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TUc „(Ottendorfer Zeitunr," erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bczuasprcis vierteljährlich ; Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. (Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag ,o Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Mkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 19. Sonntag, den 26. Oktober 1902. 1. Jahrgang. Bekanntmachung. Sonntag, den 26. dieses Monats Vormittags l1 Uhr soll der auf der Komuit26i'8trn886 WU" rui8K6llotmnv 8tia886ii8eltlnmm -HW an den Meistbietenden öffentlich versteigert werden. Sammelort der Bieter: R.oeks Restaurant. Ottenäork-l^oriträorf, am 25. Oktober IS02. Der Gememdevorstand. Lincke. Oertliches nnd Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, 25. Oktober 1902. — Se. Majestät der König kam gestern Vormittag zur Erledigung von Regierungs geschäften von Hosterwitz ins Residenzschloß. Er hörte die Vorträge der königlichen Staats minister, der Deparlementschefs der königlichen Hofstaaten und des königlichen Kabinetssekretärs und nahm militärische Meldungen entgegen. Nachmittags kehrte Se. Majestät wieder nach Hosterwitz zurück. — In verschiedenen Blättern ist darüber berichtet worden, daß die sächsische Staatsbahn verwaltung beabsichtige, versuchsweise Motor wagen in Betrieb zu setzen, und zwar zu nächst auf den Linien Klotzsche — Königsbrück und Dresden—Tharandt, „wo Nachmittags die Zwischenräume zwischen den Zügen bis zu 5 Stunden ausmachten." Zu diesen Meldungen wird uns mitgeteilt, daß die sächsische Staatsbahnverwaltung zwar Ver suche mit Motorwagen plant, daß bis jetzt aber nähere Bestimmungen darüber, auf welchen Strecken diese Versuche vorgenommen werden sollen, noch keineswegs getroffen sind. Daß hierbei die Linie Dresden—Tharandt in Frage kommen könnte, erscheint ganz ausgeschlossen, denn dec Fahrplan dieser Linie läßt erkennen, daß die Züge sich sehr rasch folgen (von früh 4 Uhr 15 Minuten bis nachts 12 Uhr 30 Minuten in Pausen von höchstens 1^ Stunden). Die Einführung von Motorwagen fahrten dürften also doch wohl gerade auf dieser Linie überflüssig sein. Unrichtig ist auch, daß eH sich nur um elektrische Motorwagen handelt, es sollen auch Wagen anderer Kraft systeme versucht werden. — Die Maßregeln zur Erzielung von Ersparnissen im Eisenbahndienste greifen immer weiter durch Aenderung in den Etatsverhältnissen. So ist vom 1. Oktober d. I. an die Stelle eines Güterverwalters 1. Klasse in Bodenbach unter Ucbertragung der Vorstandsgeschäfte auf den dortigen Bahn hofsinspektor übergegangen. Ebenso ist in Dresden-Altstadt Kohlenbahnhof die Stelle des BahnhofsinspeklorS 2. Klasse einem Stations- Verwalter 1. Klasse übertragen worden. — In neuer Zeit haben sich die Fälle wiederholt, daß von Brief send ungen aus dem Auslände, während sie sich noch in den Händen der Post befanden, Freimarken ab gelöst worden sind- Die Verkehrsanstalten sind deshalb veranlaßt worden, dem Gegen stände besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Wird bei der Entkartung eines ausländischen Kartenschlusses bemerkt, daß auf einer Send ung die zur Frankwung verwendeten Marken fehlen, so ist auf der Sendung das Geeignete zu vermerken und der beteiligten fremden Aus wechselungs-Postanstalt durch Rückmeldung mit zuteilen. Die Amtsvorsteher und sonst