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Dresdner Journal : 20.10.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189810200
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18981020
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18981020
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-10
- Tag 1898-10-20
-
Monat
1898-10
-
Jahr
1898
- Titel
- Dresdner Journal : 20.10.1898
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v<,»»»pret«: Für Druden vierteljährlich r 2 Mark SV Pf, bei den «aifer- iich deutschen Postanstaltrn vi«teljShttlch »Mark; außer halb de« Deutschen «eiche« Post, und Stempelzuschlaa Einzeln« Nummern: 10 Pf Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Svan- «ad Feiertage abend« Fernspr-Anschluß: Nr 1S-S. A«kü»»t»»ni»»«bKtzrr»r Für den Raum eiaer gespal tenen Zeile kleiner Schrift X) Pf. Unter „Eingesandt" die Zelle Sv Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de« Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr. 20. Fernspr -Anschluß: Nr 12SL ^244 Donnerstag, den 20. Oktober abends. 1898. 'Aachbelltlungen auf das „Dresdner Journal" für die Monate November und Dezember werden zum Preise von 1 M. 70 Pf. angenommen für Dresden: bei der unterzeichneten Geschäftsstelle (Zwingerstr. Nr. 20), für a,SwärtS: bei den Postanstalten des betreffenden Orts zum Preise von 2 M. In Dresden - Nenstadt können Bestellungen abgegeben werden in der Hofmusikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (F. Plötner), Haupt straße 2, wo auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden und wo, ebenso wie bei dem Bahnhofsbuchhändler Herrn Trenkler (Personenhauptbhf.), Herren Gebr. Wangemann, Victoriahaus, Herrn Ä. E. Simon, Cirkusstr. 45 (Ecke Pillnitzer Straße), Herrn Erd. Hindorf, Sachsenallec 10, Herrn Bahnhofsbuchhändler Reinhard, Leipziger Bahnhof, Frau verw. Siegmeier, Alaunstr. 21 und Herrn Albert Grunert (F. u. M. Geißlers Nachf.), Bautzner Straße 63, einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. Geschäftsstelle des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Lt. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem AmtShauptmann zu Schwarzenberg, Ge heimen Regierung?roth Frhrn. v. Wirsing, das Eomchurkreuz 2. Klasse des Albrechtsordens zu ver leihen. t-ruennuugeu, Bersttzuogeu rc. im öffentlichen Dienste. Jm*«schSftSSeretche desMintftrrtu»« derAtnauze«. Brider Postverwaltung sind ernannt worden: Schmidt, Echönselder, Schütz, Leidenroth und BlSnzel, zeither «egen Tagegeld beschäftigte Postassistenten, ais etatmäßige POiaWenicn im Bezirke der Kaiserlichen Ober-Postdirektion zu Chemnitz. Im «eschüftSberriche des Minifteri««» »e» Kultus und öffentlichen Unterrichts. Erledigt: die ständige Lehrerpelle zu Lohedorf. Kollator: das Königl Ministerium deS KuUuS und öffenilichen Unterrich!« zu Dresden. Die Stelle gewährt außer freier Wohnung im Schulhouse nebst Garten em lährlichcs Einkommen von 1U00 M. für den Schuldienst und 10 M für den Kirchendienst; dazu wird vom l. Januar 18SS ab eine versSnliche Zulage von 100 M jährlich gewährt; außer dem erhält der Lehrer das gesetzliche Honorar für Erteilung des JortbildungSschulunterrrchis und des Turnunterrichts. Be suche sind an den Kollator zu richten ui d mit den erforderlichen Beilagen bis zum 3. November an den Königl. Brzirksschul- insvektor Schulrat Lehmann zu Pirna einzureichen. Nichtamtlicher Teil. Tie preußischen Landtagswahlen. Obwohl der Zeitpunkt für die Urwahlen zum preußischen Abgeordnetenhause in der nächsten Woche ;27. Lktober) ansteht, ist doch von einem eigentlichen Wahlkampfe, sei es in Versammlungen, in der Provinzialpresse oder vermittels Flugblättern, nur wenig zu spüren. Die Wahlvorbereitungen vollziehen sich m größter Ruhe, und die einzelnen Parteien haben in