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,W«i-eritz-Zeitung" .scheint wöchentlich drei- al: DienStag, Donners- >a und Sonnabend. — rei« »ierleljührlich 1 M. ; Psg., zweimonatlich l Pfg., einmonatlich 42 fg. Einzelne Nummem j Pfg. — All« Postan alten, Postboten, sowie « Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehnc in Dippoldiswalde Das JoMisttllgtsch im Nkichstagk. In einer dreitägigen, groben und an Zwischen fällen reichen Debatte ist im Reichstage über das So zialistengesetz diskutirt und schließlich über dessen Ver längerung entschieden worden. Die Wortführer der Opposition suchten hauptsächlich nachzuweisen, daß das Sozialistengesetz gegen das Umsichgreifen der sozial demokratischen Propaganda nichts genützt habe. Da bei handelte es sich aber vor allen Dingen doch darum, festzustellen, was man durch das Sozialistengesetz über haupt bekämpfen wollte und in wie weit eine Bewegung der Geister durch Gesetze zu bekämpfen ist. Durch das Sozialistengesetz kann kein Attentat unmöglich gemacht werden, durch dasselbe kann Niemand verhindert werden, sozialrevolutionär zu denken und heimlich auch andere Bürger für sozialrevolutionäre Pläne zu gewinnen, wohl ist aber durch das Sozialistengesetz erreicht worden, daß die sozialdemokratische Agitation sich nicht mehr mit cynischer Frechheit breit machen und die leicht reiz baren Massen vergiften kann. Geltend gemacht wurde dann von der Opposition auch, man solle das sozial demokratische Gsst nicht unterdrücken, sondern aus dem kranken Volkskörper herauslassen und an der Oeffent- lichkeit wirksam bekämpfen. Diese Meinung hat schein bar etwas für sich, aber auch nur scheinbar und nicht in Wirklichkeit. Denn zunächst krankt gar nicht unser ganzes Volk an der Sozialdemokratie, sondern nur ein Theil des Volkes und es gilt, die gesunde Mehr heit vor der sozialrevolutionären Gährung zu bewahren, deshalb ist auch, wie Fürst Bismarck sehr treffend aus führte, die Sozialdemokratie vielmehr mit einer noch kleinen Feuersbrunst, als mit einer keimenden Krank heit vergleichbar, und Niemand wird eine Feuersbrunst erst groß werden lassen, um sie wirksam unterdrücken zu können, sondern er wird stets versuchen, sie im Keime zu ersticken. Nicht genug kann aber hervor gehoben werden, daß die Sozialdemokraten gar nicht mit logischen Gründen für ihr Programm eintreten, sondern daß sie lediglich alles Bestehende im Staate und in der Gesellschaft verhetzen und verleumden und sich im Uebrigen an die rohe Begehrlichkeit, jene ge fährliche Leidenschaft im Menschen, die aller Laster Mutter ist, wenden und mit dieser aufgestachelten Be gehrlichkeit natürlich ganz andere Wirkungen erzielen, als wenn man den Arbeitern von Tugenden, von Be scheidenheit, Sparsamkeit und Fleiß, als ihren besten Helfern, predigt. Und gegen jene niederträchtige sozial demokratische Propaganda sollte der Staat nichts thun sollen oder können?! — Freilich soll dies nicht nur durch Unterdrückungsmaßregeln geschehen, diese existiren nur für die sozialdemokratischen Agitatoren und Wan derapostel und die sozialdemokratische Presse, während die große Masse des Volkes mit nachsichtiger Belehrung von dem sozialistischen Schlaraffenlands abgewandt werden muß und den Arbeitern von Rechts- und Staatswegen, wie Fürst Bismarck betonte, Arbeit ge geben werden muß, so lange sie arbeiten können, und Pflege und Unterhalt durch die Unfalls- und Alters versorgung, wenn sie nicht mehr arbeiten können. — Was sonst in der dreitägigen Debatte über Anarchisten und Sozialdemokraten, Nihilisten, Rußland und Deutsch land, Attentate und Dynamit, Welfen und Hannover, gesprochen und exemplifizirt wurde, sind nur neben sächliche Dinge, welche nur die eine oder andere Mei nung klarlegen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die beiden Extrazttge, die die Generaldirektion der Staatsbahnen monatlich ans der Strecke Hainsberg-Kipsdorf zum Anschluß an den 11.10 