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Dresdner Journal : 13.10.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189310132
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18931013
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18931013
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-10
- Tag 1893-10-13
-
Monat
1893-10
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 13.10.1893
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W 239. Fretta«, den I». Oktober, abends. 1893. »Hr v»«»ä«» * U«Il X kL, z— »»«rl. ck»Ä»ct»«i> ?o«»»n,»»Ito» vi«Xt- r n»»k; »o«ertuüd 6« 6eut»ct»«o 8«iot>«« Mjtt ko«t- ua<i 8t«wp«I»<»»vb!»a di»». Liiusln« Huwwero: 10 kk. L,li»»4Ir«»r»,«d»kr»»r ^«r 4« L»aw «ia«r a—p»lt«o«» L«i!« Uo»» SotMl^ X?k. v»1»r _Lü»G««o<tt" 4!« L«l» »0 kL S« ?kk»Ueo- mul L»T«ra«Lt2 «»t»pr. Aal»otü»G. ?>r»cd«l»«»r TNAtivd Mit 4v«uttu»« <ier 8c»»- u?ai«rt«^» »t>«»<i». /«r»»pr»c8 - X»»otilu»»! 1LSK. DreMerIMmal. Für die SeiamUeiwng verantwortlich: Hofrat Dtto Banck, L)rofeffor der litteratur- und Lunftgeschichte. rc» Lo^vnälxuoxen »o>>r,Lr^, Tow>»>«touSr äv» Drckäaer lourai»!,; >»»d«U V»«» L«»«t Ir»,l»o rr»»Uiu1 ». ».! -t VnA/ei',- >«rU»-V»«» N»^dar^ r>»U L«tp»tA rr«»rriul ». tl. nvLLdill! ^o««, r»ri» »«I-UL - rnudkMr» «. »-: La-»« 6a., >«rU»: /nvati4e«<ta>tt:, >r—l»»: PÜU Ladal^, 6. §c^U«t«^,- I»U« ».! Larct et 6o ll«r»»»»«derr Lvoigl. Lrpaäitioo 4«, vr«ä»er ^ounutt». vraaäaa, L^iv^vritr. 20. r«r»,xrvcti-Xo»ckllt»«: Ur. ^L-L. Amtlicher LeU. Se Majestät der König baden Allergnädigst ge ruht, dem Obersten a. D. Grafen Ernst von Vitz, thu« zu Oberlößnitz da» Comthurkreuz 2. Klaffe vom Verdienstorden zu verleihen Dre»dev, 9. Oktober. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Hau-meister und Oekonom am Seminar in Pirna, Karl August Ferdi nand Pietzsch, da» Aldrecht-kreuz zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß die Königlichen Reitknechte Gustav Eduard Schmiedgen, Friedrich Wilhelm Görke und Johann Earl Lösche da» von Sr. Maje stät dem Kaiser von Österreich ihnen verliehene sil berne Berdienstkreuz annehmen und tragen. Bekanntmachung. Dem Postinsprctvr Visrgutz in Münster (Wests ) ist vom 1. Januar 1894 ab eine Postinspectorstelle im Bezirke der Kaiserl. Oberpostdirection in Leipzig übertragen worden. Nachdem Se. Majestät der König von Sachsen auf Grund von Art. 50 der Verfassung de» Deutschen Reiche» zu dieser Anstellung die landesherrliche Be stätigung ertheilt haben, wird Solche- hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dre-den, am 9. Oktober 1893. Finanzministerium. von Thümmel. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Nachrichten. Berlin, 13. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Da» „Berliner Tageblatt" meldet au» Rom: Die i» Ballon unternommene Hochzeitsreise de» Lust- schiffert Ehardonnet hat «in schreckliche» Ende genommen. Bei« Passieren der französischen Alpen platzte der Ballon. Die Insassen stürzten au» der Höbe herab auf eine Kelsenkaate, wobei der Lustschiffer zerschmettert und seine junge Krau schwer verwundet wurde. Einen Frennd de» Luft- schiffet», der in de» Ballon mit eingestiegeu war, fand «an auf, al» er im Sterben lag. Stettin, 13. Oktober. (Tel. d. Dre-dn. Journ.) Hier find 7 neue Eholeraerkraaknngen vorgekomme«, von denen 2 tödlich verliefen. Au» Grabow wurden zwei neue Erkrankungen gemeldet, von denen eine einen tödlichen Au-gang hatte. Bochum, 13. Oktober. (Tel. d. DreSdn Journ.) Der Vorsitzende de» Brrgarbeiterverbande», Schrö der, wurde heute mit 17 anderen Gefangenen zur Verbüßung einer Strafe in da» Gerichtögefängni» abgeliefert. Bonn, 13. