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Rr. 388. Retmter Jahrg. - . » -' ' - '> > Mittwoch, SA. Rovvr. 1864. Monnemertt: LikrtrljLhrlich LVNgl bei uneiitgcldlicher strung in'« H««L- Durch die Königs. Post »irrteljährlich 22 Ngr. Einjclne Nummer» 1 Ngr. ^ ^ ^ Erscheint: Täglich MH 7 Uhr. Knserate wrrdeu angenommen: di« Abends»,Sonn tags bi» Mittags , IS Uhr: Marienfiraße 18. Anseratenprnfe: Für den Raum eiüer gespaltenen ZeiK« t Ngr. Unter „Tinges sankt" die Zeile L Ngr. Anzeig. in dies. Blatte, da» setzt in 10,OVO Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Tageblatt für Nnterhaltmig and Geschäftsverkehr. Mitredactenr: Theodor Modisch. Druck und Eigrnthnm der Herausgeber: Liepsch ^ Nelchardl. — Verantwortlicher Rcdacteur: IttliUS Neichardt. DreSde», den 23. November. — Se> Kgl. Majestät hat genehmigt, daß von Ihrem Leibarzte, dem Geheimen Rathe llr. Carus die demselben von dm betreffenden Höchsten Regenten verliehenen Orden: der kaiserlich russische St. Stanislaus-Orden H. Klaffe mit dem Etern, das kaiserlich österreichische Ritterkreuz des Leopold- Ordens, das königl. hannöversche Ritterkreuz des Guelphen- Ordens und der herzoglich Sachsen-Ernestinische Hausorden II. Klaffe mit dem Stern, angenommen und getragen werden. — Zum Anschlüsse an die Linien des Deutsch-Oester- reichischen Telegraphen-Vereins sind in Neichenbach i. V. und Löbau Telegraphen-Vereins-Stationen errichtet worden, deren Eröffnung für die allgemeine telegraphische Correspondenz am 1. December 1864 erfolgen soll. — Bei Gelegenheit des zweiten sächsischen Freihand schießens, welches vom 7.—9. August d. I. in Schneeberg abgehalten worden ist, wurde Zittau als der Ort für das nächste Schießen bestimmt. Zur Berathung darüber hielt der dasige „Schützenbund" unter Vorsitz des Herrn Advokat Thie- mer jun. eine Generalversammlung ab, in welcher beschlossen worden ist, daß das dritte sächsische Frcihandschießen in Zit tau in Verbindung mit dem oberlausitzer Gauturnsest nächsten Soquncr etwa Ende Juni stattsinden soll. Die Festhalle soll 100 Ellen lang werden, 2 Thürme erhalten und reich mit Fahnen, Blumen, Guirlanden, Emblemen rc. geziert werden, die Küche der Festhalle soll eine Länge von 30 Ellen bekom men. In der Schießhütte sollen ca. 20 Scheiben ausgestellt werden. — Bei dem Feuer zu Cotta, in der Sonntagsnacht, war außer der Ortsspritze das erste aus Dresden ankom- mende Nettungswerkzeug die Altstädter Rathsspritze, welcher sodannp di« Neustädter Rathsspritze folgte. — Ueber das Manöver der hiesigen Turnerfeuerwehr am nächsten Sonntag erfahren wir Folgendes: Die Mann schaft der aus zwei Zügen bestehenden Alt- und Neustädter Turnerfeuerwehr versammelt sich früh 10 Uhr auf dem Alt städter Turnplätze beim Schießhause. Sowie der Glockenschlag 11 ertönt, gilt dieß als das Feuersignal Die Mannschaft begiebt sich mit ihrem Löschapparat eilenden Schrittes durch die Ostra-Allee, Wilsdrufferstraße nach dein Altmarkt. Es wird angenommen: das Rathhaus sammt Thurm brenne von innen. Die Mannschaft erglimmt das hohe Haus von außen mit dm Feuerleitern, die Spritzen beginnen ihre Thätigkeit, man besteigt das Dach, den Thurm und löscht und rettet nach Möglichkeit. Es zeigt sich Gefahr für einige Hausbe wohner, welche vom Feuer bedroht sind. Man bringt den großen Rettungsschlauch, welcher die Bedrohten aufnimmt und zu ebner Erde fördert. Das Feuer ist gelöscht, einige Zurück gebliebene der Löschmannschaft nehmen ihren Rückzug mittelst des vor ihnen ausgebreiteten Springtuchs, die Mannschaft formirt sich wieder in Ordnung und rückt ab. — Das zweite Theater hat mit dem Engagement des Frl. Dina Weirauch aus Berlin jedenfalls eine gute Requi sition gemacht, denn sie verbindet mit einer angenehmen Er scheinung eine