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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.11.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001109021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900110902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900110902
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-11
- Tag 1900-11-09
-
Monat
1900-11
-
Jahr
1900
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Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Freitag den 9. November 1900. Anzeige«-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Ls. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten («gespalten) SO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenanuahme 25 (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ./L UO.—, mit Postdesürderung 70.- . Äunahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag vou E. Polz in Leipzig. S4. Jahrgang. Die Wirren in China. Die Schlacht bei Tsukinglwa». Neber das erste größere Gefecht mit kaiserlich chinesischen Truppen, das unsere Landsleute nach dem Eintreffen des Grafen Waldersee auf dem ostasiatischen Kriegsschauplätze zu bestehen batten, ist dem „Berk. Loc.-Anz." von seinem Berichterstatter, Hauptmano Dannhauer, rin aus führlicher Bericht zugegangen, der mit großer An schaulichkeit den ganzen Verlauf des Kampfes schildert. Diese auf Grund eigener Beobachtungen entworfene Beschreibung bildet eine willkommene Ergänzung der kurzen amtlichen Meldungen und läßt erst in vollen« Umfang er kennen, welchen Schwierigkeiten sich unsere tapferen Krieger diesmal gegenübergestellt sahen, und in wie glänzender Weise der wohl vorbereitete Widerstand des Feindes gebrochen wurde. DaS Kabrltelegramm, daS erst mit Boten bis Peking befördert werden mußte, ehe cS den Draht erreichen konnte, lautet wie folgt: * Jtschou, 30. October. Die deutsch-italienische Abthei- lung unter Oberst von Normann, die im Begriff ist, von Poatingfn längs des Gebirges nach Peking zu marschiren, befand sich in der Nähe von Itschou, als gestern Abend die Vorhut unter Major von Förster meldete, daß der Weg durch die chinesische Mauer, die bei Korse die Provinz Petschili von Schansi trennt, im Westen von Itschou von Barrikaden versperrt sei, die mit Artillerie und Fußtruppen besetzt seien. Zwei Abteilungen von der 8. und eine von der 7. Compagnie des 2. Ost asiatischen Regiments unter dem Befehle des Majors von Förster wurden zur Aufklärung abgesandt. Heute Morgen ritt ich mit den ersten Truppen fort. Der Marsch ging bei schwachem Mondschein durch Hohlwege und Fluß bette, über Gräber und Steinmauern und war schon an sich eine glänzende Leistung, da die Truppen von dem gestrigen Marsche sehr erschöpft waren. Als der Morgen dämmerte, lag am Ende des Thales vor uns ein Abhang, der sich bis zur Höhe von vierhundert Metern erhob. Wir sahen ein Thor und zwei Tdürme auf der einen Seite und am anderen Ende des Paffes eine Mauer mit Thor. Die Ueberraschung war vollständig. Die Mauer wurde schnell genommen. Dann folgte ein unbeschreiblich schwieriger Weg über Schluchten und Schieferberge, die einzig für Maultiere passirbar sind; an mehreren Stellen war er durch Steinbarrikaden versperrt; die Berge ragten überall über den Weg und gestalteten den Chinesen fast überall, unsere Truppen von oben her zu bestreichen. Major von Förster drängte ohne Zögern vorwärts. Bei einem kleinen Dorfe stießen wir auf den Widerstand des Feindes. Nach einem kurzen, aber hitzigen Gefechte