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Dem „Generalanzeiger" zufolge überfuhr der heute nacht um 1 Uhr 22 Minuten von Köln hier eintreffende Personeuzug bei dem Bahnübergang in der Nähe von Brühl rin Fuhrwerk. Von den Insassen wurden drei Personen getötet und zwei verwundet. Die Verwundeten wurden in die hiesige Klinik überführt. Pari», 13. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Nach hier vorliegenden Nachrichten au» Montevideo unterstütze auch die Kaufmannschaft die Kandidatur de» General» Taje». — Au» Rio Grande wird gemeldet, daß die Föderierten ihre Gegner bei Quarahy überrascht und 200 derselben getötet haben. Luust und Wissenschaft. Die Goya-AuSstellung im König!. Kupferstich- Kabinett. Auch in der Kunst ist „Alles schon dagrwesen", der Klassizismus, der Naturalismus, der Idealismus und sogar dar .,kin äo sieols" Im allgemeinen be wegt die „Moderne" des nervösen, überreizten, aber gewaltig nach Licht und Leben ringenden Endes des neunzehnten Jahrhunderts sich freilich in Bahnen, die denjenigen vom Ende des vorigen Jahrhunderts, daö seine vielleicht noch größere Nervosität und Aufgeregt- heil künstlerisch mit dem Mantel des Klassizismus zu verhüllen strebte, beinahe entgegengesetzt zu sein scheinen. Hier und da tritt die innere Verwandtschaft beider Zeitalter aber doch deutlich hervor; und wenigsten- ein Künstler lebte am Ende des vorigen Jahrhunderts, der ebensogut dem Ende des unsrigen angehören könnte, ein Meister, in dem zugleich der lichtdurstige Realis mus und die wunderbare, manchmal sogar wunderliche Phantastik der gegenwärtigen Zeit, bald einzeln, bald mehr oder weniger innig verschmolzen, bereit- in der ausgesprochensten Weise vorgebrldet erscheinen. Dieser Meister ist der spanische Maler und Radierer Fran cisco Goya, der 1746 zu FuendetodoS in Aragonien geboren wurde und erst 1828 in Bordeaux starb. Daß unsere Zeit ihn wirder zu ihren Lieblingen rechnet und sich eingehend mit seinen Werken beschäftigt, ist selbst verständlich. Es schien daher auch die höchste Zeit zu sein, seinen Werken eine der BierteljahrSautstellungen Eine öffentliche Versammlung, welche von den an» de« >»»st«»d»gebtet i« Departe«ent du Nord znrückgrkehrte» Deputierten rivberufen war, sprach sich, nachdem die Deputierte» heftige Rede» gegen die «egier»»g n»d die Polizei gehalten hatten, für eine Ermnttgnng der Au-ständigen und für de» Erlaß einer Amnestie au». Madrid, 13. Oktober. (Tel.d.DreSdn.Journ.) Der Miuister de» Innern Capdepon hat bei dem Ministerprstfideutru Sagasta au» Gesundheit»- rücksichtr» sei»e Demiffion eingereicht. Der „Correo" glaubt, Moret werde da» Ministerium der öffeutlichen Arbeiten übernehmen. Wer an Moret» Stelle zum Minister für die auswärtigen Angelegenheiten ernannt werden würde, sei noch unbestimmt. Auf daS Ersuchen der spanischen Regierung hat die englische Regierung die Ein- und Ausfuhr von Waffen in Gibraltar verboten. London, 13. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die Zahl der Grubenarbeiter, welche die Arbeit zu den alten Lohnsätzen wieder ausgenommen haben, beläuft sich auf 58000. Kopenhagen, 13. Oktober. (Tel. d. Dre-dn. Journ.) Die russische Kaiserfamilie reist am nächsten Dienstag an Bord de» „Polarstern" nach Rußlaud zurück. Washington, 13. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die permanente Sitzung des Senates, welche gestern nachmittag u« 5 Uhr d^auu, dauert noch fort. Senator Allen sprach für die Abschaffung der Sher«auakte. In der fünf zehnten Stunde der Sitzung wnrde ei» Amende ment zu Gunsten der freien Tilberprtgn»» »er «orfe». Dresden, 13. Oktober. Europa und die Freunde von Toulon. Von einem Wiener Mitarbeiter veröffentlichen die „M. N N." eine vorzugsweise den österreichischen Standpunkt betonende doch allgemein beachtenswerte Kritik der französisch-russischen Beziehungen. Der Aufsatz, in welchem Rußlands mittelasiatiAe Politik und die von der St. Petersburger Regierung auf diesem Boden erhoffte Unterstützung seilen» Franlreich» aegen England allerdiug» nicht ganz nach Wert m Rechnung gestellt sind, lautet folgendermaßen: Anläßlich erne» großen heiteren Festabends in Wien wurde unter die Anwesenden eine Beschreibung spaßhafter Erfindungen verteilt, von denen insbeson dere eine auf einem sehr drolligen Gedanken beruhte. ES war von einem Apparate die Rede, welcher die Schlaftrunkenheit der Wiener Hausmeister, die den nach der Thorsperre Heimkehrenden oft eine sehr un angenehme Wartezeit bereitet, überwinden sollte. Mit Hrlfe diese- Apparates sollte schon das zweite Läuten doppelt laut ertönen; beim dritten sollte ein Pistolen schuß loSgehen; beim vierien ein Hammer auf den Kopf des Hausmeisters fallen; beim fünften, wenn all die- keinen Erfolg hätte, der Hausmeister aus drin Bett geworfen werden. Für den Fall aber, daß er auch dann noch nicht erwachen würde, war dadurch gesorgt, daß am HauSthore selbst, hinter einer Klappe, der Hausschlüssel hängen sollte, mit dem man das Schloß aufsperren und, ohne Vermittelung des Haus meisters, ruhig in die Wohnung gelangen könnte. An diese sinnreich gehäufte und zum Schluß für überflüssig erklärte Komplikation erinnert die Politik, welche die Franzosen dem befreundeten Rußland zu- muten. Rußlands Streben geht nach dem Besitze der Einfahrt zum Mittelländischen Meere, also Kon stantinopels. ES braucht zu diesem Zwecke nur seine Schwarze Meer-Flotte ausgiebig zu verstärken und mit ihr und einem ansehnlichen Expeditions korps einen Handstreich au-zuführen; nun wird ihm aber von den Franzosen nicht nur etwa der Umweg über Rumänien und Bulgarien, die sich ihm widersetzen würden, angeraten; auch nicht bloß der Umweg über Kleinasien, das ein englischer Schutzver trag deckt, sondern ein Krieg gegen Osterreichüngarn und Deutschland, also gegen zwei bi» an die Zähne gerüstete Großmächte Niemand kann glauben, daß eines dieser beiden Reiche gegen Rußland zu den Waffen greifen würde, wenn e- in Konstantinopel eine vollzogene Thatsache geschaffen hätte; selbst England würde schwerlich etwas anderes thun als protestieren und nach Entschädigungsobjekten suchen, von denen e- eine» — Ägypten — cke kacto bereits besitzt. Ruß land braucht also nur zu warten, bis eS im Süden stark genug ist; statt dessen aber soll eS, um Frank reichs willen, einen Kampf herausfordern, der, bei ungünstigem AuSgange, sein ganzes Gefüge gewaltig erschüttern müßte. Der Wert der französischen Sympathien liegt für Rußland in den kleinen TageLfragen der Diplomatie »nd der Finanz; in seiner einstigen großen Aküon wird er sich nur darin bekuntzen können, daß Frank reich keinen Einspruch gegen eine Besitznahme der Meerengen wird erheben können. Eine aktive Teil nahme der Republik jedoch, nämlich ein gleichzeitiger Angriff derselben auf Deutschland, würde Rußlands Unternehmen aus einem ziemlich ungefährlichen in ein höchst gefährliches verwandeln, da es alsdann so fort in einen Krieg gegen den Dreibund hineingeriffen würde. Wir zweifeln nicht, daß verständige russische Politiker sich darüber vollkommen klar sind, und wenn sie in Gemäßheit dieser Erkenntnis handeln könnten, würden sie vielleicht auf den Vorteil, den die