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Wcherih-Mung Sonnabend, den 17. Februar 1900. Nr. 20. Inserate, welche bet ts- bedeutenden Auflage d«U Blattes eine sehr »tch- same Verbreitung finden^ werden niit 10 Pfg. die Spaltemeile oder dere» Naum berechnet. — Ta bellarische und coniplicirS Inserate mit entspreche»-, dem Alisschlag. — Einge sandt, im redaktionell«« Theile, die Spaltenjetla 20 Pfg. Verankworllicher Vedacleur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtsettigem „Jllustrirten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirthschastlicher Monats-Beilage. '^Me „Wetbarttz.Zattnng" -rscheint wöchentlich drei- iial: Di-nStag, Donners- aa und Sonnabend. — preis vierteljährlich 1M. 2.'> Psg>, zweimonaüich ttt Psg , einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern ra Pfg. — Alle Postan- siatten, Postboten, sowie -je Agenten nehmen Be stellungen an. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmamischaft, das Königliche Amtsgericht und den Sladttath zu Dippoldiswalde. -'M 66. Iahrgang. Der Vurenkrieg. Auch der dritte Versuch General Bullers, mit seiner Armee dem hartbedrängten Ladysmith zu Hilfe zu kom men, ist gescheitert, die Bullerschen Kolonnen haben aber mals über den vielgenannten Tugelasluß zurückgehen müssen. Vielleicht darf man nun das Schicksal von Lady smith und des dort eingeschlossenen englischen Korps unter General White endlich als besiegelt betrachten, einerseits ist die Lage in dem bereits seit Monaten belagerten Platze nachgerade eine verzweifelte geworden, anderseits ist an einen vierten Entsatzversuch Bullers wohl schwerlich noch zu denken, wenngleich in Londoner Blättern von einem solchen gesprochen wird. Vielmehr scheint sich die Lage der Bullerschen Armee nunmehr kritisch gestalten zu wollen, denn nach den vorliegenden Meldungen kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Buren ihrerseits jetzt den Tugela überschritten haben, und die Rückzugslinie des Bullerschen Korps nach Estcourt nnd weiter nach Pietermaritzburg ernstlich bedrohen. Dies bedeutet insofern eine bemerkens- wcrthe Wendung in der Taktik der Buren, als sie ihr bisheriges zähes Beharren in der Defensive aufgegeben haben und dafür wenigstens der englischen Natalarmee gegenüber zur kräftigen Offensive geschritten sind, was jettens der Buren auch im Zululand geschieht, wo starke Kolonnen von ihnen bereits bis Ethowe, dem Sitze der britischen Behörden für Zululand, vorgedrungen sind. Offenbar hat die militärische Oberleitung der Buren die Wahrheit des alten Erfahrungssatzes eingesehen, das; mit der Devensive allein noch niemals ein Krieg gewonnen worden ist, sondern daß hierzu auch eine zielbewuhte und zur rechten Zeit einsetzende Offensive gehört. Die ver- hältnißmäßigc nicht große Zahl ihrer Streitkräfte ver anlaßte offenbar die Buren bislang, sich bisher im All gemeinen in der Defensive zu halten. Wenn jetzt trotz dem General Joubert kühn die Offensive gegen Butter ergriffen hat, so geht er hierbei wohl von der Erwägung aus, daß der Angreifer sich zunächst immer in einem ge wissen Vortheil befindet, auch ist anzunehmen, daß die außerordentliche Beweglichkeit der Buren und die be währte Strategie ihres Oberbefehlshabers Joubert den Mangel hinreichender Streitkräfte für die Buren bei deren begonnenem Anmarsch auf die Flanken der Buller- jchen Streitmacht ausgleichen werden. Man wird also im Laufe der nächsten Zeit vcrmuthlich interessanten und wichtigen Ereignissen auf dem Kriegsschauplätze entgegen sehen können, die