sahen wir die Chinesen ihre Posten in voller Flucht verlassen. Darauf recognoscirten wir kaiserliche Truppen. Als diese sich feindselig erwiesen, stießen wir kräftig vorwärts. Darauf erfolgte eine lange, regelrechte Beschießung der oberen Stellungen, von denen ein heftiges Feuer aus modernen Mann licher-Gewehren eröffnet wurde. Auch mit Granaten wurden unsere Leute beschossen. Unsere Linien drangen von Deckung zu Deckung unwiderstehlich vor. Eine Abteilung unter den Leutnants Mut her und v. Stock bausen klomm auf ter rechte«« Seite 300 Meter höber hinauf, uin den linken Flügel der Chinesen zu umgehen, während Major v. Wyneken daS Nämliche auf dem andern Flügel des Feindes unternahm. Im Centrum war eS namentlich die 8. Compagnie unter Hauptmann Bartsch, welche ins Feuer kam Major v. Förster führte trotz einer Wunde an der Hand (eine feindliche Kugel halte seine Mauserpistole ge troffen) mit brillanten« Elan den Angriff weiter. Außerdem waren während des ganzen Gefechts anwesend General von Gayl mit seinem Gefolge vom Hauptquartier, Oberstleutnant Wachs und der Maler Roch all. Kurz nach 6 Uhr batte das Gefecht begonnen. Nach drei Stunden ging der rechte Flügel zum Sturm über, nahm den Hügel mit dem rechten Tburm und feuerte auch von dort aus auf den Feind. Einige Minuten später drang Major von Wyneken, der nur fünf Mann bei sich batte, gegen den linken Thurm vor. Der Feind floh, ebne Wider stand zu leisten. Die Leutnants Mulber und v. Stockhausen eroberten die Schnellfeuergeschütze auf der Barrikade. Major v. Förster, Hauptmann Bartsch, Leutnant Wrede und Leutnant Hermann nahmen vier weitere Geschütze. Im Verein mit den Boxern nahmen noch drei Bataillone Mand- schus und außerdem reguläres chinesisches Militär unter den Generalen Wu und Dschi an dem Gefechte Theil. Die Unsrigen trieben aber, obwohl sie nur l 50 Mann stark waren, diese Truppen aus fast uneinnehmbaren Stellungen. Gegen 50Todte wurden später aufgefunden. Unsere Verluste am Ende des Gefechtes waren: 1 getödtet, und zwar der llnterofficier Gaffe (der Name scheint verstümmelt zu sein. Die Red.) von der siebenten Compagnie, 4 leicht und 2 Mann schwer verwundet. Major von Förster verfolgte sofort den Feind in südwestlicher Richtung und trieb ihn durch die hinter dem Paffe gelegene Stadt King Kwan, wo die deutsche Flagge gehißt wurde. Die Haltung der Truppen im Feuer war in jeder Hinsicht vortrefflich. Im letzten Stadium deS Kampfes erschien auch noch ein Detache ment englischer Pioniere auf dem Schlachtfelde, welche General von Gayl sofort nach dem rechten Flügel dirigirte, damit sie an dem allgemeinen Vordringen und der Ver folgung theilnäbmen. Der Rest der Abtheilung Normann konnte nur geringen Antbeil an den Ereignissen nehmen, aber ihr Vormarsch, besonders der der Artillerie, auf kau««« t assirbarrn Wegen war rin IN«:,'«, stück. Di: Gegend präseutirt sich als eine bochpittoreske Derglandschaft. Zn beiden Seiten und im Westen sah man die riesigen Reste von ungeheuren Mauern in der Art der großen Mauer bei Schau-hai-kwan. In mannigfachen Krümmungen erklettern sie an beiden Seiten die Gipfel der Berge, aber dort endigen sie, so daß sie keinen zusammenhängenden Schutzwall bilden, sondern ein für sich bestehendes gigantisches Bollwerk. Das deutsch-englische Abkommen. * New Aork, 8. Novcmbcr. Eine Depesche des „New Port Herold" aus Washington meldet: Aus berufenster Quelle verlautet, daß keinerlei Einvernehmen zwischen Rußland, Frankreich, den Vereinigten Staaten und