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Mlsdmsser Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» .Wiisdrugrr Ta,-blatt' scheint an allen Wcrdtayen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung tn der »esch«>-stc"'1?" Ausgabestellen r RM. im Monat, bei Zustellung durch di« Bote» 2,3u AM., bei Poftbeftellung 2 «W. »uztgiich Abtrag- ...» ., . „ . gebühr. <kin,elnumweru tsApfg.All-PA«''^""' Wochenblatt für Wrlsdruff u. Umgegend P-std°tenundun,-r-Aus. trSgerundDefchaft-ft-lleu ——— ! U nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Liescrung der Zeitung »der Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto belliegt. für Äürgertum, Äeamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 2V Npfg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Neichs- Pfennig, die S gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweijungsaebühr 2V Neichspfennige. Dor- geschriebene Erscheinung»- tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit FevNsprechev: Amt WilsdvUff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen- annabmebisoorm.lOUHr. — ! Mr die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. JederRabatlanspruch erlischt, wenn derDetrag durch Mage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- Blatt. Freitag, den 31. Mai 1929 Nr. 124 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Was Deutschland zahlen soll. .Nichts Neues aus Paris" konnte man einige Zeit ab^ die dortige Konferenz vermelden, höchstens Gerüchte, Äußerlichkeiten und — Falschmeldungen registrieren. Um so überraschender kommt die offizielle Mitteilung aus Paris, daß man sich über einen Zahlungsplan ge einigt hat oder, wie es jetzt heißt, unter amerikanischem Druck „geeinigt worden" ist. Denn daß die deutsche Zu stimmung zu dem neuen Plan ebensowenig aus innerer Überzeugung erfolgt ist, sondern nur politischen Gründen nachgegeben hat, wie früher dem Uoung-Plan, muß immer wieder aufs fchärfste unterstrichen werden. Was übrigens auch gleich ein Kriterium für die deutsche Ansicht über die Durchführbarkeit dieses neuen Planes abgibt. Und daran muß gleich noch die zweite Feststellung angeschlossen werden, daß bisher eine Einigung über die deutschen Vorbehalte und Bedingungen nicht erfolgt ist, sondern hierüber die Verhandlungen weitergehen. Erst von deren Ausgang wird es abhängen, ob ein deutsches „Annehmen" des ganzen Planes möglich wird oder nicht. * Zergliedert man die jetzt vorgeschlagenen deutschen Zahlungsverpflichtungen, fo gliedern sich diese in vier Teile: 1. Die „eigentlichen Reparationskosten", nämlich all jährlich eine feste Summe von 745 Millionen Mark. 2. Die — wechselnden — Summen der interalliierten Jahreszahlungen an Amerika. 3. Verzinsung und Amortisation der „Dawes- Anleihe" von 1924 — 200 Millionen Dollar — in einer bis 1937 ständig sinkenden Höhe von jetzt etwa 90 Millio nen abwärts. 4. Zusatzleistungen zu den Besatzungskosten, die bis her aus den Dawes-Leistungen bezahlt wurden. Ihre Dauer hängt davon ab, wie lange die fremden Truppen im Rheinland verbleiben; doch ist hierüber eine abschlie ßende Festsetzung noch nicht erfolgt. Hinzugefügt werden mag noch, daß die von der Ge genseite verlangten Sonderzahlungen der jährlich 25 Millionen an Belgien jetzt insofern fortfallen, als man eine Regelung dieser Frage den Verhandlungen zwischen Ber lin und Brüssel überlassen hat. * Praktisch laufen die Jahreszahlungen des neuen Plans ab 1. September 1929 — übrigens dem Endpunkt des ersten Normaljahres des Dawes-Planes —, theoretisch ab 1 April d. I., übereinstimmend also mit dem deutschen Etatsjahr. Mithin erfolgen noch ab 1. April fünf Monate hindurch „Dawes-Zahlungen" — 1216 Millionen —, dann noch bis zum 1. April der ersten Jahreszahlung nach dem neuen Plan mit 742 Millionen, so daß vom 1. April 1929 bis zum 31. März 1930 im ganzen 1958 Millionen zu zahlen sind — also etwa 500 Millionen weniger, als der Dawes-Plan uns auferlegte. Dann erfolgen 36 Jahre hindurch Zahlungen in wechselnder Höhe und — unter Außerachtlassung der Verzinsung der Dawes-Anleihe und der Besatzungskosten — unter allmählichem Ansteigen bis auf etwa 2,2 Milliarden, mit einem Durchschnitt von 1988 Millionen. Nach 1966 bis 1987 sind von Deutschland noch die Reste der interalliierten Schulden an Amerika zu tilgen. Für das Übergangsjahr erfolgt noch eine besondere Ab rechnung. Durch das deutsche Zugeständnis, den neuen Boung- Plan erst am 1. September einsetzen zu lassen, haben sich die ursprünglich vorgesehenen Durchschnittsjahreszahlungen theoretisch um etwa 77 Millionen erhöht. In bereits sechs Jahren gehen die Gesamtzahlungen über die 2-Milliardcn-Grenze hinaus, wieder abgesehen von den belgischen Forderungen. Die Höchstgrenze für die Jahreszahlungen — ohne Dawes-Anleiheverzinfung — wird 1965 mit 2427 Millionen erreicht. nicht ganz festzustehen scheint die Höhe jenes der Jahreszahlungen, die den Transferschutz Hier standen sich die deutschen Ansichten gesamten Gegenseite insofern schroff gegen- ^»"schland hier nur eine unverändert bleibende Millionen zugestehen wollte, während /""dErnde Steigerung bis auf fast eme Mmmrde verlangten. Da die oben erwähnten 745 Millionen „kommerzialisiert" und zur Verzinsung und Amortisation dreier Kapitalsummen hauptsächlich gerade der transfer nicht geschützte Teil der deutschen Zahlun gen verwendet werden sollen, ist der d e u t s ch e W i d e r - stand gegen em Ansteigen dieses Teiles um so mehr zu verstehen, weil ja außerdem die Abschaffung des Transfer schutzes selbst nur für einen Teil der deutschen Zah lungen ein nicht unbedenkliches Experiment, sicherlich aber ein sehr weitgehendes deutsches Zugeständnis ist. Diese Einigung über die Hohe der Jahreszahlungen bedeutet nun aber noch längst nicht eine solche über den Gesamtplan. Erst muß abqewartet werden, was aus den deutschen Vorbehalten, also den Bedingungen der deutschen Zustimmung wird. Dr. Pr. * Fördert die Ortspresse » Immer noch strittige Fragen Annahme des Aonog-Verichles. Einigung der Gläubigerdelegationen. Aus Paris kommt die Nachricht, das; die Gläubiger delegationcn ihre Besprechungen abgeschlossen und sich über eine Neuverteilung der Annuitäten auf Grund des Be ginns der Zahlungen nach dem Noung-Plan vom l. Sep tember 1929 geeinigt haben. Auch hinsichtlich des Ver- teilungsplanes ist man zu einer Verständigung gelangt In alliierten Kreisen in Paris beurteilt man dii Zahlenlösung mit Zurückhaltung. Man erklärt, es handel, sich um einen Schritt voran zur Lösung, aber cZ blieben noch einige Fragen von großer Bedeutung offen Auch deutscherseits verhehlt man sich nicht, daß du noch lom rn enden Verhandlungen von größ ter Bedeutung sind, da für die Erfüllung der einzu- gehcnden Zahlungsverpflichtungen die Annahme der Vor behalte der deutschen Delegation von Anfang an für un erläßlich erklärt wurde. Es kann festgestellt werden, daß der amerikanischen Delegation besonders durch ihre Tätig keit in den letzten Tagen entscheidender Einfluß an dem Zustandekommen der Verständigung über die Zahlen zu- gefallen ist, in erster Linie dem Vorsitzenden der Konferenz, Owen Aoung, und Morgan. Die strittigen Fragen Paris, 30. Mai. Lieber den Stand der Reparations verhandlungen berichtet Havas: Die Delegierten der Gläubiger- machte sind heute nachmittag unter dem Vorsitz Boungs zusam mengetreten und haben die Prüfung der deutschen Vorbehalte zum Abschluß