Uhr m Dresden abgehenden sogen. Theaterzug abgehen lassen wird, werden, wie wir hören, am 4. und-20. eines jeden Monats verkehren. — Am 13. Mai Mittags und Abends zogen über unsre Gegend mehrere Gewitter, deren Regen den Fluren die nöthige Erquickung brachte. Trotzdem das erste von Graupeln begleitet war, hat man von an- gerichketem Schaden nichts vernommen, doch ist anzu nehmen, daß dasselbe, da es in der Gegend des Müglitz- thales mehrere Stunden lang feststand, dort sehr schwer aufgetroffen sein muß. — In Altenberg hat es der art geschloßt, daß die Straßen ganz weiß waren, den Bäumen hat das Wetter argen Schaden gethan. — Während des gestrigen Gewitters hat der Blitz Mittags 1 Uhr in das dem Konsortium gehörige Rittergut Pretzschendorf geschlagen und im zweiten Wohngebäude, sowie im Zug- und Zuchtviehstallge bäude, mehrfache Beschädigungen angerichtet. — In gleichen schlug der Blitz Nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr in den an das Wohnhaus des Schmiedemstr. Eichler in Lauenstein angebauten Stall und tödtete 3 im Stalle befindliche Kühe. Der Blitz ist zunächst in die ganz nahe der Stallmauer stehende hohe Linde gefahren, hat deren Rinde in wenig sichtbarer Weise abgeschürft und ist hierauf ohne wahrnehmbare Spuren in den Stall eingedrungen. Dadurch, daß der Strahl nicht gezündet hat, ist größeres Unglück für Lauen stein verhütet worden, denn bei etwaigem Brande würden die Pfarre, Kirche und viele andere Häuser gefährdet worden sein. — Am Nachmittag des 12. Mai erhing sich in Höckendorfder 59jährige.Maurer und Hausbesitzer Carl Gottfried Gutte, zweifellos infolge von Schwer- muth, an welchem der Genannte schon vor längeren Jahren gelitten hat. Geising. Der in Dresden lebende Rentier Carl Dietrich, welcher bereits der hiesigen Schützengesellschaft im vorigen Jahre ein namhaftes Legat übergeben, hat der Stadt Geising aufs Neue eine Schenkung von 75000 Mark testamentarisch vermacht, deren Zinsen an 25 Arme 'im Beträge von je 150 Mark zu ver- theilen sind. /x Glashütte, 12. Mai. Gestern, Sonntag den 11. Mai, fand das diesjährige Anturnen unseres hie sigen Turnvereins statt. Dasselbe wurde mit der üblichen Neveille eröffnet. Kurz vor 2 Uhr Nach mittags, zu welcher Stunde der Auszug stattfinden sollte, hatte unser Turnverein das Vergnügen, eine Abtheilung des noch sehr jungen Turnvereins von Schmiedeberg und Umgegend begrüßen zu können; derselbe nahm auch am Auszugs theil. Unter Musik, Trommel- und Pfeifenklang zog der ziemlich große Zug nach dem Turnplätze, woselbst Herr Fabrikant Großmann eine Ansprache hielt, und zwar erläuterte er in seiner Rede den alten Turnspruch: „Frisch, fromm, fröhlich, frei, Turners ew'ger Wahlspruch sei!" Nach viertelstündiger Pause traten alle Turner zu den Frei übungen an, welche vom Turnwart Herrn G. Schmidt geleitet wurden. Auf die Freiübungen folgte unmittel bar das Riegenturnen; den Schluß bildeten Turnspiele. Programmgemäß fand um 7 Uhr der Einzug statt; vor dem Wegtreten dankte der Vorstand des Schmiede berger Vereins, Herr Hippe, im Namen der anderen anwesenden Mitglieder für die herzliche Aufnahme und lud den Glashtttter Verein zu einer Turnfahrt nach Schmiedeberg ein. Um 8 Uhr versammelte man sich in dem Saale des „Gasthofs zum goldenen Glase". Zunächst wurde den Anwesenden durch Aufführung zweier Einakter ein theatralischer Genuß geboten. Der hierauf sich anschließende Ball, der durch einen sehr zahlreichen Damenflor verherrlicht war, wurde durch einen Chinesen - Reigen unterbrochen, welcher von 22 mit Chinesen - Hut, -Zopf, -Bart und -Kragen beklei deten Turnern aufgesührt wurde und große Heiterkeit erregte. Es machte sich leider wieder der Mangel eines schönen, großen Saales hier geltend, denn der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt und er bei der großen Zahl von Tänzern und Tänzerinnen viel zu wenig Platz gewährte. — Denen, welche gewöhnt sind, das turnerische Leben