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Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Als Beiblätter: l. Mustr. Sorrntclgs- blatt (wöchentlich), L. Eine landwirth- fctzcrstNche Wcikags (monatlich). Abonnements - Preis: Vierteljährl. 1M.25 Pf. Ans Wunsch unentgeltliche Zusendung. Blatt und des StadLraLhes Amts- des Königs. Amtsgerichts Zu Wutsnih. Inserate sind bis Dienstag u. Freitag, Vorm, 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor« puszeile (oder deren Raum) 19 Pfennige. Geschäftsstellen^ 1 ' bei Herrn Buchdruckereibes. Pabst in Königsbrück, in den An- noncen-Bureaus von Haast n- stein L Vogler u. „Jnvalrden- dank" in Dresden, Rudolph Mosse in Leipzig. Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Rmgegend. Druck und Verlag von E. L. Först et's Erben in Pulsnitz. DWiundvirrzigstkr Jahrgang. H-b-r^n Sonnabend. Nr. 65. 1S. August 18S1. Politik und Börse. Eine große Unklugheit kann es nur genannt werden, wenn heute, wo alle Welt mit der Ernte schon hinreichend Sorgen hat, nun noch versucht wird, politische Beunruhi gungen anzustiften, und das wird augenblicklich wieder einmal von gewisser Seite mit großem Eifer besorgt. Die kleinen Rentiers und solche Leute, welche sich ihre Spar pfennige in irgend welchen Papieren angelegt haben, sehen mit Erstaunen, wie urplötzlich die Papiere fallen und da durch ihr thatsächlicher Bermögensbestand vermindert wird. Man versteht das nicht und in der That ist es auch schwer zu begrei en, wie heute immer wieder auf dem internatio nalen Geldmärkte und damit zugleich in dem Geschäftsleben eine politische Beunruhigung Platz greifen kann. Es sind doch Menschen und keine Strohhalme, die jedem Wind hauche nachgeben, welche hier in Betracht kommen, Men schen mit gesunden: Verstände und ruhiger Ueberlegung; aber trotzdem sind selbst solche große und angesehene Bör sen, wie die Berliner, jedem dummen Klatsche zugänglich. Wenn so etwas in Paris oder Wien geschähe, so brauchte man sich nicht zu wundern; an den dortigen Börsen herrscht seit langen Jahren eine kaum glaubliche Spielwuth und Spieler sind klarer Gedanken nur zu häufig nicht mehr fähig. Berlin indessen hat sich doch immer noch einen ge wissen Ruf der Reellität gewahrt und man kann ange sichts des jetzt zu Tage tretenden Wankelmuthes nur an nehmen, daß brav im Trüben gefischt wird. Darunter leidet aber das ganze wirthschaftliche und geschäftliche Leben, und besonders auch der Reichs- und Staatscredit. Was ist das für eine klägliche Sache, wenn der leitende deutsche Geldmarkt nicht einmal ein so festes Rückgrat hat, daß er zu allerlei Klatsch gleichgültig die Achseln zucken kann, und was soll erst werden, wenn nun wirklich bedenkliche Dinge verlauten? Das Publikum, welches schließlich doch immer wieder animirt wird, sein Geld sür Werthpapiere aller Art herauszurücken, wird Tag für Tag vor den Kopf gestoßen, und es kann Diejenigen, welche diese Mätz chen machen, durchaus nicht überraschen, wenn einmal die Lockpfeife kein Gehör mehr findet, und sie, wie Karpfen außer Wasser nach ihrem Elemente, nach Geld, schnappen, das sich nicht finden will. Die kleinen deutschen Kapita listen haben in den letzten Jahren Millionen an fremden unsicheren Papieren verloren. Man soll nur nicht damit anfangen, nun auch