Japan besteht, um dem deutsch-englischen Abkommen das Gleichgewicht zu halten. Einmal verpflichtete sich Japan für die deutsch-englische Abmachung, außerdem seien aber in dieser Rich tung weder Rußland, noch Frankreich an die Regierung der Ver einigten Staaten, noch diese selbst an irgend eine Nation heran getreten. (Wdrhlt.) Peking. Ein „Reuter" Telegramm aus Peking meldet, daß die Stadl fast ganz wieder ihr altes Aussehen angenommen hat, nur di: große Anzahl von fremden Soldaten, denen man begegnet, zeigt an, daß sich etwas verändert hat. Außerdem ist in der Nähe der Gesandtschaften ein Theil der Stadt, der ungefähr 2^ Quadratkilometer bedeckte, vollständig zerstört. Die Chinesen sind jetzt zu der Uebcrzeugung gekommen, daß sie von den Ver bündeten nichts zu fürchten haben, und nehme«« deshalb ihr: Geschäfte wieder auf. Das japanische Viertel ist ganz besonders dicht bevölkert. Diejenigen, die nicht in der Lage sind, Läden z«« miethen, bauen sich Buden an der Straße und be treiben dort ihre Geschäfte. Nach dem japanischen soll das britische Viertel das bestbevölkerte sein. Der Berichterstatter meint, die Engländer schienen sich in geschäftlicher Hinsicht ain besten mit den Chinesen zu verstehen. Das deutsche Viertel sei am leersten. Als die Deutschen das russische Viertel über nommen hätten, seien die Chinesen alle fortgezogen, offenbar, «veil sie geglaubt hätten, daß die Deutschen den Tod des Frei herrn v. Ketteler rächen wollten, der in diesem Theile der Stadt ermordet wurde. Jetzt sähen die Chinesen ein, daß die Deutschen sie auch nicht schlechter behandeln, als die anderen, und sie be gännen deshalb bereits zurückzukehren. Fast jedes Haus der Stadt trägt die Fahne einer der verbündeten Nationen. Es wird Alles gethan, um die Chinesen zu veranlassen, zurückzu kommen, und es macht keine Schwierigkeiten, Lebensmittel für den Winter zu erhalten, obwohl die Preise ziemlich hoch sind. Oer Krieg in Südafrika. Tie Vocrensammluiig des Alldeutschen Verbandes. Die „Alldeutschen Blätter" (Berlin) schreiben: Bon den 10 000 die der Geschäftsführende Ausschuß des Verbandes zur Unterstützung der aus Transvaal Aus- ge wiese i« en bewilligt hat, sind bisher 3727,20 verwendet worden, mit den 36 Personen unterstützt wurden. Aus der sich ergebenden Durchschnittsziffer von etwas über hundert Mart auf den Kopf ergiebt sich schon, daß es nicht unsere Absicht war, den Leuten blos Almosen zu geben, die ihnen von einem Tage zuin anderen forthelfen, sondern ihnen wirklich zu helfen, sich eine neue Existenz zu gründen. Die Leute machen, wie wir aus der persönlichen Vorstellung derselben auf der Ge schäftsstelle oder den Berichten unserer Vertrauensmänner ent- iwhmen konnten, meist e:m.« guten Eindruck; viele geben, ohne von uns dazu aufgcfordert zu werden, das Versprechen, die Unter stützungen zurückzuzahlen, sobald ihre Entschädigungsansprüche in günstigem Sinne erledigt sind. Vielfach waren sie anfangs, trotz des besten Willens zur Arbeit, dazu nicht fähig, weil sie durch die Seereise auf überfüllten Schiffen und bei schlechter Er nährung in ihrer Gesundheit zu sehr heruntergebracht waren. Die meisten haben Sachen und Ersparnisse zurückgelassen; es wäre bei nur einigem guten Willen der englischen Behörden eine Leichtigkeit gewesen, dieselben abzuholen. Sie haben nun sämmt- lich ihre Schadenersatzansprüche beim Auswärtigen Amte in Berlin angemeldet; wie verlautet, soll sich die englische Regierung bereit erklärt haben, den Effectivschaden zu