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Wchmtz-Mllg Verantwortlicher Redacteur: Citrl Ik!)Nk in Dippoldiswalde. 51. Jahrgang. Sonnabend, den 4. April 1885. Nr. 41. Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfa. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« Theile, die Spaltenzeil« MPfg. Die „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljährlich 1 M. 2b Psg., zweimonatlich 84 Psg-, einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- . " Amtsblatt für die Köniqtiche Umtshauplinamschast MpxMswalde, sowie für die Königlichen -Umtsgenchte und die Stadtrilihe zn Dippoldiswalde nnd Irauenstem G sternl Schon schmücken rings umher die Auen sich mit dem ersten Hoffnungsgrün, Und droben hoch in Aethrrs Räumen siehst Du die Lerche jubelnd zieh«; Befreit von eisigem Drucke fließen dahin nun Quell und Strom und Bach, Der FrühlingSsonne Strahlen glänzen so golden auf dem grünen Hag. Wie klingen hell die Osterglocken hinein in s neubelebte Land, Verkündend mit den eh'rnen Zungen der Christenheit: Der Herr erstand! Er, der für uns am Kreuz gelitten, getragen uns rer Sünden Schmach, Hat sich zum Lichte durchgerungen aus Grabesnacht am Ostertag! Doch auch noch and're frohe Kunde tönt auS der Osterglocken Hall, Sie braust dahin durch Wald und Fluren, sie schwebet über Berg und Thal: Es ist nach langem Winterschlaf- die Erde wiederum erwacht, Zerbrochen sind die starren Fesseln, in die sie schlug des Winters Macht. O, mög' des jungen Lenzes Wehen erfassen auch die Menschenbrust, Erfüllend sie am Ostermorgen mit neuem Hoffen, neuer Lust — O, mög' sein warmer Hauch unS bannen jedwede Sorge, jeden Schmerz, Zu frischem Wollen, frischem Streben beleben das bedrückte Herz! Ostern. Wieder ist das erhabene Osterfest in das Land ge zogen und leuchtet als ewiges, unerschütterliches Wahr zeichen der Christenheit allen gläubigen Herzen. Es mahnt in heiligen Symbolen daran, daß alles Ver gängliche nur ein Gleichniß ist und die lebendige Gottes kraft im Menschen ewig, unsterblich sein muß, wenn die vergängliche Hülle des Geistes, der sichtbare Körper, auch in Staub zerfällt. Eine innigere Bedeutung erhält bei uns das Osterfest auch noch dadurch, daß dem christlichen Auserstehungsfeste sich in unseren Breitengraden auch das Auserstehungsfest der Natur zugesellt hat, daß also hier das geistige Leben mit dem. physischen gewissermaßen harmonirt. Um die Zeit der Osterfeier verjüngt sich auch alljährlich die Natur oder der Berjüngungsprozeß ist doch im Werden begriffen. Die Vorboten des Frühlings, die ersten Blumen, die schon unter dem Schnee wuchsen, sind da und neue Frühlingskinder folgen ihnen bald. Bei der Innig keit des Gemüthslebens unserer germanischen Vor fahren wurde daher von diesen anch schon in der Heidenzeit ein Osterfest gefeiert, welches zwar noch dunkel, aber immerhin doch schon wie ein heiliger Mythus an das später eingesührte christliche Auf erstehungsfest gemahnte. Nach der altgermanischen Göttersage stieg, wenn nach der starren Winterszeit die Sonne wieder höher gerückt und die Tag- und Nachtgleiche vorüber war, die Göttin Ostara aus der Wallhalla auf die Erde herab, um dieser den Frühling zu spenden und die Ngtur neu zu beleben. Diese Ostaraseier ist von unseren heidnischen Vorfahren so innig begangen, so sehr als ein religiöses Symbol geehrt worden, daß man in der christlichen Zeit das Auferstehungsfest des Heilandes mit dem Ostarafest zu verweben suchte und sicher ist, daß unser Ostern seinen Namen von der Göttin Ostara erhalten hat. Reinere, edlere, höhere Anschauungen über die Bedeutung des christlichen Osterfestes haben nun freilich schon seit mehr denn tausend Jahren das altgermanische Ostara- sest verdrängt und wir gedenken des letzteren nur in der Sage der uralten, heidnischen