noch bei unseren deutschen Werthen Aderlässe vorzunehmen, dann kann die Sache einmal gründ lich schief gehen. Als vor etwa sechs Wochen der Deutsche Kaiser von Hamburg nach Helgoland fuhr, sagte er auf dem Schiffe zu dem aufwartenden Direktor der Hamburger Dampser- gesellschaft, der Friede könne heute auf Jahre hinaus als gesichert gelten. Dieselbe Versicherung findet sich in der Kaiserrede in der Londoner „City", und im selben Sinne haben sich bekanntlich der italienische Ministerpräsident Rudini und seine Collegen in London und Pest, Marquis Salisbury und Graf Szapary ausgesprochen. Sagen der Kaiser und solche Männer etwas leicht hin, ohne Grund für die Richtigkeit ihrer Ausführungen zu haben? Ganz gewiß nicht, sie stellen im Gegentheil, den Geboten der Vorsicht folgend, die Lage noch nicht einmal ganz so günstig dar, wie sie ist! Und was ist in den sechs Wo chen geschehen, wodurch die Welt sich beunruhigt fühlen könnte? Kaiser Alexander von Rußland hat den Klängen der Marsaillaise gelauscht, und Franzosen und Russen haben sich gegenseitig verbrüdert und betrunken. Das sind die Thatsachen. Wer will denn aber glauben, daß dieser ganze Hexensabath den europäischen Fürsten und Staats männern überraschend gekommen ist? Jeder Mensch, der Franzosen und Russen kennt, hat gewußt, daß sie scharf rns Zeug gehen würden. Das liegt nun einmal im Na- tlvnalcharakter dieser Völker. Man konnte sogar noch viel mehr erwarten, denn daß die russischen Panslavisten noch zehnmal wüthendere Deutschenfresser sind wie die Fran zosen, ist seit Jahren bekannt. Hat denn auch nur Jemand daran gezweifelt, daß Rußland Frankreich in einem diplo matischen Feldzuge benutze» wird? Gewiß nicht! Wir haben auch stets gewußt, daß bei den Franzosen einmal dir Volksleidenschaft über alle Besonnenheit einer Regierung den Sieg davontragen und sie zum Kriege fortreißen könnte. Deshalb hat Deutschland seine gewaltige Waffen rüstung angelegt, deshalb den Dreibund geschlossen. Was liegt also Neues vor? Das Gebrülle russischer Patrioten! Viel Geschrei und nichts dahinter! OertUche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Wir machen auf die im Jnseratentheil heutiger Nummer befindliche Bekanntmachung des Herrn Ernst Rüger, Besitzer des „Sächsischen Hofes", die Peti tion um Vermehrung der hiesigen Vichmärkte betreffend, ganz besonders aufmerksam. Wir bitten alle Interessenten von dem bei Herrn Rüger ausliegenden Gesuche Kenntniß nehmen und dasselbe mit ihrer Unterschrift versehen zu wollen. Es sei hiermit nur erwähnt, daß alle unsere Nachbarstädte mehr Viehmärkte im Laufe des Jahres ab halten, als wir, und daß eine Vermehrung derselben bei uns eine dringende Nothwendigkeit geworden ist, wollen wir nicht ganz und gar den Geschäftsverkehr anderen Städten überlassen. — Zur Erinnerung an die Fahnenweihe des Gesang vereins „Liederkranz", Pulsnitz M. S., hat Herr Gold arbeiter Pötschke eine Denkmünze prägen lassen, die als recht geschmackvoll bezeichnet werden kann. Dieselbe wird am Festtage zu 20 Pfg. käuflich zu erhalten sein. — Die Arbeitgeber in Webereigeschäften sind darauf aufmerksam zu machen, daß der Vorstand der Versiche rungsanstalt für das Königreich Sachsen auch die außer halb der Betriebsstätten der Arbeitgeber beschäftigten Per sonen, als Spuler