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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postdestellung 1.80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. .. .. Geschäftsstelle, nehmen zu ^derzeit Bestellungen ent- W0MeNvlatt für WllsdrUss U. UMtieaeNd gegen. Im Falle höherer Gewalt, /od.sonstiger ' ' — Betriebsstörungen besteht Lern Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. I alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 °r,.s^ wenn der «e^ dn.ch .,n-e-°^ werden mutz nder »er ^^-r«°N°,,nn^ Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Weiften rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicher^^ ^tadt Nr. 34 — 94. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Telegr.-Adr.: „Tageblatt Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 9. Februar 1935 Durchbruch. Außenpolitischer Bewegungskrieg — Mit den Waffen des Vertrauens. — Zersprengte Rohstofsangst. Alters„weisheit" ist es, nur festzustellen, daß „die Zeiten sich ändern und die Menschen mit ihnen". Die Un fruchtbarkeit dieser Ansicht wollte nichts davon wissen, daß „die Zeiten", also die Dinge selbst, sich nicht ändern, son dern daß sie geändert werden. Daß nicht das Prinzip derMassees ist, das die Dinge sich ändern läßt, sondern daß immer noch „große Männer die Geschichte machen"! Gewiß soll der Staatsmann das Wort Bismarcks be achten, warten zu können. Aber er darf über das Warten das Handeln nicht vergessen oder es gar unterlassen. Eine Zeit, die nach einem Handeln in höchster, nämlich in kriegerischster, Form abgelöst wurde durch eine andere, das Bestehende nur erhaltende „Staatskunst", mußte eines Tages dem Entschluß des Handelns weichen. Langsam geht es. Man wertet es wenig außerhalb von Vertragsparagraphen, daß erst am 13. Januar wieder eine Stimme ge sprochen hatte, die im Gleichklang tönte zu dem, was fast zwei Jahre zuvor, am 30. Januar 1933, über Deutschland selbst und in die Welt hinein erklungen ist: die Stimme eines Führers des deutschen Volkes, der jetzt dieses ganze Volk als Gefolgschaft und in bedingungslosem, treuem Vertrauen Himer sich hat und weiß, — die Stimme eines Führers, der in Deutschland selbst die Menschen geändert hatte und die Dinge mit ihnen. Und ver jetzt willens ist, auch die Dinge draußen zu ändern! Wenn nur mit der Londoner Konferenz jetzt wirklich auch die Menschen sich geändert haben! Adolf Hitler Hai seit seiner Machtiibernabme eben aktive Politik getrieben, hat nicht und niemals daraus gewartet, daß und ob die Men schen draußen sich ändern wollen. Sondern er hat sie geändert in ihrer Stellung znm „deutschen Problem". In London selbst Hai man damit begonnen, sich an dieses Problem heranzuwagen, weil man empfand, daß der bis herige politische Stellungskrieg jeden Augenblick dem sieg reichen Durchbruch der deutschen Politik erleben mußte. Denn das alte, fast schon abaegegriffene, aber doch so selten befolgte Mahnwort der Bibel „Der Buch stabe tötet, aber der Geist ist es, der lebendig macht", kann allein auch aus den Londoner Vereinbarungen etwas Lebendiges gestalten. Aber auch hier vermag schlimmstenfalls der Buchstabe und der Paragraph nur zu hemmen und zu hindern, nicht mehr zu töten. Ein aus ländisches Blatt schreibt, man „brauche es nicht ausdrück lich in die Welt hinauszukabeln, daß Deutschland ver- bandlungsbereit ist und immer verhand lungsbereit war". Merkwürdig, daß man