unseres Ortes mit auf ¬ merksamem Auge zu verfolgen, bot dieses Fest Anlaß zu Betrachtungen erfreulichster Art. Zunächst fiel die ungewöhnlich starke Anzahl der Theilnehmer am AuS- und Einzuge und am Turnen auf. Diese Steigerung der Frequenz ist wohl zum Theile dem lebhafter er wachten Sinn für Leibesübungen zuzuschreiben. An- derentheils ist sie aber auch die Folge einer Verfügung des Aufsichtsrathes der deutschen Uhrmacher-Schule, welche auf Grund ärztlichen Anrathens das Turnen zu einem obligatorischen UnterrichtSgegenstande für die Schüler macht. Diese Anordnung, welche man in hohem Grade zweckmäßig nennen muß, führt eine An zahl junger Leute, die sich bisher aus Bequemlichkeit oder Blasirtheit vom Turnplatz oder Turnhalle fern hielten, in den fröhlichen Kreis der Turner ein, wo sie sich bald heimisch fühlen werden. Die Uhrmacher- Schule zählt jetzt 50 Schüler und es ist begreiflich, daß eine solche Anzahl den Verein bedeutend anschwellt, wenn auch viele Schüler bereits aus eigenem Triebe dem Vereine angehörten. Außer diesem quantitativen Wachsen des Vereins konnte man auch in den turne rischen Leistungen entschiedene Fortschritte feststellen, die sich sowohl in vorzüglichen Einzelleistungen, als auch in gut ausgesührten Massenleistungen kundgaben. Je stärker und achtbarer der Verein somit dasteht, um so größer wird auch seine Anziehungskraft auch für Diejenigen einwirken, die sich bisher noch von ihm fern hielten. l><I Frauenstein, 13. Mai. Das vom hiesigen Gesangverein „Liedertafel" im Franke'schen Saale am Sonntag gegebene Concert hatte sich eines recht zahl reichen Besuches zu erfreuen. Aus der „Bergfahrt" von Abt wurden mehrere Stücke vorgeführt. Die wohlgelungene Ausführung derselben zeugte von dem Fleiße der auf die Einübung verwendet worden war. Einen sehr wohlgefälligen Eindruck machte das im „Forsthaus" aus der Ferne erklingende Waldhorn. Die übrigen Chorgesänge, Quartette rc. wurden eben falls präzis vorgetragen. Schließlich sei auch der beiden gemischt-chörigen Gesänge: „Das ist im Frühling mein Herzeleid" von Edgar Niesen und „Frühlingsbotschaft" von Eduard Niesen lobend gedacht, sowohl in Bezug auf die ansprechenden Kompositionen, als auch auf den guten Vortrag von Seiten der Sänger und Sän gerinnen. Dem Concert folgte ein gemüthliches Tänz chen. Bis in die frühen Morgenstunden verweilten die zahlreichen Freunde des liebenswürdigen Ge sangvereinsdirektors Herr» Postverwalter Riesen, der an diesem Tage sei» Wiegenfest feierte, in echter Sanges brüderlichkeit bei einander. Möchte Herr Riesen, welcher im nächsten Jahre sein 25 jähriges Jubiläum als Di rektor der hiesigen Liedertafel feiert, noch recht lange den Verein in dieser Eigenschaft leiten! — Von heute Nachmittag 2 Uhr an zogen mehrere Gewitter über hiesige Stadt. Das eine war mit Schloßen begleitet, welche namentlich in Obernassau, Oberreichenau und Hermsdorf stark auftrafen. Im letztgenannten Orte lagen dieselben 3 Zoll hoch, und noch gegen 7 Uhr sah man am Waldrande die Schloßen leuchten. Ein Blitzstrahl fuhr in die Telegraphen leitung und zerstörte die Spindel des Telephons. Dresden. Prinz Friedrich August ist am 12. Mai zum Antritt seines Universitäts-Studiums nach Straßburg abgereist. — Vom 12. bis mit 21. d. Mts. finden auf dem Platze hinter dem letzten Heergeräthschuppen der Ka serne des 1. Feldartillerieregiments Nr. 12 Kranken trägerübungen und vom 13. bis mit 24. d. Mts. auf demselben Terrain die Hebungen eines Sanitäts detachements statt. Zu den erstgenannten Hebungen sind Unteroffiziere und Mannschaften aller Fußtruppen des königl. sächs. Xkl. Armeekorps, mit Ausnahme' des in Straßburg in Garnison stehenden 6. Infanterie regiments Nr. 105, befehligt, zu letzteren Hebungen Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage det Blattes ein« s«hr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder der«» Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg.