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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.10.1891
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911029015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891102901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891102901
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-10
- Tag 1891-10-29
-
Monat
1891-10
-
Jahr
1891
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MbvuukmeiitöiprnA di der Hauptexpeditton oder den im Stadt bezirk und den Bororlen errichteten Aus gabestellen abgeholr: viertel,ahrlichX4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins wus 5.50. Durch dir Post bezogen sur Morgen-Ausgabe. Deutschland und Lesterreich: tnertelsährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandsendung in- Ausland: monatlich 9.—. DieMorgea-An-gabe erscheint täglich '/j7tlhr, die Abend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. NeLactiou und Expedition: A«h«nne»,asse 8. Die Expedition ist ununterbrochen ge öffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Ott« Me««'» Ssrtim. (Alfred Hahn). Universitätssttaßr 1, LouiS Lösche. Katharinrnstr. 14,. Part, und König-Platz 7. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. KiMM und TaMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. InsertionsPreiS Morgen-Ausgabe: die Kgespalten« PetN» eile 20-^, Reklamen unter dem RedactionS« rich (4gejpalte») bO^j, vor den Famtlicn- nachrichten «igespalten) 40^1. Abend-AuSgabe: die «gespaltene Petitzeile SO^Reclamen unter dem Redaktioasstrich <4gejp»U«n) 1 >l, Familieooochrichten und Anzeigen verlorener Gegenstände («gespalten) 20-^. Größere Schristen laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Nrtra-Veilagm (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe. ohne Postbrsorderuug «0.—, mrt Postbejörderuog 70.—. Änuahmeschliß für Inserale: Abend-AuSgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen. Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Inserate sind stets an die ErtzedUton zu richten. ^-351. Donnerstag den 29. October 1891. 85. Jahrgang. , Amtliche Bekanntmachungen. Lekauutmachung. Bon beute an befindet sich die Küsterrt drr Luthrrkirche im Psarrhauje, Hauplmaniistratze 3, parterre. Leipzig, den 29. October 1891. Da» Pfarramt drr Lutherkirche. H. von Seydeivitz, Pfarrer. Lekannlmachung. Infolge einer am 89. Oktober S. ). vom Königl. 8. Infanterie- Regiment „Prinz Johann Georg" vir. 107 hier zu veranstaltendrn militairischen Feier bleibt am gedachten Tage in der Zeit von 1 t'/, di» 12'/« Uhr Mittags der Durchgang durch den Hof der Pletyrnbarg sur den öffentlichen Verkehr gesperrt. Leipzig, am 26. Oktober. Der Rath und das Polizriamt der Stadt Leipzig. Georgi. Bretschneider. Lekauutmachung. Bon Donnerstag, den 29. dieses Monats, ab wird die Allerstratze im Stadtbezirk Leipzig-Arnstadt wegen vorzunehmender Einlegung von Wasserleilungsrohren auf die Dauer der Arbeiten für den durchgehenden Kahrvertrhr gesperrt. Leipzig, den 28. October 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 12720. vr. Georgi. Leistner. In Gemäßheit des tz. 1 der Borschristen sür die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der Stadtwasserkunst vom 6. Februar 1888 machen wir hierdurch bekannt, daß Li« Klempner Herr Emil Hügel und Herr Mar Kerner» in Firma Hügel L Werner, Schützenstrabe Nr. 13, ff« Uebernahme solcher Arbcilrn bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesca haben. Leipzig, den 27. Oktober 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. Wolf L. 788». 