gebracht. Zur Erleichterung der restlosen Verständigung sind zwei besondere Unterausschüße in einen kontradiktorischen Meinungsaustausch mit den deutschen Delegierten eingetreten. Man nimmt an, daß diese Diskussion ziemlich schnell gefördert Werden kann, weil zwischen den verschiedenen Delegationen bereits vorher Besprechungen stattfanden, die die Wege geebnet haben. Dem Unterausschuß, der die Frage der Eisenbahnobligationen und der Organisierung der Internationalen Bank bearbeiten wird, gehören an: Dr. Melchior sür Deutschland, Francqui für Belgien, Pirelli für Italien und Morreau sür Frankreich, während Dr. Schacht und Dr. Kastl an den Arbeiten des Ausschußes teilneh men werden, der die Frage des Ausbringungsmoratoriums be handeln wird. Die deutschen Vorbehalte betressend die letzten 22 Annuitäten, die Liquidierungsklausel, die Sachlieferungen und die übrigen noch nicht geklärten Punkte werden wahrscheinlich erst morgen in Angriff genommen werden. In der Havasmeldung wird zum Schluß behauptet, daß nach einmütiger Ansicht der Delegierten der Gläubigermächte die Frage der belgischen Marksorderungen MDuMtde Hoovers Neuyort, 30. Mai. Präsident Hoover erklärte in einer Rede in Arlingtvn: Wie niemals früher in Friedenszeiten werden heute menschliches Leben zerstörende Werkzeuge und neue Kriegs- wafsen denen hinzugefügt, die vor so kurzer Zeit Tod und Zer störung über den ganzen europäischen Kontinent verbreiteten. Jede Regierung sährt fort, trotz der traurigen Erfahrung des Welt krieges, die Rüstungen zu erhöhen und auszubauen. Der Kellogg pakt wurde wohl vor einem Jahre von 40 Nationen unterzeichnet, aber trotzdem machen die Kriegsvorbereitungen ständig in allen Ländern Fortschritte. Pessimisten nennen den Kelloggpakt einen Schritt der Staatsmänner, aufgebaut auf den Hoffnungen der Menschheit. Aber er könne mit dieser Ansicht nicht übereinstimmen. Hoover suhr fort: Wenn der Kelloggpakt seinen hohen Zweck erfüllen solle, müßten Amerika und die anderen Mächte seine Konsequenzen annehmen und zur Tat schreiten. Der Kelloggpalt bedeute, daß sosort der Wafsengebrauch für die Angriffskriege auf gegeben und ehrlich erklärt werde, daß Waffen nur noch für Verteidigungszwecke angewandt würden. Das bedeute, daß auch Amerika, wenn es ehrlich sei, die eigene Flottenrüstung und die Rüstung der Welt vom Standpunkt des Gebrauches sür Verteidigung und Nichtangrisf betrachte. Trotz des Kclloggpaktes sei jede wichtige Nation damit beschäftigt ge wesen, die Flottenwasse zu stärken. Die Welt besinde sich noch in einer Zeit des Wettrüstens. Furcht und Argwohn verschwänden nur langsam aus der Welt. Sie würden auch nur dann abneh men, wenn dem Wettrüsten Halt geboten werde. Es müßte aber zuerst einmal der Maßstab gesunden werden, wodurch eine Rü stungsbeschränkung ermöglicht werde. Bisher sei dieser Maßstab nicht gefunden worden. Es sei nutzlos, über Rüstungsbeschränkung zu reden, wenn die Grenze so weit gezogen werde, daß in Wirklichkeit die Rüstungen dadurch erhöht werden. Eine Rüstungsbeschränkung, die nur in die Höhe sühre, könne nicht unser Ziel jein, sondern nur eine wirkliche Reduzierung der Rüstungen nach unten. noch vor dem Abschluß eines allgemeinen Abkommens geregelt werden müßte. Die politische Klausel Berlin, 30. Mai. Wie die Vossische Zeitung aus Paris mitteilt, wird auf Antrag der deutschen Bettreter in der Sach verständigenkonferenz in dem Schlußberichl, besten Redaktion nun mehr ernstlich in Angriff genommen werden könne, eine Klausel enthalten sei, in der ausdrücklich sestgestellt wird, daß die den Regierungen zu unterbreitenden Vorschläge nicht allein aus wirt schaftlicher Grundlage zustande gekommen sind, sondern daß die Sachverständigen