verschiedenen Bezirken ganz ohne Rückächt auf die eindringlichen Mahnungen ihrer Preßorgane, den örtlichen Berhältnisfen Rechnung tragend, Ver einbarungen getroffen, die ebenfalls wieder dazu an- gethan sind, umfasfende und aufregende Agitationen fernzuhalten. Der radikalen Linken ist jede derartige Ruhe bei Wahlbewegungen nicht erwünscht, denn ihr Weizen kann nur blühen, wenn reichliche Gelegenheit zu einer überlauten, die Bevölkerung aufwühlenden Kritik gc boten ist. Dieser Art von Kritik ist aber der Boden von vornherein dadurch entzogen, daß nicht nur jede Wahllosung, sondern auch jedes Hervortreten der Re gierung und ihrer Organe fehlt. Kann man also seiten der Opposition den Behörden keinerlei Vorwürfe wegen „Begünstigungen" und „Wahlbeeinflussungen" machen, so scheint dieser Umstand auf der Linken beinahe bedauert zu weiden, denn wie soll der ge- rühmie oppositionelle „Manuesmut" sich bemerkbar machen, wenn es nicht einmal mehr möglich ist, der Regierung Mangel an Korrektheit vorzuwerfen? Auch die großen Parteien haben durch ihre mäßig und sachlich gehaltenen Wahlaufrufe viel dazu bei- getragen, einen ruhigen Verlauf der Wahlbewegung herbeizuführen. Phrasen und aufreizende Mittel, die auf die große Masse wirken, haben bei der preußischen Klassenwahl mit ihrer öffentlichen Stimmenabgabe keinen Zweck. Darum mußte auch das von der Zentrums- und der freisinnigen Demokratie erhobene, von den Linksliberalen weitergegebene Angstwort von der „drohenden Reaktion" ohne Wirkung bleiben. So sieht die Demokratie nicht in sehr gehobener Stimm ung dem Wahltage entgegen und findet selbst in dem Stuttgarter Beschlusse, der für die Beteiligung der Sozialdemokratie an den preußischen Landtagswahlen gegen die „Reaktionäre" so günstig wie möglich gefaßt ist, keinen rechten Trost. Das Eingreifen der Sozialdemokraten in die Wahlen, das übrigens auch nur in verhältnismäßig wenigen Wahlkreisen offen angekündigt ist und von dem man nach außen so gut wie nichts merkt, dürfte keinen starken Einfluß auf die zukünftige Ge staltung des preußischen Abgeordnetenhauses auSüben. In den Großstädten haben schon früher die „Genossen" vielfach für oppositionelle Kandidaten gestimmt, in den übrigen Wahlbezirken kommen sie bei der öffentlichen und indirekten Wahl nicht in Betracht. Die radikale Linke hatte sich die Wahlbeteiligung ganz anders ge dacht. Nach ihrer Meinung sollte die Sozialdemo kratie aus Angst vor der „Reaktion" ihre ganze Arbeitskraft und Parteiorganisation in ihren Dienst stellen und dadurch Leben in den Wahlkampf bringen. Allein praktisch, wie die sozialdemokratischen Führer einmal sind, haben sie diesen „Freundschaftsdienst" abgelehnt und sich unnütze Wahlunkosten erspart. Der freisinnigen Presse kann man einen Vorwurf darüber, daß sie es etwa an Entgegenkommen und Komplimenten für die Sozialdemokratie habe fehlen lassen, nicht machen. Seit geraumer Zeit ging ihr ganzes Sinnen und Trachten auf eine rührende Umwerbung der von Hrn. Eugen Richter vermittels verschiedener Broschüren „vernichteten" Partei. Je unfreundlicher die sozialdemokratischen Blätter und Wortführer den Freisinn und die bürgerliche Demo kratie behandelten, desto eifriger waren die Zeitungen der Linken bemiiht, sich jenen von der liebenswürdigsten Seite zu zeigen und den „Bourgeois" nachzuweisen, daß die Sozialdemokratie gar nicht so schlimm sei, wie sie aussehe. Auf diese Weise suchte man für ein Wahlbündnis mit den „Genossen" Stimmung zu machen und den üblen Eindruck, den das Eintreten des Frei sinn- bei den letzten Reichslagswahlen allenthalben gemacht hatte, wegzuwischen. Dis ist nun mißlungen, aber die erwähnte Presse, einmal in die sozialisten- freundliche Richtung gedrängt, veranag nicht mehr sich auf eigene Füße zu stellen, und fährt trotz aller Miß ¬ erfolge fort, zu Gunsten der Sozialdemokratie Lanzen zu brechen Leider haben in einzelnen Wahlkreisen auch die Nationalliberalen sich diesem freisinnigen Treiben angeschlossen, und in Breslau haben angesehene nationalliberale Führer mittelbar für die Sozial demokratie Partei genommen. Das ist bei einer nationalen Partei besonders bedauerlich; denn von einer solchen Seite wirft es doppelt irreführend, wenn die Bürgerschaft gewarnt wird, sich durch da« Wort Sozialdemokratie „kopfscheu" machen zu lassen. Die betreffenden Nationalliberalen begeben sich damit auf die bekannte schiefe Ebene, die dem Freisinn ver hängniSvoll geworden ist und die auch dem gesamten Nattonalliberalismus verhängnisvoll werden muß, wenn nicht beizeiten von leitender Stelle auS Einhalt geboten wird. Im allgemeinen machen zwar die Blätter des linken Flügels der Nationalliberalen auf die Parteigenossen selbst nur wenig Eindruck im Lande, und in den allermeisten Fällen stehen die Ordnungsparteien Schulter an Schulter auch ohne Abschluß eine- regelrechten Kartells; allein je lauter die sich in dieser Beziehung Absondernden sich gebärden, desto mehr wird der Nationalliberalismus als solcher diskreditiert und dem zur sozialdemokratischen Vasallen truppe herabgesunkenen Freisinn gleichgestellt. Das Vertrauen in die nationale Zuverlässigkeit der wohl verdienten nationalliberalen Partei leidet darunter, und diejenigen treibenden Kräfte, die durch stärkere Betonung eines „entschiedenen" Liberalismus Vorteil für die nationalliberale Sache sich versprechen, werden die Verantwortung für die Folgen zu trogen haben. Was das zu erwartende Ergebnis der bevorstehenden Landtagswahlen anlangt, so herrscht darüber allgemein die Ansicht, daß die Zusammensetzung des preußischen Abgeordnetenhauses ziemlich unverändert bleiben werde. Hoffentlich gelingt e«, in den östlichen Londesteilen den Polen einige Mandate abzunehmen; das wäre ein schöner Gewinn. Die Konservativen können auch in dieser Hinsicht wieder auf ihr nationales Verhalten Hinweisen, indem sie, um den Polen Abbruch zu thun, selbst für ein Mitglied der freisinnigen Vereinigung eintreten. Unter den obwaltenden Verhältnisfen, wo die linksliberalen Richtungen den Kampf gegen die Sozialdemokratie immer mehr erschweren, muß das als ein Opfer bezeichnet werden. Tatzesgeschichte. Dresden, 20. Lktober. Ihre Majestät die Königin haben Sich heute vormittag 10 Uhr 31 Min. nach Schloß Wermsdorf begeben und werden morgen abend von dort nach Dresden-Strehlen zurückkehren. Nächsten Montag, den 24. Oktober, nachmittags beabsichtigen Ihre Majestäten der König und die Königin zu einem etwa vierzehntägigen Aufenthalt nach Schloß Sibyllenort zu reisen. Dresden, 20. Oktober. Se. Excellenz der Hr. Kultusminister v. Seydewitz ist vom Urlaub zurück gekehrt und hat die Geschäfte wieder übernommen. Deutsches Reich. * Berlin Nach den vielfach in der Preße geschil derten Vorbereitungen, die in Konstantinopel für den Besuch des Deutschen Kaiserpaares getroffen worden waren, mußte man einen überaus glänzenden Empfang gewärtigen. Nach den vorliegenden ausführlichen Meld ungen über die Ankunft und den ersten Besuchstag Ihrer Majestäten in der osmanischen Residenz hat sich jene Er wartung im vollsten Maße verwirklicht. Kein Zweifel, daß das Bestreben Sr Majestät des Sultans Abdul Hamid, seine hohen Gäste mit dem Schönsten zu umgeben, was der Orient zu bieten vermag, dem Gefühle aufrich tigster Freundschaft für das Deutsche Herrscherpaar ent sprang. Unser Kaiser hat selbst bei der ersten sich bietenden Gelegenheit kundgegeben, wie treffliche Bezieh ungen ihn und den Sultan verbinden, und dabei zugleich de» freundschaftlichen Verhältnisses gedacht, das beide Reiche zu einander, der Verschiedenheit der Raffe und Religion ungeachtet, zum