1>r. Georgi. olsram. Lekarmtmachung. Die Leuchtkraft des siädttschen Leuchtgase» betrug in der Zeit vom 19. bis 25. October 1891 im Argandbrenner bei 2,5 Milli meter Druck und 150 Litern stündlichem Cousum Las 19,0sache der Leuchlkrafl Verdeutschen Normalkerze von 50MillimeterFlcimmenhvhe. Da» specifijche Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,455. Leipzig, am 27. October 1891. Le» Rath» Teputatian zu den ÄaSanstalten. Geschulte Wärterinnen gegen 360 Jahrrsgehalt und frei« Station sofort gesucht von drr Psychiatrische» und Nervenklinik drr Universität Leipzig. Lekarmtmachung. M de« aus nächsten Sonnabend fallenden Rrformatioa»- Krankeugr feste» findet die KraukeugelderauSzahluiig bereits Freitag, den 39. Oktober l. I Vormittags 8—12 und Nachmittag- 3—5 Uhr i« Hauptbureau und Vormittag» von 9 bi» Nachmittags 3 Uhr in ben Filiale« statt. Leipzig, am 26. October 1891. Dir Ortskrankaeasfr für Leipzig «nd Umgegend. Albert BrockhauS. Vorsitzender. Unsere Lolomen in Afrika. Die letzten Nachrichten aus Ostafrika bestätigen leider die Tbalsache, daß unsere Lage daselbst keineswegs günstig ist Dir Expedition Wissmann'S nach dem Victoria - Nyanzasee ist an der Unmöglichkeit gescheitert, die nötbigc Anzahl Träger zu erhallen und einen Theil der Schutztruppen für diesen Zweck zu verwenden. Major v. Wissmann hat in Folge dessen und tvegcn Meinung-verschiedenbeilen mit dem Gouverneur v. Soden seine Entlassung nachgesucht und wird demnächst nach Europa zurückkebren. Diese beklagenswrrthe Wendung findet auch ui den MiltheilunHrn Ausdruck, welche sich aus die Colonial- Vorlagen im Reichstage beziehen. Es heißt darin, daß möglicher Weise für bestimmte Eolonialzwecke dem Reichs- laze eine besondere Vorlage gemacht werde, zuverlässig werde dem Reichstage neben erläuternden Denkschriften für Colonial- Forderungen eine ErNärung der Regierung über den jetzigen Stand drr Eolonial-Angelegenheiten zugeben. Zudem ist durch da» räthselhafte Verhalten Emin Paschas, der ohne Fühlung mit dem Gouvernement auf eigene Hand Entdeckungsfahrten unternimmt und sich weder an Instructionen noch an Befehle kehrt, die Verbindung drr Küste mit dem Gebiet de« Victoria Nyanzasee nicht so, wie sie sein sollte und könnte, wenn Emin sich seiner Aufgabe hinreichend bewußt wäre. Wir haben unS bereits zu Anfang dieses Jahre» in demselben Sinne geäußert und erkennen auch au» der gegenwärtigen Lage, wie Recht Wissmann hatte, als er sich über die Willkür und den Ungehorsam Emin'S bellagte. Auf Emin» Vergangenheit kommt cS bei Be- urtbeilung seiner gegenwärtigen Handlungsweise gar nicht an. Wer sich in den Dienst einer Sache stellt, hat sich ^en Ver hältnissen untcrzuordnen oder anzubrquemen, c» sei denn, daß er die nölhigen Eigenschaften besitzt, um sie zu beherrschen. Da» kann aber niemals dadurch geschehen, daß er willkür lich die ihm vorgczeichneten Bahnen verläßt und plötzlich seinen eigenen Weg geht. Schon die Thalsache, daß Emin über seinen Aufenthaltsort nur Privatpersonen unterrichtet, während an amtlicher Stelle darüber nichts bekannt ist, recht