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Mr. 97. zwölfter Jahr-. Erscheint: «glich früh 7 Uhr. Inserate »«dt» angenommen: -*i« Abend» 6, Sonn- Lag» bt, Mittag» 19 Uhr: Mnrtenstraße L>. »»zeig in dies. Blatt, Orden ein« erfolgreich« Verbreitung. Luflag«: L8.0S0 Sonntag, 7. April 1897» Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Droblsch. der Herane-e-rr: Liepsch är Neichardt. - verantwortltcher Redaetenr: Julius «richurdt. Aüauunueui: v, Btett«ljLhrlichr«Ngr. j dein oeutg eidlicher Li» frrnng tu'» Hau«. Lurch die «ünigl. P»ß NterlrltLhrltchrr«^. Einzeln« R««««r» 1 Ngr. Auseraienprns«: 8ür den Rau« einer gespaltene» Zeile: 1 «gr. Unter,,Et»g» landtt- di« Zeit, r «gr. - Dre-den, den 7. April. — Am gestrigen Nachmittag« hatte der in Berlin wohn hafte königlich spanische außerordentliche Gesandte und bevoll mächtigte Minister am königlich sächsischen Hofe, Herr Rance» h Mllanurva, bei beiden königlichen Majestäten sein« AbschiedS- audienz. — — Vorgestern fand unter Vorsitz des Herrn Krumbein eine öffentliche Sitzung der Grwerbekammer statt, in der an Stelle de» freiwillig auSgrschiedenen Herrn Seifensiedermrifle» Albrecht Herr Seilermeister Steher als Mitglied gewählt und Herrn Schornsteinfegermeister Anger da» Amt eines stellver- «etenden Vorsitzenden übergebenwurde. Die Kammer--und Lbm so in der darauf folgenden Plenarsitzung die Handels kammer widmeten dem aurgeschiedenen Herrn Albrecht Worte der Anerkennung und Dankbarkeit für sein verdienstvolle» Wir ken währmd seiner mehr al« vierjährigen Mitgliedschaft. — Die darauf folgende Plenarsitzung der Handel»- und Gewerbe kammer fand unter Vorsitz de» Herrn Präsident Rülke statt. Nach Erledigung der sehr zahlrächen Registrande wurde die JahrrSrechnung von 1866, di« von Herrn Eckarti au» Pirna und Herrn Hutmachermeister Rost in Dresden geprüft worden war, genehmigt. Ersichtlich war daraus, daß die gegenwärtig ausgeschriebenen Steuerbeiträge nicht, wie vielfach fälschlich an genommen wird, al» jährliche Abgaben zu betrachten sind, son- »em eine mindesten« dreijährige Periode (und zwar die Jahre 1865—1867) umfasse«. Bestritten werden davon die stimmt- lichen Ausgaben der Kammer an Budget-Aufwand, Reiseauf- «and und Diäten, die Kosten für die Jahresberichte rc„ da au» der Staatskasse nur die Gehalte für die Secretäre und ein Luschuß zum Bureau-Aufwand gezahlt werden. — lieber einen Antrag der Firma Petzoldt und Sulhorn von hier referirt Prä sident Rülke Es handelt sich um die Bezeicbnung bestimmter Diflrict« innerhalb de» Weichbilde« der Stadt Dresden als Fabrikbezirke und um ein von dem Rath darüber auszufertigen, de» Regulativ. Al» passende Distrikte wurden vorläufig ge nannt di« Umgebung de» Leipziger und de» Schlesischen Bahn- Hofe». die Gegend des Centralgüterbahnhof» und der Blumen straße. Der Gegenstand rief eine sehr lebhafte Debatte hervor, an der sich Hofrath Ackermann, Neichard aus Döhlen, Juliu» Herrmann, Schilling, Anger, Steher au» Freibttg und der Präsident betheiligten. Schließlich wurde aber einstimmig be schlossen, dem Rath zu Dresden die Angelegenheit zu empfehlen. — Ein Antrag de« Fabrikbesitzer» Berndt aus Drüben, die Kammer möge speeielle Bestimmungen über Maß, Fadenzahl re. für dm Handel mit Baumwollengarn brvorworten, ward da gegen auf Veranlassung de» Referenten Herrn Scheller abge lehnt. Schließlich einigte sich die Kammer auf Antrag de» Präsidium» dahin, mit Rücksicht auf die bevorstehende Umände rung de- gesammten Steuerwesens vor der definitiven Feststellung da» Ministerium de» Inner« zu ersuchen, über Gewerbe- und Personalstem«, da» Gutachten der Handels- und Gewerbekam- mern einzuholen. — Auf di« de» Nächst« erscheinend« neue Rangliste un- serer Armee wird bereit» Pränumeration angenommen. Jeden falls wird dieselbe nun auch die noch nicht veröffentlicht« Avancement», hauptsächlich in den »über« Officierkgradm, enthalten; denn soll« diese Avancement», wie e» heißt, bi» M« 1 Oktober auSgesetzt bleibin, so würde di« Rangliste im merhin unvollständig sein. Such würden darin kürzlich, Notiz.