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Sonntag, 9. 0. Aprü 1848. Dieie« Blatt Prri« für «rschtint täglich ^« Dierttliahr !ndAu«l°°7.«IÜ V / «nfürdtnRaum »NL Auslandes zu emer grspaltrne» beziehen. Zeile 12 Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Inhalt. Polens Befreiung. — Volksbewaffnung. — Lagesgeschichte: Dresden: Die Schüler. Chemnitz: Meuterei in Waldenburg; der Aufruf an die Arbeiter. Bautzen: Landtagswahl. Zittau: Vereidung des Militärs. Borna: Landtagswahl. Grumbach: Nothstaod; TifuS. . Berlin. Tilsit. Magdeburg. Hamburg. Rendsburg. Frankfurt. Wien. Paris. Lombardei. Mailand. Florenz. Rom. Neapel. London. Kopenhagen. — Kunst und Literatur: Hoftheater: „Muttersegen, oder: Dir neue Fanchon" und „Gdtz von Berlichingen mit der eisernen Hand."— Feuilleton. — EingesendeteS. — GeschäftSkalender. — Ortskalender. — Angekommene Reisende. — Anzeigen. Polens Defremng. ?6lü »wiat byärie »Hatem Volate r niemeem nie d^6rie brstew. Poln. Sprichwort- Zu Deutsch heißt dieses alte polnische Sprüchlein: „So lange es eine Welt geben wird, wird derPole nicht ein Bruder des Deutschen sein." / Die Wahrheit dieses Satzes bestätigt sich eben jetzt wieder bei den ersten Versuchen, die polnische Nazionalitat im Groß- herzogthume Posen zu rehabilitiren. Der alte, wüste, unzivili- sirte Polackentik spiegelt sich in Demonstrazionen der Falschheit^ Tücke und Undankbarkeit aus's deutlichste; man hält Postert auf, erbricht Briefschaften, verjagt gewaltsam die Behörden, nimmt Kassen in Beschlag, reißt den preußischen Adler ab und pflanzt den polnischen auf, bestiehlt auf Jahrmärkten die deutschen Kaufleute christlichen und mosaischen Glaubens, zwingt durch Branntwein, Bestechung und Lodesandrohung die Bauern, ihre Feldarbeiten zu verlassen und sich zu bewaffnen: — kurz, man thut Alles, um zu beweisen, daß die Polen für jede vernünftige^ politische Freiheit unreif und die Fortschritte der Zivilisazion spur los an ihnen vorübergegangen sind. Leset in den Büchern der Geschichte Polens! Woran ist das große, mächtige Reich zu Grunde gegangen? An Untreue gegen sich selbst, an der Herr schaft bevorrechteter Klassen der Nazion, welche sich stets mit der Geistlichkeit zur Unterdrückung des Bauernstandes verbunden, und endlich an dem gänzlichen Mangel fester bürger licher Jnstituzionen. Man klagt mit Recht über die Theilung und Zerstückelung Polens; denn sie ist eine unentschuldbare Gewaltthat und Un gerechtigkeit; allein dieses Attentat hätte nie geschehen können, wenn die Polen selbst die Ausführbarkeit desselben nicht durch Jahrhunderte vorbereitet hätten. Die alte polnische Verfassung war von einem eingewander- len Siegerstamme organisirt; es war eine königliche Adelsrepublik, und jeder einzelne polnische Adelige ist bis auf diese Stunde im geheimsten und innersten Winkel seines Herzens überzeugt, daß er der einzig rechtmäßige König von Polen sei, und daß nur lands- männische Verräther ihn an der sofortigen Besteigung des Thro nes verhindern. Dieser Spleen herrschte von je in den Köpfen der polnischen Aristokraten, und sie sind noch, wie sie waren; sie haben Nichts gelernt und Nichts vergessen. War daS Land nicht seit unvordenklichen Zeiten stets von den unsinnigsten Parteikämpfen zerrissen? Haben die Parteien nicht oft genug fremde Truppen in's Land gerufen, um sich gegenseitig mit mehr Nachdruck zu bekämpfen? Herrschten nicht oft genug die Führer dieser fremden Hilfstruppen in Polen mit fast souveräner Gewalt? Leset die Geschichte, sie giebt nur zu viel Belege, daß die Polen sich selbst zu Grunde gerichtet. Bei der ersten Nachricht von der Revoluzion in Berlin ging der polnische Hexentanz im Großherzogthume Posen los; daS Leben und Eigenthum der Deutschen auf dem platten Lande, in kleinen Städtchen, Flecken und Dörfern wurde von bewaffneten polnischen Bauernhorden, die von polnischen Landedelleuten besoffen gemacht und angeleitet wurden, aufs brutalste bedroht. DaSpol - nische Nazionalkomitö in Posen, in dem edlere und ge, bildetere Prinzipien herrschen, mißbilligte aufs entschie denste diese unseligen Demonstrazionen des alten,» wüsten Polackenthums; allein es war als Behörde zu schwach und machtlos, um geeignete Gegenmaßregeln zu ergreifen. Die Deutschen mußten denn natürlich sich selber zu helfen und ihrer Haut zu wehren suchen, was ihnen bald um so leichter wurde, al ber Branntweinstaumel der armen, gemißbrauchten Bauern bald verrauchte und sie zur Einsicht gelangten, daß die adeligen polni schen Beglückungspläne für sie fast immer in's herbste Gegentheil umschlagen. Der polnische Bauer hat nachgerade eingesehen, daß er sich mit Weib und Kind bei dem deutschen Landbesitzer im Posen'schen fast durchweg besser steht, als bei den polnischen Adeligen. Er mag die sogenannte polnische Freiheit nicht. In Masse strömen polnische Bauern den preußischen Garnisonen zu, um sich einkleiden zu lassen. Nun der Deutsche sich seiner Haut gewehrt und ganz un zweideutig erklärt hat, daß er keine andere Freiheit, als die deutsche, mag, möchten die neuesten polnischen Proklamazionen ihn gern zum Urheber der beklagenswerthen Emeuten im Groß herzogthume stempeln. Sie weisen auf die Bauernunruhen im Würtembergischen und in Westphalen hin und erzählen von dem Sturme deutscher Bauern auf das Schloß des Grafen Bninski, der mit einer aus eigenen Bauern gebildeten Sicherheitswache