fertigt den Schluß, daß er sein Berhältniß zur RcickSregierung unrichtig aussaßt. Emin ist gar nicht in der Lage, seine Tbätigkeit für da» Deutsche Reich unabhängig von der Vor gesetzten Instanz rinzurichten, er ist in dieser Beziehung von Dem abhängig, wa« in Bagamoyo oder Saadai» beschlossen wird. Ein Reichscommissar, der lediglich seinen eigenen Ein gebungen Folge leistet und die Erwartungen aus Zukunft« erfolge spanat, verkennt seine Ausgabe. Wir sind in Deutsch la»d daran gewöhnt, da, drr Beamt» und Offieirr den Ge horsam gegen seine Vorgesetzten als seine erste und vornehmste Pflicht betrachtet, möge» ihm seine Verdienste auch noch so großen Anspruch auf eine bevorzugte Behandlung geben. Die Folgen der Expedition Zelcwüki'S sind doch weit turch- greisender und nachhaltiger als die kurze» Berichte de« Gouverneurs v. Soden über die in Lstafrika herrschende Ruhe vcrmuthcn ließen. Die Unmöglichkeit, Träger sür die Expedition Wissmann'S zu erlangen, ferner der Mangel an Truppen zum Schutze dieser Expedition zeigt, daß eine fühlbare Veränderung in der Stimmung der eingeborenen Bevölkerung cingctrcten ist. ES hat sich die Nolhwendigkcit ergeben, der Küste einen wirksamen Schutz von der Seefeste aus zu gewähren, und daraus ist die Ernennung des Co»-veticu-Capilai»S Rüdiger zum Stellvertreter des Gouverneurs zu erkläre». Landlruppen sind nicht in genügendem Maße zur Verfügung, sonst wurde die Expedition Wissmann'S wohl nur eine Ver zögerung erlitten hahen, aber nicht gänzlich ansgcgebcn se»i, wie aus dem Rücktritt Wissmann'S bervorgeht. Die Schwierigkeiten der Lage bestehen nicht sowohl in irgend welchen schroff hervonrelenden Vorgängen, als in der gedrückten Stimmung, welche sich an der Küste und viel leicht auch im Innern tund giebt. Tie Uebcrzeugung von der Unbesiegbarkeit der Deutschen hat durch die Schlappe vom 17. August unzweiselkast einen schwer zu verwindenden Stoß erhalten, und in Folge dessen keimen neue Hoffnungen in arabische» Kreisen empor, welche bereits in der Haltung Bana Heri'S Ausdruck gefunden haben. Das Streben auf deutscher Seite war dahin gerichtet, den englischen Einfluß, welcher sich von Zanzibar aus geltend zu machen sucht, durch Erfolge in den deutschen KnslenstLvten lahm zu legen, statt dessen sehen wir jetzt die englische Ver waltung i» Zanzibar an der Arbeit, durch tbatträstige Be nutzung der Umstände dieser Gefahr die Spitze zu bieten. Generalkonsul Portal scheint der geeignete Mann an der Stelle zu sein, aus welcher er steht, die Art und Weise, wie er die englische Schntzherrsckaft auSübt, stellt unS vor die Möglichkeit, daß er in dem wirthschaftlichen Kampfe zwischen Zanzibar und der Küste nm die Feft- lellung des künftigen HandelScentruniS den Sieg davon tragen kann. Es ist unzweijetdast, daß alle diese Sorgen nicht aufgetauchl wären, wenn die Expedition ZelewSki eine., günstigen AnSgang genommen hätte, da aber das Unglück nun einmal geschehen ist, so erscheint eine nachdrückliche Aus gleichung der erlittenen Niederlage unerläßlich. Die Wabebe habe» große Verluste zu beklagen, aber sie haben die moralischc Wirkung erzielt, daß die Deutschen in Ostafrika nicht mehr als unbesiegbar betrachtet werden. Dieser Ein druck muß nm jeden Preis verwischt werden, sonst sind die Folgen unabsehbar. Die Nachrichten aus Kamerun sind glücklicher