zur Aufsicht berufenen Beamten sollen darauf achten, ob Freimarke» auf Briefsendungen vom Auslände im inneren Verkehre abgelöst werden. Beschwerden des Publikums sind auf Grund der Umhüllung der Sendung sorgfältig zu untersuchen. — Um ein Urteil über den Geldumlauf zu gewinnen, ergeht auf Antrag des Reichs schatzamtes an 1) alle dem Ministerium des Innern unterstehenden königlichen Behörden und Verwaltungsstellen, welche Kassen haben, 2) alle Stadträte und die Polizeiämter zu Leipzig und Chemnitz, sowie 3) alle Sparkaffen verwaltungen die Anweisung, am 30. Oktober d. I. bei dem Kaffenschluffe festzustellen, welche Beträge nach Markwährung (in Gold, Silber, Papier, Nickel und Kup, w, sowie an Noten der Reichsbank und der Privatnotenbanken) in den unter ihrer Verwaltung stehenden Kassen vorhanden sind und das Ergebnis' nach den bezeichneten Sorten getrennt bis zum 6. No vember d. I- dem königlichen Ministerium des Innern anzuzeigen. — Eine partielle Sonnenfinsternis findet am 31. Oktober statt. Sie beginnt vor mittags 7 Uhr 5 Minuten und endet um 8 Uhr 21 Minuten. Sichtbar soll sie haupt sächlich in West-Europa sein. In diesem Jahre sind drei Sonnen- und zwei Mond- finsterniffe zu verzeichnen. — Nachtfröste können nunmehr täglich eintrcten. Die Zeit ist da, in welcher der allgemach nahende Winter seine Zurüstungen trifft. Gartenliebhaber, Besitzer empfindlicher Pflanzen auf gepflegten Grabhügeln rc. werden also gut thun, an den Schutz ihrer zarten Pfleglinge zu denken oder sie heimzuholen. In der letzten Nacht verzeichnete das Thermometer Eispunkt. Lockwitz. Einen tragischen Abschluß fand am Montag früh eine bei der Tanzmusik im Niederen Gasthofe entstandene Zänkerei durch den Tod des Hauptbeteiligten. Der letztere, welcher durch seine Kollegen sinnlos betrunken gemacht «nd dann gereizt worden war, verfiel in Wutkrämpfe, wurde deshalb entfernt und dürfte sich in diesem Zustande durch einen Fall eine Gehirnerschütterung zugezogen Haven, welche seinen Tod herbeiführte. Der Unglückliche, ein auf dortigem Nittergute bediensteter Arbeiter, hinterläßt eine Wittwe mit sieben unerzogenen Kindern. Die könig liche Staatsanwaltschaft hat sich dieser An gelegenheit angenommen. Großenhain, 25. Oktbr. Nächsten Diens tag wird hier der Roß-, Vieh- und Bretter markt abgehalten. — In der verwichenen Nacht herrschte hier ein fast undurchdringlicher Nebel. Kaum zehn Schritt weit vermochte man zu sehen. Im Schutze dieses Nebels scheint, so muß man wen gstens annehmen, ei» Brandstifter sein licht scheues Gewerbe betrieben zn haben. Zwei in der Nähe der Mannschen Z egelei stehende Strohfeimen, den Herren August und Gustav Kretzschmar hierselbst gehötig, sind bis auf das letzte Hälmchen niedergebrannt. Es wurden da durch 5—600 Zentner Stroh vernichtet. Die Besitzer trifft ein beträchtlicher Schaden da sie nicht versichert hatten. Der Brand wurde in folge des Nebels von Niemanden bemerkt. Etwas Bestimmtes über die Entstehungsurjachs wird wohl kaum ermittelt werden können; nach Lage der Sache muß, wie bemerkt, Brand stiftung angenommen werden. — Am Montag stürzte in Senftenberg der Arbeiter August Pfeifer aus Jüttendor von der circa 12 Meter hohen Entlade-Ramp ver Drahtseilbahn in Schöppenthaus Fabrik ab und ist derselbe infolge der dabei er haltenen schweren Verletzungen bald darauf sstorben. Pirna. Eingeliefert wurde gestern Vormittag an das Amtsgerichtsgefängnis der- enige freche Patron, welcher am Dienstag ver gangener Woche nachmittags gegen 4 Uhr im Seidewitzthale unterhalb des Prasserschen Stein bruches an einer etwa 60 Jahre alten Frau ein Notzuchtsverbrechen verübt haben soll. Der Eingelieferte ist der Handarbeiter Pallmer aus Heidenau. Pirna, 24. Oktober. Die sterblichen .