wohlklingende Stimme für Rede und Gesang. Ihre vorgestrige erste Antrittsrolle war „Tünchen" in der neuen Berliner Localposse mit Gesang und Tanz in 3 Abtheilungen und 6 Bildern, von G. Salingro (Musik von Lang): Viel Vergnügen. Das Stück war sehr gefällig, man könnte für die Verhältnisse des zweiten Theaters sagen: glänzend ausge- siattet. Der naturwüchsige Humor des Herrn Nesmüller kam zur vollen Geltung, außerdem muß aber auch Herr Stein lobend erwähnt werden, dessen Komik alle Anerkennung ver dient. Für die Wiederholung der wirksamen Posse möchten einige specifisch berlinerische und stockpreußische Couplets etwas localisirt werden; dann würde der Beifall nicht fehlen. — Am 19. d. M. früh gegen 6 Uhr brannte in ganz kurzer Zeit das dem Land- und Friedensrichter Göhler in Hennsdorf gehörige (Flachs) Darr- und Brechhaus bis auf die Grundmauern nieder. Man nimmt an, daß die, in Folge der diesjährigen großen Feuchtigkeit des Flachses, zum Trocknen desselben erforderlich gewesene starke Feuerung die Entstehungs ursache sei; denn es soll das über dem Ofen befindliche Holz- Werk zuerst gebrannt haben. — Tags darauf, in der 9. Abendstünde, brannte in Bohnitz bei Meißen, das Wohnhaus und das Seitengebäude mit Kuhstall des Gutsbesitzer Zocher bis auf die Grundmauern nieder. Beide Gebäude waren mit Stroh gedeckt und das Feuer entstand an der Hinteren Seite des Daches auf dem Wohnhaus«. Die Entstehungsur sache ist umermittelt. — (Gestern Morgen wurde der Handelsweber Handrich aüs Wehr, tdorf in einem Gasthause in Antonstadt, in dem Zimmer w>» er übernachtet hatte, erhängt aufgefunden. Die Ursache, w «eiche ihn zu diesem Schritte bewogen hat, ist nicht bekannt woirden. ihm 15 Thlr. aus- diese 15 Thaler an blieb das Instrument — -s Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 22. November. Ernst Oswald Kaplan tritt heute Morgen vor den Richter hin, um sich wegen Unterschlagung zu rechtfertigen. Er ist 49 Jahre alt, und schon im Jahre 1858 wegen Unter schlagung, die er früher verübt haben soll, mit Arbeitshaus bestraft. Er hatte von den» Stadtrath Eisoldt zu Pirna ein Pianoforte gemiethet. Er sagt, er hätte es zu gleicher Zeit für 35 Thaler gekauft, aber versprochen, bis zur Erlegung der Kaufsumme die monatliche Miethe von 15 Ngr. fortzu bezahlen und glaubte durch den späteren etwaigen Verkauf des Instrumentes etwas zu verdienen. Er gab es zu dem Schankwirth Klette in Pirna, welcher zahlte, in der Meinung, daß Kaplan Eisoldt auszahlen würde Bei Klette ein Jahr lang stehen und kostete noch 7 Thaler Neparatur- ausgaben. Klette hatte bald darauf Gelegenheit, es für 38 Thaler zu verkaufen. Kaplan behauptet anfangs, daß ihm Klette die 15 Thlr. nicht als Kaufpreis für das Pianoforte, sondern als Darlehn gegeben, was der Letztere bestreitet. Jedenfalls ist die Sache nach der Meinung des Hrn. Staats anwalts Held die: Kaplan brauchte Geld, nahm das Piano forte auf Credit, um es gleich wieder zu verkaufen Das bestreitet er aber, obgleich er zugiebt, in jener Zeit in den drückendsten Verhältnissen gewesen zu sein. Von einem Verkauf auf Credit an Kaplan war nicht die Rede. Letzte rer zahlte einige Monate hindurch den Miethzins von 15 Ngr. Bis jetzt hat Eisolnt 14 Thaler im Ganzen als Bezahlung erhalten. Herr Staatsanwalt Held legt noch einmal die Sache zu Tage. In jeden» Falle sei Kaplan nicht berechtigt gewesen, über das Instrument zu verfügen. Das wisse Letz terer auch, nur gebe er vor, daß auch er wieder getäuscht worden sei. Das Ein« ste^Mt, Kaplan habe unrechtmäßi ger Weise über fremdes EMnthum verfügt. Der Schwer punkt der Frage ist hier: hat der Verkauf des Instruments mit oder ohne Vorwiffen des Eisoldt stattgefunden. Hr. Adv. Kuntzsch weist das Elftere nach und beantragt, seinen Schütz ling