Weise besser als die aus Saadani. Tort hat Hauplmani, v. Graven- reuth, von der Flotte unterstützt, die aufständischen Abo- släinme in sehr empfindlicher Weise gezüchtigt und dadurch den Eindruck der Niederlage der Expedition des vr. Zinl- graff wett gemacht. Wir brauchten in Kamerun einen solchen Erfolg sehr nöthig, nicht bloö zur Ordnung der dortigen Verhältnisse, welche der Wiederherstellung und Befestigung dringen dbevurften, sondern auch als Gegengewicht gegen den Untergang der Expedition Zelewsli'S. Wir haben uns allerdings darin geläuscht, daß wir unsere bisherigen kriege rischen Erfolge in Kamerun und an der Küste OstafrikaS als die Beendigung der kriegerischen Aera unsere Colvnial- Entwickelung ansaben, es sind uns schwere Enttäuschungen nicht erspart geblieben. Aber die Züchtigung der aufstän dischen Abostäinmc im Gebiet von Kamerun stellt das gestörte moralische Gleichgewicht wieder her. wir haben anfS Neue die Ueberlegenhcil der deutschen Waffen über die Ein geborenen in Afrika zur Geltung gebracht, und dieser Erfolg wird auch auf die Verhältnisse in Oslafrika nicht ohne Ruck Wirkung bleiben. Werfen wir schließlich noch einen Blick auf die Verhält nisse in Südwestasrika, wo die deutsche Eolonisation zuerst Fuß gefaßt hatte, so kommt von dort die erfreuliche Kunde, daß eine ColonialgeseUschast in der Bildung begriffe» ist, welche den Mnlh hat, trotz aller bisherigen Erfahrungen dort ihr Glück zu versuchen. Man kört freilich nichts mehr von den Goldschätzen dieses Landes, aber die Stimmen, welche die ErtragSfähigkcit in landwirtlischastlicher Beziehung Hervorbeben, mehre» sich, und anßcrdem ist die Flotte bemüht, an Stelle der Walfischbai einen andern Hafen ausfindig zu mache», welcher den deutschen Schiffen eine sichere Unterkunft gewährt. Beide Puncle sind geeignet» die Hoffnungen, welche auf Sütwest- asrika gerichtet sind, neu zu beleben. Lüderitzland ist zwar durch Kämpfe der verschiedenen Parteien bisher übel berüchtigt gewesen, und die englischen Umtriebe gegen unsere Bestrebungen, dort Boden zu gewinnen, haben auck viel böses Blut gemacht, aber eS scheint, daß die dortigen Berbältnissc dock die Vorbedingungen für eine spätere gedeihliche Ent wickelung erfüllen, sonst würden sich nicht immer wieder von Neuem Capitalistcn finden, welche ikr Vermögen an den Aus bau der Eolonie wagen wollen. Wir sormuliren demgemäß unser Endurlheil dadin: die Lage der deutschen Colonien in Afrika ist zwar nickt gut und entspricht nicht den gehegten Erwartungen, aber sie ist trotzdem hoffnungsvoll. * Leipzig 2S. Oktober. * Der „Ncichsan^eiger" meldet: Emin Pascha sei mit vr. Ctuhlmann Anfang Juli vom Albert- Eduardsee nach dem Alberlsec aufgebrochen. Bei dem Verlassen der deutschen Interessenspbäre habe Emin Pascha gegen den amtlichen Auf trag gebandelt »nd werte allein die Verantwortung für sein Vorgehen tragen müssen. * Gutem Vernehmen nach sind der frühere bcigeordnete Bürgermeister der Stadt Köln, vr. v. Mevifsen, sowie Frei herr v. Schorlemer-Alst und Freiherr v. Unruhe-Bomst ins preußische Herrenhaus berufen worden. * Wir empfangen folgende» Privattelcgramm aus Berlin: Von zuverlässiger Seite wird mitaetheilt, der Fürst Bismarck komme nach Berlin. Im Hotel Kaiserhof sei sür ihn bereit» Quartier bestellt. * Herr Bebel erklärt im „Verwart»", daß er weder in