischen Finanz minister. Es ist verständlich, daß sie nach dem Grund des ungewöhnlich« Vorganges suchten — und sie brauchten nicht weit zu gehen, um ihn zu finden. Alle Welt, und sie be sonders, wußten, daß diese Anleihe eine ausgesprochene Not anleihe des Reiches war, notwendig gemacht durch die schlimmen Kassenverhältnisse, die sich jeden Ultimo schwerer überwinden ließen. Da war es kein Wunder, daß die Schatten der langsam absterbenden ersten Reichsanleihe auftauchten, die von einem für einen Etat wie den des Reiches etwas zu temperamentvollen Finanzminister aus gegeben worden war. Die Reinhold-Anleihe hat ihren Zeichnern (ebenso wie dem Reich) noch keine Freude berei tet, — obwohl seinerzeit der Reichsfinanzstatus noch erheb lich besser war als heute. Ueber diese üblen Erfahrungen konnte den für eine Zeichnung wesentlichen Kreisen auch nicht die Ausstattung hinweghelfen, zumal sie rein vom Gesichtspunkte des An leiheerfolges gesehen — und in Anbetracht der unleidlichen Verhältnisse auf dem deutschen Kapitalmarkt unzureichend war. Weniger wegen der gebliebenen Schenkungssteuer, deren Fortfall Steuerhinterziehungen Tür und Tor geöff. net hätte und daher von niemand hätte vertreten wer>Ln können, als wegen des „Nachher". Die Laufzeit der An leibe beträat bekanntlick fünf Jahre, sie ist kündbar zum Die heutige Nummer «nthält die Beilage „Unter. haltungundWlssen-. Amerika lobt Macdonald Washington, 12. Juni. Hier wurde erklärt, daß die geplante Reise Macdonalds nach den Vereinigten Staaten zur Erörterung der englisch- amerikanischen Beziehungen und der Verminderung der See rüstungen von der amerikanischen Negierung lebhaft begrüßt werden würde. Dies ist das erstemal seit Bekanntwerden des Plans Macdonalds, daß die Haltung der amerikanischen Negie rung in der Angelegenheit autoritativ und ausdrückli festgestellt wird. Im Weißen Hause wurde mitgeteilt, daß der neue Bot schafter in London, General Daives. der am Freitag in Eng land eintrifst, mit Macdonald die Frage des Besuches erörtern und dem Premierminister versichern werde, daß ihn ein herz licher Empfang erwarte. Der britische Botschafter Sir Esme Howard sprach heute im Staatsdepartement vor, und bracht«, wie verlautet, die ge. plante Amerikareise des englischen Premierministers zur Sprache. Bisher hat Präsident Hoover keine formelle Ein ladung ergehen lassen, aber in diplomatisclM Kreisen nimmt man an, daß dies der nächste Schritt sein wird. Außer den Seerü st ungen wünscht Macdonald, wie es heißt, auch die Frage der interalliierten Schulden zu erörtern. Amerikanisch« amtliche Stellen sind indessen der Ansicht, daß diese Frage auf der Zusammenkunft nur in soweit besprochen werden würde, wie die englische Schuld an Amerllra in Frage kommt. Auch die neuen amerikanischen Tarifbestimmlungea sollen «inen Gegenstand der Aussprache bilden. Neuyork, 11. Juni. Der amtlich« Gerald" terichtct, daß Hoover beschlossen hat MaeDonald «in« persönlich« Einladung z« «ine« Besuch i« Sommer za übermitteln. Der amerikanisch« Botschafter Seneral Dawe» soll di« Einladung bet seinem Amts antritt in London überreichen. Ein« ähnliche Einladung erhält »oransstchtltch «nch der kanadisch« Minister präsident. MarDoirald hat auch de« Vorsitzenden des A«» wärtigea Ausschusses, Senator Borah, mitgetetlt, daß er den Wunsch habe, selbst nach Amerika zu kommen. Die gesamte amerikanische Presse mißt dem Besuch des englischen Minister präsidenten in Amerika die allergrößte Bedeutung bei, besonders im Hinblick auf die Lösung der Flottenfrage. Die amerikanischen Retseplän« MaeDonald», die inzwischen die Presse beschäftigten, hoben ihren Ursprung in einer vor drei Wochen ergangenen Einladung Hoovers an Baldwin, di« von diesem an seinen Nachfolger weiter gegeben wurde und durch General Daweg be stätigt werden dürfte. In Washington und auch hier hat das Projekt angenehme lleberraschung, aber auch unleugbar eine gewisse Nervosität ausgclöst, die nicht ganz unberechtigt ist. Man macht sich Sorge wegen der optimistischen Popularität. 1. FuN 1934. vzw. von diesem Termin ab auslösbar. Die Großkapitalisten aber, denen es vermöge ihrer vielfachen internationalen Beziehungen relativ leicht fällt, ihr Geld an den Ort des geringsten Steuerdruckes zu legen, erkannten leicht, daß sie durch eine Zeichnung von Reichsanleihe in der entsprechenden Höhe ihr Vermögen für die nach ihrem Ablauf wieder einfetzende Besteuerung offengelegt hätten. Dieses „Opfer" war ihnen die Neichsanleihe sichtlich nicht wert, um so weniger, als nicht minder gut ausgestattete ausländische Anleihen vorhanden sind, die diese „Gefahr" nicht bieten. Es sei hier dahingestellt, ob daher ein General» pardon angebracht gewesen wäre. Man kann wohl der Ansicht sein, daß, da einmal „a" gesagt war, man auch hätte „b" sagen sollen; vielleicht hätte sogar ein General pardon das trotz seiner Halbheit nicht weniger gefährliche Mittel, das das Bukett der ausnahmsweisen Stenernach- lässe darstellt, überflüssig gemacht: dieser Schritt mar aber von einem sozialistischen Finanzmintster nicht zu erwarten — obwohl er sich vielleicht hätte rechtfertigen lasten mit der Absicht, den Eeneralpardon als Auftakt zu der neuen Finanzpolitik zu benutzen, reinen Tisch zu schaffen zur Hereinziehung der in das Ausland geflossenen Kapitalien.