ersetzen; was be deutet der aber im Vergleiche zuin Verlust einer gesicherten Lebens stellung, die die «neisten von ihnen sich schon geschaffen hatten? Einige der Ausgewiescnen waren auch bereits Transvaaler Bür ger, hatten aber entweder ihre hieraufbezüglichen Papiere noch nicht erhalten, oder hatten, wie dies ihre Pflicht war, gegen die Eng länder gekämpft und verschwiegen nun ihre Bürgerschaft, uin nicht nach St. Helena oder Ceylon verschickt zu werden. Diejenigen, die das Bürgerrecht nicht erworben hatten, waren größtentheils neutral geblieben. Unter den Ausgewiesenen sind fast alle Stände vertreten: Ar beiter, Handwerker, Kaufleute, mehrere Eisenbahnbeamte; alle kamen völlig mittellos hier an und suchen nun Arbeit. Unsere Unterstützung ist ihnen hierbei schon deshalb werthvoll, weil sie nun »oenigstens ihre Kleidung soiveit in Stand setzen konnten, daß man sie nicht von vornherein abwies. Aber trotzdem ist es für sie nicht leicht, unterzukommen; den Bemühungen unserer Mitglieder ist es aber theilweise gelungen, einige mit Stellen zu versorgen. Erwähnt sei, daß die Verlags firma Schröder einige Ausgewiesene mit dem Vertrieb des Werkes von Major Schcibert über den Boerenkrieg betraut hat, sowie daß die genannte Firma sich bereit erklärt hat, von jeder Be stellung des 10 kostenden Werkes, die ihr durch unsere Ge schäftsstelle zugeht, 4 c// an unsere Boerensammlung abzuführen: wir bitten daher Mitglieder, die geneigt sein sollten, das erwähnte Werk zu kaufen, dies durch Vermittelung unserer Geschäftsstelle in Berlin zu thun. Einzelne der Ausgewiesenen wären auch in der Lage, in unseren Ortsgruppen gegen Honorar über ihre Er lebnisse zu sprechen, und wir bitten Ortsgruppen, die davon Ge brauch machen wollen, sich an die Geschäftsstelle zu wenden. „Englische Vürgerwchren". Mit welchen Mitteln die Regierung des Herrn Chamberlain für alle Zukunft gegen die Bocren und Afrikander vorzugehen gesonnen ist, das geht in schlagender Weise aus der unter dem 12. Octobcr in den Cap-Zeitungen veröffentlichten Notiz des „High-Cominissioners" von Südafrika, Sir Alfred Milner's, dieses scrupellosen und nur allzu willigen Werkzeuges seines Herrn und Meisters, hervor. Dieselbe lautet wörtlich: „Nefugiös werden darauf aufmerksam gemacht, für den Fall, daß sie nach dem Transvaal zurückkehren wollen, daß alle britischen Unter- thanen, die körperlich dazu befähigt sind, zum Dienste in der Bürgerivehr zur Vertheidigung des betreffenden Platzes und seiner Nachbarschaft aufgerufen werden können. Die Mitglieder dieser Bllrgerwehren müssen an gelegentlichen Waffenllbungen und Paraden theilnehmen. — Jeder britische Unterthan, der nicht gewillt ist, sich als Mitglied der Stadtgarde zu melden, sollte daher vorläufig seine Rückkehr nach dem Transvaal aufgeben resp. verschieben." Der Zweck dieser Proclamation liegt unverkennbar auf der Hand: Es sollen dadurch alle holländischen Afrikander und „sonstige britische Unterthanen" in der Cap-Colonie und in« Naial vom Transvaal ausgeschlossen werden, die sich weigern, Bocren niederzuknallen, und so sollen thunlichst nur Jingo-Colo nisten durchgelassen werven. Milner weiß natürlich ganz genau, daß kein einziger holländischer Afrikander auf diese Be dingung unweigerlicher britischer Dienstpflicht eingehen wird, und auf diese Weise jede Möglichkeit und Chance verliert, irgend welchen professionellen oder kaufmännischen Posten wieder zu er langen, den er vielleicht vor Ausbruch des Krieges in den occu pirteir Landestheilen