Leipzig, noch sonst wo Änderungen über den Buchdruckerstreik getban habe, die den Mittheilungen der „Frcis. Ztg." cnt- Ipreckc» * Zu der bekannten Angelegenheit, betreffend daö Ver halten der V e r th e id i g u n g während des ProcesscS Heinze steht am Donnerstag vor der Berliner An walt skam:» er Termin an. Die Sitzungen finden im Kammergericht statt, das Verfahre» ist durchaus analog dem Verfahren vor de» Strafkammern, specicll steht der Anwalts- kainmer dasselbe Reckt der Zeugenvorladung und Verneh mung zu. und dieser Ladung haben die Betreffenden in gleicher Weise zu folgen, wie der Ladung des Gerichts. Die Kammer ist ans Vertretern des Anwaltstandes rusammen- gcsctzt, den Vorsitz führt der Iustizrath Heilborn, als Schriftführer fungirt Iustizrath Lesse, die Anklage vertritt der Oberstaatsanwalt. Als Zeugen in dem vorliegenden Verfahren sind u. A. der Vorsitzende des Schwurgerichts Landgericklödirector Rieck, der Staatsanwalt Unger und der Assessor Fiedler geladen. Dem Vernehmen »ach sind eS im Wesentlichen vier Pnncte, welche zur Erörterung gelange» werden: das Scctlrinken während der Verhandlung im Cchwurgcrichtssaale, die Erlheilung de« RathcS an die An geklagten, ihre Aussage zu verweigern, nnd das Ahholcn der Acten aus der Wohnung des Präsidenten seitens de« Ver- tbcidigerS der Frau Heinze ohne spccielle Erlaubniß deö Präsidenten. Dem Vcrtbeidiger der Frau Heinze wird außer dem zur Last gelegt, versucht zu haben, durch unrichtige Dar stellung des Gesundheitszustandes seiner Clientin den Fort- ang der Verhandlungen zu erschweren. In juristischen kreisen siebt man den, Ausgange teS Verfahrens mit Spannung entgegen, da hier direct über die Frage der Grenzen der Vcrtheidigung entschieden werden soll. ' Fast die gesammlc Berliner Presse findet eS auffallend, daß dem neuesten kaiserlichen Erlaß die Gegen zeichnung fehlt. So bemerkt die „Voss. Ztg.": Ter vorstehende Erlaß trägt keine Gegenzeichnung und will daher nicht a>S ein Ausfluß der Regierungsgewalt des Herrschers, sondern als Kundgebung seiner persönlichen Ansicht bettachtet werden. Der Erlaß theilt damit das Schicksal der vorjährigen Beringungen über den Arbeitcrschutz, bei denen der Mangel der Gegenzeichnung nachträglich auch in den Blättern, welch, dem Fürsten BiSmarck nahe stehen, zum Gegenstände eingehender Er- örterungen gemacht worden ist. Da der ilaatsrechttich« Brauch bet Bekanntmachungen der hier in Betracht konimenden Art kein fester in Preußen ist, so wäre es nützlich, wenn das Stoatsministerium, insbesondere der Justizminister, in der Volksvertretung die Grund- sätze tlar und bündig entwickelten, welche ihrer Meinung noch in Anwendung kommen sollen Artikel 44 ver preußischen Verfassung-Urkunde besagt: „Alle Regierung-acle des Königs bedürfen zu ikrer Giltigkeit der Gegen- zeichnung eine- Minister-, welcher dadurch die Verantwortlichkeit über- nimmt." Diese Vorschrift ist, wie sich ans der Botschaft vom 7. Januar 185,0 crgiebt, geschaffen worden, um die Unverletzlichkeit des Königs zu schützen. Artikel 44 bezieht sich auch, wie Rönne aussührt, „ganz allgemein auf alle und jede Regicrungserlasse des Königs". Tie Bestimmung bat den guten Zweck, z» bewirken, daß Einwendungen, welche gegen einen königlichen Erlaß erhoben werden können, sich unter keinen Umständen gegen den König, sonder» gegen