das erst jetzt zugesteht! Man liest's und hört's freilich auch anders, und zwar aus dem Munde eines besonders verantwort lichen Staatsmannes des Auslandes, der die Äußerung tat, die Abrüstungskonferenz sei gescheitert, weil Deutsch land dort ausgetreten sei. Nein! In Genf standen sich vielmehr die Fronten im Stellungskrieg gegenüber und die Tat Hitlers vom 14. Oktober 1933, also die Auf kündigung der nutzlos gewordenen deutschen Mitarbeit. * Im Weltkrieg gab es einen sehr bekannten Artillerie oberst namens Bruchmüller, dessen Spezialität es war, artilleristisch die großen Stöße vorzubereiten, die das deutsche Heer im Osten und Westen gegen die feindliche Front führten. Und er trug den Namen „Durchbruch - müller" nicht zu Unrecht! Sorgsamste, bis in die letzten Einzelheiten festgelegte Vorbereitung und dann die pein lich genaue, systematische Durchführung des Angriffs waren Selbstverständlichkeit und erzwangen den Erfolg. Run ist für das neue Deutschland auf wirtschaftlichem Gebiet ein solcher Durchbruch durchgeführt worden. Nach langer Vorbereitung und in sorgsamster, vorsichtiger Arbeit. Denn die Zinskonversion war ein Groß angriff auf die Schützengrabenstellung, die der Kapitalzins bezogen hatte und dre er — von außen her unterstützt — mit den Wällen des Mißtrauens gegenüber der deut schen Wirtschaftseniwicklung verstärkt hatte. Das hat ihm nun nichts mehr genutzt. Seine Stellung wurde mner- miniert durch dieTaten der neuen Reichsregterung, und einzelne Teile wurden schon systematisch in die Luft ge sprengt durch die Konvertierung der mit besonderem Mißtrauen belasteten „Hilferding"-Anleihe, der kommu nalen Verschuldung und anderer hochverzinslicher Werte, die immer noch die „R i s i k o p r ä m i e" aus einer früheren Zeit zu tragen hatten. Nun wurde unter einem besonders wichtigen Teil der gegnerischen Stellung, bei den Pfandbriefen und Kommunalobligaiionen, „gezündet". Mit einem solchen Erfolge, daß von 8,39 Milliarden attackierter Wertpapiere nur 0,23 Prozent dieses Niesen komplexes übrigblieben, die dem Angriff Widerstand leisten wollten, also ganze 19,5 Millionen. Damir ist der Durchbruch durch das über ständig hohe, aus der früheren Zeit eines damals verständlichen Mißtrauens entstandene Zinsniveau geglückt. Der Gegner selbst hat diesen Teil der Stellung so gut wie restlos aufgegeben, und der deutsche Nationalsozialismus besitzt genug Kampfwillen, um zu geeigneter Zeit nach rechts und links „Ter MW m Versailles ist tat Garvin über Deutschland und die Londoner Verhandlungen Der bekannte Herausgeber der englischen Zeitung „Observer", Garvin, veröffentlicht in seinem Blatt einen Artikel, in dem er zu den englisch-französischen Be sprechungen in London Stellung nimmt. In diesem Auf satz fordert Garvin Verhandlungen mit Deutschland und den Abschluß eines langjährigen Friedensabkommens. Besonders bemerkenswert ist, daß selbst Herr Garvin, dessen sonst außerordentlich unfreundliche Einstellung zum nationalsozialistischen Deutschland be kannt ist, sich hier zu einer vernunftgemäßen Be urteilung der Forderungen Deutschlands bekannt hat. Garvin führt u. a. aus: Die Londoner Besprechungen sind nur so weit von fundamentaler Bedeutung, wie sie den Versuch, bessere Voraussetzungen siir den Frieden Europas und damit der Welt zu schaffen, fördern. Zu diesem Zweck sind erneute Verhandlungen mit Deutsch land eine gebieterische Notwendigkeit. Wenn