von der Anklage zu entbinden. Der Angeklagte selbst hatte nur noch Weniges anzuführen. Kaplan erhielt wegen Unterschlagung Gefängniß in der Dauer von 5 Monaten. — Nächsten Donnerstag hält „Flora" ihre zweite dies jährige Winterversammlung, in welcher auch die auf vier Jahr gültige Neuwahl aller Gesellschaftsbeamten stattfindet. — Stolpen. Bei der jüngst stattgehabten Neuwahl der Vorsteher des hiesigen Militärvereins, um dessen Grün dung und Organisation unser allverehrter Nr. Kretzschmar sich große Verdienste erwoben hat, wurde derselbe gegen nur zwei Stimmen von 68 Abstimmenden einmüthig zum Vor steher und Hr Steuereinnehmer Opitz zum Schriftführer er wählt. Es bestehen in unserer Stadt 26 Vereine, zu denen sich nächstens noch ein Biencnzüchtervcrein gesellen soll. — Wie man vernimmt, so wird Hr. Kammermusikus Tröstler aus Dresden, mit einigen seiner Schüler und Schülerinnen uns nächsten Sonntag im Forker'schen Saale einen musikalischen Kunstgenuß bereiten. — Karl August Heinrich Judenfeind, welcher längere Zeit die hiesige Umgegend durch nächtliche Einbrüche beunruhigte, ist im Königl. Gerichtsamte Schönseld sistirt und wird wahrscheinlich in das Bezirksgericht Pirna abgeliefert werden, weil in besten Bezirke seine meisten Eigen thumsvergehen vorgekommen sind. — In den „Chemnitzer Nachrichten" lesm wir Folgen des: Von einem ganz neuerdings aus der Strafanstalt zu Waldheim entlassenen Gefangenen, der dort während seiner Haft einen sogenannten Vertrauensposten inne hatte, welcher es ihm ermöglichte, genaue Einblicke in die Handhabung des Strafreglcments zu thun, geht uns die Mittheilung zu, daß in der letzten Zeit und namentlich in den letzten drei Monaten die Prügelstrafe gar nicht mehr zur Anwendung gebracht wor den sei; selbst bei rückfälligen Verbrechern, welchen nach Art. 12 des Strafgesetzbuchs nach Ermessen der Anstaltsdirection 20—60 Stockhiebe bei ihrer Einlieferung zuerkannt werden können, ist in diesem gedachten Zeiträume davon abgesehen worden. Dieser Fortschritt zum Bessern verdient gewiß her vorgehoben zu werden und mag immerhin der Theil der Presse, welcher unausgesetzt auf das Inhumane, Menschenentwürdigende dieses Zuchtmittels hingewiesen hat, sich das Verdienst hieran mit zuschreiben. — — Angekündigtc Gerichtsverhandlungen: Heute- Vormittag 9 Uhr wider den Handarbeiter Gottlieb Moritz Kießling aus Nickritz wegen Diebstahls. Vorsitz. Gcrichtsrath Gross. Morgen den 24. d. M. Vormittags 9 Uhr Jda Amalie Weigel aus Schneeberg wegen Betrugs durch Fäl schung. Vorsitz. Gerichtsrath Leonhardi. TageSgefchkchte. Ueber den mysteriösen Vorfall in Glogau in preußisch Schlesien «hält di« „Const. Oesterr. Ztg." von befreundeter Hand au» Glogau selbst folgende Mitth«ilung: Die SuhrsgtWg, in welche unser sonst so ruhige« Städtchen durch den m allen deutschen Blättern wiederholt besprochenen räthse'.haften Tod der AgneS Sander versetzt wurde, hat sich noch immer nicht gelegt. Allerdings dürfen unsere Journale eS nicht wage», irgend welche Besprechung deS traurigen Ereignisses zu brin gen. und erst jüngst wurde wieder eine Zeitung, die diese» Gebot überschritt, confircnt. Allein desto thätiger warm die Nachforschungen einflußreicher Privatpersonen, die sich für da» unglückliche Mädchen um so lebhaft« interrssirten, oll es bekannt wurde, daß dasselbe eine uneheliche Tochter des Grafen Schl rf war. So gelangte man dm» allmälig zu der Gewißheit, daß die Darstellung, welche «a» hier dem Vorfälle gegeben, keineswegs vollkommen den Thqt- sachen entspreche. Wird doch in derselben gänzlich verschwie gen, daß der Bursche des Herrn Lieutenant Krause auSsagte, er habe von seinem Herrn kurz vor dem unglücklichen Ereig nisse den Auftrag erhalten, für 7 Silbergroschen Chloroform z» holen. Ebenso