den ver antwortlichen Minister richten. Tie Bemerkungen über den Mangel der Gegenzeichnung sind nicht überflüssig, da im Jahre 1888 einzelne preußiiche Landräthe den Traucrerlossen Kaiser Friedrich s, weit sie keine Gegenzeichnung trugen, die rechtlich« Giltigkeit absprachen. Es ist vielleicht angemessen, die Frage der Gegenzeichnung gerade bei einem Fall zu klären, in welchem, was die Sache angcht, Jeder mann mit der Anregung der Krone einverstanden ist. * Dem „Schwäbischen Merkur" zufolge wird das württem bergischc Hauö der Abgeordneten am Freitag die Vorlage über die Eivillisic bcralhc». Am Sonnabend findet die Debatte über die Adresse statt, welche dem Könige in der nächsten Woche übergeben werden soll. Spätestens am Mittwoch nächster Woche würde die Kammer geschlossen werden. » e- * * Die Frage wegen Decentralisation der öfter reichischen Staatsbahnen soll in einem am Sonntag unter deni Vorsitze dcS Kaisers Franz Josef statlgefundcnen M'inisterrathe zuungunsten derPolen entschieden worden sein. Allerdings wurden denselben einige Zugeständnisse gemacht, zu denen fick auch der Handels- und der Finanz minister von Ansang an bereit erklärt hatten, aber die Aus liesernng dcS galizischen StaatSbabnnetzcS an die polnische Verwaltung wird nicht stattfinden. Es scheint der Einspruch des gemeinsamen Kriegsministers, welcher eine Decentralisation mit Rücksicht auf die Schlagsertigkeit der Armee gerade in der gefährdetsten Provinz bekämpfte, den Ausschlag gegeben zn haben. Ter Polenclub wird sich nun Wohl schlüssig werden müssen, ob er der Regierung bei der Budgetbcrathung noch weiter seine Unterstützung gewähren, oder ob er die fast nur noch aus den Iungezecken bestellende Opposition verstärken will. Man glaubt, die Polen werden sich mit den erlangten Zugeständnissen zufrieden geben und zu gelegenerer Zeit wieder den Hebel cinsetzen, um für Galizien Aortheile zu erlangen. Abwarten und Drängen in bunter Abwechslung haben den polnischen Herren in dem letzten Jahrzehnt ja schon so viele Errungenschaften gebracht, daß sie jetzt ein etwa» langsameres Tempo ganz gut vertragen können. * Im ungarischen Finanzausschuß constatirte der Minister für Landesverthcidigung Freiherr von Fejervary, aus den Berichten seiner Organe sei zu entnehmen, daß die Arbeiten der neuen ungarischen Waffenfabrik so günstig sort- schreiten, daß er in nächster Heit Mustergcwehre vorlegen und die Fabrik den vertragsmäßigen Verpflichtungen Nach kommen werde. * Bekanntlich findet die Neuwahl deö Präsidenten der französischen Republik erst im Jahre 1894 statt. Gleichwohl bereitet man schon jetzt eine Campagne gegen Carnot vor, welche von den mit seiner zu wenig radicalen Haltung unzufriedenen Republikanern und von denen be trieben wird, welche auf seine Erbschaft rechnen. So ist die gerichtliche Verfolgung de« Erzbischofs von «ix, welcher den Präsidenten der Republik noch vor Kurzem in höchst respektvoller und schmeichelhafter Weise bewillkommnet batte, gewifferuiaßcn als die Eröffnung der Feindseligkeiten gegen Carnot bezeichnet worden. ES ist schon wiederholt darauf hingewiesen, daß die Lavigeriesche Bewegung den Radicalen von jeher ungelegen kam, und daß sie über die herzlichen Begegnungen teS republikanischen Oberhauptes inst der hoben Geistlichkeit sogar höchlichst unzufrieden sind. Earnot'» Feinde