aber die Möglichkeit überhaupt bestehen soll, Deutschland zum Glied eines neuen Systems zu machen, so muß auf die frühere diplomatische Art und Weise des Heran gehens an ein Problem verzichtet werden. Einige unserer Freunde in Paris halten es jetzt noch für nützlich, formell darauf zu bestehen, daß die deutsche Wiederaufrüstung im Lichte des Versailler Vertrages ge sehen „ungesetzlich" sei. Nichts könnte absurder und nutzloser sein als ein Versuch, diese tote Formel wieder zum Leben zu erwecken. Der Vertrag von Versailles ist tot, sowohl in bezug auf die Rüstungsfragen als auch auf die Repara tionen. Im Nahmen dieses verhaßten und nicht aner kannten Vertragsinstrumentes kann es keine erfolg- , reichen Verhandlungen mit Deutschland geben. Das Dritte I Reich unter Herrn Hitler kann nur auf der Grundlage absoluter Gleichberechtigung dazu veranlaßt werden, sich zuerst an konstruktiven Besprechungen und spater an einem Kollektivsystem zu beteiligen. Es ist jetzt zwecklos, Deutschland als Tauschobjekt das An gebot zu machen, es von einem Status der Minder wertigkeit zu befreien, der längst nicht mehr besteht und der ihm niemals wieder aufgezwungen werden kann. Deutschland hat sich selbst befreit. Wer würde den Versuch wagen, ihm jetzt, da es seine Eisenfesseln zerbrochen hat, Fesseln aus Papier zum Zeichen seiner Unterjochung anzulegen? überhebliche Anmaßung irgendwelcher Art beim Herantreten an Deutschland ist genau so wenig am Platz, wie wir sie gegenüber irgendeiner anderen Großmacht für angebracht halten würden. Deutschland wird z. B. ent weder freiwillig in den Völkerbund zurückkehren oder überhaupt nicht. Die absolute, nicht die be dingte Gleichberechtigung Deutschlands muß als Vor bedingung für irgendwelche Verhandlungen mit Berlin über ein neues System allgemeiner Stabilität und Sicherheit anerkannt werden. Das Problem Deutschland ist in bezug auf die Zukunft des Friedens und der Rüstun gen nicht nur das wichtigste, sondern auch das am nächsten liegende. Da, und an keiner anderen Stelle, liegt der Schlüssel zu den guten oder bösen Geschicken der west lichen Zivilisation. Davon, wieweit London und Paris jetzt zu einer gemeinsamen Erkenntnis der Wahrheit gelangt sind, wird der produktive Wert der zwischen Flandin und Laval und unserem eigenen Premierminister und seinen Kollegen aus- getauschten Ansichten abhängen. Krsaten M Serbe« Mm M ««s Belgrad, 8. Februar. Größtes Aufsehen erregte am Freitag die Nachricht, daß die Kroaten die Absicht haben, ihre Zurückhaltung aufzugeben, und in die Politik zurückzukehren. Der Kroatenführer Dr. Matschek, der Nachfolger des erschos senen Stephan Raditsch, richtete nämlich einen Brief an den ehemaligen Führer der serbischen Landwirte, Dragoljub Iwano witsch, in dem der ihm mitteilte, daß er dessen Angebot als ge meinsamer Listenträger der Kroaten und serbischen Landwirte angenommen habe. Iwanowitsch sandte an Matschek sofort ein Telegramm, in dem er ihm für diesen Entschluß dankte. Wie bekannt, lebte Dr, Matschek in den letzten fünf Jahren unter strenger Polizeiaufsicht. Zweimal war er in Prozeße ver wickelt worden, wobei er beim zweiten Prozeß zu drei wahren Gefängnis verurteilt wurde. Er mußte zwei Äahre abbüßen Das dritte Jahr wurde ihm nach dem Tode des Königs Ale xander im Gnadenwege erlaßen. Sein Bundesgenosse Dragol jub Jowanewitsch ist Universitätsprofessor und war vor dem Staatsstreich im Jahre 