Überreste des bei Luftschifffahrtsversuchen in Paris verunglückten Ritters Ottokar von Dradsky-Laboun, Sohn des Herrn Ritterguts besitzers Ritters von Bradsky-Laboun auf Cotta, trafen gestern Vormittag auf hiesigem Bahn- )ofe ein und wurden von hier nach Cotta übergeführt. In dem Waggon, welcher die Leiche von Paris aus nach hier gebracht, be- anden sich wundervolle Kranz- und Blumen- penden mit Schleifen in deutschen und fran zösischen Farben, darunter eine Widmung des Asro-Klubs in Paris. Mittags 12 Uhr traf der Sarg unter dem feierlichen Geläute der Glocken in Cotta ein, geschmückt mit einem besonderen Blumenarrangement, das die Ar beiterschaft des Rittergutes dargebracht hatte. Die Bestattung erfolgte heute Nachmittag Uhr in Cotta. — In dem zwischen den Viehweghäusern und der Gasanstalt in Großschönan ge- egenen Wassergraben wurde der ledige, an- angs der 60er Jahre stehende Zigarrenarbeiter Sieber ertrunken aufgefunden. Der bedauerns werte Mann, welcher körperlich gebrechlich war und an Krämpfen litt, war im Begriff gewesen, aus einer in der Nähe befindlichen Bäckerei Semmeln zu holen. Hierbei ist er wahr scheinlich von Krämpfen befallen worden und ins Wasser gestürzt. Bautzen, 23. Oktober. Ein recht trau riges Ende nahm die Kirmesfahrt des Stein druckers Bruno Böhm aus Bautzen. Böhm war zur Kirmesfeier in Bahnsdorf zu seinen Verwandten, den Kilianschen Eheleuten, ge kommen und hatte ein kleines Tesching-Revolver mitgebracht aus dem er mit seinen Vettern auf dem Hofe nach einer Scheibe schoß. Nach Schluß dieser Unterhaltung zielte der zwanzig jährige Sohn Kilians nach Böhm mit dem Tesching, obgleich dieser es verbot. Plötzlich ging der Revolver los; die Kugel traf den Böhm so unglücklich in den Hals, daß er alsbald verstarb. K-, welcher dieser Tage beim Militär eintreten sollte, stellte sich selbst den Behörden. Zittau. Brandgeruch bemerkten Mitt woch früh gegen 5 Uhr einige Eisenbahn beamte, als sie sich zum Dienst auf dem Bahnhofe eingefunden hatten. Beim Suchen nach der Ursache stellte sich heraus, daß in einem Personenwagen der preußischen Staats bahn, und zwar in einer Abteilung erster Klaffe, Feuer entstanden war. Die Abteilung war bereits vollständig ausgebrannt. Auf welche Art das Feuer entstanden ist, konnte bisher nicht ermittelt werden. — Wie am' Zittau berichtet wird, ist beim Neubau einer Fabrikeffe des Herrn Färbereibesitzers Schubert auf der Aeußeren Oybiner Straße vorgestern Vormittag gegen 1/28 Uhr der Maurer Friedrich Wilde aus Postelwitz aus einer Höhe von etwa acht Metern im Innern der Esse herabgestürzt. Der etwa 20 Jahre alte Maurer, der in Zittäu wohnte, hat bei dem Sturz so schwere Verletzungen am Kopf und am Oberkörper erlitten, daß er mit dem Krankenwagen nach dem Krankenhause gebracht werden mußte, wo sich eine sofortige Operation nötig machte. Vermutlich ist der Unglückliche von einem Steigeisen abgeglitten. — Nächsten Dienstag trifft in Grimma Kronprinz Friedrich August in seiner Eigen- chaft