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„Welßeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Gnzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmtz -MW. Amtsblatt Inserate, welch« d«i der bedeutenden Auflage det Blattes eine schr wirk, same Verbreitung sind««, werden mit 1l> Pfg. di« Spaltmreile oder ver« Raum berechnet. — Ta« bellarische und complieirt« Inserate mit entsprechen« dem Aufschlag.— Einge» sandt, im redaktionellen Theile, di« Spalten,«»« 20 Pfg. für die Königliche Kmishauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Nr. 63. Donnerstag, den 31. Mai 1888. 54. Jahrgang. Die russischen Duhnen und DahnproMe iu Asien. Am Sonntag wurde auch die letzte Strecke der russischen Transkaspi - Bahn dem Verkehr übergeben, der Trakt Buchara-Samarkand, und dieses Ereigniß verdient es wohl, daß man im Westen Europas der russischen Eisenbahnpolitik in Asten mehr als bislang die nöthige Aufmerksamkeit zuwendet. Mit Vollendung der genannten Strecke haben die Russen nunmehr einen Schienenweg ferliggestellt, der von den Gestaden des Kaspi-Sees, vom Hasen Usun-Ada, bis in das eigent liche Herz von Centralasien, bis nach Samarkand, der ehemaligen Residenz eines Dschingiskhan und Tamer- lan, führt und die Herstellung dieser ungeheuren, fast 200 deutsche Meilen langen Eisenbahn ist in verhält- nißmäßig kurzer Zeit und ohne sonderliches Geräusch erfolgt. Im Jahre 1886, also bald nach der Unter werfung der Tekke - Turkmenen unter die Oberhoheit Rußlands, ward mit dem Bau der Bahn von der Hafenstadt Usun-Ada, an der Ostseite des Kaspischen Meeres, an begonnen und bis zum Beginne des Jahres 1888 war das Werk schon bis Tschardschui am Amu- Darja, dem Oxusstrom der Alten, vorgeschritten und hiermit die weitaus größere Hälfte der projektirten Linie hergestellt. In diesem Jahre folgte die Weiter führung des Bahnbaues vom rechten (östlichen) Ufer des Amu Darja an über Buchara, die Hauptstadt des gleichnamigen Chanals, nach dem östlichsten Endpunkte der Linie, nach Samarkand, wo schon seit dem Früh jahr 1868 die russische Flagge weht; die Russen haben also die ganze ungeheuere Strecke, wobei es ganz be sondere Schwierigkeiten zu überwinden gab, in zwei Jahren hergestellt und sie können aus diese Leistung mir Recht stolz sein. Die Bedeutung der Linie Kas pisches Meer-Merw-Buchara-Samarkand liegt sowohl auf handelspolitischem, wie auf militärisch-strategischem Gebiete. Der mittelasiatische Schienenweg erschließt dem russischen Gewerbefleiße, dessen Erzeugnisse ohne hin mehr auf den asiatischen, als auf den europäischen Markt berechnet sind, ein ganz neues und großes Ab satzgebiet, wo die russische Industrie und der russische Handel so gut wie keine Konkurrenz haben werden, während zugleich die russische Kolonisation in den centralasiatischen Chanateu und Steppenoasen durch die neue Bahnverbindung einen unzweifelhaften Auf schwung zu nehmen verspricht. Die eigentliche Be deutung der Transkaspi-Bahn liegt aber entschieden auf militärisch-strategischer Seite. Mit Hilfe der Bahn vermag Rußland eine ganze Armee binnen längstens zwei Wochen in Merw oder irgend einem andern ge eigneten Punkte seiner centralasiatischen Angriffsstellung zusammenzuziehen und sie, was noch mehr sagen will, durch regelmäßigen Nachschub mit allem Röthigen dauernd versorgen. Erwägt man aber, daß bislang die russischen Regimenter in Russisch-Turkestan nur vermittels langwieriger, karawanenartiger Märsche zu größeren Verbänden zu konzentriren waren, wobei ihre Verpflegung auf große Hindernisse stieß, so erhellt hieraus die Veränderung, welche die militärische Macht stellung Rußlands in Centralasien durch die Trans kaspi-Bahn erfahren hat und die Engländer werden die Wirkungen dieser Veränderung bei ihrem unver meidlichen Zusammenstoß mit dem russischen Koloß zeitig genug erfahren. Mit der Herstellung der Trans- kaspi-Bahn ist jedoch nur ein bestimmter Abschnitt in der asiatischen Eisenbahnpolitik