beiderseitigen Vorteile unter halten Die aufrichtige Sympathie, die man in Deutsch land für die Türker hegt, schreibt heute die „Norod Allg Ztg", kann durch die festlichen Tage, die der Sultan unserem Kaiser und der Kaiserin bereitet, nur bestärkt werden, und sicherlich werden die Festtage von Konstantinopel dazu beitragen, die friedlichen Interessen beider Reiche zu fördern. — Wie die Oeynhausener Kaiserrede gemißbraucht wird, um mit der angeblichen Bedrohung der Koalitions freiheit der Arbeiter Verhetzungspolitik zu treiben, so wird zu dem gleichen Zwecke vielfach mit der Behauptung gewirtschaftet, daß die Industriellen Gegner deS Koalitions rechtes der Arbeiter seien und nicht» sehnlicher als eine Beschränkung oder Beseitigung derselben wünschten. Diese Unterstellung entbehrt aber der thatsächlichen Begründung. Die Industriellen stehen durchaus auf dem Boden de» Z 152 der Gewerbeordnung. Wie sie selbst den Wert der durch diese Gesetzesstelle gewährleisteten Koa litionsfreiheit zu schätzen wissen, so gönnen sie nicht nur den Arbeitern die freie Vereinigung behuf« Besserung ihre» Lohne» und ihrer sonstigen Arbeitsbedingungen, sondern sie erkennen in der gesetzlichen Sicherung diese» Vereinigungsrechte» auch einen überaus wichtigen und niemals zu beseitigenden kulturellen Fortschritt. WaS die Industriellen auf diesem Gebiete erstreben, ist vielmehr nur zweierlei: Sie verlangen, daß dem Koalition»recht gegenüber da» Vertragsrecht gewahrt bleibt, und daß dem zufolge die strenge Innehaltung vertraglicher Verpflicht ungen, wie sie sich die Arbeitgeber auch bei wirtschaftlichen Kämpfen angelegen sein lassen, auch seiten der Arbeiter ge sichert wird. Schutz gegenRechts- und Kontraktbruch bei unter Anwendung de« KoalitionSrecht» auSbrechenden wirtschaft lichen Kämpfen ist eine Forderung, deren volle Berech tigung und volle Vereinbarkeit mit der Koalitionsfreiheit niemand ernstlich wird bestreiten können Tie zweite Forderung ist der volle und wirksame Schutz der Arbeiter bei der Wahl, ob, wann und wo sie arbeiten wollen Ter physische oder moralische Streikzwang »st weder mit der persönlichen Freiheit der Arbeiter noch mit der Rücksicht auf die Erhaltung de» wirtschaftlichen Friedens vereinbar. Vor diesem Zwange muß dos Gesetz daher den arbeitswilligen Arbeiter in seinem eigenen wie im Interesse des Gemeinwohls wirksam schützen. Wie das Koalitionsrecht nicht zum Rcchtsbruch auSarten darf, wenn e« sich nicht selbst an der Wurzel beschädigen soll, so ist die notwendige Voraussetzung für die ungeschmälerte Aufrechterhaltung der Koalitionsfreiheit die Bewahrung derselben vor dem Mißbrauch zur Beschränkung der Frei heit der Arbeiter, zu arbeiten, warn und wo sie wollen Weit davon entfernt, das Koalitionsrecht der Arbeiter zu bedrohen, sind die Forderungen der Arbeitgeber daher vielmehr geeignet, dir volle Aufrechterhaltung der Koal.» tionSfreiheit gemäß Z 152 der Gewerbeordnung zu sichern — Als Nachfolger deS in den Ruhestand tretenden bisherigen Gesandten beim päpstlichen Stuhle, Wirkt. Geh. Rate» Otto v. Bülow, ist, sicherem Ver nehmen nach, der bisherige Gesandte des Reiches bei der schweizerischen Eidgenossenschaft, frühere Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, Frhr. v. Rotenhan, ausersehen An seine Stelle tritt der bisherige preußische Gesandte in Oldenburg, Vr. Alfred v. Bülow. Dieser soll durch den bisherigen Ministerresidenten in Luxemburg, vr. Grafen Henckel v. Donnersmarck, ersetzt werden, an dessen Stelle als Gesandter der bisherige Vortragende Rat im Auswärtigen Amt, geh Legationsrat vr. Mumm v. Schwarzenstein, kommen soll. Kunst und Wissenschaft. Königl. Opernhaus. — Am 19. d. Mt«.: „Zar und Zimmermann" Komische Oper in drei Akten Musik von Albert Lortzing. Die gestrige Vorstellung der Lortzingschcn