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Wochenblatt für Pulsnitz, Radeberg, Königsbrück, Radeburg, Moritzburg und deren Umgegend. Redigirt von den verantwortlichen Redacteuren E. Forster in Pulenik und Th. A. Hertel in Radeberg. Verlag von E. Förster in Pulsnitz und Th. A. Hertel in Radeberg. Hso« 50« Freitag, den 12 December. 1851« Zeitereignisse. Dresden, 6. Dec. Heute Mittag 1 Uhr fand die feierliche Eröff nung des zum l. December einberufenen ordentlichen Landtags durch Se. Majestät den König im Sitzungssaale der 2. Kammer statt. Die Stände versammelten sich gegen halb I Uhr und »ahmen in dem festlich decorirlen Saale ihre Plätze ein. Die Sitzordnung war in Form eines Halbkreises in der Art bestimmt, daß das Direktorium und die Mit glieder der l. Kammer zur Rechten des auf einer mit Sammet bezogenen Estrade anfgestelllen Thronsessels, das Direktorium und die Mitglieder her 2. Kammer zer Linken ihre Plätze hatte». Die Staaksminister Dr. Zschinsky, v. Beust, Rabenhorst, «.Friesen und Behr traten kurz vor 1 Uhr in heq Saal und stellten sich zur Rechten des Thrones auf. Die Tribüne» waren sehr zahlreich besetzt. Aus der für das diplomatische Corps reservirte» Galerie waren u. A. die Gesandten Rußlands, Eng' lands, Oestreichs, Frankreichs, Preußens und Baierns nebst einem zahl reichen Gesandtschaftspersonale pr bemerken. . Die Auffahrt Sr. Majestät des Königs erfolgte Punkt 1 Uhr vom königlichen Schlosse aus durch die untere Schlvßgaste, das Geirgenthor die Augustusstraße, über den Neumarkt, durch die Moritzsiraße nach dem Landhause; ungeachtet des ungünstigen Wetters hatten sich überall zahl reiche Gruppen der Einwohnerschaft aufgestellt, von welchem Se. Maje stät unter Andern am Eingänge des LandhauSgäßchens mit dreimaligem Hoch begrüßt wurde. Der königliche Galawagen wurde von einem De tachement des Gardereiterregiments cscvrtirt. Die im Hose des Land hauses aufgestellte Ehrenwache (von der Leibinsantriebrigade mit der Fahne) erwies, während das Musikchvr den Parademarsch spielte, Sr Majestät dem Könige die üblichen niilitairischen Honneurs. Die ron den Kammern abgeordneten Deputationen, denen sich im Landhause Ihre König!. Hoheiten die Prinzen Albert und Georg an schlossen, empfingen Se. Majestät an der Treppe des Landhauses, und beim Eintritte in den Saal wurden Allerhöchstdieselben durch cinvo» dem Präsidenten der 1. Kammer ausgebrachtes und von den sämmtlichen An wesenden drei Mal auf das Lebhafteste wiederholtes „Hoch" empfangen. Nachdem Se. Majestät auf dem Thronsessel, neben dem rechts Se. Kö nigliche Hoheit Prinz Albert, links Se. Kö»igl. Hoheit Prinz Georg stan den, Platz genommen hatten, verlasen Allerhöchstdieselben bedeckten Hauptes die folgende Rede: „Meine Herren Stände! „Mil Freude sehe ich sie heute, nach Verfluß eines kurzen Zeitraums, wieder um mich versammelt! Die inner» Verhältnisse des Königreichs, wie seine Beziehungen »ach Außen, haben seit dem letzten Landtage keine wesentlichen Verände rungen erlitten. Die Ruhe und Ordnung im Lande ist nirgends, auch nur vorübergehend, gestört worden, und wen» auch zahlreiche Beweise vor- fiegen, daß die Feinde jeder bestehenden Ordnung fortwährend thätig sind, so ist es ihnen doch nirgends gelungen, einen Ersvig zu erzielen. Der Ausfall der Ernte ist leider in einem großen Theile des Landes unter