innegehabt hat. Das Eigenthum solcher Afrikander, das überhaupt im Freistaat und im Transvaal jetzt noch existirt, muß dabei selbstverständlich gänzlich verloren gehen oder mit großem Verluste verkauft werden, so daß also schließ lich, wenn erst der große „Boom" einsetzt, sich bald der ganze Grundbesitz n. s. w. in den Händen von „loyalen" Unterthanen befinden wird. Als aber das Transvaal-Gouvernement seiner Zeit die Verpflichtung aller Uitländer, die Bürger werden wollten, im „Commando" Dienst zu thun, zu einer seiner Bedingungen sine qua non machte, da waren die Engländer die ersten, gegen eine solche „Vergewaltigung" sich aufzulehnen und Capital daraus zu schlagen. Und jetzt soll die gleiche Maßregel als Mittel zum Zweck dienen, um dem Afrikanderthum in den beiden Republiken gründlich den Garaus zu machen. Ganz und gar englisch! " Pretoria, 5. November. (Meldung des „Reuter schen Bureaus«.) Es verlautet, General De Wei sei bei einem Ge secht bei Rensberg Trist an« Bein verwundet worden. Fenilleton. Sy Der Lundschuh. Roman von Woldemar Urban. Nachdruck verboten. Etlwa eine Stunde später stand er hinter der Wagenburg, die den inneren Ort schützte. Da wollte es ihm rm Flackerlicht der brennenden Häuser und Holzstöße scheinen, als ob ixe Wagen sich bewegten. Ein lauter Tumult und wildes Kämpfen scholl von dort her und — die Wagen liefen, wie es schien, von selbst auseinander, dem Feind ein« Gasse machend. Träumte er denn oder neckten ihn verflucht« Geister? Da stürmte auch schon fremdes Kriegsvolk in dichten Massen durch die so entstandenen Lücken. Wildes Geschrei und Hilferufen drang durch die Nacht. Sofort rannte Lenz Mayer herzu. „Was giedt's? Wie ging ldas zu?" hastete er heraus. „Es ist Alles verloren!" schrie ihm Jemand zu. „Die Italiener sind unter die Wagen gekrochen und schieben sie auf ihrem Rücken fort."*) Ein wildes ^Laufen und Rennen, Rufen und Schreien ent stand. Lenz Atayor, als ob er sich im letzten Augenblick noch auf ein« heilig« Pflicht besinne, 'sprang, «das bloße Schwert in den Härlden, nach der kleinen Kirche, di« etwa fünfzig «Schritt von ihm entfernt stand. «Sie lag voller Verwundeter und Tod ter, aber Lenz hatte mit überraschender Schnelligkeit seinen Mann unter der Masse herausgefunden. „Wolf", rief er dem in dumpfer Qual daliegenden Vogt von Hohnack zu, „Deine Freund« nahen. In einer Minute sind sie vor Dir, doch Du wirst sie nicht mehr sehen. Bete!" „Was wollt Ihr thun?" fragte Wolf bang, und sah den mit Schmutz und Blut besudelten, im Gesicht rauchgeschwärzten Mann erschreckt an. „Bete!" schrie dieser nochmals wild. Jämmerliches Hilfegeschrei, Toben und Fluchen schallte immer lauter und immer näher von draußen herein. Feuerschein loht« durch di« Fenster. Wolf horchte aus. Er hört« an den fremden Lauten, die er Wohl verstand, daß di« italienischen Söldner ins Dorf ringe- drungen waren,. Noch ein« Minute, und er konnte sich ihnen *) Alle Bericht«, die über die Schlacht van Scherweiler auf uns gekommen sind, melden einstimmig diesen sonderbaren, durch di« Taktik der «damaligen Zeit aber erklärlichen Vorgang. durch Zuruf in ihrer Sprache zu erkennen geben, uns er war gerettet. „Noch eine halbe Minute, Lenz", flehte er schwach. „Nicht ein« Secun-de!" 