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Rabemuer Anzeiger und Zeitung für Seifersdorf, Groß- und Klemölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdvrf, Lübau, Borlas, Spechtritz etc. Nummer 148. Sonnabend, den 14. Dezember 1895. 8. Jahrgang. Bekanntmachung. An den letzten 3 Sonntagen vor Weihnachten dieses Jahres nnd dem Sonntage vor Neujahr (8. 15. 22. und 29. Dezember) wird in denjenigen Gemeinden in welchen die örtlichen Verhältnisse einen erweiterten Geschäftsverkehr vor Weihnachten und Neujahr erforderlich machen, von den Vorschriften über die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe insofern eine Ausnahme gestattet, als an diesen 4 Sonn tagen der Handel und insbesondere auch die Beschäftigung voir Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern hierbei auf die Dauer von 10 Stunden, jedoch mit Ausschluß der für die öffentlichen Gottesdienste bestimmten Zeiten, gestattet ist. Rabenau, am 9. Dezember 1895. Der Bürgermeister. Probate Mittel gegen allerlei Unfälle. Die hier augeführten Rezepte sind als wirksam er probt lind, weil niemand Eigenthumsrecht darauf hat, seien sie zum allgemeinen Bestell veröffentlicht: 1. Gegen einen Anfall leidenschaftlichen Zornes: gehe sofort in die freie Luft, weit weg von den Menschen, und dann schreie in die Winde und sage ihnen, was für eiil Thor Du bist. 2. Gegen Anwandlung von Unzufriedenheit: mache Dich auf den Weg nach den Wohnungen der Arinen. Betrachte ihre enge Stube, ihre mangelhaften Betten, Kleider und Schuhe. Siehe, was sie zum Frühstück, Mittags- und Abendbrod ans den Tisch stellen. Frage nach ihrem Verdienste und rechne, wie Du damit uus- kommen würdest. Und Du lvirst sehen, wenn Du darauf wieder Deine eigene Behausung betrittst, so ist Deine Unzufriedenheit gewichen. 3. Gegen einen Anfall von Ehrgeiz und Größen wahn: gehe auf den Friedhof und lies Grabschriftcn. Sie zeigen das Ende alles menschlichen Strebens. Ein Grab wird einst auch Deine Kammer sein, etwas Erde Dein Kopfkissen, Verwesung Dein Loos und Würmer Deine Gesellschafter. 4. Gegen einen Anfall von Verz w eis lung: betrachte das Gute, was Dir für diese Weil gegeben, und bedenke, was Dir verheißen ist für die jenseitige. Wer in seinen Garten geht, um Spinngewebe zu suchen, der findet sie und noch Spinnen dazu. Wer aber hingeht, Blumen zu Züchen, wird mit duftigen Rosen zurückkehren. 5. Gegen Anfälle von Schwermuth: gehe hin und suche die Elenden und die Kranken auf, die Wittwen und Waisen, theile ihnen mit, was Du kannst, auch Trostsprüche und Dankpsalmen sage ihnen vor. Es hilft. Vielleicht doppelt. Alle diese Rezepte sind probat und wirken auch gegen Geiz, Neid, Stolz, Selbstsucht u. a. Leider werden manche Patienten diese Mittel nicht anwenden wollen, weil sie zu einfach und billig sind. Für schnelle Besserung kann aber doch bei gründlichem Gebrauche garantirt werden. Aus unserer Gegend. — Der kommende Sonntag ist der zweite der drei Sonntage vor Weihnachten, an welchen in Rabenau der Verkauf während 10 Stunden gestattet ist. Es können an diesen Sonntagen die Geschäfte außer den für alle Sonntage des Jahres zum Verkauf freigegebenen 5 Stun den, weitere 5 Stunden geöffnet bleiben. Der Verkauf ist also von irüh bis Abenvs 7 Uhr — mit Ausnahme der Hauptgottesdienststm-den von 9 bis 11 Uhr — gestattet. — Wie alljährlich so wird auch in diesem Jahre am 1. Weihnachtsfeiertag das Turnhallenbau-Comitä des Turn Verein I. im Gasthof zum Amtshvf zuin Vesten seines Turnhallenbaufonvs eine Abendnnterhaltung veranstalten. Es werden einige turnerische Gruppen, komische Scenen, Couplets re- zur Aufführung kommen. Zum Schluß wird von 32 jungen Damen ein Neigen anfgeführt werden. Da die bisherigen Abendunterhaltungen sich stets lebhaften Zuspruchs zu erfreuen gehabt haben, so rechnen die Mit- wükenden auch diesmal darauf vor einem vollen Saale auftreten zu können und würden sich alle Mühe geben den Abend zu einem genußreichen zu machen. Kleinöl sa. Einen schönen Beweis, daß auch in unserer Gegend auf die Viehzucht viel Pflege verwandt wird, lieferte Herr Freigutsbesitzer Hamann hier. Der selbe besitzt einen selbstgezüchteten Ochsen, welcher das respektable Gewicht von nahezu 