Rußlands beendigt, denn schon zeigen sich die Anfänge eines neuen Ab schnittes derselben. Die Nothwendigkeit einer rascheren Verbindung zwischen dem ausgedehnten ostsibirischcn Gebiete Rußlands und den centralen Gegenden des Czarenreiches in dem nicht unmöglichen Falle eines feindlichen Angriffes auf das ostasiatische Küstengebiet Rußlands hat in Petersburg den Gedanken einer ganz Asien vom Ural bis zum stillen Ozean durchquerenden Bahn austauchen lassen. Dieselbe soll von Tjumen im westlichsten Sibirien, dem Endpunkte der Uralbahn, nach der ostsibirischen Hafenstadt Wladiwostok, unweit der Grenze von Korea, führen und dem Vernehmen nach ist von der russischen Negierung bereits eine erste Baurate von 40 Millionen Rubel für diesen neuen gewaltigen Schienenweg, der mehr als 600 deutsche Meilen lang werden würde, bewilligt worden. Sollte der russischen Zähigkeit in der That die Durchführung auch dieses riesigen Unternehmens gelingen, so würde die Stellung Rußlands in Asien politisch, wie mili tärisch und kommerziell auf eine Höhe gehoben wer den, daß man füglich das ganze centrale Asien — im weiteren Sinne — als eine russische Provinz bezeichnen könnte! Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 30. Mat. Der Mai, mit dessen Auftreten wir im Ganzen wohlzufrieden sein können, hat sich noch mit einem Gewitter verabschiedet, das gestern schon von Mittag an sich in der Ferne an kündigte, aber erst Abends in mäßiger Weise zum Ausbruch kam. Den schwachen Regen, den es brachte, möchten wir freilich nur als Abschlagszahlung be trachten, denn die Fluren lechzen gewaltig und nament lich der Graswuchs will nicht vorwärts. Erfreulicher weise hatte sich diesmal nach dem Gewitter die Lust nicht so sehr abgekühlt, als wir das leider jetzt schon seit längerer Zeit wahrnehmen mußten. — Die Nacht zum vergangenen Sonntag war, trotzdem die 3 Eis heiligen ihr Regiment schon seit 14 Tagen niederge legt haben sollten, doch noch eine recht kalte; an man chen Punkten zeigte das Thermometer sogar Gefrier punkt, weshalb auch verschiedene Gemüse, als Bohnen, Gurken rc. erfroren sind. * Nach Z 51 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 ist von jedem in einem versicherten Be triebe vorkommenden Unfall, durch welchen eine in demselben beschäftigte Person getövtet wird oder eine Körperverletzung erleidet, welche eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder den Tod zur Folge hat, von dem Betriebsunternehmer bei der Ortspolizei behörde (Amtshauptmannschaft) — nach dem üblichen Formular — schriftliche Anzeige zu erstatten. Dieselbe muß binnen zwei Tagen nach dem Tage erfolgen, an welchem der Betriebsunternehmer von dem Unfälle Kenntniß erlangt hat. Für den Betriebsunternehmer kann Derjenige, welcher zur Zeit des Unfalles den Betrieb oder den Betriebstheil, in welchem sich der Unfall ereignete, zu leiten hatte, die Anzeige erstatten; im Falle der Abwesenheit oder Behinderung des Be triebsunternehmers ist er dazu verpflichtet. Gleich zeitig ist eine Abschrift dieser Anzeige dem zuständigen Vertrauensmann zuzusenden. Da diesen Vorschriften noch vielfach zuwider gehandelt und insbesondere die vorgeschriebene Frist in der Regel nicht gehörig inne gehalten wird, so will man nicht Unterlasten, dieselben hiermit in Erinnerung zu bringen. — Das Tragen zu enger Halskragen ist von den Aerzten schon öfter als Ursache von Augen-Ent- zündungen bezeichnet worden. Der bekannte Augen arzt Professor vr. Förster zu Breslau hat nun neuer dings seine Erfahrungen hierüber mitgetheilt, nach welchen auch ihm über 300 Fälle von chronischen Augenleiden aus seiner Praxis bekannt sind, welche einzig hierin ihren Ursprung hätten. — Die Zahl der in Sachsen zur Anzeige gekom menen Brandfälle hat in den beiden letzten Jahren, über welche ein Rechenschaftsbericht vorliegt, 3137 be tragen (1421 im Jahre 1885, 1716 im Jahre 1886). Es ist dies die höchste bisher erreichte Zahl und er klärt sich durch die hohe Zahl der Blitzschläge, die be kanntlich schon seit einer Reihe von Jahren im Steigen begriffen sind. Von jenen 3137 Brandfällen sind nämlich allein durch Blitzschlag 896 verursacht (376 im Jahre 1885 und 520 im Jahre 1886). Von den am Schluffe des Jahres 1886 überhaupt versicherten 729,119 Gebäuden waren nur 5,» Prozent mit vor schriftsmäßigen Blitzableitern versehen. 