fran zösische Freundschaft ihnen bietet, in Anbetracht der Gefahren, die sie mit sich bringt, verzichten. Denn daß diese Freundschaft sich nicht al» tote» Instrument handhaben lassen wird, ist wohl zweifellos. Diejenigen Franzosen, die den Revanchekrieg wollen, arbeiten darauf hin, Rußland zu binden und eS bei dem Streben nach Konstantinopel zu jenem Umwege zu nötigen. Diesen Zwang kann Frankreich allerdings nicht direkt auf die St. Petersburger Regierung ausüben, wohl aber auf die öffentliche Meinung des Zaren reiche», die sich für die Knechtung üu Innern durch den Anschluß an eine Demokratie entschädigt und deren Groll gegen da» Deutschtum von Pan» aus genährt wird. Der Groll ist alt; selbst in hohen Kreisen hat man Deutschlands Einigung und Kräftig- ung bitter empfunden, Österreichs angeblichen Un dank während des Krimkrieges nicht vergessen und rechnet man »hm nach, daß eS mit der Okkupation Bosniens die Früchte der russischen Anstrengungen geerntet habe, während Rußland jeden Einfluß auf Bulgarien verloren hat. Die fremden Erfolge und die eigenen, durch die Unzulänglichkeit der russischen Diplomatie und Heeresleitung verursachten Mißerfolge werden addiert und auf dos fremde Schuldconto ge stellt, das sich im Volksglauben durch die wirtschaft liche Überlegenheit der Deutfchrn und in den ge bildeteren Kreisen durch das, der Zeitströmung entsprechende Anwachsen des Nationalgefühles ver stärkt. Diese Gefühle, die die französische Presse zu steigern weiß, haben die russische Politik auf einem Wege, den sie sonst nur vorsichtig betreten hätte, weiter gedrängt als ihr selber lieb »st, und es ist möglich, daß die St. Petersburger Staatsmänner eines TageS, wenn sie nicht sehr kräftig Widerstand leisten, zu sehr ungelegener Stunde von dieser Strömung überflutet werben. Darin liegt für Ruß land und für Europa die Gefahr, für deren Ab wendung die einzig sichere Bürgschaft ein Umschlag der Stimmung in der russischen Nation wäre. unseres Kupferstichkabinetts einzuräumen. Sind wir unserem engeren LandSmanne Max Klinger, in ihnen schon öfters begegnet und haben wir m dessen Radier ungen den künstlerischen Zeitgeist der Gegenwart in seinem Realismus und in feiner Phantastik sich besonders ausdrucksvoll äußern sehen, so hätte es sich vielleicht empfohlen, als Vorbereitung auf Klingers Kunst schon längst eine Goya-Ausstellung zu ver anstalten; denn gerade als Vorgänger Klingers ist Goya anzusehen, und gerade die Radierungen Goyas geben uns vielfach den Schlüssel zum Verständnis der Radierungen Klingers. In der Malerei geht Klinger ganz andere Wege als Goya, der, wenn man von seinen großen dekorativen Gemälden absieht, als Maler, besonders als Sitten- und als Bildnismaler, denselben Spuren folgt, die ihn als Radierer leiten, wogegen Klinger in der „Bildmalerei" mit solchen« Bewußtsein anderen Grundsätzen folgt, als in der „Griffelkunst", zu der er die Radierungen rechnet, daß er seinen Gedanken hierüber in seiner lesenswerten Schrift „Malerei und Zeichnung" fogar einen klaren, geschriebenen und gedruckten Ausdruck verliehen hat. Für die Malerei verlangt er Einfachheit, Klarheit, ernste Größe, der „Griffelkunst" behält er die Wiedergabe der unendlichen, manchmal verwirren den Vielheit der Erscheinungen und die Fülle der Gesichte vor, die der Künstlet Phantasie entsteigen. Die kunstliebenden Dresdner werden sich, wenn sie Klinger- Gemälde der Beweinung de- Leichnams Christi, da» demnächst in unserer Galerie ausgestellt werden wird, mit seinen Radierungen, die ihnen bereits bekannt sind, vergleichen, leicht davon überzeugen, daß unser