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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sicbeulehii und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff «nd den Stadtrath daselbst. ^7 «4. Freitag dm 18. August 1871. Von dem unterzeichneten Gerichtsamt soll den 4. September 1871 das dem Schmiedemeister Carl Gottlob Börner zugehörige Haus-, Garten- und Feldgrundstück Nr. 9«. des Katasters, Nr. 43 des Grund- und Hypothekenbuchs für Lampersdorf, welches Grundstück am 17. Mai 1871 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 1066 Thlr. 20 Ngr. — Pf. gewürdert worden ist, an hiesiger Amtsstelle nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 19. Mai 1371. Leonhardi. Auch den Todten die Ehre! Mitten in den Hellen, wvhlberechtigten Jubel Derer, die unter rauschenden Festlichkeiten und mit wohlverdienten Ehrenbezeugungen aller Art ihre aus dem Feld heimkehrenden Krieger in der Heimath einziehen sehen, mischt sich der eben so wohl berechtigte tiefe Seelen schmerz Derer, an deren Psorte kein Ehrenbogen zum freudigen Willkommen Prangt, weil Der, dem er hätte errichtet werden können, der Vater, Gatte, Sohn — sein Leben für die heilige Sache des Vaterlandes gelassen und längst seine stille Ruhestätte im fernen Feindesland gefunden hat. Dieser Schmerz, den keine Philosophie wcgdisputiren, dem selbst tiefe Religiosität seinen Stachel nicht nehmen kann, erwacht bei der Heimkehr der glücklich dem Leben Bewahrten aus's Reue mit doppelter Macht, so herb, ja herber, als beim ersten Eintreffen der Todesnachricht, mag dies auch schon vor vielen Wochen oder Monaten erfolgt sein. Man sollte meinen, das Herz habe sich auch bei diesen Todesfällen wie zumeist bei jenen, die in der heimath unter treuer Pflege auf dem eignen Bett erfolgen, all mählich an den Gedanken des Nimmerwiedersehens gewöhnt; man sollte meinen, der Gedanke, daß der theure Todte in freudiger, muthigcr Erfüllung schönster heiligster Pflicht, daß er den Tod ge storben ist, der für den rühm- und ehrenvollsten gilt, den Tod fürs Vaterland auf dem Schlachtfeld — dieser Gedanke müsse die Hinterbliebenen ganz besonders aufrichtcn. Und doch trifft diese Voraussetzung nicht zu. Warum? Dem Tode auf dem Krankenbett folgt als äußerlicher Abschluß die feierliche ehrenvolle Beerdigung auf dem heimathlichen Kirchhof. Mit ihr ist der Verstorbene dem liebevollen Andenken der Gemeinde und seine irdische Hülle der ge meinsamen Ruhestätte ihrer Todten übergeben — es ist dem Ver storbenen von den Seinen, von Freunden und Bekannten die letzte Ehre erwiesen worden. Dieses feierliche Todtenamt, das an dem Verstorbenen vollzogen worden ist, Hal dem Tode den Stachel ge nommen und zugleich der tiefgebeugten Seele der Hinterbliebenen den Uebergang vom heiligsten Schmerz zur wchmüthigen Trauer ange bahnt. Anders bei unsern gefallenen Kriegern. Auch sie sind zwar von der Hand treuer Kameraden unter deren stillem Gebet und ehren vollem Geleit zur stillen Ruhe in fremder Erde gebettet worden, aber für ihre Angehörigen fehlt noch dieser ehrenvolle Lebens-Abschluß in der Heimath. Mit Ausnahme von Bayern, das dem feierlichen Empfang seiner Krieger das Todtenamt für die Gefallenen vorausgchen ließ, Hal das deulfche Reich den Hinterbliebenen diese ehrenvolle äußere, für das gebrachte große Opfer wahrlich längst verdiente Anerkennung, die zudem deren Gemnthsruhe wesentlich gefördert haben würde, bis heute noch vorenthaltcn. Die Schatten der Gefallenen sind noch nicht gesühnt, würde man sich in antiker Anschauungsweise ausdrücken; und daß dicß noch nicht geschehen ist, hat nicht nur dem Tod den Stachel nicht genommen, sondern vielmehr den Hinter bliebenen das Gefühl der Kränkung durch erlittenen Undank hinzu gefügt und ihnen die Freude an den großartigen herrlichen Erfolgen des blutigen Krieges, zu der doch gerade sic in erster Linie mitöc- rechtigt sind, bis jetzt bitterlich vergällt! Gebe man also endlich, was längst hätte geschehen sollen, nachdem den Lebenden alle gebührende Ehre geworden, auch den Todten die Ehre und ihren Hinterbliebenen, deren Manchem freilich das Verspätete zu spät kommen wird, ihr wohlverdientes Recht, das feierliche Todtenamt für ihre gefallenen Väter, Söhne, Brüder, damit auch sie sich mit den Fröhlichen freuen können, nachdem mit ihnen, den Weinenden ge weint worden ist! (H.