möglicher Weise den dortigen Feldzug cndgiltig zu Gunsten der Buren entscheiden werden. Unter dessen scheinen sich aber auch kriegerische Entscheidungen im nördlichen Kapland und vor Allem im Westen des ausgedehnten südafrikanischen Gesammtkriegsschauplatzes vorzubereiten. Hier, am Modder River, hat jetzt der be rühmte Feldmarschall Lord Roberts persönlich den Ober befehl an Stelle Generals Lord Methuens übernommen, und wird man ja wohl bald sehen, was der Besieger der Afghanen in so manchem blutigen Feldzuge gegen die Buren auszurichten vermag. Wenn etwas für die Letzteren in dem Stande der Dinge am Modder River einiger maßen bedenklich erscheint, so ist cs vielleicht der Umstand, daß dort die Buren gegenwärtig offenbar nicht sehr stark -an Zahl sind, da Verstärkungen von der Streitmacht General Cronjes theils an die Buren-Hauptarmee am Tugela, theils an das Bclagerungskorps vor Kimberley, welchen Platz die Buren neuerdings mit vermehrter Energie Lcrennen, abgegeben worden sein sollen. General Cronje ist indessen ein so ungemein geschickter Taktiker wie Stratege, daß cs ihm vcrmuthlich gelingen wird, den ihm gegen über stehenden Truppen des Feldmarschalls Lord Roberts und des Generals Methuen so lange ein Paroli zu biegen, bis Cronje seinerseits wieder Verstärkungen erhalten hat. Auf dem Kriegsschauplätze im nördlichen Capland bei Colcsberg, Rensburg, Sterkstrom u. s. w. schlagen sich die Generäle French und Gatacre noch immer ergebnißlos mit den Buren herum, doch ist es bemerkenswert!), daß die letzteren auch hier wiederholt Osfensiv-Vewegungen in den letzten Tagen unternommen haben. — Gcheimnißvoll nimmt sich noch immer die Thätigkeit Lord Kitcheners, der bekanntlich dem neuen britischen Generalissimus in Südafrika, Lord Roberts, als Ecneralstabschef beigegeben worden ist, aus plant der Vernichter des Reiches der Mahdisten im Stillen wirklich Pläne für die Buren, welche denselben verderbenbringend werden sotten? Nun, dann würde cs freilich Zeit werden, daß sich das militä rische Genie des Siegers von Omdurman endlich auch in Südafrika bethätigte. Aber freilich, vielleicht wird auch Lord Kitchener noch finden, daß die Buren eben weder den Mahdisten noch Afghanen noch Afridis noch sonsteiner der von den Engländern bislang siegreich be kämpften wilden und halbwilden Völkerschaften gleichen! Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Tiefe Erregung aus nichtssagender Ursache hat die letzte Woche einen Theil der Besucher der hiesigen Deutschen Müllerschule und der Bürgerschaft er griffen. Angeblich weil das Lehrerkollegium der Ein ladung der Turnricge „Frisch auf" zu einem Vergnügen nicht Folge geleistet hatte, blieben an, vergangenen Sonn abend alle Mitglieder derselben dem von dem Lehrer kollegium veranstalteten Vortragsabend, sowie der Singe stunde demonstratio fern. Als dann der Turnriege seiten der Direktion verschiedene nothwendige Verpflichtungen auferlcgt wurden, denen der anerkannte Verein „Glück zu" schon seit längerer Zeit widerspruchslos regelmäßig nach kommt, verließen ani Montag Mittag 2 Uhr bei Beginn des Unterrichts alle Mitglieder des „Frisch aus" das Schulgebäude und erschienen auch an den folgenden Tagen nicht zum Unterricht, es sendeten vielmehr „die im Aus stande befindlichen Besucher der Schule", wie es in dem selben heißt, 70 an der Zahl, ein Schreiben an die Direktion, in denen sie die Bedingungen darlegten, von deren An nahme sie den Wiederbesuch des Unterrichts abhängig machten. Der Schulausschuß mußte im Interesse der Dis ziplin an der Anstalt bei seinem schon vorher gefaßten Beschlüsse stehen bleiben, daß Derjenige, der bis Donners tag früh 8 Uhr nicht zum Unterricht erschienen sei, den Ausschluß von der Anstalt zu gewärtigen habe. Zu der genannten Zeit erschienen aber nur 4 Schüler von den Streikenden, während im Laufe des Tages sich noch mehrere meldeten, die aber nach Lage der Sache zunächst nicht zum Unterrichte zugclasscn wurden. — In einer am Donnerstag Abend abgehaltenen Versammlung hat der Schulausschuß im Verein mit der Direktion und dem Lehrerkollegium beschlossen, die Turnriege „Frisch aus" aufzulösen, bei dem Beschlüsse, die streikenden Schüler als ausgeschieden zu betrachten, stehen zu bleiben und auf Grund der von ca. 40 Angehörigen der Schüler bei der Direktion eingegangenen Briefen diesen Schülern den Ein tritt in die Schule auf Ansuchen wieder zu gestatten. Sollten vielleicht von anderen Schülern Gesuche um Wiederaufnahme gestellt werden, so würde darüber der Ausschuß von Fall zu Fall zu entscheiden haben. — Nachdem auch am Freitag Vormittag ein letzter Ver such fehlgeschlagen, dürften sämmtliche streikenden Schüler als definitiv von der Anstalt ausgeschlossen gelten. — Infolge des eingetretenen Bergarbciterstreiks sieht sich die Generaldirektion der sächsischen Staatsbahnen ver anlaßt, vom nächsten Montag ab auf den ihr unterstellten Linien den Personenverkehr zu beschränken. Es fallen demnach fort: Linie Hainsberg-Dippoldiswalde-Kipsdorf: Norm. 9 Uhr 20 Minuten und Abends 6 Uhr von Kipsdorf nach Hainsberg (Ankunft Vorm. I I Uhr bezw. Abends 7 Uhr 47 Min.); Vorm. 9 Uhr 3b Min. und Abends b Uhr von Hainsberg nach Kipsdorf (Ankunft Vorn,. 10 Uhr 20 Min. bezw. Abends 7 Uhr 37 Min.). Auch der nur an gewissen Tagen Abends 11 Uhr l 5 Min. von Hainsberg nach Kipsdorf verkehrende (Theater-)Zug wird in der Nacht vom nächsten Sonntag zum Montag zum letzten Male vorläufig geführt. Linie Geising-Altenberg-Mügeln b. P.: Vorm. >0 Uhr von Geising-Altenberg und Nachm. 5 Uhr 45 Mi», von Glashütte nach Mügeln b. P. (An kunft Nachm. 12 Uhr 8 Min. bezw. Abends 7 Uhr 11 Min); Vorm. 9 Uhr 38 Min. von Mügeln b. P. nach Geising-Altenberg (Ankunst Vorn«. 11 Uhr 55 Min.) und Nachm. 3 Uhr 50 Min. von Mügeln b. P. nach Glashütte (Ankunft Nachm. 5 Uhr >2 Min.) — Zur Zeit durchbraust ein fürchterlicher Schnee sturm unsere Gegend, der die nur locker liegenden Schnee massen aufwirbelt und das Fortkommen im Freien auf das Acrgste erschwert. — Die Musterung der Militärpflichtigen im Aus- hcbungsbczirk Dippoldiswalde wird am 2b. Februar in Laucnstein, am Dienstag, den 27. Februar, in Frauenstein und am Donnerstag, Freitag, Sonnabend und Montag, den I., 2., 3. und 5. März, in Dippoldiswalde stattfinden. Bekanntmachung folgt in nächster Nummer. Glashütte. Der Stadtgcmeinderath beschloß in seiner Sitzung am 7. Februar, unseren so früh dahm- geschiedenen Bürgermeister Kühnel auch dadurch zu ehren, daß die Kosten des Erbbegräbnißplatzes für den Ent schlafenen und seine Wittwe auf die Stadttasse übernom men werden. Dresden. Die Zweite Kammer beschloß am 15. Februar auf Antrag des Vizepräsidenten Opitz, dew ersten Gegenstand der Tagesordnung, die Schlußberathun- über den schriftlichen Bericht der Gesetzgebungs-Deputation: über das königl. Dekret Nr. 18, den Entwurf eines Ge setzes über die Abänderung des Gesetzes vom 22. Märx 1888, die Regelung der Unfatt- und Krankenversicherung der in land- und forstwirthschastlichen Bekieken beschäl tigten Personen auf Grund des Reichsgesetzes vom 5. Mick 1886 