Oper wurde, wie die kürzliche von „Martha", bemerkenswert durch die neue Mitwirkung der Herren Brag und Gießen. Ersterer gab den Bürgermeister und führte diese dankbare Rolle mit sehr ansprechender,natürlicher komischerWirkung aus Er hielt im Sviel wie im Gesangsvortrag Maß, rückte die Figur nicht unnötig in» Groteske und verlieh ihr die gewisse freundliche Harmlosigkeit, die der Beschränktheit des Herrn van Bett trotz seiner stellenweisen Aufgeblasenheit anhaflen muß Hr Brag besitzt vortreffliche AuSvruckSmittel für Bufforollen und ein besonderer Vorzug ist e», daß er sie in Erscheinung, Haltung und Bewegungen nicht überanspannt Wa» er in ver Darstellung bietet, kommt durchweg mühelo» heraus; zugleich versteht er e«, Spiel und Gesang in Einklang zu dringen Gestern gab auch seine Stimme in jeder Lage mehr Ton auS, als e» neulich der Fall war, sodaß die ganze Leistung sehr befriedigte und vom Publikum lebhaft anerkannt wurde. Besonder» wirkte die ungezwungene Ausführung im Duett mit Iwanow und die ergötzliche Mitwirkung im zweiten Finale. Hr Gießen als Marquis Ehateauneuf — eine Rolle, die Hr Erl bi» vor kurzem mit Erfolg vertreten hat — erfreute durch eine in Tonbehandlung und Autdruck ge schmackvolle Gesangsleistung und gestaltete die Darstellung angemessen. Seine und Hrn. Brag» stimmliche Hilfe bei dem Sextett, an dem weiter die Herren Scheidemantel, Nebuschka, Erl und Gutzschbach beteiligt waren, kamen einer prächtig klangvollen Wiedergabe de« Stücke« zu statten Hrn. Eichberger« Nachfolge in der Partie de« Lord Syndham hat Hr Nebuschka angetrrten. Wenn er auch im Dialog, um sie englyqe Färbung ver Auriproche durchzuführen, zu stark schleppte und keine glückliche Matke für den englischen Gesandten (ter doch nicht völlig stupid aussehen darf) gewählt hatte, so wird ir bei seiner Ge schicklichkeit wohl bald zu einer leichteren Beherrschung der Rolle gelangen. Welchen wichtigen Anteil Hr Scheide mantel (Zar) an der Aufführung hat, ist bekannt Auch Hrn. Erl'« äußerst frische, belustigende Darstellung de« eifersüchtigen Peter« hat schon ihre Anerkennung gefunden. Anmutig im Gesang und in Erscheinung ist Frl Nast « Marie; nur muß sie im Sprechteil der Rolle mehr Rasch heit und Munterkeit in leichten Betonungen gewinnen. Die somit in vielem vorzügliche Vorstellung der Oper fand starken Beifall. P. Rudolf von Gottschalls Jugenderinuerungeu. Seit Friedrich Hebbel in seiner Kritik der LebenS- erinnerungen Ad. Oehlenschlägers den Ausspruch gethan hat: ,Lch lege einen außerordentlichen Wert auf Auto biographien und bin der Meinung, daß wir in diesem Gebiete bei uns noch lange auf Masse zu sehen haben werden, während wir in manchem anderen schon ruhig das grobe Sieb mit dem feinen, ja das feine mit dem allerfeinsten vertauschen dürfen", habe): sich die Dinge ge- waltig gewandelt, und die autobiographischen Darstell ungen sind ins Kraut geschossen wie di, Romane und di« politisch nationalökonomischen WeltverbeffnungSpläne. Daß an sich auch da« verboraenste und scheinbar einfachste Ta- sein ein Fülle von Wechselfällen, Eindrücken und mannig- faltigen Beziehungen einschließt, ist wohl wahr, und inso- fern wäre jede« Leben wert, dargestellt zu werden. Doch wie wenige unter den Hunderttausenden, die solchergestalt berufen wären, sind au«erwählt genug, ein deutliche« Bild ihre« eigenen Leben« vor Augen zu haben, und wenn sie e« vor Augen hätten, e« erzählend wiederzugebrn Und wieder, wie viele vortreffliche Männer, die mündlich ei» lange» tNarn zu spinnen uno ihie Zuhörer zu seffetn ver stehen, fühlen sich dem Papier gegenüber in der komischen Lage de« Hrn. Adam Lrtumlei und seines Adoptivsohnes John KabyS in G. Kellers „Schmied seines Glückt", die einen Lebensroman mit den Preisen der Hauptnahrungs mittel auf dem Wochenmarkt