20 Centner erreicht hat. Wie wir hören, sollen die Herren Gasthofsbesitzer Büttner und Menzer in Oelsa den Ochsen angekauft haben. Großölsa. Am vergangenen Sonntag feierte der hiesige K. S. Militärverein sein diesjähriges Stiftungsfest, bestehend in Ball, im Büttner'schen Gasthofe. Bei dieser Gelegenheit gab das Ehrenmitglied des Vereins, Herr Frei gutsbesitzer Hamann, seine Erlebnisse, welche er auf den Schlachtfeldern des 1870/71er Krieges miterlebt hatte zum Besten und bot dainit eine angenehme Abwechslung. Auch^ trugen mehrere Ansprachen von Seiten einiger Mitglieder viel zur Belebung der Festfeier bei. Ein dreimaliges Hurrah auf den allgeliebten Sachsenkönig Albert wurde begeistert ausgenommen nnd hierauf die Sachsenhymne intonirt. — Diesen Sonnabend findet die Sitzung des land- wirthschaftlichen Vereins, welche wegen Ungunst der Witterung am 9. Dezember ausgefallen war, statt. Möge diese Ver sammlung recht zahlreich besucht werden, da Neuwahl des Direktoriums stattfindet. Auch bietet ein Vortrag des Herrn Lehrer Seifert über „Aus dem Leben gelehrter Bauern" hoffentlich viel Interessantes. — Bei der stattgefundenen Volkszählung in hiesiger Gemeinde wurden in Summa 812 Einwohner gezählt. Seit der letzten Zählung vor 5 Jahren hat unser Ort ein Zuwachs von 41 Personen zu verzeichnen, denn 1890 wurden blos 771 Personen gezählt. — Weihnachtszeit! Wie ferne Glockenklänge schweben sie zu uns, die Erinnerungen an den Weihnachts jubel der eigenen, glücklichen Jugendzeit. Wir sehen im Geiste wieder das geheimnißvolle Walten der treusvrgenden Mutter, des ernsten, geschäftigen Vaters, beide bestrebt, den heiligen Abend, die gemüthvollste Stunde im ganzen )ahre in welcher sich Eltern- und Kindesliebe in weihe voller Harmonie vereinigen, für die Familienangehörigen zu einem recht beglückenden zu gestalten. Auch heute drängt sich an die Familienhäupter die Frage heran, womit den zu Beschenkenden eine Freude machen, wie unter den vielen Gegenständen eine richtige Wahl treffen! Da heute in den meisten Familien Werth auf praktifche Geschenke gelegt wird, so verweisen wir an dieser Stelle auf die unserer heutigen Nummer beiliegende 4 Seiten starke Extra-Beilage der Manufaetur- u. Mode- waarensirma: H. M. Schnädelbach, Dresden, Marienstr. 7, welche in klarer, deutlicher Weise die vielen, präktischen Artikel vor Augen führt, welche die Firma in großer Auswahl am Lager hält und mancher Hausfrau, manchem Gatten die Wahl der Geschenke wesentlich erleichtert. Die Firma, eine der bedeutendsten am Platze, leistet schon durch ihr langjähriges Bestehen eine Garantie für gute und reelle Bedienung und erleichtert dein kaufenden Publi kum auch insofern den Einkauf, als jeder Artikel nach dem Feste bercitwilligst umgetauscht wird. Der Waarenversandt nach Auswärts geschieht gegen Nachnahme oder vorherige Einsendnng des Betrages und ist das Geschäft auch der billigen Preise wegen jedem Bedarfhabenden nur zu empfehlen. (Nachdruck verboten.) Glück auf! Roman aus dem Harze von O. Elster. (Fortsetzung.) Plötzlich sprang Frederigo empor und ein energischer Entschluß blitzte in seinen Augen auf. „Meine Heimath", so rief er, „da drüben habe ich verloren, so werde ich mir denn hier eine neue Heimath gründen! Habe Muth, Ella! Wir werden auch ohne die Neichthümer, die man mir ge raubt, glücklich werden. Jetzt freue ich mich, daß ich hier auf der Akademie das Examen bestanden habe, der Weg zu einer lohnenden und ehrenvollen Laufbahn steht mir offen." „Was willst Du thun, Frederigo?" „Ich werde arbeiten, damit wir glücklich werden. Das nächste Jahr sollte eigentlich meiner praktischen Ausbildung als Bergmann gewidmet sein, jetzt werde ich mir sofort eine Stellung suchen, als Ingenieur oder dergleichen, welche »nr gestattet, Dir, meine geliebte Ella, binnen Kurzem ein sorgenfreies, wenn auch bescheidenes Dasein zu bieten. Ich Werde arbeiten, um Dir und mir das Glück zu erwerben!" Mit leuchtenden Augen und glühenden Wangen stand er da. Das Unglück hatte ihn mit einem Male zu einein ernsten, zielbesvußten Manne gemacht; energisch richtete sich die vorhin zusammengefunkene Gestalt empor und seine Hände ballten sich zur Faust. Taute Lore weiute und lachte zu