betreffend, sowie über die Krankenversicherungs pflicht der häuslichen Dienstboten, sowie die dazu gestellt» Anträge vr. Schill und Gen. von der Tagesordnung ab zusetzen und in Verbindung mit diesen Ankägen an dir Gesetzgebungsdeputation zurückzuverweisen. Hierauf ließ; die Kammer ohne Debatte und einstimmig auf Antrag der Beschwerde- und Petitionsdeputation die Petitton des Leipziger Spar- und Bauvereins, Vergebung von Ge meindeareal zu Bauzwecken in Erbpacht sowie die Grün dung einer oder mehrerer Hypothekenbanken betreffend, sowie des Holzschleifereibesitzers Lauckner in Rübenau um Ge währung einer Vergütung für den ihm während des Baues der Rothenthal-Rübenauer Staatsstraße entstandenen geschäftlichen Schaden auf sich beruhen. — Sicherem Vernehmen nach verlautet, daß seilens der Königlichen Generaldirektion der sächsischen Staats bahnen z. Zt. bei den Stationen der Nebenbahnen tL- hebungen angestettt werden, welche bezwecken, den vielfach- auf den letzteren noch stattfindcnden Fahrkartenverkanf durch die Zugführer zu beseitigen, da derselbe mancherlei Unzuträglichkeiten mit sich bringt. Es soll nun dabei be absichtigt sein, auf allen Stationen der Nebenlinien sowohl den Fahrkartenverkauf als auch die Gepäckabfertigung durch die Stationen selbst besorgen zu lassen; es sollen diese Geschäfte auf denjenigen Stationen, welche mit Bahn» bediensteten nicht besetzt sind, bedingungsweise Privat personen übertragen werden. — Die Königl. Turnlehrerbildungsanstalk kann im Herbst d. I. auf ein 50jähriges Bestehen zurück blicken. Angesichts des für unser Volksleben bedeutungs vollen Wirkens dieser Anstalt, die gegenwärtig Herr DL. Vier leitet, sind zu dieser Feier größere Festlichkeiten ge plant, zu deren Vorbereitung der Dresdner Turnlehrer verein zwei Ausschüsse eingesetzt hat. U. a. wird wäh rend des Festes auch der sächsische Turnlehreroerein seine Jahreshauptversammlung abhalten, an der die Turnlehrer aus allen Gauen Sachsens theilnehmen. — Nach einer vorläufigen Zusammenstellung wird sich der Reingewinn des großen Wohlthätigkeitsbazars zum Besten der Pflegeanstalten für die leidende Kinder welt nach Deckung aller Unkosten auf 135—140000 Mk. stellen! — Die Ziehung der Bazar-Lotterie wird spätestens am 24. Februar stattfinden. — Der Stadtrath zu Roßwein hat infolge Kohlen mangels das Stadtbad bis auf Weiteres schließen lasten. Eine direkte Kohlcnnoth liegt noch nicht vor, doch bleiben die Vorräthe für die Schulen und städtischen Gebäude reservirt. Verschiedene Fabriken arbeiten nur b—8 Stunde» täglich. Ein Centner Braunkohle wird mit 1,70 Mari,, Steinkohle mit 2—3 Mk. bezahlt. Freiberg. Aus dem soeben erschienenen Berichte der Deutschen Versuchsanstalt für Lederindustrie auf das Jahr 1899 heben wir hervor, daß die Zahl der Ein gänge in diesem Jahre 1217 betrug gegen 918 im Vor jahre. Davon kamen 1093 aus Deutschland. Von de», niit den deutschen Kricgsministerien und dem Reichs- marineamt vereinbarten Kursen für die Offiziere der Br- kleidnngsämter haben im Berichtsjahre zwei stattgefunden, außerdem zwei für die Offiziere der Artilleriewerkstätten. Endlich wurden drei Kurse für die Besitzer von Gerberei betrieben abgehalten. Im Jahre 1900 sollen gemein same Kurse für Ober- und Unterledergcrber neueingerichtet werden. Freiberg. In öffentlicher Sitzung des kgl. Land- genchts erfolgte am 14. Februar die Auslassung der Geschworenen für die erste diesjährige Sitzungsperiode des kgl. Schwurgerichts und wurden dabei aus der Dip- poldiswalder Gegend gezogen: Hermann Richter, Guts-