Vorfahren. Ostern ist für uns das Sieges- und Triumphsest der christ lichen Religion, der Sieg des Erhabenen über das Gemeine, des Unvergänglichen über das Vergängliche. Ostern ist für uns ferner das große Erinnerungsfest an die Leidens- und Opferzeit des Heilandes, der uns ein ewiges unübertreffliches Beispiel gab, wie die Prüfungen dieser Welt aufgefaßt werden müssen. Ostern ist aber nicht nur ein hehres Fest der christ lichen Kirche, sondern auch ein solches der christlichen Familie, denn alljährlich zur Osterzeit ist es, wo die Kinder, welche die nöthige Reife des Körpers und Geistes erhalten haben, als selbstständige Christen ge weiht werden, um nun hinauszutreten in einen bürger lichen Beruf oder die weitere Vorbereitung zu einem solchen zu vollenden. — Das junge Heranwachsende Ge schlecht empfängt auch in diesem Jahre aus der Schule und aus dem Elternhause neuen Zuwachs, neue Mit glieder, die berufen sind, dereinst das Erbe der Väter in Staat und Kirche, in geistiger und sittlicher Be ziehung, anzutreten und mehren zu helfen. Diesem neuen Zuwachse der Christenheit seien zum Osterfeste unsere Segenswünsche geweiht. Politische Wochenschau. Deutsches Reick. Tausende der mannichfachsten Spenden und Tausende vo» Grüßen und Glückwunsch- Telegrammen sind dem Reichskanzler Fürsten Bismarck zu seinem 70. Geburtstage zugegangen, so auch äußer lich Zeugniß ablegend von der mächtigen Theilnahme, welche das deutsche Volk an dem Ehrentage seines großen Staatsmannes für ihn dargelegt hat. Das vornehmste Geschenk, welches den Geburtstagstisch des Fürsten Bismarck schmückte, war die Gabe des Kaisers, welche in der nach Zeichnungen des Heroldsamtes ängefertigten goldenen Fürstenkrone besteht. Außer dem ist dem Fürsten Bismarck von den kaiserlichen Majestäten im Verein mit den Prinzen und Prinzes sinnen des preußischen Königshauses die Kaiserprokla- mation in Versailles, von Anton Werner gemalt und von einem überaus kostbaren Rahmen umgeben, als gemeinsames Geschenk überreicht worden. — Was im klebrigen die in ganz Deutschland und auch außerhalb der Grenzen des deutschen Reiches anläßlich des Kanzler-Jubiläums veranstalteten Festlichkeiten anbe langt, so häufen sich die Berichte über dieselben der artig an, daß eine Wiedergabe auch nur einzelner Be richte unmöglich erscheint. Erfreulich ist aber, daß von allen Seiten berichtet werden konnte, wie die Fest lichkeiten in gehobenster Stimmung der Theilnehmer und getragen von echt patriotischer Begeisterung ver laufen sind. In der Haupt- und Residenzstadt Berlin selbst eröffnete die Reihe der eigentlichen öffentlichen Akte der Bismarckfeier der Festzug der Kriegervereine Berlins und seiner Umgebung am Dienstag Nach mittag, welcher sich zu einer wahrhaft großartigen Ovation gestaltete. 80 Kriegervereine mit zusammen 3600 Mitgliedern bildeten den imposanten Zug, wel cher vor dem Reichskanzler-Palais Aufstellung nahm, wo der Sprecher der Vereine, Obermeister Müller, eine kernige Ansprache an den Fürsten Bismarck richtete, auf welche dieser in bewegten Worten dankte. Ein Festkommers im Etablissement Tivoli vereinigte hier schließlich die Kameraden. Eine glänzende Fort setzung dieser Kundgebung der Krieger-Vereine bildete am Abend des genannten Tages der Fackelzug, an welchem gegen 10,000 Personen, darunter 7000 Fackel träger, theilnahme». Die Pracht und die Zusammen stellung des Zuges zu schildern, ist leider an dieser Stelle unmöglich und wir müssen deshalb auf die be treffenden Spezialberichte der Berliner Blätter ver weisen. Ein solenner Kommers der Berliner Studen tenschaft im Saale der Pilharmonie schloß die Reihe der in der Neichshauptstadt am Dienstag zu Ehren des Kanzlers veranstalteten Festlichkeiten, von denen man nur sagen kann, daß sich in ihnen die Verehrung und