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Frei,«». 28- 186S. Erscheint . Wcil;cri1;-Ac»1ung. HL Amts- und Inzkigt-Hlatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, /rauenstein und Altenberg. Verantwortlicher Siedacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 27. April. Unsere Stadt ist von einem Brandung! lick betroffen worden, das, so bedeutend es auch war, doch ungleich verheerender hätte werden können, wenn der während beS Feuers herrschende heftige Wind eine andere Richtung gehabt hätte, z. B. mehr der Stadt zugewendet, wo am Oberiborplatz und weiter die feuergefährlichsten Straßen sich befinden. Gestern Abend gegen ^26 Uhr brach in dem, in der nieder» Borstadt gelegenen Hause (oder dem Schuppengebäude) dcSLohgerbermstrS. Arnoldjun. auf bis jetzt noch unermittelte Weise ein Feuer ans, welches mit so rasender Schnelligkeit um sich griff, daß in der Zeit von kaum einigen Minuten außer diesem Hause noch 3 andere daneben und gegenüberstehende, allerdings sämmllich mit Stroh gedeckte, in bellen Flammen standen; cs waren dies die der vcrw. Frau Klotz, dem Gutöbes. Blankenstein (vordem dem Tischler Kaiser) und dem Oelschläger Lohse gehörigen Häuser. Die Inwohner konnten kaum das Leben retten, so schnell stürzten ihre Häuser zusammen. Fast zu gleicher Zeil aber gingen zwei, am sog. Plane ge legene Scheunen, eine dem Zimmermstr. Schmidt, Die andere dem Schloffermstr. Kern und Schuhm. Oeser gehörig, die durch Flngfener entzündet waren, in Flammen auf. Kaum aber wußte man dies, so tönte der Schreckcnsruf „Feuer!" ans der Altenberger Straße (sog. hohler Weg), wo, und zwar ebenfalls durch Flugfeuer, da« über große Gärten dahin geführt war, alsbald 5 Häuser in voller Gluth standen. Die selben gehörten dem Schuhm. Lohn er, dem Schuhm. Siegert, dem Hanbarb. Gietzelt (vordem dem Glaser Richter), dem Handarb. Böhme und dem Zimmermann Garten. Auch hier konnte äußerst wenig gerettet werden. Bis auf eines hatten diese Häuser keine harte Dachung; das der Vorstadt zu ge legene, an'S Feuer grenzende, mit Ziegeln gedeckte und mit Brandgiebel versehene Haus des Bäckermstr. Ebert schützte die unteren Häuser vor dem schrecklich tobenden Feuer, das also zusammen 9 Wohnhäuser und 2 Scheu nen wegraffte. Der Wwe. Klotz sind auch zwei Ziegen und eine Gans verbrannt. Es sind durch dieses Brand unglück 26 Familien (mit 86 Köpfen) obdachlos ge worden, zum größten Theil den ärmeren Ständen angehörend; fast keiner der Profeffionisten Hal sein Handwerkszeug gerettet. An thätiger Hülfe von hier und ganz besonders auch von auswärts hat es, Golt sei Dank, nicht gefehlt. Außer 5 Spritzen unserer Stadt waren 26 aus umliegenden Orten und aus weiterer Entfernung ans den 3 Brandstätten eingetroffen, sie leisteten rühmlichste Hülfe und hielten zum großen Theil bis nach Mitternacht und gegen Morgen tapfer aus. Besonders waren Mannschaften mit ihren Spri tzen aus der Umgegend sehr thätig in der nieder» Vorstadt, wo sie das Feuer zu löschen suchten und die anliegenden vielen Scheunen und Wohnhäuser kräftig schützten. Unsere, erst in der Entstehung begriffene und noch gar nicht eingeübte Turnerfeuerwehr hat durch ihre Ruhe und Sicherheit bei Darreichung ihrer kräf tigen Hülfe sich das beste Lob erworben. — Bon sämmtlichcu Abgebrannten hat leider Niemand sein Mobiliar versichert, aber auch nicht versichern können, da keine Gesellschaft sie angenommen „wegen Feuer- gefährlichkeit der Häuser oder ihrer Umgebungen." Der Agent der Triester Gesellschaft, Herr Pönig, der mit abgebrannt, konnte bei seiner eigenen Gesellschaft sein Mobiliar rc. nicht versichern. — Alsbald wird ein Hilfs«Komitee sich bilden und um Genehmigung einer Sammlung für die Abgebrannten nachsuchen. Vor läufig werden in hiesiger RathSexpeditiou, sowie in der Expedition dieses Blattes, milde Gaben, besonders au Geld, angenommen. (Vergl. die Inserate.) Dippoldiswalde, 26. April. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick; im Thäle grünet Hoffnungsglück." Mit innigem Entzücken fühlen wir diese Worte Göthe'S nach; der einziehende Frühling, das anhaltend schöne Wetter läßt unö die Schreckensherrschaft des Winters vergessen, die der eisige Man» mit dem frostigen Herzen noch vor kurzer Zeit mit ellcnhohen Schneemaffen und Sturmgetöse über uns verhängte. Wie viele Herzen schlagen freudig dem Frühlinge entgegen, dem lieblichen Abbildc unserer Jugendzeit, von den Vögeln des Wal des besungen und von den Dichtern gepriesen i» zahl losen Liedern. „Der Dichter ist das Herz der Welt" und empfindet in gesteigerten Graden Lust und Schmerz der Menschheit nach und webt sie in vielfach verschlün- . gene Worte. „Kommt der Helle, lichte Morgen Nicht ' hervor aus dunkler Nacht? Lag nicht einst im Schnee verborgen tief des Frühlings Blüthenpracht?" So singt Eichendorff. „Und Frühling muß es worden und Frühling wird'S einmal, die Hoffnung laßt uns hegen auf allen nnscrn Wegen, trotz Leid und Qual!" So «röstet uns Hoffmann aus Fallersleben. In unserer poesielose» Zeit sind indeß die schrillen Pfiffe der Lo- comotivcn und das Geschnurrt der Räder und Maschi nen, die im Frühlinge bei freier Bahn und ausreichen dem Wasser wieder lebhafter im Schwünge find, be sonders für Aktionäre, die einzige und tiefgefühlteste Poesie. Merkwürdig, als sollten wir noch ein Wort aus Göthe'S Frühlingsschilderung zur Wahrheit werden