beginnen Trotz alledem haben die Lebenserinnerungen namentlich aus litterarischen Kreisen eine fast beängstigende Breite erlangt, teil« nach der Ausdehnung der einzelnen Autobiographien selbst — wenn auch wenige neuere Schriftsteller gleich acht Bände in Anspruch nahmen, wie Fanny Lewald — teil« nach der Masse der Bücher, die ungefähr die gleiche Zeit, die gleichen Zu stände, die gleichen Bestrebungen darstellen Natürlich giebt es auch in den Lebensbildern, die im ganzen auf Wieder holungen hinauslaufen, immer einzelne besondere und be sonder« wertvolle Züge. Aber das große Publikum ist im allgemeinen wenig geneigt, auf solide Einzelheiten ein- zuaehen, und bildet sich bei gewissen Büchern, die frisch au« der Presse kommen, ein, sie schon einmal gelesen zu haben. E« ist nicht zu glauben, wie wenig Geduld die Leute der buntesten und interessantesten Wirklichkeit und wie viel sie der verblaßtesten, schimmlig gewordenen Phantasie gegenüber an den Tag legen. Vor der Gefahr, seine autobiographischen Aufzeich nungen mit zehn anderen verwechselt zu sehen, sind Rudolf v. Gottschall und sein Buch „Au« meiner Jugend" (Berlin, Verlag von Gebrüder Paetel, 1898) entschieden geschützt Denn, wenn auch der Hintergrund, von dem sich diese Erinnerungen abkeben, im wichtigsten Teil ungefähr der gleiche ist, den Heinrich v Treitfchke im fünften Band seiner „Deutschen Geschichte" so un- übertrefflich geschildert hat, so wird niemand verkennen, daß e« ein eigenartige« und wechselvollr« Jupendleben gewesen ist, von dem der greise Dichter, der seine Mannes- und Alter«beimat schließlich in Leipzig gesunden hat, hier berichtet Abstammung, Geburt und erste Eindrücke zeigen eine eigentümliche Verschiedenheit Am 3V September 1823 zu Breslau al« der Sohn eine» preußischen Artillerie offizier» geboren, stammte Gottschall doch nur mütterlicher seits aus schlesischem Blut „Mein Vater", erzählt er, „war ein geborener Ostpreuße, doch er stammte nicht von den alten Anbetern de« Perkunos im Hain von Romove oder an dem samländischen MeercSstrand, ebensowenig von den deutschen Kolonisten ab, die sich bei den Ordens burgen unter dem Schutze der deutschen Ritter nieder- gelafsen hatten; nein, unser Stammbaum wurzelte weiter im Süden, und zwar in den österreichischen Alpen ländern. Unsere Väter waren di? wegen ihre« protestanti schen Glaubens aus dem Erzstift Salzburg von dem tyrannischen Erzbischof Firmian im Jahre 1731 ver triebenen Salzburger Nicht an den Gestaden des Bernstein lande« waren die ursprünglichen Wohnsitze derselben, son dern an den Bergseen in den Salzburger Alpen, in den Thälern, welche der ««gekrönte Dachstein mit seinen Hoch- gebirg»vasallen abschließt" — Auf einem Eulmischen Gute dieser Salzburger in Jllischken bei Taplacken in preußisch- Littauen war Gottschalls Vater geboren Als preußischer Soldat in AorkS Armeecorp» nahm er an dem denk würdigen Feldzug nach Rußland 1812, der mit der Kon vention von Tauroggen endete, und an zahlreichen Kämpfen der Befreiungskriege von 1813 bi« 1815 Anteil Aus seine» Vater» Tagebüchern teilt der Verfasser der Er innerungen manche interessante Episoden aus dieser Zeit mit In seiner eigenen Knabenzeit wurden Gottschall« persönliche Eindrücke von dem häufigen Garnisonwechsel feine« Vater« bestimmt Von Breslau ging e« zunächst etliche Jahre nach Neisse, 1828 wurde der Hauptmann Gottschall nach Koblenz versetzt „Eine Reise von Neisse an den Rhein darf nicht mit heutigem Maßstab gemessen werden; sie erforderte damal«, besonder« wenn eine größere Familie sich auf die Wanderschaft begab, eine Zeit, wie etwa heutzutage eine Reise nach dem äußersten Sibirien, da« nach Vollendung der ostfibirischen Bahn un« noch näher gerückt sein wird, al« damals der Rhei»
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