außer Zweifel qestellt erscheint e«, daß die Agne» Sander nicht aus freien Stücken sich in die Wohnung der Osfiziire begab und jedenfalls nicht wußte, wohin sie uut« einer falschen Vorspiegelung gebracht wurde. Man nimmt bier allgemein an, daß das unglückliche Mädchen in der Of- fizierswobnung mittelst Chloroform in einen Zustand d« Be täubung verfiel und den Liebkosungen hinter dem Vorhang nicht mehr widerstehen konnte. Die Narkose scheint jedoch zu intensiv gewesen zu sein und batte, wie so oft bei Zahnope» rationen u. dgl., einen Etickfluß zur Folge, dessen Symptome allerdings mit jenen einer Erstickung durch Kohlendampf sehr viel Aehnlichkeit haben. Das Urtheil über die Art und Weise, wie die Untersuchung geführt wurde, lautet unisono: Agnes Sander war, wenn auch keine Schönheit, so doch immer »inhübsche-, frisches Mädchen, aus dessen Zügen etwas Schwärmerei, »her nichts weniger als Verkommenheit spricht, die dem verunglück ten Geschöpfe imputirt werden will. — UebngenS wird der Wiener „N. Fr. Pc" auS Schlesien geschrieben, daß die Uu- tersuchungSac'en ohne Urtheil reponirt worden sind Petersburg, Sonntag,20. November, Morgens. Dje „Deutsche Petersburger Zeitung" erklärt die von dem Wien« „Wanderer" gebrachten Nachrichten, daß die russische Regie rung eine drohende Note an Sachsen gerichtet habe, in welcher die Entlassung des Staatsministers v. Neust gefordert wor den, sowie daß dem sächsischen Konsul in Warschau das Exe quatur entzogen worden sei, für unwahr. Der Kerker einer Königin. (Schluß) Mittags brachte der Schließer auf einem zinnernen Teller der Gefangenen ihr kärgliches Mahl, nur eine zinnerne Gabel ward dazu gegeben, kein Messer. Die „Da men der Halle", welche weiland zu Versailles der Königin Blumensträuße überreicht hatten, fühlten mehr Mitleid mit der so tief Gebeugten, als man glauben sollte, sie boten dem Lieferanten des Gefängnisses das Beste vom Markte an und sagten: „Nehmt es umsonst — gebt es der Oesterreicherin." Aber die Gefängnißordnung war streng und die mitleidigen Gcmüther hatten sich umsonst in jenen Schichten der Gesell schaft geregt, dis sonst von so glühenden» Haß gegen die Mo narchie erfüllt war. — Jeder Tag brachte neue Bitterkeit selbst die Wäsche fehlte der Gefangenen, und Nosalie mußte ihr Hemden leihen. Sie flehte täglich um Beschleunigung ihres Spruches und ahnte, daß der verhängnißvolle Tag her annahe, als man ihr den Trauring abnahm, den sie bish« noch getragen hatte. Dieser dünne Reif hatte ihr die Pfor ten Versailles geöffnet, rr hatte sie ins königliche Brautge- niach geführt. Der Pallast ist zerstört, das Volk hat das königliche Bett mit seinen blutigen Bajonnetten zerfetzt, Alles ist todt, Alles ist vernichtet. Fouquicr Tinville hätte diesen Trauring Tag und Nacht der Gefangenen wie ein Damokles schwert übers Haupt hängen sollen, dann hätte er sein Hand werk noch besser verstanden. Die brennenden Tage des August schwanden längst da hin, es wird kalt im Kerker. Vergebens bittet die Königin um eine wärmere Decke, es ist gegen die „Ordnung", denn sie kann sie nicht extra bezahlen! Endlich, endlich schlägt die längst heiß ersehnte „Erlösungsstunde". Am 15. Oktober wird sie aus dem Schlafe geweckt, sie muß fort, ohne etwas genossen zu haben; sie hört jene entsetzliche Anklage an/die Robcspierre selbst zähneknirschend verdammte, und die der elende Hebert entworfen hat, eine Anklage, die sie der wider natürlichsten Verbrechen gegen ihren achtjährigen Sohn be schuldigt. Man hat das Kind gezwungen, mit Schlägen ge zwungen, die scheußlichen, ihm unverständlichen Worte zu un terzeichnen! Da blitzt das Auge der Oesterreicherin auf in 'einem alten Glanz: „Ich fordere alle Mütter in d« Ver sammlung auf, über mich zu richten —", ruft sie aus, und