als kommandirender General ein, um )as Husaren-Regiment „Königin Carola" zu legrüßen. Der Kronprinz begiebt sich von dort aus nach Leipzig. Döbeln, 24. Oktober. In der Wohnung einer Tochter wurde der 70 Jahre alte Invalid August Haller erhängt aufgefunden. Groitzsch, 23. Oktober. Aus unserer Schuljugend wurden in einem Zeiträume von noch nicht einem Vierteljahre drei Knaben wegen fortgesetzter Gelddiebstähle und Hehlerei zu Gefängnisstrafen von 45 Tagen abwärts unter Strafaufschub verurteilt, ein zwölfjähriger Junge wegen Straßenraubes mit drei Monaten Sachsenburg belegt, eine Bande von circa zehn Schulknaben wegen Felddiebstahles und anderen Unfugs angezeigt und fünf weitere des Kar toffeldiebstahls überführt. Ein trauriges Zeichen der Zeit! Leipzig, 22- Oktober. 800 Leipziger Hoteliers, Gast- und Schankwirte haben noch erregter Debatte gegen die Absicht des Rates, im neuen Rathauspalast Wein in eigener Regie ausschänken zu lassen, eine scharfe Protest resolution angenommen, in der es u. a. heißt: „Die Versammlung spricht sich gegen die Ab icht des Rates deshalb aus, weil derselbe als Verwaltungs-Behörde den Einwohnern der Stadt bei dem Ringen um ihre gewerbliche Existenz keine Konkurrenz bereiten darf, wie es nach dem Plane des Stadtrates durch Uebernahme des Regieweinbetriebes geschehen oll. Eine solche Absicht müssen die Gewerbe reibenden der Stadt, insbesondere der ge- sammte Gastwirtsstand, auf das entschiedenste bekämpfen, weil sie, wie die Gewerbetreibenden überhaupt, in ihrem Erwerbe sich bedroht fühlen. Die Versammlung erwartet daher von den Stadtverordneten, daß sie der be treffenden Ratsvorlage ihre Zustimmung nicht geben." — Am 24. Oktober vormittags 11 Uhr kommt im Restaurant „Zur Post" in Vor stadt Connewitz das ganze wertvolle Mo biliar der „Bankdirektor" Exnerschen Villa auf Antrag der Konkursverwaltung unter den Hammer. — Einen schlechten Witz hatten sich mehrere Leute im Vororte Sellerhausen damit ge macht, daß sie das Gerücht verbreiteten, dem Besitzer eines Krautfeldes liege daran, daß dasselbe „sofort abgeerntet" werde, weil er das Areal brauche. Schleunigst machten sich „Hilfsbereite" an die Ernte und verschwanden mit 20 Schock Krauthäupten. Jetzt aber kommt das „dicke Ende" in Gestalt von An klagen. — Die ausständigen Weber in Meerane hielten wieder zwei stark besuchte öffentliche Versammlungen ab, in welchen konstatirt wurde, daß die Streikenden entschlossen sind, den Kampf bis zu dem Aeußersten fortzusetzen. Auch in Glauchau dauert der Streik der Arbeiter in den Lohnwebereien unverändert fort. Geyer, 24. Oktober. Auf einem Ueber- gange zwischen Schönfeld Haltepunkt und Tannenberg stieß ein mit Eisenträgern be ladenes Geschirr infolge Scheuwerdens der Pferde mit dem abends 6 Uhr 35 Minuten von Schönfeld nach hier verkehrenden Per- soneuzuge zusammen. Hierdurch wurden 2 Packwagen beschädigt und ein Pferd tötlich verletzt. Reichenbach, 23. Oktober. Der Aus stand bei der Firma Dürr ist gestern beendet worden. Die ausständigen Weber haben die Arbeit, ohne ihr Ziel erreicht zu haben, wieder ausgenommen und sich mit den von der Firma vorgenommenen Lohnkürzungen von 10 Prozent zufrieden gegeben. Es war eine Lohnkürzung von 18 bis 20 Prozent geplant. Die Firma hat aber bei Beginn des Streiks auf Ein wendungen der Arbeiter sich bereit erklärt, nur 10 Prozent zu kürzen.