1929 Führer des linken Flügels der ser bischen Landwirtepartei. Bei den Maiwahlen werden mindestens drei Parteien um den Erfolg ringen: die Regierungspartei mit dem Listenträger Ieftitsch, die Kroatisch-serbische Bauernpartei mit Matschek an der Spitze und die sogenannte Volkspartei mit dem jetzigen Ab geordneten Iodschera als Listenführer. Dr. Matschek teilte Iowanvwitsch mit, er habe die Absicht, im Wahlbündnis mit den serbischen Landwirten für die Ver- wirklichung der kroatischen Ziele im Nahmen des südslawischen Staates zu kämpfen, das heißt mit anderen Worten, daß er sein autonomistisches Programm gegenüber der zentralistischen Ver fassung aufrechterhalte. Er fügte jedoch sofort hinzu, daß die Wahrscheinlichkeit nur gering sei, unter dem jetzigen Regime „sein Programm durchsetzen zu können". Er scheint demnach ent schloßen zu sein, den Kampf um die kroatischen Forderungen mit der alten Entschiedenheit wieder aüfzunehmen. Nie Spannung zwischen ÄSA. und der Sowjetunion. Infolge des Scheiterns der amerikanisch-russischen Schuldenverhandlungen ist eine Spannung zwischen den Vereinigten Staaten und Sowjetrußland entstanden, der man in ausländisch-politischen Kreisen die allergrößte Be deutung beimißt. Man rechnet allgemein mit einer grund- legenden Neuorientierung der amerikanischen Politik gegenüber Sowjetrußland, die aller Voraussicht nach auch die Vorgänge im Pazifik entscheidend beein flussen würden. Die veränderte Haltung der Vereinigten Staaten gegenüber Sowjetrußland sei keineswegs nur durch die Differenzen wegen der Kerensky-Anleihe in Höhe von 225 Millionen Dollar und wegen der Beschlagnahme von amerikanischem Besitz in Sowjetrußland im Werte von 400 Millionen Dollar veranlaßt worden. Vielmehr seien wahrscheinlich militärpolitische und außen- politische Gründe die tiefsten Ursachen der auf fallenden Haltung Washingtons. Im Zusammenhang mit der Verschlechterung der sowjetrussisch-amerikanischen Beziehungen wird halbamt lich aus Moskau mitgeleilt, daß der erste Botschafter sekretär der Vereinigten Staaten, Chenson, vonselnem Posten abberufen worden ist. Er wird nicht mehr nach Moskau zurückkehren. over von hinten her mit den Waffen des Ver trauens auch die anderen Teile der feindlichen Stellung zu erschüttern und zu erledigen. * Aber auch auf einem anderen Gebiet der Binnenwirt schaft ist ein Durchbruch gelungen. Erinnern wir uns — nicht gerade mit freudigem Gefühl! — an die große Noh- stoffangst und die daraus entstandene „K a u f p f y ch o s e" im vergangenen Herbst! Das war ein Angriff, der schwere Gefahren für die Weiterentwicklung unserer Wirt schaft in sich trug. Er ist nicht bloß restlos abgeschlagen worden — denn wer „hamstert" heute noch! —, sondern im Gegenangriff führte das sich auf feine nationale Kraft be ¬ sinnende Vertrauen zu der Gewißheit, daß wir uns aus eigenem Können einen, wie Dr. Schacht soeben in Breslau äußern durfte, zwar knappen, ober festen Boden geschaffen haben für den weiteren Auf- und Aus bau unserer Industrie. Auch für die Rohstoffversorgung! Allerdings stehen wir politisch sowohl als auch Wirtschaft- lich dem Ausland gegenüber immer noch in einem harten Kampf, und kämpfen heißt nicht zuletzt auch entbehren müssen. „Wir müssen uns bescheiden einrichten, wenn wir durch diese Selbstbescheidung und durch dieses Zusammcn- stehen die Zukunft unserer Kinder sicher stellen wollen." Und das wollen wirk Dr. Pr,