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Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Als Beiblätter: l. Ilrustr. Sorrnlcrgs- k>l«rrt (wöchentlich), 2. Eine kcrrrdrvirth schastkiche Meikage (monatlich). Abonnements-Preis: Vierteljährl. 1 M. 25 Pf. An) Wunsch unentgeltliche Zusendung. ^kür Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Ringegend. Blatt und des Stadtrathes Amts- des Königs. Amtsgerichts Zu WuLsnih. Inserate sind bis Dienstag u. Freitag, Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- Puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. HescHäftsflelren bei Herrn Buchdruckereibes. Pabst in Königsbrück, in den Vn- nvncen-Bureaus von Haasi n- stein <L Vogler u. „Invalide n- dank" in Dresden, Rudolph Mosse in Leipzig. D-uck -„d L S°rs,-r^ Srb.n MMmtdVttt-jlgstkv AshxgANg. R-d°tt°ur Vus.°° Mittwoch. Nr. 101. 17. Dezemver 1890. DnUMNK - Mit dem 1. Januar 1891 beginnt ein neues Quartal, wozu die unterzeichnete Expedition hier mit freundlichst einladet. Alle Postanstalten, sowie unsere Zeitungsträger nehmen Bestellungen darauf an, und bitten wir die Abonnements rechtzeitig bewirken zu wollen, damit keine Unterbrechung der Zusendung statt findet. Wir erlauben mns darauf Hinzumeisen, daß sich unser Blatt in den letzlen Jahren immer mehr vergrößert und die Abonnentenzahl bedeutend zu genommen hat, sodaß Inserate wirksamste Ver breitung finden. Die „Jllustr. Sonntagsbeilage" beginnt mit einer HöcHstinterefsanten Erzählung aus dem Schwarzwalde (Karte Köpfe) von Oskar Höker. Brauchbare Beiträge oder kurze Notizen für den redaktionellen Theil unseres Blattes, insbeson dere solche, die örtliche Angelegenheiten und Er eignisse betreffen, werden jederzeit dankbar ent- gegengenommen, event. auch entsprechend bezahlt. Achtungsvollst Expedition des Amts- und Wochenblattes. K. L. Körster's Erben. Die Generaldebatte über den Etat im Reichstage. Seit langem haben sich die Generaldebatten über den Etat im Reichstage zu einem umfassenden parlamentarischen Vorpostengepläukel gestaltet, das nicht nur den Budget angelegenheiten, sondern auch anderen wichtigen Fragen der Reichspvlitik gewidmet ist, und bei welchem die einzelnen Parteien gewöhnlich engere „Fühlung" nut einander über ihre gegenseitige Stellung zu diesen Fragen zu nehmen pflegen. Einen derartigen Charakter trugen auch die drei tägigen Verhandlungen vom Dienstag bis zum Donnerstag, in' denen sich der Reichstag zum ersten Male mit dem neuen Etat beschäftigte, denn sie berührten nicht nur die gesammte Finanzlage des Reiches, sondern zogen auch andere hervorragende Seiten der Gesammtpolitik des Reichs in ihren Kreis. Bemerkenswerth vor Allem war, daß auch in der diesmaligen Generaldebatte über den Etat die Redner der Freisinnigen und Sozialdemokraten einen durchaus oppositionellen Ton anschlugen, die beiden stärksten Fraktionen der Linken des deutschen Reichsparlaments scheinen also auch unter der „neuen Aera" von ihrer bis herigen prinzipiellen Haltung nichts anfgcben zu wollen. Anderseits nahmen die Nalwnalliberalen und ebenso die beiden conservativen Parteien durch ihre Redner eine im Allgemeinen recht entgegenkommende Stellung gegenüber der Reichsregierung ein und auch Herr Windthorst ließ in feiner Mittwochsrede Namens des Eentrums durchblicken, daß dasselbe keineswegs nach der oppositionellen Seite hin abschwenken werde, so daß also die Etatsdebatten verhält- nißmäßig günstige Aussichten auf einen gedeihlichen Weiter verlauf der Reichstagssejsion eröffnet haben. Was nun die Einzelheiten der dreitägigen Verhand lungen anbelangt, so waren alle Parteien hinsichtlich des neuen Budgets und überhaupt der Finanzlage des Reiches darin einig, daß die größte Sparsamkeit geboten sei. Namentlich dürste der Reichstag an den Marineiorderungen eryeoliche Streichungen