und Treiber, für versicherungspflichtig bei der Jnvalrditäts- und Altersversicherung erklärt hat. — Die 3. Elaste der 120. Landeslotterie wird am 7. und 8. September d. I. gezogen. — Die Jagdkarten auf das Jagdjahr 1891/92 sind aus Cartonpapier von hellgelber Farbe h rgestellt worden. Arnsdorf. Die auf hiesiger Flur vom sächs. Grenadierregimeute Nr. 101 abgehaltenen Schießübungen lockten täglich eine große Anzahl Schaulustige aus Nah und Fern herbei. Bei diesen Schießübungen, deren Ergeb niß ein ganz befriedigendes gewesen sein soll, kam das rauchfreie Pulver in Anwendung. Bautzen, 8. August. Wegen groben Unfuges hatte sich der 16 Jahre alte Dienstknecht Einst Hermann Kunze aus Mitteloderwitz vor der Ferieustrafkammer des hiesigen Landgerichts zu verantworten. Die Auffindung eines Zettels, dessen eine Seite die Worte enthielt: Heute Abend um 12 Uhr will ich den Feuerhahn auf das Dach setzen auf der Brennerei," auf dessen anderer Seite aber zu lesen war: Heute Abend soll Feuer ausbrechen auf dem Kreischerhof!" am Vormittage des 8. Mai unter dem Thore des sogenannten Kreijcherhofes zu Mitteloder witz rief unter den Bewohnern der bedrohten Gebäude nicht geringe Erregung hervor, die in der Ausstellung von Wachen während der folgenden drei Nächte ihren Ausfluß fand. Der Thäter dieser Störung des öffentlichen Friedens der obengenannte aus besagtem Hofe bedienstete bisher unbestrafte Kunze, giebt au, „aus Dummheit den Brand bries geschrieben zu haben. Das Urtheü lautete gegen den jugendlichen Angeklagten auf 3 Tage Gefänguiß. — In Niederfriedersdorf bei Bautzen brannte ein unweit der Böttcherschänke erst vor 2 Jahren neuerbautes Wohnhaus, welches mit Schiefer gedeckt war, nieder. Entstanden soll das Feuer dadurch sein, daß 2 Kinder in der angebauten Scheune auf den Gedanken kamen, ein Feuer von Stroh anzuzünden. — Ein junger Mann wohnte in Dresden auf der Vogelwiese einer Vorstellung afrikanischer Wilder bei. Nach Schluß derselben wollte er sich jedenfalls davon über zeugen, ob er es mit echten Wilden zu thun gehabt hätte, zu diesem Zwecke öffnete er trotz wiederholter Warnung ein Klappfenster an der Behausung der Wilden, lugte hin ein und sah dem häuslichen Treiben derselben zu. Dieser Vorgang erregte die Wilden derart, daß Einer wohlgezielt seine Keule nach dem Klappfenster schwang, sodaß der Rahmen desselben dem Neugierigen mehrere Vorderzähne herausschlug. Mit blutender Wunde und anscheinend sehr schmerzlich überzeugt von der Echtheit der Wilden entfernte sich der Neugierige. — Fische Werden mit jedem Jahre in größeren Men gen in Sachsen eingeführt. Eine Stadt wie Dresden be zieht allein jährlich gegen 1 Million Kilogramm lebender Fische und dabei ist an Seefischen fast nie ein Ueberfluß am Markte zu bemerken. Es kommen je nach der Jahres zeit von den näher bezeichneten Orten folgende Sorten: Steinbutt von den deutschen Küstenplätzen, Belgien, Frank reich, England, Seezungen von den deutschen Küstenplätzen der Nordsee, Belgien, Frankreich, kleine Posten auch von Holland, Heilbutt hauptsächlich von der dänischen Küste, Goldbutt von deutschen Nordseeplätzen und Dänemark, Tarbutt von Geestemünde und Hamburg, Kabeljau von deutschen Nordseeplätzen, Schweden, Dänemark, England, Schellfisch von denselben Orten (die dänischen