der Erwartung geblieben und dadurch eine Steigerung der Preise verursacht worden. Noch aber ist kein eigentlicher Mangel eingetreten, und wenn die sächsische Industrie, die im vergangenen Sommer ein so glänzendes Zeugniß abgelegt hat von der hohe» Stufe der Ausbildung, aus der sie sich befindet, der Bevölkerung Beschäftigung und Verdienst gewährt, so ist ein wirklicher Nothstand nicht zu befürchten, zumal die in neuerer Zeit so wesentlich vermehrten und verbesserten Verkehrsmittel »ns den Ueberstuß anderer Länder näher gerückt haben. Mit Befriedigung dürfen wir auf unsere finanziellen Verhältnisse blicke». So hoch auch die lausenden Ausgaben des Staats gestiegen sind, so wurden sie doch durch die Einnahme» gedeckt, die es überdies ge statteten, einen namhaften Erlaß a» den öffentlichen Abgaben zu gewäh ren. Das Budjet wird Ihnen, meine He« re» Stände, nebst einigen air- chern finanziellen Vorlagen, sofort mitgetheit werden: seine Berathung 'wird die hauptsächlichste Aufgabe dieses Landtags bilden. Di« bedauerliche Spaltung, welche eine längere Zeit hindurch einem gemeinsamen Berathe» und Handel» der deutschen Bundesregierungen hindernd entgegengetreten war, hat mit deren allseitiger Wiedervereini gung in dem durch die Bundesversammlung, deren Thätigkeit sich zunächst der Wiederherstellung geordneter Zustände im Bunde und der Ausglei chung mancher in den letzte» Jahren entstandenen Verwickelungen zuwen den mußte, den ihr durch die BundeSaete gestellten und ihr bereits zuge- wiesenen höheren Aufgaben zu genügen wissen. Der deutsche Zollverein, dessen segensreiche Wirkungen während sei nes achtzehnjährigen Bestehens Ich jederzeit in ihrer vollen Bedeutung erkannt habe und dessen Erhaltung und Erweiterung unausgesetzt Gegen stand Meiner ernsteste» Wünsche und Bestrebungen gewesen ist, hat infol ge der neuerdings geschehenen Kündigung desselben eine Erschütterung erlitte», die Ich beklage. Wie es.aber Meine feste Ueberzeugung ist, daß diese heilsame Schöpfung selbst, ebenso wie ihre bisherige ungestörte Ent wickelung, auf einer billigen und vorurtheilsfreie» Erkenntniß gegenseiti ger Ansprüche und Bedürfnisse beruhte, so bin ich auch darüber nicht in Zweifel, daß jene Erschütterung eine vorübergehende sein und daß das au genblicklich gelockerte Band sich schnell wieder und für die Dauer knüpfen werde. Mit Vertrauen habe Ich daher die beruhigenden Erklärungen entgegengenommen und erwiedert, mit denen die königlich preußische Re gierung die an die übrigen Zollvereinsregierungen erlassene Einladung zu neuen Verhandlungen begleitet hat. Zu besonderer Genugthuung hat es Mir gereicht, zu vernehmen, dvß die königlich preußische Regierung bei dieser Neugestaltung des Zollvereins eine dereinstige allgemeine Zoll- und Hendelseinigung sämmtlicher deutschen Staaten als Endziel der gemein- sgmen Bestrebungen betrachtet. Deshalb habe ich auch mit gleicher Be friedigung diejenigen Schritte begrüßt, welche die kaiserlich österreichische Regierung zur Förderung dieser Absichten unternommen hat, zumal durch geeignete Sicherstellung jener der Zukunft vorbehaltenen Einigung, an welche sich die schönsten Hoffnungen für Deutschlands Macht und Wohl fahrt knüpfen, die Wiederbefestigunq und Erweiterung des -Zvjivereins zum Heile der Gesammtheil gewiß um so leichter herß-ia-kührt werden wird. > -