gleicher Zeit, indem sie ausrief: „O Sie lieber, guter, braver Mensch! So ist es recht! So war es zu meiner Zeit auch! Man muß arbeite», wenn man wirklich glücklich werden will." Sie streckte Frederigo beide Hände entgegen, welche dieser ergriff und herzhaft schüttelte. Der Major aber >n inte, man wolle morgen weiter über die Sache sprechen, uns Ella brach plötzlich in krampfhaftes Schuchzen aus. Ihre Träume von Glück uno Glanz waren mit einem Schlage vernichtet. VII. Tief im Gebirge, einige Stunden von der kleinen Berastadt entfernt, lag die Silberhütte „Glück auf." Die Gruben derselben gehörteil zu den ältesten des Harzes und schon im frühen Mittelalter hatten die Herzöge von Braun schweig hier nach dem edlen Metalle schlürfen lassen. Früher sehr ausgiebig boten die Gruben nur bei der intensivsten Bearbeitung einigen Nutzen; man hatte die Stollen und Schachte immer tiefer in die Berge treiben müssen, um die kostbaren Erze zu finden, aus denen dann in der Hütte das Silber gewonnen wurde. Viele Arbeitskräfte waren zu der mühseligen Ausbeutung der Gruben nöthig uno die Direktion suchte hauptsächlich solche Bergleute und Beamte anzuwerben, auf welche man sich in vollem Maße ver lassen konnte. Auf „Glück auf" hatte auch Frederigo Prado Stellung gefunden. Freilich war dieselbe außerordentlich bescheiden, sodaß er kaum sein eigenes Leben von seinem Lohn bestreiten konnte. Seine theoretischen Kenntnisse hatten ihin diese Stellung verschafft, indessen mußte er auch noch praktische Erfahrungen sammeln, ehe er in eine besser besoldete Stelle aufrücken konnte. Der erste Director der Hütte hatte jedoch versprochen, ihm, wenn er seine practische Ausbildung vollendet haben würde, eine seinen Kenntnissen und Fähigkeiten enrsprechend dotirte Stellung an der Hütte zu verschaffen. Allerdings konnten darüber noch zwei, auch drei Jahre hingehen, aber er uno Ella, sie waren ja noch so jung und Ms bedeuten zwei, drei Jahr, wenn das ganze Leben noch vor einem liegt. Mit freudigem Eifer that Frederigo seine Pflicht auf der Hütte und in der Grube, wußte er doch, daß er für sein und Ellas Glück arbeitete. Anfangs war eS wohl ungewohnte Arbeit, wenn er wie ein gewöhnlicher Bergmann tief im Innern der Erde beim unruhigen Flackern des kleinen Grubenlämpchens die Erzstufen loshauen, sie auf die schweren Kastenwagen verladen und diese nach dem Schacht befördern mußte, von wo sie mittelst Maschine» zur Erd ¬ oberfläche emporgehoben wurden. Oftmals keuchte seine Brust und pochte sein Herz unter der Anstrengung, als sollte es zerspringen; von der Stirne rann in schweren Tropfen der Schweiß und seine zarten, weißen Hände wurden rauh und hart, wie die seiner einfachen Kameraden. Nach und nach aber gewöhnte er sich an die schwere Arbeit, die er ja auch nur einige Monate hindurch zu verrichten hatte. Ja, er liebte bald diese Arbeit und fühlte sich heimisch und glücklich in der Nacht und Finsterniß der Grube, denn ihm leuchtete der Helle Stern der Hoffnung und der Liebe. Der Name der Grube schien ihm von guter Vor bedeutung. „Glück auf!" so rief es auch in seinem Herzen, wenn er früh Morgens in den Schacht einfuhr. „Glück auf" flüsterte er leise, wenn er sich Abends nach voll brachter Tagesarbeit sich zur Rube begab. Unter seinen Arbeitsgcnossen lernte er biedere, brave Männer kennen, die Tag ans Tag ein mit fröhlichem Herzen nnd starkem Sinn für Weib und Kino arbeiteten, ohne an die Ge fahren zu denken, welche sie allerorten bei ihrer Arbeit umringten. Jetzt erst lernte er das Leben recht kennen und lieben! Jetzt erst erkannte er den hohen sittlichen Werth angestrengter Arbeit! Die stanbgeschwärzten Berg knappe» lehrte» ih», daß allem die Arbeit, die strenge Pflichterfüllung das Leben werthvoll macht. Jetzt verstand er auch den b.eüeren VergmannSgrnß, der über dem Ein gang der Hütte geschrieben stand: Es grüne die Tanne, Es wachse das Erz, Golt schenke uns Allen Ei» fröhliches Herz. Ella hatte sich außerordentlich schwer in die verän derten Umstände gefunden. Ihr wollte es nicht in den Sinn, daß sie von der enrä nn en Höhe herabsteigen sollte nnd statt die Gittin ein:? Millionärs die eines einfachen Huttenbeamten werbe» sollte. (Fortsetzung solgt.)