Meister seine Theorien auch in die Praxi» umzusetzen versteht. Während dementsprechend also seine Gemälde durchaus nicht an diejenigen des Spaniers Goya er innern, spricht sich in den Radierungen der beiden durch ein Jahrhundert getrennten Künstler eine viel fach verwandte künstlerische Auffassung aus; nur er scheint auch in den Radierungen die Künstlerphantasie KungerS doch noch umfassender und vielseitiger als diejenige Goyas. Die deutsche Anmutstiefe ist ein Element, das GoyaS Kunstweise fremd ist. Der Spanier bleibt am Realistischen, Satirischen und Phantastischen haften; und seine Saiile stieift öfter an die Karikatur als diejenige des deutschen. Da die Gemälde GoyaS außerhalb Spaniens selten sind, so beruht seine Bedeutung für die Nachwelt im Bewußtsein weiter Kreise Europa- hauptsächlich auf seinen Radierungen, deren manchen er dui ch die gleich zeitige Anwendung de- AquatintaverfahrenS den malerischen Reiz der Helldunkeltechnik zu geben ver standen hat. Nur eigenhändige Radierungen d?S MetsterS sind auch im Kupferstichkabinett zur Aus stellung gelangt. Es ist bezeichnend, daß Goya die Ausübung der Radierkunst mit der Vervielfältigung von Gemälden seine- großen LandSmanne» Belazquez begann. In der Unmittelbarkeit der Erfassung und Wiedergabe der Wirklichkeit war und blieb dies r sein Vorbild; feine äußere Technik und seine innere Einbildungs kraft ließ er dann auch durch Rembrandts Radier ungen befruchten; vor allen Dingen aber folgte er der Natur und sich selbst. Er selbst bezeichnete die Na tur, Lelazquez und Rembrandt al- seine eigentlichen Lehrmeister. Seine Studien nach Velazquez traten in feinen geistvollen, lebendigen, klaren Radierungen nach Während in Rußland die gegenwärtige Situation der geheimen Verbreitung fortschrittlicher, ja ganz radikaler Gedanken, die dem amtlichen Zwangssystem durchaus widersprechen, günstig ist, begünstigt sie im übrigen Europa, einschließlich Frankreich, die konser vativen Richtungen. Ein Volk, da» großes Gewicht auf Kräftigung dc» Heere« legt und das, wie das französische Krieg-Hoffnungen nährt oder es sich schuldig zu sein glaubt, sie zu nähren, wird unwillkür lich auf eine konservative Bahn gelenkt, vollend», wenn eS das Bündnis mit dem Zaren sucht, und gewiß ist diesem Umstande die andauernde, allen Schwankungen zum Trotz sich erhallende Herrschaft der Gemäßigten in der Republik mit zuzuschreil^n. Dies mag al- Vorteil für Frankreich gelten; ferner mag al- Vorteil gelten, daß eS, im Hinblicke auf Rußland, sich so leicht nicht dazu entschließen wird, allein einen An griff auf Deutschland zu wagen. Wohl mögen prakti schere Leute in Frankreich schon jetzt einsehen, daß die Hilfe Rußlands zu einem Angriffe auf Deutschland nur durch Überrumpelung im letzten Augenblicke zu erlangen ist, daß Rußland mit kühlem Kopfe nie in einen so zweifelhaften Krieg eintreten wird; aber einesteils hat keine französische Regierung gewöhn lichen Schlages den Mut, die Verantwortung für ein solches va dungue-Spiel, wie die Kriegserklärung, im bloßen Vertrauen auf die fortreißende Wirkung der Echlachtentrompete, wäre, zu übernehmen und andererseits hofft man doch noch immer eine Ver mehrung der Aussichten durch Loslösung Italien- vom mitteleuropäischen Bunde zu erzielen. Gleich zeitig mit der agitatorischen Thätigkeit nach Rußland hin entfaltet man eine solche nach Italien hin, hier freilich mit stet- absteigendem Erfolge. Und je länger Italien am Bunde festhält, desto mehr Zeit haben die Elsaß - Lothringer, sich in die neuen — jetzt doch schon ein Bierteljahrhundert alten — Verhältnisse einzuleben, woraus