-Dfz.) x. x. Peter Arbues, Großinquisitor von Saragossa, verdammt eine Kctzerfamilie zum Feuertode. Ein. Meisterwerk der Kunst von Kaulbach ist gegenwärtig in Dresden ausgestellt, das, sowohl durch seine gediegene künstlerische Ausführung, welche jeglicher Kritik Trotz bietet, als ganz besonders durch seinen Inhalt, welcher eine hclllcuchtende Fackel und ernste Mahnung bei den gegenwärtigen religiösen Spaltungen abgicbt, das Interesse jedes Gebildeten in hohem Grade wach ruft. Dies Bild, an sich zwar stumm, vertritt jedoch ein scharfes zweischneidiges Schwert und bringt im Gemüthe des unbefangenen Beschauers eine Wirkung hervor, wie solche anders kaum durch Schrift und Wort möglich ist: es spricht seinen Abscheu gegen eine Einrichtung aus, deren Vorhandengewesensein und Duldung, so lange Menschengeschlechter und Ge schichte bestehen, eine Schmach und ein Brandfleck für unsere christliche Religion bleiben wird. Es zeigt mit flammender Schrift, wie jene entarteten Diener dcS Herrn die göttlichen Lehren ihres Meisters auf die gewissenloseste Weise mit Füßen traten, nur um den menschlichen Geist in schnöde Fesseln zu legen und ihre maß lose Herrschsucht zu befriedigen. Das Gemälde führt uns den wegen seiner Wuth in Verfolgung der Ketzer berüchtigten und einst allgemein gefürchtete» Großinquisitor Peter Arbues, welcher seine entsetzliche Wirksamkeit in der spanischen Stadt Sara gossa ausübte, vor die Augen. Seine natürliche Blindheit scheint ihm jede mensch liche Empfindung, wenn je eine solche in seiner Brust gewohnt, völlig geraubt zu haben. Die Gesammtzeichnung dieses Ungeheuers in Mönchsgestalt ist eine meister hafte, eines Kaulbach würdige. Der fromme Mann betastet krampfhaft mit dem Stabe die unglücklichen Opfer beiderlei Geschlechts, in deren Gesichtszügen standhafte Ergebung in das unvermeidliche Schicksal zu lesen ist. Es umstrahlt ihn der Feuer schein der in nächster Nähe gen Himmel lodernden Scheiterhaufen, und abgestumpft durch langjährige Praxis vermag er das Klagegeschrei dieser Bedauernswerthen cynisch anzuhören. Der Heiligenschein, den ihm ein späterer Statthalter*) GotteS auf Erden wegen seiner Verdienste um die Religion der Liebe zu verleihe» sich nicht entblödete, schwebt bereits prophetisch über seinem Haupte. Ein Scherge der Inquisition, in dessen Gesichtsausdrucke inan vergeblich eine Spur menschlichen Gesühles sucht, zieht zu Arbues Füßen die Güter der unschuldig Geopferten gierig ein, natürlich ein lohnender Gebrauch, der jeder Verurtheilung als Hauptsache auf dem Fuße folgte; war ja die Gier der Pfaffen nach Besitz in den meisten Fälle» der einzige Beweggrund, wohlhabende Bürger als Ketzer beim Jnquisitionstribunale zu verdächtigen, wohl wissend, daß dies aus die sicherste Weise zur Bcsriedigung ihrer Habsucht führe. Wir gedenken i» einem künftigen Artikel dem Leser Er scheinungen der Gegenwart vorzuführcn, welche zur Genüge beweisen, daß, zur Schande des vielgerühmten neunzehnten Jahrhunderts und der Civilisation, es noch eine gewaltige Armee von Finsterlingen und lichtscheuender Individuen giebt, welche, wenn ihr nicht die von Deutschland ausgegangene und noch ausgehende allgemeine Bildung im Wege, wenigstens von dem Versuche und der Drohung, die Menschheit von Neuem mit diesen Schreckensscenen zu beglücken, nicht zurückscheuen würde. Nur zwei Erscheinungen, welche mit diesem vortrefflichen Gemälde Zusammenhängen, fügen wir hier bei. Einmal ist dieses Meisterwerk bereits in einer größern Stadt Deutschlands**) ausgestellt gewesen, mußte jedoch nach zahlreichen eineezangenen natürlich anonymen Drohbriefen, welche eine Verletzung des Kunstwerkes befürchten ließen, baldigst eutfernt werden. Sodann soll sich eine musicalische Berühmtheit unserer Tage zu dem Ausspruche veranlaßt gefühlt haben: Die Inquisition sei auf dem Bilde nur von der gehässigen Seirc dargestellt. Dies ist einfach eine Lüge; soweit wir die Geschichte kennen, war das charakteristische Merkmal der Inquisition Entsetzen und zwar in höchster Potenz; verursacht ja schon der blose Gedanke an dieselbe Schaudern. Die Gnade der Inquisition lag darin, daß, wenn zum Feuer tode oder zur Einziehung des Vermögens verurtheilte Personen, um wenigstens den Qualen der Folter zu entgehen, die Schuld einer angeblich von ihnen begangene» *) Der heutige unfehlbare, nichtsdestoweniger aber in großen Nöthen lebende Papst Pius IX. sprach dieses Ungeheuer heilig. I). V. **) Dieselben jesuitischen Umtriebe fanden im Jahre 1863 in derselben Stadt Wegen Ausstellung Lessinas herrlichen Gemäldes: Huß vor dem Scheiterhaufen statt. Auch dieses mußte entfernt werden. v. V.