sich gezwungen gesehen haben, in weitgehendem Matze politischen Rücksichten Rechnung zu tragen. Kheinlandräumung zum 1. September 1929^ In, Zusammenhang mit der erzielten Einigung der Sachverständigen über die Ziffernfrage wirft die in Paris erscheinende amerikanische Presse die Frage der Rheinland räumung aus. „New Uork Herald" erklärt, der Tatsache werde große Bedeutung beigemesten, daß in dem Ab kommen keine Zahlungen für die Nheinlandbcsatzung nach dem 1. Januar 1930 vorgesehen seien. Das bedeute die völlige Räumung des Nhcinlandes bis zu diesem Termin. Die Klausel für die laufenden Ansgaben für die Rhein landbesatzung stelle fest daß die Hauptzahlungen für diesen Posten am 1. September 1929 aufhören sollten, daß aber Deutschland bis znm 1. Januar 1930 die Ausgaben für alle Truppen zu leisten habe, die bis zu diesem Tage noch nicht aus dem Rheinland abtransportiert werden konnten. Es sei, wie das Blatt erklärt, ein stillschweigendes Abkommen dahin getroffen, daß, wenn die Sachverständigen zu einer endgültigen Einigung kämen und diese in Kraft gesetzt werde, die Alliierten sofort Schritte unternehmen würden, nm ihre Truppen ans dem besetzten Gebiet zuriickzuziebe» Das Rheinland werde also fünf Jahre vor dem im Ver sailler Vertrag vorgesehenen Termin völlig geräumt sein. Auswärtiger Ausschuß über Paris. Teilnahme Dr. Stresemanns. Zu der Einberufung des Auswärtigen Ausschusses des Reichstags aus Dienstag, den 4. Juni, erfährt man von unterrichteter Seite noch daß als einziger Punkt die Beratung der Ergebnisse der Sachverständigenkonferenz in Paris aus der Tagesordnung steht. An der Sitzung wird voraussichtlich Reichsautzenminister Dr. Strese- m n teilnehmen, da zunächst Staatssekretär v-schubert zu der Tagung des Völkerbundrates noch Madrid fährt. Wahltag in England. Sechs Millionen Frauen wählen. In ganz England fanden Donnerstag die Wahlen zum Unterhause statt. Dem Ausfall wird überall mit fieberhaftem Interesse, auch im Auslande, entgegen- geschen. Es handelt sich darum, ob die bisherige konser vative Regierungsmehrheit unter dem jetzigen Premier minister Baldwin erhalten bleiben oder ob die Majo rität an die Arbeiterpar 1 ci unter Macdonald fallen wird. Zwischen Konservativen und Arbeitern stehen die Liberalen unter Führung Lloyd Georges, die zwar keine Aussicht haben, für sich allein eine Mehrheit zu erringen, jedoch auf erhebliche Stärkung hoffen und glauben, somit das Zünglein an der Wage werden zu können. Insgesamt zu wählen sind 596 Abgeordnete. Sieben Abgeordnete sind bereits bestimmt, da sie keinen Gegen kandidaten hatten. Zwölf Abgeordnete werden von den Universitäten gewählt, so datz im ganzen 615 Abgeordnete in das nene Unterhaus einzichcn Soweit sich bis zum späten Nachmittag des Donnerstags übersehen ließ, ver liefen die Wahlen ziemlich ruhig. Von größeren Unzu träglichkeiten wurde nichts bekannt. In London war bis Mittags die Wahlbeteiligung ziemlich gering. Ein besonderes Charakteristikum dieser Wahlen ist der Um stand, daß zum ersten Male sechs Millionen Frauen das Wahlrecht ausübcn dürfen. Die ersten Resultate erwartet man in Loudon in der Nacht auf Freitag, ^nd zwar in den Morgenstunden. * Oie englischen Wahlen. In fast allen Londoner Wahllokalen ist bis gegen Schluß die Beteiligung der Frauen weitaus stärker gewesen als die der männlichen Wähler. Man erwartete jedoch, daß in den späten Stunden auch der Prozentsatz der männlichen Wähler sich noch erhöhen werde. In vier Fällen sind Wähler im Waylburean vom Tode überrascht worden. Die ersten Resultate aus etwa 200 Wahl bezirken trafen im Laufe der Nacht ein, jedoch gestattet das Stimmenverhältnis keine zuverlässigen Rückschlüsse über den Gesamtausfall.