vornehmen und auch der Militäretat wird sich einige Abstriche gefallen lassen müssen, obwohl sonst an letzterem nicht viel zu rütteln ist, denn er stellt vielfach nur die Consequenz früherer Reichstagsbeschlüsse dar. Mit allseitiger Genugthuung wurden die bestimmten Erklärungen des Reichskanzlers von Caprivi begrüßt, daß die aufgetauchten Gerüchte über beträchtliche Nachforöerungen beim Militäretat völlig unbegründet seien, so daß es also mit den schon bekannten Sunimen des neuen Militärbud gets sein Bewenden haben wird. Wie immer, nahmen auch diesmal bei der Generaldiscussion des Etats die steuer- und zollpolitischen Erörterungen einen ziemlich breiten Raum ein und stießen hierbei die schutzzöUnerische und agrarische Richtung mit der freihändlerischen Richtung wiederum zusammen, «soweit sich nach diesen Debatten die Sachlage nn Reichstage beurtheilen läßt, wird im letzteren keine Mehrheit für eine wesentliche Herabsetzung der wichtigsten deutschen Zölle, besonders der landwirth- schaftlichen, zu finden sein, speziell erklärte der Centrums führer, Herr Dr. Wmdthorst^ daß pnue Partei an dem bestehenden Zollsystem nicht rütteln lasten werde und das Cenlrum pflegt ja gerade m zollpolitischen Dingen im Reichstage den Ausschlag zu geben. Bei diesem Capitel wurden auch die gegenwärtigen handelspolitischen Verhand lungen zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn ge streift, doch ließ sich aus den bezüglichen Erörterungen noch nicht absehen, welche Wirkungen das Beibehalten des jetzigen Zollsystems in Deutschland auf die erwähnten Conferenzen haben würde. Im Weiteren berührten die Etatsdebatten noch die Fragen der letzten Reichsanleihe-Begebung und der Silber- Währung, schweisten auch mehrfach auf das socialpolitische Gebiet ab und ließen endlich auch die Stellung des Reichs tages zur weiteren Gestaltung der Colonialpolitik erkennen. Nach den Aeußerungen der Redner des Centrums, der beiden conservativen Fractionen und der Nationalliberalen kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die genannten Parteien auch fernerhin die im Interesse einer zielbewußten und vorsichtigen Weiterführung der deutschen Cvlonialpolitik nothwendigen Ausgaben bewilligen werden, worüber alle Freunde einer maßvollen Weiterentwickelung der Cvlonial politik des Reichs nur Genugthuung empfinden werden. Oertliche und sächsische Ancjelegenheiten. Pulsnitz. Das Weihnachtsgeschäft will sich noch gar nicht so entwickeln, wie es die vorhergehenden Jahre gewesen ist. Diese Klage hört man von verschiedenen Setten und nicht nur in unsrer Stadt, auch in den Nach barstädten nnd namentlich in Dresden ist dies der Fall, die Kauflust ist keine so rege, als in früheren Jahren. Dies kann leicht seinen Grund in den zur Zeit herr schenden theuren Preise der Lebensmittel, wie Fleisch, Brod rc. haben. Es ist ja aber auch möglich, daß sich in den acht Tagen, die wir noch bis zum Feste haben, das Blättchen wendet und das Weihnachtsgeschäft zu Aller Zufriedenheit ausfällt. Dies wollen wir hoffen und wünschen. Pulsnitz. Dem Vernehmen nach werden dieses Jahr aus den v. Posern'schen Waldungen keine Christ bäume abgegeben, mithin wäre es am Platze, wenn von auswärts Weihnachtsbäumchen in die Stadt geliefert Würden. Pulsnitz. Der Verein der Geflügelfreunde für Pulsniß M. S., Lichtenberg und Umgegend hält vom 4. bis niit 6. Januar 1891 in den vortrefflich dazu ge- eigneten Räumen des Menzel'schen Gasthofes seine 111. Geflügel-Ausstellung, verbunden mit Prämürung und Verloosung, ab. Programme hierzu sind von Herrn Bernhard Schöne in Lichtenberg zu entnehmen. Wünschen wir dem Verein, der in der Kürze seines Bestehens schon in der Lage ist, eine 111. Ausstellung zu veranstalten, einen recht günstigen Verlauf. Pulsnitz. Ein hiesiger Gewerbtreibender hatte in der Nacht vom