'preßte dieser in seiner verzweifelten Wuth zwischen den Zähnen hervor, und im selben Augenblick fuhr das Schwert des Bauernhauptmanns hernieder und spaltete Wolf mit einem Schlage den Schädel. An der Kirchenthür halte sich ein« Handvoll Bauern zu sammengefunden und versperrte den nachvrängenden Italienern den Weg. Hier fickl auch Lenz Mayer, der Schneider aus Hunaweier, treu bis in den Tod, bis auf den letzten Mann oen Platz be hauptend, wie es Hauptmann Wagner befohlen. -Viele Un tugenden, viele Fehler und Laster mochten sein Leben verdunkeln, mehr ein Schandfleck seiner Zeit, als seinrr Person, eine Tugend aber, echt deutsch und wahrhaft groß durchleuchtete und durch glühte ihn: er war treu bis in den Tod und starb für seine Ucberzeugung. Ms der Morgen fahl und grau über dem Schlachtfeld von Scherlveiler heraufdämmerte, fiel sein Licht auf ein wüstes Leichenfeld, das sich von 'Schrrlweiler und Kestenholz weit in die Thalmukden hinein bis nach Diefenthal und Kinsberg hin er streckte. Qualmende Rauchsäulen, die von halbverlöschten Lager feuern und verbrannten Häusern aufstiegen, vermischten sich mit den Nebelschleiern, die noch um die Hügel zogen, und so weit das Auge reichte, war der zerstampfte und aufgewühlte Boden mit Thier- und Menschenleichen, zerbrochenen Waffen und allerlei Heergeräth, Wagentrümmern und herrenlosen Pferden bedeckt. Träge und langsam floß der Bruirngießrn durch das Gelände hin nach der Jll — rothgefärbt von Bauernhlut, dem Nützlichsten, wenn nicht 'dem Besten, was ein Volk und «in Land dieser Erde be sitzt. Nun rollte es—nach unerforschlichemRathschluß — den kleinen Bach hinunter, und aus dem Bach in den Fluß, aus dem Fluß in den Strom, ins Meer, immer werter, ins Universum zurück, dem es entstammt, aber das Schlachfeld selbst blieb wie ein häßlicher Fleck auf der grünen Frühlingswelt zurück, wie «in« tiefe Wunde des ganzen Vaterlandes. Der Krieg ist die Geißel Gottes, sagt man, das Schlachtfeld von Scherweiler war dem nach die Strafe, die dem Verbrechen deutscher Uneinigkeit und Vaterlandslosigkeit auf dem Fuß« folgte. All' die ungezählten Tausende, di« dort Leib und Blut geopfert für ihr« Ide«, waren eines'Landes Kinder, eines Stammes Glieder, der sich selbst ver stümmelte.. Wohl fällt von einem Hieb kein Baum, aber die starke deutsche Eich« siechte doch jämmerliche lange Jahre, ehe die in den Bauernkriegen erhaltenen Streiche wieder verharschten und vernarbten. Mochte der Bundschuh eine Verirrung sein, mochte er Recht und Pflicht einseitig abwägen und in seinen Auswüchsen Verbrechen auf Verbrechen häufen, so war doch mit ihm die deutsche Kraft auf lange Jahre gebrochen und oessen Untergang ein« Straf« für das ganze große Vaterland. Am Kloster von Kestenholz, auf einem mäßigen Hügel, der die Thalmul-de zwischen Kestenholz und Scherweiler beherrscht, stand ein Ritter in schwarzer Rüstung, mir schwarzer Feder auf vem Helm, müde an sein Pferd gelehnt, den Blick erschauernd über das 'Schlachtfeld gerichtet. Das war der Junker von Hohnack. Er hatte seinen Knecht mit Botschaft an den Herzog von Lothringen gesandt. Nun stand er, der Antwort wartens, auf dein Hügel, den Blick trübe sinnens und Unheil ahnens Uber Vas 'Leichenfetd von Scherweiür ge richtet. Es wurde eben -hell, als sein Knecht zurückkehrie. „Hast Du -den Herzog gesprochen?" fragt« er ihn. „Ja, gnädiger Herr." „Und was sagte er zu meiner Botschaft?" „Er läßt Euch grüßen, Herr." „Wie? Sonst nichts?" „Nein. Sonst nichts." Das war der Dank des fremden Herrn für den Verraih. Junker Neidhart hatte ihn gebeten, ihn doch wenigstens im Be sitze Der Herrschaft Hohnack zu 'bestätigen. Das kostete ihm nichts, und Ulrich von Rappoltstein hätte sich wohl gehütet, gegen die Verfügungen des Siegers zu