- Den Erfolg Hütte allerdings auch hierbei nie mand garantieren können, jedoch dürfte er eine größere Wahrscheinlichkeit für sich gehabt haben. Es ist zu hoffen und auch wohl allzunehmen, daß sich die zuständigen Stellen aller dieser Für und Wider der Reicksanleibe von Anfang an bewußt gewesen sind, und die der Plan schon seht gentestt und wle gewöhnlich dte Er wartung der Oejsentlichkeit ins Phantastisch« treibt. Das offizielle Organ der Labour Party, der „Daily Herald", geht mit dem schlechtesten Beispiel voran, indem er nicht nur die Diskustion der Flottenabrüstungsfrage im engeren Sinne und die Wiederaufnahme der verschleppten Schieds» vertragsverhandlungen, sondern auch des Seckriegsrechts und sogar der interalliierten Schulden in Aussicht stellt. Präsident Hoover ist bekanntlich ein entschiedener Gegner einer verfrühten Inangrissnahme der Seerechtsfrage, und die amerika nische Schuldenpolitik ist selbstverständlich unverändert. Es steht jedoch fest, daß zum mindesten in der letzteren Frage die Absichten MacDonalds nicht mit den Prophezeiungen des „Daily Herald" übereinstimmcn. Slresemann bei Brian- Madrid» 12. Juni. Die erste Besprechung zwischen Tr. Stresemann und Briandl-at gestern von 17 bis 18 Uhr im Hotel Ritz, dem Wohn sitz Briands, stattgefunden. Wie vorläufig verlautet, hat cs sich da bei um eine erste Fühlungnahme über Ort, Datum und Programm der künftigen Regierungskoiifercnz wegen der Rheinland»» um ring gelgindclt. Ebenso hat man über die Erledigung der Minderheitenfrage vor dem Völkertzundsrat ge sprochen. Der ln Madrid emMscnde Außenpolitiker des „Matin' äußert sich zu den Besprechungen, die Dr. Stresemann und Briand in Madrid über außerhalb der Tagung des Böllerbundsrates lie gende Themen hatten, u. a.: Es wäre bedauerlich, wenn die beiden Außenminister ihre Mußestunden nicht benutzen würden, um schon jetzt das Terrain zn erforschen und kostbare Zeit zn gewinnen. Keine Regierung könne ihnen das übelnehmen, wenn es durch Ihre Initiative möglich sein werde, in der Zukunft falsche Manöver und Umwege zn ersparen. Die Endentscheidung bleibe vollkommen frei. Aber man iilüsse genau wissen, wa» eine Begegnung im Ge folge habe und man müsse die Nachteile kennen, die sich für Frank reich ans nnnützen Verzögerungen ergeben könnten Zum mindesten eine Entscheidung könne der Meinungsaustausch herbeisühren, näm lich den andercn interessierte,, Mächten schon jetzt Oil und Zeit punkt des Zusammentritts der politischen Konferenz vorzuschlagc» und die technischen Vorarbeiten hierfür zu beschleunigen. Der Sonderberichterstatter des „Journal' in Madrid be richtet über die gestrige Unterredung Stresemann—Briand, es scheine, daß..Dr. Stresemann, um die küustigeu Verhandlungen nicht zu verwickeln, darauf verzichtet habe, schon jetzt über das politische und finanzielle Problem des Saargebietes zu vertändeln. Briand würde auf eine derartige Beliaudlung auch nickt eingegauge» sein, obwohl es sich um eine besonders Frankreich und Deutschland interessierende Frage handele. des Risikos, das sie mlt ihrer Auflegung eingingen. Alle Möglichkeiten vor ihrer Auflegung in der Oeffenilichkeit zu erörtern, war nicht angängig wegen der überraschenden Schnelligkeit, mit der die Anleihe ausgeführt wurde, und weil eine solche Erörterung dem Ergebnis kaum forderlich gewesen wäre. Das Risiko war jedenfalls so groß, daß es die Anleiheoperntion zu einem gefährlichen Experiment machen mußte — zu einem Extwriment. das man wohl besser unterlassen Hütte. Es besteht leider kein Zweifel, daß sich die Neichskassen an jedem Ultimo von dem Gespenst der Jlliquidität bedroht sahen; aber daran hat auch dis jetzige Anleihe wenig geändert; sie hätte nicht einmal viel ändern können, wenn ihre erste Rate voll gezeichnet wor den wäre (mehr konnte man gar nicht erwarten). Zu mindest der Herbst hätte bereits neue tiefergreifcnd« Maß » ah m e n notwendig gemacht. Mit oder ohne An leihe. auf die Mithilfe der Banken war man immer an gewiesen; die des Reiches sicher nicht würdigen Kanossa- gänge werden jedenfalls auch jetzt nicht unterbleiben. Richtiger wäre es daher wohl gewesen, die hohe Zinsen last, die jeder neue Ultimo dem Reiche zwar bringt, noch einige Monate weiter aus sich zu nehmen und unter allen Umständen zu versuchen, zunächst noch — vielleicht bis zn>N September — die flüssigen Mittel, gleichwo, Herzubolen. Wir geben zu, daß das ein bitterer Rat für di^ Reichsfinanzbehörde ist, aber sie hätte in der Zwischenzeil arbeiten können a„ einem Progra in m , das ihr nachhe« dauerhafte Sicherheit bot. dauerhafter jedenfalls^