« über di« Bekleidung-Vorschrift« bei dm einzelnen Regimentern «nd Truppmabtheilung«, welch« demnächst ebenfalls besonder» erschein« sollen, wünschenSwerth sein, um darnach, auch ohne di« letzter«, sich gleich orientirm zu können. — Am Sonnabend, am frühen Vormittag, wollte eine mit Steinen beladene Zille an da» an der Glacisilraße in Neustadt belegen« Elbufer sich leg« und in Folge dessen um wanden. Dabei versah e« einer der darauf befindlich« Schiffer «nd fiel in dm Strom. Alsbald rudert« einige Ueberfahrt». kühne heran und zogen ihn herau». Er war mit dem bloßen Schreck und einem kalt« Bade davon gekommm. — Eine» nicht unbedeutenden Menschenaufiauf verursachte vorgestern Abend g«g«, 7 Uhr auf der Annmstraße ein Herr, der in einem, wie m schien, nicht ganz zurechnungsfähig« Zu stande, zu Pferde saß, wiederholt von demselben abgeworfen und von Dienstleutm wieder in d« Sattel gehoben wurde. Da» Pferd, da» glüÄ'chn Weise sehr fromm war, trabte mit seine« Reiter nach Belieben auf der Straße herum, bis sich endlich ein Herr ferner erbarmt« und e» sammt dem Reiter «ach „Stadt Plauen" herein,og, in Folge dessen sich da» ver sammelte Publikum wieder zerstreute. — — Mehrfach war in dies« Tag« die Notiz zu lesen, daß bei der hiesigen Sparkaffe (trotz der ruhig« Zeit) im März die Rückzahlung« die Einnahmen um 24,126 Thaler überstiegen haben. Uns wundert die» gar nicht; denn, wenn in der jetzigen Zeit der Zinsfuß eia außerordentlich hoher ist, Je dermann sein Geld zu 5, 6 und höhere Prozente mit Vergnü gen verzinst erhält, und zwar von den sicherst« Papieren, Geldinstituten und Hypotheken, auch die hiesige Sparkasse selbst weit höhere Zins« von den auSgeliehmm Kapitalien nimmt, so ist e» doch gar zu naiv, daß die hiesige Sparkasse dsn Spar- einlegern nur 3^ Prozent (ein Zinsfuß, der zu dm best« Zei ten, in denen Geld überall zu 3 s und 4 Prozent zu erlang« war, auch bestanden hat) gewährt. Es ist darum der Wunsch gewiß sehr gerechtfertigt, daß auch die hiesige Sparkasse höhere Zinsen geben (nicht blos nehmen) möge, weil ihr Geschäft sonst immer kleiner werden muß und zwar zum Nutz« anderer Geld institute. — Bei dem Schluß der Winterfestlichkeit der hiesig« Harmonie-Gesellschaft konnte man gestern in früher Morgen stunde einen eigenthümlichen Aufzug beobacht«. E« halt« sich nach Plack und Mühen im Laufe de» Winters die daselbst be- schäftigten Kellner zu einem Frühconcert und Umzug vereinigt, der dem Castellan, dem Oeconom, dem Oberkellner und der Gesellschaft galt. Da sah man zu dem Morgenconcrrt allerdings Instrumente, von dmen sich weder Apoll, Linus, noch Tyr- täuS und Anacreon Etwas geträumt. Es paukt«, klirrt« und sumsten Bierfässer, Weinflaschen, Kohlenkasten, Ofenschirme, Mefferputzer und Gläserbürsten. Es warm diese Töne in dm Räumen der Harmonie-Gesellschaft freilich nicht „das Gött lichste, was die Erde dem entzückten Ohre bietm kann", wie Homer im neunten Gesang seiner Odyssee sagt ; es war viel mehr ein Stückchen Sahlleiste vom Tafeltuch der bekannten Musikgesellschaft „Scandalia" und der Zweck / ein solenne», kleines Frühstück von Seiten der Hin«, welche mit diesem Ohrenschmaus beehrt wurden, welcher freilich von der „wun derbaren Wirkung der Instrumentalmusik", von welcher Jean Paul berichtet, „himmelweit entfernt war". Doch auch die Welt der Dissonanzen will ihr Recht Hab« und — ein Späß chen in Ehr«, kann Niemand verwehr«. — Ein recht bedauerliches Vorkommniß in Unterwiesen« thal bewegt Aller Herz«. Der Waldarbeiter I.. ein durchaus gut beleumundeter, fleißiger und religiöser Mann, will sein mit Schroten geladenes Gewehr, da» er bei der ziemlich isolirtm Lage seiner Wohnung zu seiner Sicherheit brauchte, abschießen, tritt zu diesem Endzwecke unter die HauSthüre und drückt ab. In demselben Augenblicke war das Kind seiner Nachbarn, die 8 ^ jährige Jda S., aus der elterlich« Wohnung heraussprin gend, in di« Schußlinie gekommen und bricht schwer getroffen zusammen. I. hat sich sofort selbst dem Gerichtüamte Ober wiesenthal gestellt. Am Aufkommm des Kindes ist entschied« zu zweifeln. — Der Käufferstiftung im hiesig« Pestalozziverein sind von Frau Auguste Miru» geb. Buhle, Ehegattin de» Ad», vr. Miru« in LeiSnig, als Erfüllung eines Wunsche» ihrer am 12. Januar d. I. verstorbenen Mutier 500 Lhlr. als Geschenk und de« Pestalozzistift 100 Thl». al» Legat der Letzter« über geb« worden. — Da» von Her« Friedrich Wieck für Dienstag, dm 9. d. M. angekündtgte Concert zum Best« de« hiesig« Pestalozzi- stift» kann an diesem Tage nicht stallfind« und ist vorläufig verschob« ward«. — Da« bei Pirna mit Verlust von drei Menschenleben untergrgangen« Fahrzeug war mit Kohl« belad« und gehörte dem Schwer Vtneenz Klitzscher in Lustig. Da» Schiff war von de« orkanähnlich gehenden Sturmwind« lo«gerissm und bi» zwischen den Bahnhof zu Pirna und da» Dorf Copitz getrieben worden, woselbst von dm Schiffern Anker auLgeworsrn wurden. Bei dieser Gelegenheil hat da» Fahrzeug, welche» ohnedies schon tief gegangen sä« mag, Wasser geschöpft und di« Kohlen und alle« übrige Schiff-material in di« Elbe geschüttet. Die Er trunkenen heißen Ignaz Tischer, Franz Zschickel und Anton Grützner, sämmtlich au» Böhmen, die Uebrig« haben sich mit der Schlapp« gerettet. — Wenn Ben Akiba sagt: ,,E» ist Alle» schon einmal dagewesen I" so dürfen wir un» nicht wundern, wenn sich in dies« Tag« auch in DreSd« ein Bilderstürmer eingefund«, de« an die Zeit der christlichen Verfolgung« vergangener Jahr- Hunderte wenigstens annähernd erinnert. Wie anderwärts, so drang er auch zur Abendzeit in die Bodenbacher Bierniederlag« auf der Hauptstraße Nr. 26 und entwendete dort ein in der Hofrestauration an der Wand hängende», in Dresden viel ver breitete» und bekanntes Bild in Soldrahmen, den König von Lachs« auf der Jagd verstellend. Ob er e» vielleicht blo« copiren oder e« ganz eSeamotir« wollte, darüber hat der Re staurateur Winkler daselbst noch keine telegraphische Depesche erhalt«. — Für da» alte Theater in Leipzig soll ein« größere Dresdner Bierbrauerei-Aktiengesellschaft ein« jährlichen Pacht zins von 5000 Thlrn. gibst« und sich verpflichtet Hab«, alle Ausgaben für die inner» Einrichtung« selbst zu trag«. — Di« bekannte Gräfin Hatzfeld weilt seit einigen Tagen in Begleitung jene« vr. Mente au» Königsberg, der bekannt lich vor Kurzem in einer Versammlung der social-demokratische» Arbeiterpartei in Dresden gegm der« jetzig« Hauptführer, l». v. Schweitzer in Berlin, so heftig ausgetreten ist, in Leipzig. — Wie man ander« Blättern schreibt, werden mehrere Mitglieder der hiesig« geographisch« Gesellschaft in diese« Jahre größere Reisen in verschiedene Länder diesseits und jen seits de» OeeanS unternehmen, so vr. Ziegler «ach Sparten, Gerstäcker nach Südamerika re. — — In der vorvergangen« Nacht wurde in einem an die große Brüdergasse anstoßenden Quergäßchen ein unbekannter Mann in bewußtlose« Zustande aufgefunden und in da» Stadt krankenhaus gebracht. — — Geste« erzählte man sich, daß außer dem von un» schon erwähnt« Hausbesitzer und Bauunternehmer R. auch noch ein Geschäftsmann aus Neustadt-DreSden in Folg« ver übter Wechselfälschungen und dadurch begangener Betrügerei« Dre«dm und seine