Fische kamen bei flauer Witterung in Folge schlechter Verpackung, oft ohne alles Eis in verbrühtem Zustande an), Makrelen von der schwedischen Küste, grüne Heringe von der schwe dischen Küste, im Frühjahre von der deutschen Ostseeküste, Seelachs von Bornholm, Königsberg, Stolp, Memel, Pfahlmuschelu von Flensburg und Kiel, Hummer haupt sächlich von Dänemark, kleine Posten von Helgoland und Ostende. Lebende Schleien liefern größtentheils Pommern und Ostpreußen, einen kleinen Theil die Teiche der beiden Lausitzen und Böhmens. Lebende Aale kommen von Mecklenburg, Pommern, Ostpreußen, Dänemark und Schwe den. Hechte werden in ersten Qualitäten vom frischen Haff, der Oder und den Teichen der Lausitz, geringere Sorten von Schweden und Rußland bezogen. Zandern liefern das frische und kurijche Haff, Ostpreußens Seen, die Oder, Elbe, auch Schweden; (Rußland sendet große Posten gefrorene Zander zweiter Güte. Loire, Rhein, Weser, Elbe, Oder und Weichsel liefern Lachse. Große Zufuhren kommen während der Sommermonate auch aus Schweden und Norwegen. Forellen erfreuen sich stets reger Nachfrage, und es ist durchaus kein Ueberfluß in diesen Fischen zu spüren. Krebse komme» von der Oder in kleinen Posten, in großen Posten von Ostpreußen; die größten Mengen sendet Galizien. — Bei der unter deni Protektorate Sr. Hoheit des Herzogs Ernst von Sachseu-Coburg-Gotha in die>em Jahre in London stattfindenden Ausstellung deutscher Kunst- und Industrie-Erzeugnisse sind unter den Ausstellern für Nahrungs- und Genußmittel mehrere sächsische Firmen mit den höchsten Auszeichnungen bedacht worden; es er hielten Hartwig L Vogel in Dresden für den besten Cacao und die Cigarrenfabrit von Ritter L Co. in Dresden auf ihre ausgestellten Cigarren-Fabrikate den ersten Preis. — In Suhl traf vor wenigen Tagen Oberst Thier bach aus Dresden mit dem Oberbüchsenmacher Freyer ein, uni im Auftrage der königlich sächsischen Regierung in beiden Gewehrsabriken von C. G. Hänel und Chr. Schilling 3000 Stück Revolver für die sächsische Arniee anfertigen zu lassen. — Ein Don Juan gefährlicher Art, der Maschinen meister Hoffmann aus Dresden, ist vom Landgericht zu Marburg zu 6 Jahren Zuchthaus verurtheilt worden. Er hatte sich gleichzeitig 6 Bräute angeschafft, für alle die Hochzeit auf den nämlichen Tag angesetzl und alle auch insofern weiter gleichmäßig behandelt, als er keine geheirathet, aber alle bestohlen hat und nicht blos ums Herz, sondern um Geld und Gut. — Ein nettes Gaunerstückchen hat eine Dresdnerin in dem Dorfe Niedersaida bei Lengefeld verübt. Nachdem das Dämchen in Dresden als angeblich wohlsituirtes, an ständiges Mädchen einen unerfahrenen, aus Niedersaida gebürtigen jungen Mann in ihre Netze gelockt und diesen gehörig über die Verhältnisse der Eltern ausgekundschaftet, erschien es vor einigen Tagen in Niedersaida bei den be tagten Eltern, die ein kleines Anwesen besitzen, und führte sich als die Braut des Sohnes ein. Ihre Erzählungen von ihrer Vergangenheit, von ihrem Gute bei Pirna rc. fanden derartige» Glauben, daß sie bald das Vertrauen der beiden alten Leute besaß. Von Niedersaida aus stattete sie den Verwandten der Eltern einen Besuch ab und ging dieselben unter glaubhaften Vorwänden, ohne daß es das Eine von dem Andern wußte, um bedeutende Geldbeträge