99 der durch Blitz getroffenen Gebäude hatten Blitzableiter, aber nur bei 6 derselben (darunter 2 weich gedeckten) hat der Blitz gezündet. Die in den Jahren 1831 bis mit 1886 vorgekommenen 1918 Blitzschläge vertheilen sich auf die einzelnen Monate des Jahres, sowie auf Stadt und Land derart, daß auf die Städte nur 298, auf die Dörfer jedoch 1620 entfallen. Von den 547 zün denden Blitzschlägen kamen auf die Dörfer 506, auf die Städte nur 41. Die überaus günstige und noch immer in der Zunahme begriffene Zahl der Blitzschläge in den Dörfern möge den Bewohnern derselben gerade jetzt zum Anlaß dienen, ihre Gebäude sobald als möglich mit vorschrifsmäßigen Blitzableitungen zu versehen. Reichstädt. Das am Trinitatisfestabend zum Besten der hiesigen Orgelbaukasse stattgefundene Concert, war sehr zahlreich besucht. Infolgedessen ist es möglich geworden, den bedeutenden Reinertrag (un gefähr 60 M.) der Orgelbaukaffe zufließen zu lasten. Allen Denen, die in höchst uneigennütziger Weise zum Zustandekommen und Gelingen des Concerts beige tragen, sowie Denen, die durch den Besuch desselben ihr Interesse an der guten Sache bekundet haben, sei auch hier herzlichst gedankt. Mögen sich immer mehr willige Herzen und Hände in der Gemeinde aufthun, die fröhlich ihr Scherflein der Orgelbaukaffe zusteuern. * Schmiedeberg. Vom hiesigen Gemeinderath ist beschlossen worden, von den zur Erholung oder Er frischung im hiesigen Orte sich aufhaltenden Fremden — sogenannten Sommerfrischlern — als Gegenleistung für den Aufwand, welcher, der Gemeindekaffe durch Einführung nächtlicher Straßenbeleuchtung, durch An legung und Unterhaltung von Promenadenwegen und Ruheplätzen und durch ähnliche, im Interesse der Fremden getroffene Einrichtungen erwächst, eine Orts abgabe von 1 Mark pro Partei, ohne Rücksicht auf die Kopfzahl, zur Gemeindekaffe zu erheben. In dieser Ortsabgabe ist die vorschriftsmäßige Meldegebühr' von 25 Pf. mit inbegriffen. Die Abgabe wird nach drei tägigem Aufenthalte, ohne Rücksicht auf die weitere Dauer, erhoben. Verwandte hiesiger Einwohner, welche zu Besuch kommen, unterliegen der Abgabe erst nach mehr als achttägigem Aufenthalte. Für die pünktliche Abführung der Abgabe hat der Quartierwirth, ebenso wie bei Gemeindcanlagen, zu haften. Das über Er hebung dieser Ortsabgabe aufgestellte Regulativ hat nach einer an den hiesigen Gemeinderath gelangten Verfügung der König!. Amtshauptmannschaft Dippol diswalde die Genehmigung des König!. Ministeriums des Innern gefunden. Chemnitz. Das Infanterie-Regiment Nr. 104 „Prinz Friedrich August", das der Typhusepidemie halber nach dem Barackenlager Zeithain verlegt wor den mar, ist am 28. Mai wieder in seine alte Gar nison hierher zurückgekehrt und festlich empfangen worden. Zwickau. An, 28. Mai Vormittags befand sich ein Dienstknecht des Gutsbesitzer Malz in Schedewitz, welcher mit einem zweispännigen Geschirr auf dem Kartoffelfelds beschäftigt war, in großer Lebensgefahr. Es verschwand ihm nämlich, als er inmitten des Kar toffelackers sich befand, der Boden unter den Füßen. An der eingcstürzten Stelle befand sich ein seit etwa 9 Jahren außer Betrieb gesetzter und ausgesüllter Kohlenschacht, der sogen. Reinholdschacht. Als das Ackergespann jene Oberfläche passirte, versanken die Pferde. Das Sattelpferd überschlug sich, riß sich los und kam davon, das Handpferd hingegen verschwand in der Tiefe. Der Knecht kam glücklicher Weise mit einem nicht geringen Schrecken davon und war froh, daß er wenigstens das eine der werthvollen Pferde gerettet hatte. Das etwa bis 20 Ellen Tiefe im -