suchen ihn also jetzt al» einen schlechten Republikaner, ja, Wohl gar als einen Bonlangcr binzustellen, der mit mehr Vorsicht und Ruhe gleich ehrgeizigen Zielen entgegcnstrcbe. Man macht ihm mit allerdings »och sorgsam verhüllten Worten daö etwas königliche Gepränge zunr Vorwurf, das er auf seinen vielen Reisen beliebt, man bemäkelt das „monarchische Auftreten" der Frau Carnot, ihre Toiletten, ihre fmrckoil-imrtie». den häufigen Aufenthalt in dem einst königlich- kaiserlichen Schloß von Fontainebleau, das anmaßende Auftreten des Generals Brugöre, welcher die Minister verdunkele und allen seinen Günstlingen einflußreiche Posten verschaffe. Alsdann erscheint (angeblich!) auch der Depcschenwcchsel zwischen dem Zaren und Earnot verdächtig, ebenso die häufigen Besuche ge krönter Häupter, die Verbreitung der Carnot'schcn Photographie ». f. w. Selbstverständlich glaubt Niemand von denen, welche diese Campagne führen, im Ernst an dergleichen Thorheilen, um so weniger, als Carnot vielfach Prosen seiner Redlich keil und Lauterkeit gegeben hat; aber das Ueberzeuglsein ist ja auch keine Vorbedingung für das Anschwärzen und Ver leumden. Jedenfalls bat der Radikalismus jetzt wieder Wind in seinen Segeln, waö schon daraus bcrvorgebt, daß man seit der Garibaldiseicr in 'Nizza und dem Besuch des Herr» v. Gicrs in Monza weit mehr mit den anlikalbotischen. mehr oder weniger republikanisch angehauchten Elementen in Italien liebäugelt, als beispielsweise mit der Curie. * Vor bald 14 Tagen brachte die „Straßburger Post" eine ausführliche Mittbeilung über französische Revanche redcn^ die bei Gelegenheit der Eröffnung einer Eisenbahn linie Epinal-St. Maurice Bussang gehalten worden sink. IulcS Ferry, der Abgeordnete Mölme »nd General Varaigne hatte» sich gegenseitig darin überboten, die Nückerwerbiing von Elsaß-Lotdringen als das Endziel der patriotischen Be strebungen aller Franzosen zu feiern. Das mag hingchen! Wir sind seit 20 Jahren gewohnt, diese Töne immer wieder anklingcn zu hören. Mit großem Befremden aber bat man, so führt die „Neue Preuß. Ztg." auö, in Deutschland ver noinnien, daß auch zwei angesehene Elsässer an jenem Fest" theilgenommen haben: die Herren Eduard Gros vom Hanse Gros, Roman nnd Comp, in Wesserling und Herr Dreyer, BezirkStagSmitglied von St. Amarin! Auch ganz abgesehen vom deutsch-patriotischen Standpuncte scheint unS La« Verhalten jener Herren eine ganz unerhörte Herausforderung zu sein. Die einfachsten allgemein an erkannten Grundsätze politischer Moral verbieten die Tbeil- nahmc deutscher NeickSangebörigcr an französischen Ncvanche- feiern! Wie viel mehr nun jetzt, da die Regierung eben erst durch Aushebung des Paßzwanges den Rcichslandcn ein be sonderes Vertrauen auSgedrückt bat. Entweder also, die Herren GroS und Dreyer rechtfertigen sich wegen ihres Ver haltens in Bussang, oder sie möge» von den logische» Folgen ihres TbunS betroffen werden; ein Drittes giebt cS nicht. Ä)ir erwarten mit Bestimmtheit, über den Verlauf dieser Angelegen heit bald Weiteres zu hören. * Wie man aus St. Petersburg schreibt, wird das Aufenthaltsrecht der Juden in Sibirien die Einschränkung erfahren, daß dieselben ihren Wohnsitz kllnftighiii wenigstens hundert Kilometer weit von der chinesischen Grenze nehmen müssen. Des Ferneren hat die russische Regierung verfügt, daß den