Familie verlass« und da» Weite gesucht habe. Man vermuthet auch bei ihm, daß er nach Anurmr auSzutretm versuchen werd«. — — E» sind in gegenwärtigem Frühjahre hundert Jahre her, daß die Allee vom damalig« schwarzen Thore in Neustadt- Dresden, dem jetzig« Bautzner Platz, nach der Prießnitzdrücke am Bade angeregt und das schon ftüher bestand««, ehemal» Lehmannsche, damals dem AcciLrath Lincke angehörige Bad ne» eingerichtet und mit Sommerwohnungen für Badegäste versetz« word« ist. , — Ein Kuß, Kleinigkeit in einem Akt, von Heinrich von Worttil (Littrow?) ging als Neuigkeit vorgestern t« Hof theater in Scene. Jean Paul nennt d« Kuß ein Zusammen» plätten rother Häute, Anastasius Grün, die Brücke, auf da sich'» so wonnig ergeht, und Schiller endlich: da» Ineinander» flamm« der Hälften einer Göttässeele, welche zerriss« und i» zwei Leiber gelheilt wurde. Von all« dies« Dingen hat dies« dramatisch verarbeitete Kuß Nicht» an sich, die Versagung des selben ist mehr Bedingniß einer Wette, und da» Stückchen sollte eigentlich „schwarzer Peter" heiß«. ES ist nicht zu leugne«^ daß während der Aufführung viel gelacht wurde, aber für ei» wirkliche» Lustspiel ist diese Mißform nicht anzusehm. Nicht zart und grob, sondern gröber al» grob ist solch« Gattung. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 5. April, Nachmittags. Carl Herrmann Rudolph, Schlossergesell« au» Riesa, ist dreier einfacher Diebstähle beschuldigt. Skwohh V verheirathet und es wohnt« bei ihm zur Unti-rmieth« da Goldschläger Heinrich und der Academist von zur Mühl« Diese benutzten gemeinschaftlich einen Kleiderschrank, in welche« auch Rudolph seine Sachen hatte. Diese zwei Untermiether be schädigte Rudolph dadurch, daß er Herrn Heinrich ein« Rock im Werthe von 12 Thaler nahm und für 2 Thaler versetzte, ferner ein Ehawltuch im Werth« von 1 Thlr. 10 Nzr. Letz teres ist wiedercrlangt word«, der Rock nicht, indem dies Pfaröd verfall« ist. Dem Herrn von zur Mühlen entwendete er ein« ganz neuen Frack, welch« dieser erst geliehen hatte, im Werthe von 28 Thlr., auch dieser wurde nicht wicdererlangt. Auge» schuldigter gefleht unumwundm die Verbrechen und meint, er Hab« die Absicht gehabt, die Sach« wieder einzulösen, aber «» wäre arbeitslose Zeit eingrtreten, so daß der Wille nicht zur That hätte werden können. ElaatSanwalt Roßteuschrr beme- tragt in kurzen Worten die Bestrafung, welche auch dahin er folgte, daß Rudolph 7 Monate Arbeitshaus zu verbüß« hat. — Lngekündigte Gerichtsverhandlung«».' Mor gen, den 9. d. M. find« folgende Verhandlung«terminr statt: Vormittag» 9 Uhr wider Gustav Moritz Klemm in Rieder- pesterwitz wegen EigenthumSvergehen; 9j Uhr wider den Kauf mann Emst Richter allhier wegen Fälschung; lOtz Uhr wider dm Bäcker Carl Juliu» Seidel in Birkigt weg« Diebstahl»; liz Uhr wider Earl Gottlob Wießner au» Schmiedererg we gen Diebstahl«. Vorsitzender Gericht-rath Ebert. — De« 10. d. M. Bormittag» 9 Uhr Haupt Verhandlung wider Johan» Georg Kurz su» Freiberg weg« Betrug» und Verleumdung- Vorsitzender Gerichtirath Jungnickel. — Repertoir de» König!. Hoftheater». Sonntag: Di« lustig« Weiber von Windsor. Fr. Fluth: Fräul Geor gine Schubert, al« Gast. — Montag: Der Herr Studios«». Tartüffe. — Dienstag: Die Regimentstochier. Marie: Fräuk. Georgine Schubert, als letzte Gastrolle. — Mittwoch: Di« Hugenotten. (Anfang 6 Uhr.) Raoul: Herr Ferenczy, al» Vast. — Donnerstag: Die Geschwister. Sie hat thr Herz ent deckt. Ein Kuß. Sin moderner Barbar. — Freitag: Wallen stein» Tod. (Anfang 6 Uhr.) — Sonnabend: Generalprobe zu« PalmsonntagS-Coneert. — Sonntag: Große Mufikanfführung. — Montag: Geschloffen. Tagesgeschichte. Preußen. Di« „B. B.-Ztg." schreibt: „Nach den un» neuest«» zugegang«« Nachricht« find di« best« Aussicht«