demonstriren. Nichts. Der Herzog ließ ihn gvüßen. Das war Alles. Der Sieger wollte sich nicht erniedrigen durch den Dank an den Verrät her. „Fort. Hilf' mix aufs Pfevd. Wir müssen in Hohnack sein, ehe Mittag ist. Hast Du Wolf Haßflug nicht gesehen?" „Der Vogt "von Hohnack ist todt, Herr", antwortete Der Knecht. Der Junker ließ erschrocken Den Zügel wieder fahren und sah Den Knecht starr an. „Todt!" wiederholte «r mechanisch. „Ja, Herr; ich hörte es im Lager Des Herzogs, Daß der Vogt von Hohnack als Leich« in der Kirche von Scherweiler aufgefunden worden ist." „TcDt, toDt!" murmelt« -der Junker noch einige Male, sonder bar sinnend unD träumerisch, als könne er den Sinn des Wortes nicht fassen, oder als könne er sich nicht vorstell«n, Daß ein so lebensprühender, iibermiithiger Mann in der vollen Jugendkrast, wie Wolf, so plötzlich hinsinken könne, starr, empfindungslos, kalt und todt. Ein Schütteln überflog seinen Körper, vor Frost vielleicht, oder vor Ermüdung, oder vor Furcht. Wenn das Wolf passirte, was stand dann ihm selbst bevor? Die Welt erschien ihm plötzlich so kalt und leer. Die Bauern, Die ihin sonst das Leben sauer gemacht, war er ja nun los. Ach, meilenweit in der Runde lagen sie stumm und todt mit offenen, Einsetzen starrenden Augen, wer wußte, wie viele Taufende! Nun wünschte er sie wieder her. Er wünschte, daß nicht geschehen sei, was geschehen war. Er, -der Junker Neidbart von Hohnack hatte sie verrathcn, ermordet, tausendwcise, feine Landsleute — wes halb? Um einen giftig kalten Gruß des Herzogs von Lothringen. Tausende von schreckensstarren, todten Augen sah er auf sich ge richtet, fürchterlich, anklagend, vendam-mend, als ob sie sein Ge wissen aufrütteln, ihn in Noth und Tod jagen wollten um das gnädige Nicken eines Herzogs. „Fort, fort!" ächzte er und sprengt« querfeldein Davon, nach der Burg Hohnack. Ihm graute vor Dem Leichenfelo und seinen nehelbleichen Ge spenstern. Er glaubt«, ihnen entrinnen zu können, wenn er davonlief. XI. Ulrich von Rappoltstein war nicht das, ivas inan sich gewöhn lich unter einem Helden oorstcllt. Er -war nicht Der Mann, der mit der vollen Wucht seiner Persönlichkeit und Leidenschaft in den Gang der Ereignisse eingriff, um sie nach seinem Willen zu gestalten. Er war vielmehr ein ruhiger Charakter, lrdden- schaftslos, so weit man das überhaupt von einem V-anne sagen kann, klug und praktisch. Als gebildeter und Vielfach unter richteter Mann, weit über das Durchschnitksmaß seiner Zeit hinaus, wußte er, daß Der Mann nicht der Herr seiner Zeit ist, sondern, um-gcdreht, die Zeit -den Mann bildet und formt. So stand er der Bewegung des Bundschuh zäher, ausdauern der und erfolgreicher gegenüber als Hunderte seiner StandeS- gcnoffen, die entweder überwunden uns bezwung-en, heuchlerisch öder aufrichtig in Vie kopflos« und -deshalb aussichtslose Re volution eintraten, oder von ihr binwegyeschwemmt wurDrn, in dem sie ihrer Stellung und Herrschaft verlustig gingen und selbst das Leben eiirbüßten. In eine besonders schwierige Lage war er gegenüber Dem Junker von Hohnack gekommen. Durch einen Treubruch, in yleicher Weise überraschend und schamlos hatte sich dirsrr nicht nur in Den Besitz der Buvg Hohnack ge setzl, auf di« er nach Der Auffassung Ulrich'» natürlich nicht einen Schatten von Recht hatte, sondern auch seine Familie, seine Frau und sein Kind, das er selbst noch gar nicht kannte, und seine Schwester zu Gefangenen gemacht. DaS war
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