Familien von nach Sibirien verbannten Jude», welche sich den letzteren nicht nnuiittelbar bei deren Ver schickung anschließen, nicht mehr gestattet werden darf, sich zu einem späteren Zeitpunkte zu den Deportirten nach Sibirien zu begeben. * Der montenegrinische Minister der Acußern überreichte dem türkischen Gesandten in Celinje eine Note, in welcher wegen deS letzten UeberfalleS durch die Arnauten die Be strafung der Räuber und anderweitige Genugthuung ver langt wird. * Anläßlich der trüben Lage in Tuat finden daselbst zahlreiche Gewaltacte statt. Man versichert, daß mehrere europäische Häuser in Tanger mit Waffe» und Sclaven in der Wüste Handel treiben; die Engländer haben ein Depot von mehreren tausend Gewehren in Tuat. DaS Blutbad zu Aim Sala war bei weitem entsetzlicher als daS vom 8. August. * Wie man aus Washington berichtet, ist die cndgiltigc Beilegung der in Folge des Zwischenfalles von New- OrleanS zwischen den Vereinigten Staaten von Nordamerika und Italien entstandenen Differenzen in »aber Zeit zu erwarten. Die Unionörcgierung wird die An gelegenheit dem Congresse alsbald nach dessen Wiederzusammen- tritle vorlegen und eö kann als wahrscheinlich gelten, daß die Frage eine Italien befriedigende Lösung finden wird. Sobald dieser Erfolg erreicht ist, dürfte die beiderseitige» Gesandten beim Ouirinal, beziehungsweise in Washington, welche bekanntlich ihre Posten bald nach dem Auftauchcii dieser Differenz mit Urlaub verließen, wieder an ihre Be stimmungsorte zurückkehrcn. Der deutsche Tag. Der deutsche Tag, ein ErinneninaSsest an die Landung der ersten deutschen Einwanderer aus amerikanischem Boden, welche am 6. October 1683 von Amsterdam in New-Pork ankamen, ist am 4. October d. Js. zum ersten Male in New-Pork gefeiert worden. Auch in anderen Tbcilen deS Landes, besonders da, wo Deutsche in Massen wohnen, ist dieser Tag festlich begangen, und auch die Anglo- Amerikaner bewiesen ihre Theilnahme und gaben dadurch zu erkennen, daß sie die Verdienste der Deutschen um die Entwickelung deS gemein samen Vaterlandes zu schätzen wissen. Präsident Harrison ließ in Washington die Vereine an sich vorbeimaschieren. Am glänzendsten war die Feier in der Stadt drr Bruderliebe, in Philadelphia. Wie die „New-Porker Staatszeitung" meldet, ist beschlossen, diesen Tag, de» 6. October, nächstes Jahr in allen Städten, wo Deutsche wohnen, zu feiern. Die New-Porker Deutsch-Amerikaner hatten sich ihren berühmtesten Landsmann, den Senator Karl Schurz, zum Festredner erbeten. Dieser Karl Schurz besreicte seinen Lehrer, den Professor Kinkel, einen l848er Revolutionair, aus der Festung-Hakt Spandau, flüchtete dann nach Amerika und wurde der erste Deutichr, der «S dort bis zum Senator brachle. Bor einigen Jahren besuchte er seine alle Heimath und wurde von unserem Bismarck zweimal gastfreundlich ausgenommen, bei welcher Gelegenheit er dem großen deutschen Staatsmann auSsührliche Mltlhciluoocn über die dermaliaen Zu stände der Bereinigten Staaten gemacht haben soll. Ein geistvoller, gewandter und un«rmüdeter Redner muß dieser Karl Schurz sein, seine Rede füllt 3 Spalten de» „Wochenblattes der New-Porker Staatszeltung" aus. Wir werden einige seiner Hanvtaedanke» hier, wiedergeben. Er sprach über di« Pflichten der Denlsch-Amerckaner
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