Bewunderung des Fürsten Bismarck seitens der Berliner Bevölkerung in unzweideutigster Weise kund gegeben hat. Am Mittwoch, dem eigentlichen Festtage, wurde dem Kanzler beim „Frühschoppen" die nationale Ehrengabe von dem Zentral-Komitee für die Bismarck spende, oder vielmehr die hierauf bezügliche Urkunde überreicht; an diesem Tage nahm er auch außer den zahlreichen Gratulationen die Diplome, die ihn zum Ehrendoktor verschiedener Universitäten und zum Ehren bürger einer ganzen Reihe von Städten ernennen, entgegen. Oesterreich-Ungarn. Die Reichsrathssession in Oesterreich gilt nunmehr als definitiv geschlossen. In der That liegt auch für die Regierung des Grafen Taaffe kein Anlaß zur Fortsetzung der Session nach Ostern vor, nachdem dieselbe der Regierung so schwere faktische und moralische Niederlagen gebracht hat. Vor Allem hat die verflossene Neichsrathssession gezeigt, daß Graf Taaffe nicht mehr so unbedingt auf den Zu sammenhalt der Majorität rechnen kann, wie bisher; es trat dies namentlich bei den Debatten über die Nordbahn-Vorlage hervor, die nur infolge des Um standes durchging, daß 21 Abgeordnete der Opposition zur Rechten überschwenkten. Freilich mag diese Fahnen flucht auf liberaler Seite für den Ministerpräsidenten eine tröstliche Erscheinung bilden und in ihm die Ueber- zeugung Hervorrufen, daß auch in den Reihen der Liberalen der Zersetzungsprozeß beginne. Indessen diese 21 deutschliberale Abgeordnete waren nationale Schwächlinge und Jntereffenpolitiker, die ihr Votum im Interesse der Nothschildgruppe abgaben; bei den bevorstehenden Neuwahlen zum Reichsrathe werden sie wohl über Bord geworfen und durch entschieden nationale und wirthschastlich reine Elemente ersetzt werden, wenigstens in Deutschböhmen wird dies ohne Zweifel geschehen. Energisch und geschlossen müssen aber auch die liberalen Deutschösterreicher in den dies maligen Wahlkampf gehen; nur so wird es ihnen möglich sein, ihre Positionen trotz der Unterstützung, deren sich die Czechen, Slovenen rc. hierbei jedenfalls von der Negierung wieder zu erfreuen haben dürsten, zu behaupten. England. Die afghanische Streitfrage wird wohl auch während der Osterfeiertage nicht aus den Win dungen der diplomatischen Verhandlungen heraus kommen, welche hierüber zwischen London und Peters burg schweben. Auf beiden Seiten erwägt man ernst haft die Chancen eines Krieges, aber schließlich wird man an der Themse wie an der Newa wohl zu der Ueberzeugung gelangen, daß sich ein Kampf um die „Sandbüchse" Zentralasien, der auch dem siegenden Theile unverhältnißmäßig schwere Opfer auferlegen würde, denn doch nicht lohne. In der Londoner Presse gelangen denn auch bereits hin und wieder friedlichere Symptome zum Ausdruck, doch setzen sich die leitenden Blätter zur Abwechselung auch manchmal aufs hohe Pferd. So bringen die „Times" einen Artikel, in welchem betont wird, daß England, wenn es einen solchen Kampf nicht mit leichtem Herzen aufnehme, sich nöthigensalls doch nicht scheuen werde, Rußland auch allein entgegenzutreten. Gleichzeitig spricht aber das Cityblatt die Zuversicht aus, daß gewisse europä ische Mächte nicht abgeneigt sein dürsten, mit Rußland in dessen Prüfungsstunde abzurechnen und daß der Sultan, wenn man ihm einen gehörigen Preis biete, als Bundesgenosse Englands betrachtet werden könne. Es gehört ein starker Glaube dazu, anzunehmen, daß die morsche Türkei oder „gewisse andere europäische Mächte" um Englands willen mit dem Czarenreiche anbinden sollten, daß aber England stark genug wäre, im Nothfalle sich allein mit Rußland messen zu können, ist eine sanguinische Beurtheilung der beiderseitigen Chancen, die sich an dem britischen Reiche empfindlich rächen könnte. Unterdessen wird aus der indischen Stadt Rawalpindi gemeldet, daß daselbst der Emir