Sonntag znm Montag auf dem Nachhause wege das Unglück, im Hofe des von ihm bewohnten Hauses auf einer gefrorenen Wasserfläche auszugleiten und so zu fallen, daß er den Unterschenkel brach. Der Betreffende war nicht im Stande sich zu erheben und mußte ca. 1 Stunde in seiner trostlosen Lage aushalten, ehe seine Rufe gehört und er in seine Wohnung getragen werden konnte. Dieser Vorfall ist wieder ein Wink für alle Die jenigen, denen es obliegt, auf den Wegen und vor den Häusern bei anhaltender Glätte Sand zn streuen, dies ja nicht zu unterlassen. Pulsnitz. Das Jnvaliditäts- und Altersver- sicherungsgcsey tritt, wie bekannt, am 1. Januar 1891 in Kraft. Wir haben in unserer letzten Nummer auf einen der wichtigsten Punkte des Gesetzes, der die versicherungs pflichtigen Arbeiter betraf, hingewiesen und nehmen mit heute Gelegenheit, etwas näher auf das Gesetz einzugehen. Wir beginnen mit der Frage: Wer ist versicherungspflichtig? Nach ß 1 des Gesetzes unterliegen vom vollendeten 16. Lebensjahre ab der Versicherungspflicht folgende männ liche und weibliche Personen: 1) Arbeiter, Gewerbegehülfen, Gesellen, Lehrlinge, Bediente, Knechte, Tagelöhner, Mägde, Dienstboten, welche gegen Lohn oder Gehalt beschäftigt werden; 2) Betriebsbeamte, sowie Handlungsgehülfen und Haudlungslehrlinge*), welche Lohn oder Gehalt beziehen und deren Jahresverdienst nicht 2000 Mark übersteigt; 3) die gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Personen der Schiffsbesatzung deutscher Seefahrzeuge (Seeleute) und von Fahrzeugen der Binnenschifffahrt. Wer ist sich selbst zu versichern berechtigt? Darüber geben uns die W 2 und 8 des Gesetzes Auskunft. Es heißt darin: 1) Betriebsunternehmer, welche nicht regelmäßig wenigstens einen Lohnarbeiter beschäftigen; 2) selbstständige Gewerbtreibende, welche ohne Rücksicht auf die Zahl der von ihnen beschäftigten Arbeiter in eigenen Betriebsstärten im Auftrage und für Rechnung anderer Gewerbtreibender arbeiten. Die Selbstversicherung dieser unter 1 und 2 bezeich neten Personen ist jedoch nur insoweit zugelassen, als sie zur Zeit des Eintritts zwar das 16-, jedoch noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben und sie nicht im Sinne des ß 4, Abs. 2, bereits dauernd erwerbsunfähig sind. Das Versicherungsverhältniß fortzusetzen ist berechtigt Jeder, welcher als Versicherungspflichtiger oder als Selbst- Versicherer iii die Versicherung eingetreten ist, nach Been digung des die Versicherungspflicht oder die Berechtigung zur Selbstversicherung begründeten Verhältnisses. Voraus gesetzt ist, daß er 2'/? Beitragsjahre Beiträge geleistet hat. Wer ist von der Versicherung ausgeschlossen? 1) Beamte des Reichs und der Bundesstaaten; 2) die mit Pensionsberechtigung angestellten Beamten von Kom munalverbänden. Zu letzteren gehören nicht nur die weiteren, sondern auch die engeren Kommunalverbände (Provinzen, Bezirke, Kreise, Stadt- und Landgemeinden, setbstständige Gulsbezirke); 3) die dienstlich als Arbeiter beschäftigten Personen des Soldatenstandes. Dagegen unterliegen Soldaten, welche beurlaubt werden, um zur Erntezeit in der Land- Wirth schäft zu helfen, der Versicherung; 4) diejenigen Personen, welche eine Invalidenrente beziehen. Wer trägt die Kosten der Jnvaliditäts- und Altersversicherung? Die Mittel für diese Versicherung werden von drei Theilen aufgebracht, nämlich von den Arbeitgebern, von den Arbeitern und vom deutschen Reiche. Die Theile sind aber nicht gleich. Das Reich gewährt zu jeder Jnvaliden- und zu jeder Altersrente einen festen Zuschuß von 50 Mark im Jahre, das Uebrige muß von Versicherungsanstalten (bei uns das Königreich Sachsen) aufgebracht werden und zwar durch laufende Beiträge, welche auf die Arbeitgeber und Arbeiter zu gleichen Theilen entfallen. *) ausschließlich der Apvthekergehülfen und -Lehrlinge.