dann eine Herabstimmung der französischen Wiedereroberung-gelüste entstehen muß. Italien ist an den Bund mcht nur durch da» all gemeine Juteresse an der Aufrechthaltung des Frie den-, sondern auch durch die Erwägung gefesselt, daß eine französisch-russische Übermacht es zum Vasallen herabsinken ließe, wirtschaftlich und politisch Der Handel im mittelländischen Meer ist eine der Lebens fragen für Italien, und schon da.um gehört es zu den Staaten, die wünschen müssen, daß die Levante nicht unter russischen Einfluß gerate. Für Osterreich-Ungarn wäre die Festsetzung Rußlands an den Dardanellen kein so schwerer Schlag wie man glaubt, denn sie würde Rumänien und Bulgarien, die dann von der slawischen Großmacht umklammert wären, in eine immer engere Schutzfreundschaft zum Donaureiche treiben. Für den italienischen Handel aber, ebenso wie für die englische und deutsche Massenproduktion, die nach Absatzmärkten sucht, wäre es eine starke Hemmuno, wenn Rußland durch Erringung einer Stellung an den Meerengen nicht nur diese, sondern ganz Kleinasien beherrschen würde. Man wird zwar keinen Krieg um Konstantinopel führen und beschränkt sich auf die Erhöhung seiner Verteidigungsfähigkeit; wenn jedoch die Meerengen besetzt sein werden, wird man sicherlich bestrebt sein, die üblen Folgen irgend wie abzuwenden. In Summe: Frankreich sucht durch AnlehenS- zeichnungen, Feste und Agitationen Rußland zu einem zwecklosen Wagestück zu bewegen, während dieses, die Schmeicheleien erwidernd, langsam die Hand nach dem Schlüssel ausstreckt, der vor ihm an dem ersehnten Thore hängt. Ob Frankreich die Russen sortreißen oder Rußland die Franzosen überlisten wird, ist noch nicht klar. Je länger aber diese Zeremonien und Vorbei eitungen dauern, desto mehr Zett hat der Friede, sich zu befestigen und desto mehr Aussicht ist, daß die dessen Hauptbildern am deuttichsten zu Tage Aus gestellt werden konnten (links vom Eingang, von diesen z B. die schönen großen Blätter, d«; Velazquez' fünf große Reiterbildnisse Philipps III und seiner Gemahlin Margarita de Austria, Philipps IV., seiner Gemahlin Isabel de Borbou und seines Sohnes Don Baltasar Carlos, wiedergeben. Ihnen schließen sich die kleineren Blätter nach Velazquez „ManippoS", „AnsopoS" und nach zwei seiner berühmten Hoszwerg- bilder an. Tiefer in den Geist der Velazquezschen Bilder sind keine anderen Vervielfältigungen elu- gedrungen, als diese lebensvollen Radierungen GoyaS. Durch diese Studien mtt einer vollkommenen Be herrschung der Technik ausgerüstet, begann Goya gegen Ende des Jahrhundert- seine eigenen großen Folgen von R idierungen, in denen er sich nicht nur als einer der größten Meister der Radier- und Aquatintatechnik, sondern auch als einer der schärfsten künstlerischen Beobachter des Leben», nicht nur al- einer der größten Realisten, sondern auch als einer der größten Satiriker und Phantasten aller Zeiten offenbarte. Die Bitter keit ferner Satire ruht dabei auf der Grundlage einer durchaus idealen Gesinnung im Sinne des Posaschen „Sire, geben Sie Gedankenfreiheit". Al» echter Sohn des Jahrhunderts der Aufklärung unternimmt er furchtlos den Kampf gegen alle Mächte der Finsternis, gegen alle Vorurteile, allen Aberglauben, alle GeisteS- knechtung. Das Wunderbarste dabei ist in Bezug auf viele dieser Blätter, daß sie im Lande der Inquisition nicht nur geschaffen, sondern auch gedruckt werden dursten, ja, daß sie in der König! Kupferdruckere« zu Madrid gedruckt wurden. Goya hatte er eben ver standen, durch geschickte Auslegung den König über
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